Medianus76

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1 - 5 von 30
Medianus76 vor 1 Jahr 32 26
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Sillage
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Haltbarkeit
8.5
Duft
Das Mädchen mit dem Schal
„Monsieur, Monsieur!“, rief eine zerbrechliche Stimme dem edlen Herrn hinterher, der sich mit schnellem Schritt durch den eisigen Winterabend manövrierte. „Sie haben etwas verloren, so warten Sie doch.“

Es war kurz vor Weihnachten und das Land befand sich fest in der Zange eines grimmigen und quälend langen Winters. Das Jahr 1946 brachte den Menschen die kälteste Jahreszeit des 20. Jahrhunderts, verschärft durch eine im Dezember beginnende, noch kältere, zweite Frostwelle. Das Land war gezeichnet durch die Wirren des kurz zuvor beendeten Krieges und Hoffnung als auch Zuversicht waren rar gesät.
Nichtsdestotrotz gab es sie, diese kleinen lichterfüllten Momente, um die so lang vermisste Menschlichkeit zurückzubringen…

Der Mann hielt inne, drehte sich um und sah ein junges Mädchen vor sich stehen. Der Wind peitschte an diesem Abend ausdauernd und seelenlos durch die Gassen und es war schwer, vor lauter Schneegestöber nicht die Orientierung zu verlieren.
„Ich glaube, dass ist Ihr Schal“, sagte das Mädchen mit fröstelnder Stimme. „Oh ja, wie konnte ich den nur verlieren?“, begegnete der Mann ihr mit freundlichen Worten und war sichtlich dankbar, von dem Mädchen auf den Verlust des Schals hingewiesen worden zu sein. „Der Schal bedeutet mir sehr viel“, erklärte er ihr. „Den habe ich vor langer Zeit mal von meiner Tochter geschenkt bekommen. Sie hat ihn selbst gemacht!“ Stolz betrachtete er das Stück Stoff, welches in der Lage war diese unsagbare Kälte etwas zu zähmen.

Es machte fast den Anschein, als ob die Zusammenkunft der beiden schicksalhaft vorherbestimmt war. Dem Mädchen war furchtbar kalt und sie kam mit diesen widrigen Umständen nur schwerlich klar. Also reichte der Mann ihr den Schal zurück mit den Worten: „Weißt Du, wir haben ja bald Weihnachten. Deswegen möchte ich dir den für mich so wertvollen Schal zum Geschenk machen.“
Der Mann beugte sich zu dem Mädchen hinab, um ihr das Tuch umzulegen. Just in diesem Moment konnte das Mädchen den Duft des Schals wahrnehmen. Sie schloss ihre Augen, atmete tief ein und plötzlich befand sie sich in Ihren Gedanken auf einer wunderschönen, warmwürzigen Waldlichtung.

Von der Kälte ward keine Spur mehr! Verweilend auf dieser Lichtung war sie umgeben von den beruhigenden, erdigen Aromen des weichen Waldbodens. Die mächtigen Bäume wiegten sich sanft im Wind und verströmten den Geruch feinster Hölzer. Die Hölzer waren so intensiv, dunkel und rein, um die an den Baumstämmen rankenden und glitzernd-funkelnden Moose, mit ihrer Erhabenheit förmlich in sich aufzusaugen. Über dem dampfenden Waldboden waberte weich und wehmütig der filigrane Rauch des angehenden Tages. Das Sonnenlicht reflektierte sich tausendfach in dem Harz der Bäume, welches wie Perlen ins saftige Erdreich tropfte, um dort mit den holzig-moosigen Aromen des Waldes eine Symbiose für die Ewigkeit einzugehen…
Obwohl dunkel und distinguiert, vermittelte der Duft des Schals ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Als sie wieder Ihre Augen öffnete dachte sie sich: „So also duftet ein Monsieur.“

Mit einem sanften Kopfnicken verabschiedete sich der edle Herr und verschwand in der Kälte der Nacht. Die tosenden Schneeflocken blitzten durch das Licht der Straßenlaternen wie funkelnde Diamanten und in der Ferne erblickte das Mädchen eine kegelförmige, zedernartige Silhouette. Es war die duftende Aura des Monsieurs, die grünlich-blau schimmernd und wandelnd auf hölzernen Pfaden, den Weg in eine hoffnungsvollere und bessere Zukunft deutete.
Das Mädchen war durch diesen Moment zutiefst gerührt und in ihrem Herzen wurde ihr bewusst:

„Wir können die Zukunft nur verändern, wenn wir in der Gegenwart damit beginnen…“
26 Antworten
Medianus76 vor 1 Jahr 32 25
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Abendflimmern über den Dächern von Florenz
Das leuchtend geschärfte Abendrot lässt die letzten Sonnenstrahlen des Tages durch die altflorentinischen Straßen kullern. Das geschäftige und hektische Treiben des Tages weicht italienischer Gelassenheit und der nahende Abend legt sich wie ein warmwürziger Schleier auf die kurz zuvor noch pulsierenden und belebten Gassen der Stadt.
Eine Bar um die Ecke verströmt den unwiderstehlichen Duft von frisch gemahlenem Kaffee, unmöglich sich dieser Eleganz zu entziehen, lädt sie ein hier ein bisschen zu verweilen und den Ausklang des Tages zu genießen.
Das über viele Jahrzehnte eingetretene Kopfsteinpflaster, glänzt und schimmert durch die untergehenden Sonnenstrahlen als sei es mit einer Schicht Harz überzogen und lässt die Hitze des scheidenden Tages über dem Boden flirren und flimmern wie ein wabernder Teppich. Aus der gegenüberliegenden Tabaccheria dringt der Geruch von saftigem Tabak hinaus auf die Straße und buhlt, gemeinsam mit den Kaffee-Aromen, um die Aufmerksamkeit der Menschen. Irgendwo aus der Ferne erklingt „I Maschi“ von Gianna Nannini und an den hübsch verzierten und uralten Holzfassaden der Häuser ranken sich wurzelige und knarzige Gräser nach oben, so als ob sie von den letzten Sonnenstrahlen der untergehenden Sonne nochmal geküsst werden möchten.
Ganz oben, auf den Dächern der Stadt, schließen ein Paar Rosen ihre Kelche und begrüßen die erdigen Schatten der Nacht…

**

Für mich beginnt „Little Song“ genau da, wo andere Düfte wie z.B. Ambre Tabac oder Herod, die ebenso das Thema Tabak beinhalten, aufhören. Elegant und kräftig, ausdrucksstark und mindestens außergewöhnlich würde ich diesen Duft von Meo Fusciuni beschreiben.

Allerdings ist dieser Duft kein expliziter Tabakduft. Es ist vielmehr die unglaublich interessante Wandlung, die dieser Duft in der Lage ist zu vollziehen. Ist der Auftakt noch von einer gewissen Schärfe und relativ kurz anhaltenden Frische durch die Bergamotte bestimmt, so übernimmt sehr schnell eine wundervolle Kaffeenote die Regie. Dabei handelt es sich definitiv um frisch gemahlenen italienischen Kaffee, nicht um aufgebrühten oder gar Kaffeesatz.

Dieser Grundtenor bleibt im Prinzip den ganzen Duftverlauf über erhalten, allerdings schwindet nach einer gewissen Zeit die Intensität des Kaffees bzw. wird ergänzt durch ein erhabenes Tabakaroma, welches zum Stil des Duftes ungemein gut passt und ihn äußerst stimmig erscheinen lässt.
Italienische Eleganz par excellence!
Wenn diese beiden Komponenten dann eine anhaltende Symbiose eingegangen sind, kommen knarzige und erdige Vetiver-Wurzeln zum Vorschein, welche dem Duft einen holzigen, leicht erdigen Anstrich verpassen.
Sinnvoll eingebundene Harze fixieren den Duft und räumen einen gewissen Ermessensspielraum ein, um als Träger die Komponenten besser zu differenzieren und wahrzunehmen!
Am Ende sei noch erwähnt, dass die Rose tatsächlich auf den Dächern steht. Für mich kaum zu verzeichnen und wenn, dann in keiner Weise störend.

Meo Fusciuni ist mit „Little Song“ ein wirklich spannender Wurf gelungen, den es unbedingt zu testen lohnt, allein schon wegen der Vielschichtigkeit des Duftverlaufs. Das Label hat mich ohnehin schon oft überzeugt und bestätigt meine Meinung mit diesem Exemplar erneut.
Da sich manche seiner Werke auch stark im experimentellen Bereich bewegen, kann man diesem hier eine hervorragende Tragbarkeit attestieren. Auch die Haltbarkeit lässt mit mehreren Stunden keine Wünsche offen, selbst wenn das kleine Lied nach ca. 3 Stunden eher in der Nähe seines Trägers oder Trägerin erklingt…
25 Antworten
Medianus76 vor 2 Jahren 28 24
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9
Haltbarkeit
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Duft
Ryu - Der Walddrache
Mit einem pfeffrigen Donnerschlag reißt er die Augen weit auf. Ryū, der Walddrache, lebt am anderen Ende der Nacht. Wahrscheinlich war es die durch den Schatten der Nacht herabfallende Orangenblüte, welche ihm das Erscheinen der Eindringlinge zuflüsterte. Sagenumwoben und als Gebieter über die Kräfte der Natur, lebt er seit Anbeginn der Zeit im dunklen Forst von Badashan. Aber für diese Zusammenkunft, für diese letzte große Herausforderung benötigt er all seine Kräfte…

Wie spitze Tannennadeln
Ätherisch scharfer Pracht
Leuchten seine Augen im Dunkel der Nacht
Über dampfendem Waldboden
Wabernde Nebelschwaden grün wogen
Schwelt feuriger Rauch
Im uralt hölzernen Rachen
Lässt ihn magisch erstrahlen
Den sagenumwobenen Drachen
Damit seine ledern gegerbten Schuppen
Bieten ihm Schutz vor den feindlichen Truppen

Ryū bedeutet Drache. In der Japanischen Mythologie gelten sie als sagenumwobene, mystische Kreaturen und sind meist vergesellschaftet mit Eigenschaften wie Kraft, Stärke, Zielstrebigkeit, Weisheit und Mut.

Jordi Fernández ist es nun auf exzellente Weise gelungen, einen Ryū durch seine olfaktorische Interpretation zum Leben zu erwecken. Schon im äußerst dynamischen Auftakt bekommt man die Intensität dieses Duftes zu spüren. Zwar vornehmlich in grün gehaltenen Tönen, leitet zu Beginn erstmal eine beeindruckende pfeffrige Melange den Ritt auf dem Drachen ein. Man muss sich diesem Spiel mit den Sinnen schon ein wenig hingeben und diesen Punch zulassen, denn sonst könnte die Intensität ungeübtere Nasen auch in die Flucht schlagen. Da wir es aber mit einem Drachen zu tun haben ist das Thema voll und einvernehmend getroffen.

Dieses Intro wird abgelöst bzw. ergänzt durch tiefgrüne und wunderschön waldige Noten und Facetten. Es entsteht der Eindruck wie über einem holzig erdigen Waldboden zu schweben. Ein Nebel, der über der Haut wabert, getrieben von den mächtigen pfeffrigen Klauen des Drachen. Überall dampft es ätherisch und grün, man steigt tiefer und tiefer in den Wald hinab und hat sich bald hoffnungslos verlaufen.

Das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten ist filigran austariert und so treibt einen der Drache immer weiter voran, lässt einen den aus den ledrigen Schuppen austretenden Rauch präzise wahrnehmen und das Bild des Walddrachen vervollständigt sich ehrwürdig. Dabei hat er mit seinen langen Krallen unzählige Bäume angeritzt, aus denen puristisch und weiches Harz ausströmt und den Duft in einen wunderbaren Rahmen gießt.

Drakon verkörpert für mich einen der schönsten und intensivsten Walddüfte überhaupt. Schon lange Zeit und immer wieder bin ich durch Proben und Abfüllungen dem Drachen verfallen. Ich konnte mich seiner Magie nie gänzlich entziehen, weswegen er nun einen festen Platz in meiner Sammlung bekommen hat.

Die Intensität und vor allem die Haltbarkeit sind überragend. Es handelt sich bei Drakon um keinen every day Scent, dafür ist er durch seine Komplexität zu speziell. Aber zur rechten Zeit am rechten Ort ein absoluter Traum. Wer sich für Derartiges begeistern kann, wird mit Drakon eine echte Spezialität erleben und sich gewiss hier und da vom Drachen durch den Wald treiben lassen…

„Es gehört Mut dazu, gegen den Drachen zu kämpfen“ (Oliver Stone)
24 Antworten
Medianus76 vor 2 Jahren 24 21
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Haltbarkeit
7.5
Duft
Carlos, Havanna und der kolumbianische Stoff
Irgendwo in Havanna…
„Verdammt, was zum Teufel mache ich hier eigentlich?“, schoss es mir durch den Kopf. In einer abgehalfterten Bar im Zentrum Havannas sitzend und vor Hitze dahin schmelzend, bestellte ich mir tatsächlich einen Bananensplit. „Ist mir denn nichts Besseres eingefallen? Wer käme schon auf die Idee, sich in dieser Situation Bananensplit zu bestellen und zu verzehren!“ Aber meine Sinne bestanden darauf!
„Was soll´s, vielleicht kühlt mich das Eis ein wenig runter“, dachte ich mir, als ein gelangweilter Kellner plötzlich vor meinem Tisch stand, auf dem Tablett meine Bestellung.
„Senor, su helado“, kredenzte er mit rauchiger Stimme, während ich mich als gleich am Bananensplit zu schaffen machte. Schokoladige Aromen garniert mit Kakao machten sich breit, während die feinen und weichen Vanille- und Tabaknoten des vor der Tür befindlichen Marktes, gierig von den hektisch drehenden Ventilatoren des Innenraumes in das schummrige Ambiente der Bar gefächert wurden.

„Ich glaube langsam echt dieser miese Ganove von Carlos hat mich gelinkt. Er hat mir die Ware doch versprochen, den kolumbianischen Stoff“, hämmerte es immer wieder in meinem Kopf! Ich verfrachtete einen weiteren Löffel Kakaosoße in mich hinein und grummelte: „Viel zu viel Zeit ist schon verstrichen, dieser Mistkerl“! Indes entschied ich, ungeachtet der nach wie vor nach dunklem Kakao und weichen Vanillearomen betörend duftenden Luft, dieses zwielichtige Etablissement umgehend zu verlassen. Ich orderte die Rechnung.
„La cuenta, por favor“, fuchtelte ich dem Kellner zu. Dieser kam zügig zum Tisch und stellte mir, in einer aus dunklem Holz gefertigten und mit einer hübschen Jasminblüte verzierten Schale, die Rechnung auf den Tisch.

Ich zog das Portemonnaie aus meiner Tasche und kreiste mit meinen Gedanken nur um das eine Thema! „Wo ist Carlos? Ich brauchte unbedingt den kolumbianischen K…“, als just im selben Moment ein Typ neben mir auftauchte und seine dampfende Havanna in die mit der Jasminblüte geschmückten Holzschale presste. Sofort machte sich ein dunkelholziger, feiner Rauch breit, getragen von der leichten Süße der Blüte.
„Buenos Dias, muchacho! Bist du bereit für unseren Deal?“ Da stand nun tatsächlich Carlos. Wer hätte das gedacht!
„Hey Carlos, klar bin ich bereit. Bereit wenn Du es bist!“
„Hast Du das Geld? Ich habe die Ware draußen im Wagen. 2 Kilogramm reinen kolumbianischen Kakao! Wie von dir geordert!“
„Endlich, du alter Halsabschneider“, erwiderte ich erleichtert! „Lass uns gehen, vamonos, vamonos!“

**

Les Indémodables schafft es mit Vanille Havane, auf eine beeindruckende Art und mit wenig Ingredienzien, einen tiefdunklen und ungemein präsenten Streifzug auf die Haut zu zaubern. Hierfür sind auch definitiv keine 2 kg Kakao erforderlich :)
Tatsächlich lässt mich der Auftakt unwillkürlich an den erwähnten Bananensplit denken. Dies ist aber nur der erste Eindruck, denn die Eröffnung hat eine starke Präsenz und wird zügig flankiert von dezenten Vanille- und würzigen Tabaknoten. Der Tabak und der Kakao gehen dabei eine gut funktionierende Symbiose ein, so wirkt der Duft an sich nie zu süß, sondern meist gut ausbalanciert.
Allerdings ist die Sillage sehr ausgeprägt. Die Dosierung sollte mit Bedacht gewählt werden, abhängig davon, wie stark man seine Umwelt an diesem Duft teilhaben lassen möchte.
Diese doch recht langanhaltende Eröffnungsphase wird sukzessive überlagert von dunkelholzigen und rauchigen Elementen. In dieser Wandlungsphase treten die anfänglichen Noten angemessen in den Hintergrund, was dem Duft eine Art zweite Präsenz verleiht. Die Ausarbeitung dieser Phase ist, meiner Meinung nach, attraktiver bzw. wirkt besser verblendet als der Beginn von Vanille Havane.
Zu guter Letzt schimmert immer wieder eine leichte Blumigkeit durch. Der ägyptische Jasmin steuert sicherlich diesen Aspekt bei, wirkt dabei aber nicht störend, geschweige denn überladen.

Resümee ziehend bleibt ein fast durchweg gut gelungener, dunkel-würziger Kakaoduft, mit angenehmen Vanille- sowie Tabakfacetten, aufgewertet und abgerundet durch die schönen dunklen Holz- und Rauchanteile. Dennoch fehlt irgendwas. Zum Teil entsteht manchmal ein etwas kantiger, grobschlächtiger Eindruck, der etwas mehr Feinabstimmung gut hätte vertragen können. Die Haltbarkeit hingegen ist, genauso wie die Sillage, kräftig und durchweg überzeugend.
21 Antworten
Medianus76 vor 2 Jahren 31 25
8.5
Duft
Allgäuer Mondscheinnacht
Tief in den Allgäuer Hochalpen verborgen befindet sich ein kristallklarer Bergsee. Die letzten Sonnenstrahlen des scheidenden Tages blitzen frisch-fröhlich zwischen den Bergkuppen hindurch, um den magisch, grünlich schimmernden See in ein geheimnisvolles Licht zu tauchen. Hier oben, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, ist die Natur noch unberührt und die Probleme des Alltags sind in weiter Ferne…
Am Firmament beginnt der leuchtende Mond seinen Platz zu beziehen und der Übergang zwischen Tag und Nacht scheint nahtlos. Das kosmische Gleichgewicht, austariert und ungestört, lässt unzählige Lichter der Sternschnuppen tief in den spiegelhaften See hinabfallen. Der Duft wurzelig erdiger Gräser steigt scharf empor, zu den rauchig weichen Nebeln, wabernd an der Oberfläche, um sich zu vereinen mit den aseptisch hölzernen Tönen des tiefen Sees. Pulsierend und unaufhaltsam, im Rhythmus der Nacht, kehrt der Ursprung allen Lebens zur Quelle zurück.

**

Roja hat es ein weiteres Mal geschafft mich in seinen Bann zu ziehen. Unglaublich, denn ich bin beim besten Willen kein zwanghafter Vetiver Fan, so zwingt mich aber dieser umso mehr und lässt mich wahrlich staunen. Derartig viele Interpretationen zum Thema Vetiver sind verfügbar und umgesetzt worden, aber keine konnte mich bislang so abholen, wie es diese Umsetzung nun schafft.

Ein authentisch und ungemein gelungener Cologne Auftakt lässt den Duft anfänglich sehr erfrischend wirken. Das Öl der Litsea Cubeba gehört zur Familie der Lorbeergewächse und prägt, mit seiner an Lemongras erinnernden Note, sicherlich den Beginn.
Nebenbei erwähnt empfinde ich Cologne als relativ, da der Duft in seinem Verlauf als auch in seiner Haltbarkeit sehr ausdauernd erscheint. Aber es handelt sich ja auch um ein Parfum Cologne…was auch immer diese Bezeichnungen genau bedeuten mögen.
Das spannende an diesem Roja ist für mich die feingliedrige Umsetzung des Themas. Es schwingt zu Beginn als auch im Verlauf ein wunderschöner aseptischer, leicht steriler Unterton mit. Aus diesem Unterton entspringt dann die Melodie, in Form eines milden, wurzelig-erdigen, leicht rauchigen Vetiver. Wenig scharf und kantig, dafür extremst sauber und harmonisch eingebunden, entsteht ein fantastisches und komplexes Duftschema. Man kann förmlich miterleben wie sich der Vetiver immer weiter herausschält, getragen von dem aseptischen Grundton. Vergesellschaftet mit der für Vetiver Düfte sehr feinen hölzernen Komponente, bleiben meiner Meinung nach keine Wünsche offen.

Die Tragbarkeit als auch die Haltbarkeit ist vielseitig und lobenswert. Ich denke, für die meisten Menschen als angenehm duftend wahrnehmbar, lässt sich der Roja Vetiver in den sonnigen Monaten vorzüglich genießen.
Fallabschließend bleibt zwar der wieder recht hoch angesetzte Preis ein Manko, aber die Qualität spricht in diesem Fall ganz klar für sich.
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