MrGaunt

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1 - 5 von 30
MrGaunt vor 3 Jahren 14 1
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Club der Blumenliebhaber
Ein Xerjoff aus 2018 und noch ohne Rezension? Sehr ungewöhnlich. Na gut, dann muss ich als Schreibfauler wohl ein paar Worte beitragen. Eigentlich kann man sich den aus den verschiedenen Statements fast schon zusammenreimen, ein klein wenig ausführlicher Text soll ihm aber gegönnt sein.

Er startet sehr blumig-zitrisch-fruchtig, für mich eher etwas harsch und schwer auseinanderzuhalten. Dieser Start hat leider etwas Badreiniger-Charm. Nicht die Zitrusbombe, sondern irgendwas mit Blüten. Diese Attacke legt sich glücklicherweise nach wenigen Minuten. Wenn Honig da ist, geht er eher unter.

Das Herz hingegen bleibt eine ganze Weile. Die Zitrusfrüchte sind verflogen, es dominieren recht starke Blüten der weissen Sorte. Rose rieche ich gar nicht bis minimal, die von mir eigentlich geschätzte Orangenblüte hält sich ebenfalls sehr zurück. Neben Ylang-Ylang würde ich auch Jasmin vermuten, auch wenn das nicht in den Noten auftaucht. Der Hintergrund wird unterstützt von leichter Süsse, der Honig scheint sich in das Herz hineingerettet zu haben. Die Herzphase mit der starken Blütendominanz hält lange. Genau Zeit lässt sich nicht sagen, da der Wandel zur Basis sehr langsam verläuft.

Mit der Zeit nehmen sich die Blüten etwas zurück und der Duft wird weicher und ich finde auch komplexer. Eine sehr zarte aber erkennbare Tabakblattnote wird durch etwas Vanille unterstützt, auch der Honig scheint sich hartnäckig aber dezent zu halten. Für mich die schönste Zeit des Duftes, denn er zeigt eine Komplexität und Verwobenheit. Ob das dann schon die Basis ist oder eine späte Entwicklung der Herznote möge jeder für sich entscheiden. Wenn Herz, dann ist das eine lange Herzphase.

Nach 3-4 Stunden sind die Blüten offenbar etwas erschöpft und man kann auch eine leicht holzige Basis erschnuppern. Die genannten Basisnoten gaukeln aber eine deutlich stärkere Holzbasis vor, das Ganze ist eher zurückhaltend holzig und zeigt keine Dominanz von Vetiver oder Patchouly. Ganz zurück ziehen sich die Blüten zudem nicht.

Insgesamt ein durchaus gelungener Duft mit interessanter Entwicklung. Mir persönlich zu blütenlastig besonders für den täglichen Bedarf, daher gibt es keine überbordende Bewertung. Tendenziell eher feminin (wenn man bei der klassischen Einteilung bleiben möchte). Blüten sollte man definitiv mögen, dann ist er auf jeden Fall einen Test wert. Die blütende Phase längt lange an und ist nach der ersten Attacke wirklich sehr gelungen.


1 Antwort
MrGaunt vor 3 Jahren 13 3
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Der Buxton der kein Buxton ist?
Überraschenderweise noch unkommentiert, obwohl es den Duft schon einige Monate gibt und Mark Buxton gewisse Prominenz geniesst.
Mark Buxton ist definitiv kein Unbekannter, in seiner eigenen Linie dürfte er in erster Linie bekannt sein für den prominenten Einsatz von Weihrauch in den Düften. So auch hier. Allerdings stammt der Duft gar nicht von ihm, sondern von David Chieze. Der ist noch recht jung im Geschäft und hat wohl auch mit Bertrand Duchafour gearbeitet. Auf Mark Buxtons Homepage taucht er als einziger zweiter Parfumeur auf.
Beim Free hat man nichtsdestotrotz den Eindruck, der Duft könnte wohl auch von Mark Buxton selbst stammen. Die Richtung passt sehr gut zusammen zu den Kreationen des Masterminds. Er wird zudem sicherlich ein gewisses Mitspracherecht gehabt haben.

Wie riecht das Machwerk denn nun? Der Duft funktioniert aus meiner Sicht doch anders, als das was man vielleicht von der Pyramide erwartet, aber man findet sehr viel von der Pyramide wieder.
Der Start ist relativ fruchtig, die Ananas klar dabei aber nicht die alleinige Frucht. Insgesamt frisch, nicht süss, schon gar nicht klebrig, durchaus leicht pfeffrig. Die Frucht bleibt und hat auch vor, eine Weile länger zu bleiben. Die Frische wird direkt begleitet von einem herben Ton. Auch wenn man den Gewürzanteil ahnen kann, übernimmt die zweite Hauptrolle doch ziemlich schnell der Weihrauch.
Und das bleibt dann lange. Frucht und Weihrauch. Beides in erstaunlicher Klarheit, die Frucht vielleicht sogar als eine Art Essenz. Praktisch keine Säure, keine Süsse, nur Frucht. So wie man Frucht in einem wirklich sehr guten Obstbrand vorfindet. Der Weihrauch harzt fröhlich und hell vor sich hin. Wer bei der Kombination von Ananas und Rauch nun an einen nicht unbekannten Duft denkt und eine Alternative sucht, der möge weiter suchen. Das grosse A und der Free haben nur wenig miteinander zu tun. Hier teert es nur wenig, es harzt mehr. Schöner klarer Weihrauch.

Wie schon geschrieben: Es bestimmen Weihrauch und Frucht. Die Entwicklung des Duftes ist nach der kurzen Kopfnote unspektakulär und verschiebt sich naturgemäß mehr zum Weihrauch. Auch wenn die Düfte nicht zu viel miteinander zu tun haben, ist die Entwicklung recht ähnlich zu Oud Wood. Der bleibt auch lange und ändert sich nur unmerklich.

Jetzt betone ich immer "Frucht und Weihrauch", und da muss man vorsichtig sein. Während der Duft an der Oberfläche unspektakulär erscheint, kann man bei der bewußten Beschäftigung mit dem Duft doch viel mehr herausfinden. Der Vetiver unterstützt über fast die gesamte Länge und in der späteren Entwicklung kann man sogar ganz weiche Töne herausriechen. Da kommen dann die Basisnoten für eine einigermassen geübte Nase doch ins Spiel, so dass man sogar eine leichte Süsse und Cremigkeit erschnüffeln kann. Diese Noten schaffen es aber als Nebenschauspieler, die beiden Hauptakteure glänzen zu lassen, und das macht den Duft aus meiner Sicht besonders und spannend. An der Oberfläche passiert anscheinend nicht allzu viel, aber eigentlich doch durch die fleissigen perfekt aufeinander abgestimmten weiteren Noten.

Der Duft ist eine tolle Wahl für Weihrauchliebhaber und ich meine sogar gut für das Büro geeignet. Nicht nervös, nicht überwältigend. Bei der Sillage bin ich noch skeptisch. Mit 2 1/2 Sprühern schien ich vorsichtig versorgt zu sein. Als ich aber nach einiger Zeit in mein Büro zurück kam, konnte ich den Duft erstaunlich deutlich wahrnehmen. Es könnte sich also ein klassischer Fall von "ich merk es nicht so, die Umgebung schon" handeln. Kommentare gab es keine.
Ein toller Duft, der eine klare Linie verfolgt und bei dem man die subtilen Tiefen erst entdecken muss.

Edit: Tippfehler
3 Antworten
MrGaunt vor 3 Jahren 6 1
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Rose-Mediholz-Kombi auf weicher Basis
Bois 1920 haut schon fleissig den ein oder anderen Duft raus. Es sind wirklich schöne Stücke dabei, für mich gehen die Düfte tendenziell in die etwas gefälligere Richtung, aber meist gut gemacht und immer noch mit Nischenanspruch.

Nun bei Oro Bianco also eine Rose mit Holz. Da gähnt der ein oder andere, gibt es doch nicht wenige Rose-Oud-Kombis. Außerdem könnte man hier schon Schluß machen, stattdessen ein "Pyramide lesen, kommt hin" Statement schreiben und sich einen Kommentar sparen. Aber ich finde der Duft hat was, deshalb ein paar Worte mehr.

Es ist ein zitrischer Start. Ingwer rieche ich nicht explizit heraus, aber eine leichte Schärfe ist am Start schon dabei. Vielleicht mogelt sich da aber auch schon etwas Holz mit rein. Die Rose ist ebenfalls sehr schnell da. Allerdings in der Kopfnote eher als eine leichte Blumigkeit mit dabei, die deutlich erkennbare Rose kommt erst in der Herznote.
Das Herz ist dann schon sehr klar von viel Rose dominiert, aber auch mit einem hellen leicht medizinischen Holz-Anteil. Auch wenn hier das Guajakholz genannt ist und "edle Hölzer", könnte es auch ein oft als westlich beschriebenes medizinisches Oud ohne Animalik sein das hier seinen Auftritt hat. Diese Kombi mit Rose und medizinischem Holz hält recht lange an. Man muss diesen Typ Holz schon mögen. Zusammen mit dem zitrischen Einstieg kann man damit auch eine Frische verbinden oder zumindest Leichtigkeit.
Nach längerer Zeit zieht sich die Rose leicht zurück, der medizinische Teil wird sanfter und warmholziger und dann kommt tatsächlich noch der Auftritt der Vanille. Allerdings sehr dezent im Zusammenspiel mit immer noch recht hellem aber dann deutlich wärmerem Holz. Sandelholz hilft da offenbar. Wer ganz genau hinriecht, der kann die Vanille vielleicht auch früher ahnen, aber eher subtil. In dieser leicht vanilligen Basis bleibt der Duft dann eher hautnahe.

Ein sehr schön komponierter Duft, trotz der hellen etwas medizinischen Hölzer wirkt er nicht aggressiv. Absolut tragbar und unisex, ich mag ihn. Er erinnert ein wenig an den von mir sehr geschätzten und wohl leider (vermutlich) eingestellten "Royal White" von Charriol. Der Charriol ist für mich etwas oudiger und in der Basis weniger weich, dazu etwas eigenständiger. Wer den mag und vermisst, der sollte am Oro Bianco auf jeden Fall mal schnuppern. Auch dessen Flakon mit Weiss und Gold ist ähnlich bei den Farben, allerdings in der Form eckig statt rund wie Oro Bianco.

1 Antwort
MrGaunt vor 3 Jahren 7
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Ziemlich feines Zeug - nix Gangsta trotz Rapper
Dieser Duft ist eine Besonderheit im Nischenbereich. Ein Duft im Auftrag eines Musikschaffenden, allerdings ein Rapper. Dazu noch einer der auch im Gangsta-Rap zu Hause ist. Dieser Herr heisst Booba. Man muss ihn wohl nicht unbedingt kennen, seine Bilder auf Wikipedia zeigen ihn als den stereotypischen Rapper mit Tattoos, dicken Goldkettchen und Basecap. Jemand, dem man unterstellt ein treuer Kunde von Philipp Plein oder ähnlichen monströs überteuerten Billigklamottenherstellern zu sein, deren einzige Aufgabe ist "bin teuer Alda, kannste Dir nicht leisten" in die Welt zu schreien.
Als Duft kommt also nur etwas kreischendes in Richtung "1 Million" von Paco Rabanne in Frage, besser noch sowas in noch lauter und von einer möglichst teuren Firma, so laut dass es bis in die hinterste Konzertreihe riecht.

Nun ist Nejma ein Nischenhaus mit aus meiner Sicht eher feinen Düften. Die können auch süss und orientalisch, aber im Großen und Ganzen scheinen es keine Schreihälse zu sein. Nun ja, wenn der Rapper mit Geld winkt wird vielleicht auch ein kleines Schweizer Nischenhaus schwach und kreiert einen komplett undezenten Duft?

Bühnenauftritt: Koeptys
Kein Gangsta-Rap
Keine Goldkettchen
Keine dicken Eier
Eher Lang Lang.
Oder Mark Knopfler mit "Sultans of Swing"
Ziemliche Überraschung

Aber fangen wir von vorne an...
Die Verpackung ist wenig aufregend. Standard-Parfumpackung. Nicht billig aber auch nicht spannend. Der Flakon legt von der Qualität eine Schippe drauf. Grau, schwer, anthrazit-silbrige Kappe (Plastik, aber wertig und auch mit Gewicht), die Beschriftung mit einer Metallplakette die nicht nur flach sondern leicht geprägt ist. Schick und zurückhaltend.

Beim ersten Sprühen hat die Bergamotte ihren Auftritt, zusammen mit hellem frischen Weihrauch. Alles sehr leicht, fast schon ein wenig aquatisch und gar nicht so sehr zitrisch. Weihrauch kann auch frisch, jedenfalls empfinde ich den z.B. beim "20 L'Eau Guerrière" von Pierre Guillaume auch in der Einbindung als explizit frisch. Hier auch.
Der Auftakt legt sich schnell und ich finde Jasmin und Maiglöckchen kommen klar rüber. Mit den beiden habe ich gelegentlich meine Schwierigkeiten, sie wirken mir ab und zu zu feminin und zu laut. Hier funktionieren sie gut. Zusammen mit sehr hellem Holz halten die eine ganze Weile durch. Die Blümchen nehmen sich etwas zurück und man hat einen sehr ausgeglichenen hellen Duft der eine angenehme Frische beibehält. Kein Duschgel, eher sauber, durchaus komplex und spannend zu riechen.
Mit der Zeit, vielleicht so nach 2 Stunden, kommt die Basis heraus. Beschrieben mit "Benzoe, Patchouli, Vanille, Kokosmilch" wird es dem Auftritt nicht ganz gerecht. Erwartet man doch eher mehr Süsse und vielleicht Patchouli-Erdigkeit. Kräftiges Patch rieche ich nicht, es arbeitet hier wohl eher mit Sandelholz zusammen und ergibt eine sanfte Grundlage. Benzoe und Vanille gesellen sich mit dazu, Kokosmilch rieche ich schon, aber von der sanften Sorte. So wie man sie in einem sorgfältig komponierten asiatischen Gericht findet, nicht die Virgin-Island-Pina Colada-Kokos (wobei da nicht gegen zu sagen ist) und auch keine süssen Kokosmakronen. Holz, Benzoe/Vanille und Kokos tragen die Blumen noch eine ganze Weile in der Basis mit.

Der Duft hält erstaunlich lange. Nach 12 Stunden konnte ich immer noch etwas erschnuppern. Die Sillage ist aber nach ca. 4-5 Stunden glaube ich eher hautnahe. Ich verschätze mich da aber gerne.

Alles in allem für mich eine absolute Überraschung. Sehr sanft, leichte Frische, viel Harmonie in der Abstimmung. Mir kommt er recht zurückhaltend vor und absolut unisex-tauglich sowie im Büro auch ohne nach Atem schnappende Kollegenschaft tragbar. Vielleicht fehlt ihm ein klein wenig die absolute Uniqueness nach der man bei Nischendüften so häufig sucht und einigen wird er zu zurückhaltend sein. Mir gefällt er wirklich gut und die Bewertung wackelt gerade eher in Richtung 9 statt 8.5.

Edit: Tippfehler
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MrGaunt vor 4 Jahren 26 12
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Der tagestaugliche Tonka-Tauer
Ein neuer Tauer ist immer eine spannende Sache, geht er doch eher eigene Wege. In vielen Düften erkennt eine seine spezifische Handschrift, ein spezieller leicht trocken-pudriger Touch der sich mal mehr und mal weniger zeigt. Er findet sich interessanterweise in stark unterschiedlichen Parfums wieder.
Nun also der Neuling Phtaloblue, "redefining the aquatic genre" (Eigenbeschreibung Tauer). Die ersten Statements dazu lassen einen eher etwas ratlos zurück. Aber egal, die Bestellung ist ja unterwegs. Dann kann ich mir mein eigenes Bild machen.

Für meine Nase startet er nicht allzu salzig, ich empfinde am Anfang eine starke Note Eisbonbons. Diese blauen Dinger die beim ersten Mal etwas seltsam schmecken und sehr typisch riechen. Für die Chemiker hier im Forum: Essigsäurepentylester. Hach, hat das Esterkochen Spass gemacht mit den ganzen tollen Gerüchen.
Die Zitrusaromen sind eher zurückhaltend eingesetzt. Einen Hauch Salz kann ich auch wahrnehmen, aber lange nicht so wie das einige Statements vermuten lassen.

Der starke Eisbonbon nimmt sich dann recht zügig etwas zurück und gibt einer leicht kräuterigen Note Raum. Insgesamt dominiert dann eine leicht fruchtig-grünkräuterige Note. Ich weiss jetzt nicht wie genau Meerfenchel riecht, aber Fenchel passt schon ganz gut. Ich hätte stärker blumige Noten erwartet, aber die binden sich eher im Hintergrund ein. Auch diese Zusammenstellung bleibt nicht allzu lange.

Im Drydown dominiert dann für mich sehr klar Tonka, unterstützt weiterhin von einer leicht Fenchel-Note. Amber und Zeder spielen nur als Stütze eine Rolle und stehen nicht im Vordergrund. Ich finde den Duft in der Basis sehr tonkalastig, aber auf eine positive Weise. Die echten Tonkabohnen haben ja neben der Vanilligkeit auch einen leichten Mandelgeruch, dazu noch eine eigenständige tonkaspezifische Note. Diese Kombination kommt hier klar zur Geltung und bleibt, zusammen mit dem Fenchel.

Der Duft ist sehr angenehm, aus meiner Sicht für einen Tauer sehr alltagstauglich. Ist es ein Aquate? Ein wenig ja, aber wie üblich geht Tauer seine eigenen Wege. Hält auch eine Weile. Ich hoffe mit meiner Einschätzung liege ich nicht so falsch wie bei Megamare. Den fand ich auch gut tauglich, eine der wenigen Momente wo ich böse Blicke auf der Arbeit geerntet habe.
Für einen Tauer sehr untypisch, aber gelungen.


12 Antworten
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