Mydarkflower

Mydarkflower

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Mydarkflower vor 4 Jahren 28 13
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Flakon
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Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Rummel bei Nacht
Als Kind gab es für mich nichts Aufregenderes, als abends auf den Rummel (Anm. d. Redaktion: andernorts auch "Kirmes" genannt) zu gehen.
Die Musik, das Lachen, die Lichter, der Duft der Stände mit den Süßigkeiten, der sommerwarme Wind, Draußensein bei Nacht - so geheimnisvoll und exotisch, wie in einer anderen Welt.
Für die Karussells interessierte ich mich nur am Rande, aber ich konnte nie genug davon bekommen, andere bei den Fahrten zu beobachten, ihr Juchzen und Kreischen zu hören, ihr Strahlen zu sehen, wenn sie mit wackeligen Knien aus den Gondeln taumelten.
Ich liebte diese Atmosphäre, mehr als einmal träumte ich davon, mit den Schaustellern davonfahren zu können, ein immerwährender Teil dieses Zaubers zu sein.

Als Teenager verguckte ich mich mehr als einmal in die tätowierten Aufpasser beim Autoscooter und nicht nur die Wärme der Sommernächte ließ mich bei ihrem Lächeln schwitzen, während ich wimpernklimpernd mit meinem kandierten Apfel kämpfte, die Menschen um mich herum lächelten und alles so leicht, fast schwerelos schien.
Und wieder wäre ich am liebsten mitgefahren.

Bis heute liebe ich sommerliche Rummelnächte, Märkte am Abend, späte Straßenfeste.
Funkelnd, verzaubert, schwebend erscheint mir dann alles.
Der Streß scheint von den Menschen abzuperlen wie Tropfen an einem Glas, sie haben endlich Zeit, lächeln einander zu und wirken ganz weich und jung in dem glühwürmchengleichen Licht.

Allure Sensuelle nimmt mich wie früher meine Eltern an die Hand und ich bin wieder auf dem Rummel, in einer milden Nacht voller Lichtpünktchen, voller Heiterkeit und Aufregung.
Der Hübsche von der Bude da hinten zwinkert mir zu, ich höre das Lachen von den Karussells, beiße in meinen Liebesapfel und werde, diesmal aber wirklich, mitfahren.


13 Antworten
Mydarkflower vor 4 Jahren 22 8
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Flakon
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Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Dunkle Märchen
Meinem Nicknamen werde ich insofern gerecht, dass mich düstere Dinge zwar ängstigen, aber wahnsinnig faszinieren.
Horror, Fantasy, Märchen und Sagen in ihrer ursprünglichen Fassung, die Abgründe der menschlichen Seele - all das läßt mich erschaudern.
Vor Grauen, aber genauso vor Verzückung.

Epic Woman ist die duftende Beschreibung dieser Gefühlslage.
Ich bin hin und weg, gleichzeitig graust es mich fast, ich möchte darin versinken, halb ekle ich mich.

Ich kann Schatten riechen, verfallene Gemäuer, alte Wälder, die Fabelwesen, die durch sie hindurchstreifen auf der Jagd nach einem willfährigen Opfer.
Aufgewühlte Laken nach einer tollwütigen Liebesnacht, Schweiß und gewürzter Wein.
Ein Feuer, irgendwo in der Nacht.

Ich kann Lucy vor mir sehen, die sich im Labyrinth dem Werwolf hingibt und Pan, der die Nymphen jagt und eine zu fassen kriegt, einen Vampir, dessen Opfer unter Wollust vergeht.
Ich frage mich, was ein Mischwesen wie ein Zentaur wohl alles mit einem anstellen könnte, was der Minotaurus wohl getan hätte, wenn ich ihm im Labyrinth über den Weg gelaufen wäre oder was die Schöne denn nun wirklich mit dem Biest getrieben hat.
Was für ein Gefühl es sein mag, eine Liebesnacht zu verbringen. Auf einem Grab.

Verzückung und Abscheu sind hier, in Epic, für mich ganz nah beieinander.
Was für ein ausgewöhlicher, düsterer, sinnlicher, dreckiger Duft, bei dem mir tatsächlich keine Gelegenheit einfallen will, um ihn zu tragen.

.. ..obwohl.... beim Fangespielen im Nirgendwo.... zwischen uralten Mauern im Dämmerlicht. ... und vielleicht sind wir dabei nicht allein.
8 Antworten
Mydarkflower vor 4 Jahren 22 6
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Flakon
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Duft
Eine Frühlingsliebe
Die Liaison zwischen L'eau und mir begann vor etwa zwei Jahren mit einem Missverständnis.

Fest überzeugt davon, eine Probe vom originalen Chanel No. 5 in Händen zu halten, sprühte ich mir eine Minimenge des Duftes aufs Handgelenk, aufs Schlimmste gefasst (vor Urzeiten hatte ich den mal getestet und fand ihn einfach gräßlich), wohlweislich ohne weitere Pläne für den Tag.

Völlig fassungslos mußte ich feststellen, dass ich das scheußliche Gebräu gar nicht mehr scheußlich fand, sondern dass ich mich praktisch sofort verliebte und, die Krönung, der Duft von Minute zu Minute schöner wurde.
Ich hielt jedem verfügbaren Familienmitglied mein Handgelenk unter die Nase, kreidebleich stammelnd: "Das ist Chanel No. 5!!!! Ich glaub das nicht!!! Wie kann der so schön sein??? War ich von allen guten Geistern verlassen???"
Familie war genauso verblüfft.

Völlig enthusiastisch brauchte ich das Pröbchen auf und kurz bevor mein Bestellfinger die abschließende Kaufnachricht hier im Souk verschicken konnte, schaute ich mir, warum auch immer, den Schriftzug auf der Probe noch mal genau an.

"Chanel No. 5 L'eau"

Da war sie, des Rätsels und Missverständnisses Lösung.
Ich war nicht verrückt geworden.
Ich war zu einem anderen Duft in Liebe entbrannt.

Der Bestellfinger korrigierte und schwupps war ich im Besitz des Duftes, der sich wohl für immer und ewig einen festen Platz in meiner Sammlung gesichert hat.

L'eau ist für mich Sonnenschein, Frühling, frische Luft, ein warmer Windhauch und Freude im Flakon.
Frisch, aber nicht kalt, blumig, aber nicht erschlagend, kaum süß, aber nicht herb und dabei ganz ganz zart und schmeichelnd.
Bei Wärme fügt er sich nahtlos in die Natur draußen ein, in den kalten Monaten bringt er mir das Licht zurück.
Er ist für mich nicht die verwässerte Version vom Urchanel, er ist etwas komplett anderes, für mich um Welten Schöneres.
Viel zarter, frischer, weicher, jünger, verträumter, ein Mädchen auf einer blühenden Frühlingswiese.

Dürfte ich nur zwei Düfte für immer und ewig behalten - L'eau wäre einer davon.
6 Antworten
Mydarkflower vor 4 Jahren 68 31
8
Flakon
10
Haltbarkeit
9
Duft
Was dich nicht umbringt...
usw. usf. blabla.

Ich hasse dieses Sprichwort.

Egal, welcher Schicksalsschlag einen ereilt, von irgendwoher kommt immer ein kerniges oder wahlweise mitleidiges: "Was dich nicht umbringt usw. usf. blabla."
Knie aufgeschlagen, vom Freund verlassen, Haustier oder Verwandschaft gestorben, Haus abgebrannt, Krebs überlebt oder Hartz4 nach einem Leben harter Arbeit: "Was dich nicht umbringt usw. usf. blabla."

Zwei Düfte brauche ich, um zu riechen, zu fühlen und zu erkennen, warum ich dieses elende Sprichwort so verabscheue.
Der eine ist "L'Heure de Nuit" - der andere "L'Heure Bleue".
Es sollte noch einen dritten geben, um das Bild zu komplettieren, aber den habe ich noch nicht gefunden.

Ein Leben, ein Frauenleben in Duft habe ich hier in Abfüllungen vor mir.

Der eine, der noch nicht gefundene Duft, ist ein Mädchen, ein Kind.
Noch unberührt von tiefem Schmerz und Kummer schaut es staunend auf die Welt, sieht überall Zauber und Wunder, glaubt an die Güte in allem, hat tiefes Vertrauen in sich und alles um sich herum. Nichts Dunkles, was sich nicht vertreiben ließe, Böses gibt es nur in Märchen. Sie ist voller Zärtlichkeit und Freude. Die Welt ist gut, schön, voller Feen und Schmetterlinge.

L'Heure de Nuit ist eine Frau, nicht mehr ganz jung, noch lange nicht alt, eine Mutter mit kleinen Kindern. Sie hat das Böse schon gesehen, Verletzungen eingesteckt und selbst welche zugefügt, geweint, gelitten, war am Ende ihrer Kraft, hat sich wieder aufgerappelt. Sie hatte lange keine Zeit mehr, Schmetterlinge zu jagen, nach Feen Ausschau zu halten oder nachzuschauen, wo der Regenbogen anfängt.
Ihre Kinder aber bringen den Zauber zurück. Nicht immer, aber manchmal, wenn sie mit ihnen Herbstblätter oder Schneeflocken fallen sieht, Regenwürmer bewundert, dem Wind lauscht oder Wolken beobachtert, kann sie wieder lachen wie ein Kind, sich voller Unschuld freuen. Zärtlich ist sie dann, weich und liebevoll.

L'Heure Bleue ist diesselbe Frau, dasselbe Mädchen, Jahre später. Nach vielen Wunden und Schicksalsschlägen sind die Wunder und das Vertrauen endgültig verschwunden. Es ist nur der Wind, der in den Bäumen raschelt, Schmetterlinge sterben im Herbst und ein Regenbogen ist in Wassertropfen gebrochenes Licht. Menschen sind nicht immer gut, Vorsicht ist besser als Hinterherschauen. Hinter jedem Lächeln wartet eine Träne. Sie sieht die Schönheit noch, kann sie aber nicht mehr empfinden. Sie kann sich erinnern, dass sie Feen sehen konnte, aber sie kann sie nicht mehr finden, nicht mehr glauben.

L'Heure Bleue wurde hier in den Kommentaren schon oft als "melancholisch" bezeichnet. Das geht für mich nicht tief genug.
Er ist zutiefst traurig, eine Erinnerung daran, was einmal war und wie es nie mehr sein wird. Verlorene Unschuld, tiefe Narben, nie ganz verheilt. Er erinnert sich an das Mädchen von damals und kann es nie mehr sein.

Ja, wir reifen und wachsen an unseren Erfahrungen, aber zu welchem Preis?
Ich finde, dass "Was uns nicht umbringt, macht uns stärker." einfach falsch ist.

Korrekt sollte es heißen: "Was uns nicht umbringt, läßt jedes Mal ein Stück von uns sterben."


31 Antworten
Mydarkflower vor 5 Jahren 37 12
Es war einmal...
... ein Kind, das fürchterliche Angst vor der Schule hatte.

Niemandem erzählte es etwas davon, um nicht noch mehr Ärger zu bekommen, nicht noch mehr Zielscheibe zu sein.
Die Heimlichtuerei kostete es Kraft, das falsche Lächeln, damit seine Eltern sich keine Sorgen machen mussten.

Die Lehrer, die hätten bemerken sollen, wie sehr das Kind litt und von seinen Mitschülern tyrannisiert wurde, schauten weg oder beteiligten sich.

Jeden Morgen hatte das Kind Bauchschmerzen, seine Beine schafften es vor Zittern kaum, in die Pedale seines Fahrrads zu treten, welches es noch viel schneller zum Ort seiner tagtäglichen Tortur bringen würde.

Tag um Tag, Jahr um Jahr, wartete es sehnlichst auf die Wochenenden, um Kraft zu tanken für die nächste Woche, wartete noch verzweifelter auf die Ferien, in denen die Panik und die Schmerzen wenigstens eine Weile verschwinden würden.

7 lange Jahre voller Angst, die das Kind, was schon lange kein Kind mehr ist, heute noch verfolgen, denn jeder Streich, jede Hänselei, die den Kindern des Kindes wiederfährt, reißt die Wunden wieder auf, verwandelt es in einen Berserker, der in seiner Wut jeden Verantwortlichen für diesen Schmerz am liebsten von der Landkarte tilgen würde.

Dieses Kind lebt ganz tief versteckt in meinem Inneren und normalerweise kann ich vergessen, will ich vergessen, dass es da ist.
Aber kaum hatte ich Coco aufgesprüht, fing es an zu zittern, zu weinen, versuchte sich ganz klein zu machen, zu verschwinden.
Ich spürte die alte Panik in mir hochkriechen, konnte auf einmal Kreide und Tafelschwämme riechen, das Trappeln von vielen Kinderfüßen hören, das hämische Lachen, was immer mir galt, spüren, wie mir jemand bei der Klassenarbeit über die Schulter schaut und laut eine abfällige Bemerkung dazu macht.

Vielleicht war es eine Lehrerin, die diesen Duft trug, es muss fast so sein.
Es tut mir leid, aber ich kann Coco nicht neutral beschreiben.

Für mich riecht er nach Angst.

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