MisterE

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1 - 5 von 11
MisterE vor 10 Jahren 6
5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
The Spirit of Lindbergh
Neben der wachsenden Begeisterung für Parfüm, ist eines meiner älteren Hobbys, das Sammeln von Armbanduhren.

Klassisch Armbanduhren. Immer mechanisch. Vornehmlich Uhren der einschlägigen Schweizer Firmen. Kunstwerke aus unzähligen kleinen Schrauben und Rädchen.

Wer nun sagt, tausendmal gehört, was interessiert mich das was der für Hobbys hat, dafür gibt es andere Foren, dem Widerspreche ich an dieser Stelle nicht.

Alle die, die Geschichte jetzt trotzdem interessiert, die nehme ich jetzt gerne auf eine kleine Zeitreise mit.

Eine Uhr meiner Sammlung ist ein Modell eines dieser Schweizer Hersteller.

Dieses Uhrenmodell wurde Ende der 80iger Jahre zu Ehren der ersten Alleinüberquerung des Atlantiks, durch einen Menschen per Flugzeug ohne Zwischenlandung, aufgelegt.

Der Pilot am Steuer dieses Flugzeuges auf der Route von New York nach Paris war Charles A. Lindbergh. Sein Flugzeug trug den Namen Spirit of St. Louis.

Lindbergh wurde durch diese Leistung zu einer der bekanntesten Personen der Luftfahrt.

Meine besagte Uhr, ist dem Originalmodell des gleichen Herstellers aus dem Jahr 1927 nachempfunden. Lindberghs Uhr, genauer die Stundenwinkeleinteilung auf der Lünette, ermöglicht das Navigieren u.a. mithilfe eines Sextanten und eines Nautischen Almanachs. Soweit zur Theorie.

Als Charles Lindbergh am 20. Mai 1927 vom Roosevelt Field in New York zu seinem Alleinflug startete und auf sich alleine gestellt der Strecke von rund 5.800 Kilometern annahm, trug er laut Überlieferung diese Uhr.

Sein Flugzeug hatte, sofern überhaupt vorhanden, wohl nur mechanische Instrumente.

Kein GPS, keine Blackbox, kein Ballast.

Dafür viel Mut, Enthusiasmus, Leidenschaft und Pioniergeist. Es war die Generation solch verwegener Abenteurer.

Leder war zu dieser Zeit ein gut verfügbarer Rohstoff und ein häufig verarbeitetes Material. Es diente zu Zwecken der Bekleidung, für Taschen oder auch als Bezug auf Sitzen usw.

Wie stelle ich mir Lindbergh vor? Vielleicht trug er eine klassische Fliegerjacke aus Leder, eine Pilotenmütze aus Leder, Stiefel, Gürtel und Handschuhe aus Leder. Wahrscheinlich war der Sitz seiner Spirit of St. Louis mit Leder bezogen.

Die Maschinen waren zu dieser Zeit noch offener, weniger gedämmt als unsere Heutigen. Die Leitungen lagen frei, blankes Metall, Gummi. Der Motor recht ungeschützt und gut zugänglich. Die Ausdünstungen durch den Treibstoff, die Öle und Harze waren nicht zu verleugnen. Rauch, durch etwas Verbranntes lag in der Luft.

Knize Ten ist ein Klassiker, außer Frage. Knize Ten ist speziell. Knize Ten ist eine Ausnahme, etwas Besonderes. Knize Ten polarisiert. Knize ist Männlich; Knize kann zweifelsohne weiblich sexy sein.

Knize Ten wurde hier bereits kontrovers Porträtiert. Den Duft zu zerlegen und wieder zusammen zufügen spare ich mir an dieser Stelle.

Ich trage Knize Ten. Ich erlebe einen Moment, der aus meiner Wahrnehmung fast 90 Jahre zurückliegt.

Ich sehe Lindbergh. Ich rieche intensives Leder.
Das Leder seiner Jacke, das Leder seiner Kleidung. Ich rieche benzinartige Schwaden, ich rieche angekratztes, beanspruchtes Gummi, ich rieche Rauch. Alles in einer Intensität, die mich den besonderen Moment nochmals erleben lässt.

Knize Ten; für mich die Assoziation zu Lindbergh.

Von Knize Ten´s Geburtsjahrgang her betrachtet, hätte Lindbergh es tragen können. Ob er es trug, ich weiß es nicht. Es hätte aber sicher zu seiner Person gepasst.

Wenn mir danach ist, trage ich Knize Ten und spüre einen Hauch des Spirit of Lindbergh.
6 Antworten
MisterE vor 10 Jahren 3
5
Sillage
5
Haltbarkeit
6
Duft
Vetyver
Parfums de Nicolaï ist ja noch ein eher jüngeres französisches Dufthaus mit Wurzeln in der Familie Guerlain. Vor Parfumo war mir die Firma gänzlich unbekannt.

Vetyver ist nach Patchouli der zweite Duft von Parfums de Nicolaï, den ich testen konnte.

Meinen Eindruck zu Vetyver kann ich kurz und knapp zusammenfassen:

Es wirkt, als wären durchaus wertige Inhaltsstoffe verarbeitet worden. Die Haltbarkeit ist ordentlich, die Sillage ist etwas weniger als Durchschnitt.

Soweit eigentlich vielversprechend.

Das gilt auch für die bekannten Komponenten des Duftes. Wenn ich mir die Inhaltsstoffe so ansehe, denke ich mir, der Duft könnte etwas sein.

Leider kam alles ganz, ganz, ganz anders.

Aufgesprüht und mein erster und leider bleibender Eindruck: Da hat jemand Cartiers Declaration in einer Extreme Version mit einer Portion Vetiver gemischt….

Cumin, Kreuzkümmel.

Hier nicht im Detail gelistet.
Er erschlägt mich. Seine Präsenz ist erdrückend. Das ist mir zuviel. Das mag ich nicht haben.

Der Duft wird sicherlich seine Nutzer haben, die ihn auch schön finden. Ich selbst kann ihm leider nicht viel abgewinnen.

Gegen das Cumin kommt der Vetiver in keiner Weise an. Eigentlich zwei dominante Ingredienzien, die in der Verarbeitung ein gehörendes Maß an Fingerspitzengefühl fordern, halten sich hier leider nicht die Waage.

Cumin ist da und bleibt da. Vetiver kommt zwar immer mal wieder durch, genauso wie irgendetwas leicht zitrisches. Mehr aber leider nicht. Die ambrierte Basis erahne ich, nachdem sich das Cumin beruhigt hat.

Mein Verdacht, man wollte möglicherweise die familiären Pfade im Bereich Vetiver verlassen und etwas Neues wagen.

Ich hatte beim Tragen eine Aura um mich, als ob ich durchgeschwitzt die Abendschicht hinter dem Herd eines Thai-Restaurantes, hinter mich gebracht hätte.

Nochmal; mein subjektiver Eindruck:
Kein schlechter, kein billiger Duft. Die Komposition ist rund und man erkennt, dass sauber gearbeitet wurde. Trotzdem wurden hier Inhaltsstoffe zusammengemischt, die m.E. in diesem Verhältnis nicht rund zusammenpassen.

Übrigens: Nachdem der Duft runtergeduscht war, musste ich mir zum Abendessen „Gut Bürgerliche Deutsche Küche“ gönnen.

Mir war danach.
3 Antworten
MisterE vor 10 Jahren 9
5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Cardinal
Weihrauch.

Uralte Ingredienz in der Parfümkunst. Uralter Geruchsstoff.
In früheren Zeiten mehr denn je eine Kostbarkeit, ein gehüteter Schatz.

Fesselnd, faszinierend. Facettenreich.

In vielen Parfüms ist er Bestandteil. Dabei ist er meist verwobenes Bindeglied zwischen den anderen Duftstoffen.

Einzeln, isoliert ist er ein Duft der polarisiert. Ein Duft der Spannung schafft.

Mit Entwicklung meines Duftempfindens, gefallen mir mehr und mehr Düfte, in denen Weihrauch derart im Mittelpunkt steht. Düfte die um den Weihrauch aufgebaut sind, wie Avignon von CdG, Full Incense von Montale und eben Cardinal.

Frühkindliche Traumata durch exzessive Berührungen mit Weihrauch blieben mir, aufgrund meiner Konfession, erspart. Ich konnte mich also weitestgehend unbelastet dem Thema Weihrauch stellen.

Cardinal zieht alle Register, die einen Weihrauchduft ausmachen. Eine sakral, würzig milde Rauchigkeit, die dem Nutzer einen Kokon einer fast meditativen Gelassenheit generiert.

Hier wurde der Name zum Programm bezeichnend gewählt.

Aber halt; ich bin zu weit. Erstmal einen Schritt zurück. Wir schließen die Augen und atmen erstmal tief durch.

Stille, Spannung. Warmes Licht, aber keinesfalls große Helligkeit, eine leichte Kühle. Eine künstlich geschaffene Distanz.

Der Cardinal betritt die Bühne. Präsenz füllt den Raum.

Aufgesprüht empfängt uns eine Breitseite Weihrauch.

Die Kopfnote hat für meine Nase etwas leicht Mineralisches.

Die stattgehabten Vergleiche mit großen Gotteshäusern kann ich bestätigen. Sei es nun ein Gotteshaus in Freiburg oder eben auch der Kaiserdom zu Speyer. Ich kenne beide Kirchen. Beim Betreten dieser Häuser macht sich ein leicht „steiniger, mineralischer Geruch“ breit. Altes, tausend Jahre altes Gestein.

Hier verschmelzen scheinbar der Pfeffer und das Leinen derart, dass dieser mineralische Eindruck entsteht. Einen authentischeren Kopf könnte ich mir kaum vorstellen.

Wie entwickelt sich Cardinal?

Der Weihrauch und die Myrrhe fallen, nachdem sich das Mineralische gelegt hat, (bei mir nach der Messe von ca. 90 Minuten) in ein warmes, weiches Patchouli und Ambra Bett. Der Cardinal schmilzt, wird rund, zugänglich. Der Weihrauch schwindet; aber nie ganz….

Seine Haltbarkeit ist sehr ordentlich. Bei mir bleiben hier keine Wünsche offen.

Die Trägerin oder der Träger haben hoffentlich in ihrem Kokon, diesen oben beschriebenen Zustand der meditativen Gelassenheit halten und festigen können.

Cardinal kann ich sehr gut direkt mit Avignon von CdG vergleichen.

Avignon ist ein Tick rauer, ungeschliffener intensiver. Avignon kommt eine Spur provokativer und plakativer. Avignon erreicht nie diese Weichheit, Sanftmütigkeit eines Cardinal(s), des Cardinal(s). Sehr schön sind sie beide.

Welchem von den Beiden ich den Vorzug gebe, kann ich nicht sagen. Beide haben ihren Reiz. Leider haben beide auch gemeinsam einen frappierenden Nachteil; ihre etwas begrenzten Einsatzmöglichkeiten.
9 Antworten
MisterE vor 10 Jahren 4
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
Silber ist doch eigentlich auch ein Grau
Warum nur Grey Vetiver. Vielleicht weil Silber auch eine Form von Grau ist? Understatement? Gewollt? Bewusst gewählt? Ich habe keine Ahnung. Vielleicht findet ihr die Antwort!

Grey Vetiver von Tom Ford, ein guter Einsteiger-Vetiver, ein milder, unaufgeregter Vertreter der Vetiverfamilie.

Warum kommt er hier nur Mittelprächtig weg?
Vielleicht weil man im Vergleich zu den anderen Tom Ford Düften mehr erwartet? Grey Vetiver hätte vielleicht unter einem anderen Namen oder bei einem anderen Hersteller mehr Chancen zu gefallen.

Für mich persönlich ein gut zu tragender, angenehmer frische Frühlingsduft. Er passt wunderbar zum Büroalltag. Zur seriösen Bürogarderobe; noch nicht mal unbedingt der Anzug. Edel, sauber, langanhaltend, nervt er niemanden, er stört nicht und schafft ein Wohlfühlgefühl.

Was will ich eigentlich mehr von einem Alltagsduft?

Tom Ford, als Marke, ist für mich immer irgendwie so zwischen High Class Mainstream und Nische. Näher wohl am Mainstream.

Zum Duft:
Grey Vetiver ist herb frisch, würzig frisch.

Vetiver ist drin, klar.

Salbei und Muskat eröffnen. Die Orangenblüte, die beschrieben ist, kann ich nur erahnen. Anfangs ist sie wohl da. Vielleicht kurz; direkt nach dem Auftragen, gibt sie diese leicht schwülstige Süße, die nach 10 Minuten schon wieder weg ist.

Das Herz besteht aus Vetiver und der Würze mit Muskat und Piment; ein ständiges hin und her dieser Drei. Nichts dominiert. Der Duft ist rund, förmig, tragbar.

Die Basis mit den Hölzern macht das, was sie machen soll. Sie erdet und hält den Duft stabil zusammen; 6 Stunden, 8 Stunden. Alles kein Problem; auch bei 25grad noch.

Die Sillage ist zwischen mittel und mäßig. Der Duft bleibt bei seiner Trägerin / seinem Träger.

Mit Grey Vetiver macht man(n) weder im Anzug, noch in Hemd und Jeans, noch in T-Shirt und Shorts etwas verkehrt. Natürlich macht auch Frau mit dem Duft nicht verkehrt. Ich halte ihn sogar für gut tragbar an einer Frau.

Wer sich schwer mit Vetiver tut, Guerlain oder Nische zu heftig ist. Prada und Konsorten nicht mag, der sollte hier probieren.

Bei Grey Vetiver macht eindeutig die gute Qualität und das weite Einsatzfeld noch einiges an Wert für mich.

Ein problemloser Vetiverkollege. Für Gold reicht es sicher nicht, aber etwas mehr Silber im Namen hätte er schon verdient.
4 Antworten
MisterE vor 10 Jahren 5
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Es war September
Ob Guerlains Vetiver die Referenz für Vetiver Düfte ist, mag ich nicht zu beurteilen. Dazu sind einfach zu viele Vetiver Düfte am Markt. Davon kenne ich selbst nur eine kleine Hand voll. Jeder der Vetiver Düfte davon hat seine besondere Art, seine Eigenheit.

Moderne Interpretationen, klassische Interpretationen. Würzige Vetiver Düfte, fruchtige Vetiver Düfte.

In einem Punkt ist Guerlains Vetiver eindeutig für mich eine Referenz. Er hält sich tapfer und überdauert Generationen anderer Vetiver Düfte am Markt. Das müssen andere Düfte erst noch unter Beweis stellen.

Den Duft von Guerlains Vetiver verbinde ich persönlich stark mit einem meiner letzten Urlaube.

Früher September; Südengland Rundreise, zweieinhalb Wochen Devon und Cornwall. Viel Natur und eine Kulisse wie aus der Zeit gefallen. Milde Temperaturen; die Tage waren aber nicht mehr so warm wie im Sommer.

Ich wohnte während dieser Reise 3 Tage in einem alten Cottage. Erbaut aus Basaltsteinen. Meterdicke Mauern. Urgemütlich. Holz, Plüsch, dicke Teppiche. Ein Kaminzimmer mit altem Mobiliar. Alles irgendwie leicht muffig. Nicht unangenehm Muffig. Sympathisch Muffig.

Zu Land´s End waren es 7 Milen. Zur nächsten Ortschaft war es zu Fuß ca. 1 Stunde zu laufen.

Ein schmaler Weg. Auf der einen Seite Gras, auf der anderen Seite Bäume, Sträucher, Hecken, Wurzeln. Das Gras war feucht und erdig. Frisch. Nicht feucht durch Regen der vom Himmel fiel. Feucht durch den nahen Atlantik. Feuchtigkeit in der Luft. Der Atlantik war zu hören und am Horizont zu sehen.

Ich ging diesen Fußweg mehr als einmal um abends im nächsten Pub etwas zu essen und zu trinken. Die Muffigkeit des Cottages habe ich dabei trotz Frischluft noch eine Zeit in der Nase.

Warum erinnert mich Guerlains Vetiver jetzt an dieses Bild.

Ich sprühe ihn auf und gehe in Gedanken wieder diesen Fußweg; ich rieche Gras, erdiges, feuchtes Gras. Wurzelwerk.

Ich rieche Tabak und Gewürze. Nun bin ich wohl im Pub angekommen.

Je mehr die Zeit vergeht, desto wärmer wird mir; die Krautigkeit und Schärfe ist fast verschwunden; flackert nur noch immer wieder kurz auf. Die Muffigkeit hat sich verloren.

Was ich nicht rieche sind die Früchte, Orangen und die Bergamotte. Das ist aber auch nicht schlimm.

Vetiver steht im Mittelpunkt. Ohne wenn und aber.

Die Haltbarkeit ist über Durchschnitt. Der Duft begleitet mich vom Afternoon Tea (i.d.R. 17Uhr)im Kaminzimmer des Cottages bis zur Aufforderung zur „Last Order“ im Pub (i.d.R. 23 Uhr) und macht auch über die Sperrstunde hinaus nicht schlapp. Damit ist er auch Preis-/ Leistungsmäßig eine absolute Empfehlung.

Eingangs habe ich geschrieben, dass ich selbst nur eine kleine Hand voll Vetiver Düfte kenne. Ich kenne würzige Vetiver Düfte und fruchtige Vetiver Düfte. Ich kenne salzige Vetivers.

Und ich kenne Guerlains Vetiver und freue mich immer darüber wenn ich ihn trage.
5 Antworten
1 - 5 von 11