Mörderbiene

Mörderbiene

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1 - 5 von 46
Mörderbiene vor 1 Jahr 22 21
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
'Mit scharfem Blick, nach Kennerweise...'
"Pour Monsieur (Eau de Toilette) / A Gentleman's Cologne / For Men | Chanel", "Eau Sauvage (Eau de Toilette) | Dior", "Eau du Sud | Goutal", "Aéroplane | Detaille" und viele weitere, sie alle passen mit Capucci pour Homme in eine Schublade - die der klassischen Herrenchypres.
Während die Franzosen fein texturiert und distinguiert daherkommen, ist der Italiener jedoch bodenständiger. Dies resultiert zum Großteil aus seiner Gewürzkomponente, die ihm etwas Kante verleiht: zwischen dem schubladentypischen Zitrusauftakt und dem grünen Moosbett findet sich neben etwas Kraut und Geblümel auch eine Pfeffernote, deretwegen ich ihn in der direkten Gegenüberstellung auch eher an Herren sehe.

In dieser Schublade fühle ich mich pudelwohl, und so gefällt mir naturgemäß auch Capucci pour Homme ausnehmend gut, der ein grundsolider und vor allem preiswerter Vertreter ist.
So gebe ich hier erstmals eine Wertung in der Kategorie 'Preis-Leistungs-Verhältnis' ab. Mit dieser Kategorie tue ich mich zugegebenermaßen etwas schwer, ist ihr Bestandteil 'Leistung' in meinen Augen doch immer stark durch persönlichen Geschmack geprägt.
Capucci pour Homme ist aber mit Sicherheit eines der besten Parfums, die man für unter 15€ kaufen kann - in Zeiten, in denen fast jeder meint auf einen sich nur durch das Aufrufen von Höchstpreisen auszeichnenden 'Luxus'-Zug aufspringen zu müssen finde ich das unglaublich.
21 Antworten
Mörderbiene vor 2 Jahren 18 18
9
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Jules D., oder: Mit dem Rolls zur Paris-Dakar
Die Rallye Paris-Dakar, die zu einer der wichtigsten Langstrecken- und Wüstenrallyes werden sollte, war 1981, im dritten Austragungsjahr, noch ein kleiner, familiärer Ausflug aus der Stadt an die Küste.
Das damalige Highlight: ein zum Start angemeldeter Rolls-Royce.
Zwei Franzosen hatten die absurde und sicher in irgendeiner Form alkoholgesteuerte Idee, das Rolls-Royce Corniche Fixed Head Coupé des Einen, über dessen Unzuverlässigkeit er sich ausließ, zum Rallye-Fahrzeug umzubauen.
Diese Schnapsidee wurde dafür dann umso ernsthafter und ambitionierter umgesetzt, und nur eine Unfallreparatur verhinderte ein gutes Abschneiden - der Rolls lag zwischenzeitlich auf Rang 13 der Gesamtwertung.
In Crewe bei Rolls-Royce vergaß man hingegen jeglichen britischen Humor und wollte mit diesem Projekt nichts zu tun haben - sogar die Verwendung des Markennamens Rolls-Royce wurde untersagt. Daraufhin wurde der Wagen vom kurzerhand eingesprungenen Sponsor Christian Dior nach seiner damals aktuellen Herrenkollektion benannt: Jules.
Und mit Jules Dior und Jules Rolls-Royce (im folgenden Jules D. und Jules R.-R.) haben sich zwei passende Partner gefunden.
Jules D. ist gleichsam rebellischer Abenteurer wie galanter Charmeur von seifiger Eleganz, der sich auch auf einer steifen Dinnerparty (in dezenter Dosierung!) sehen lassen könnte und dort sicher zu den unterhaltsameren Gästen zählen dürfte. Der Duft ist ein typisches Kraftpaket der 80er, der sich neben all der dunkelgrünen Würze dennoch eine feingliedrige Struktur mit floraler Frische bewahrt.
Diese Wuchtbrumme beginnt bereits würzig und recht spröde, wird aber zum Herzen hin weicher und harmonischer. Dort gesellt sich eine fast schon liebliche Veilchennote hinzu, die jedoch das kantige Gerüst nicht zu überdecken vermag. Der Ausklang ist lang, und von schmutzigem, derbem Leder geprägt.
Während Jules D. ein typisches Kind seiner Zeit ist, war Jules R.-R. in jeder Hinsicht eine Ausnahmeerscheinung und blieb singulär. Doch die Paarung stimmt - ein höhergelegter Rolls-Royce mit Stollenreifen und Rallyestreifen, das ist heute herrlich unzeitgemäß.

Jules R.-R. erfuhr dann auch noch eine späte Legitimation: mit Einführung des Cullinan, dessen Existenzberechtigung womöglich noch strittiger wäre, wurde er sogar für das Marketing bemüht.
18 Antworten
Mörderbiene vor 2 Jahren 27 19
10
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Mörderbienenköder
Meine regelmäßigen Leser wissen von meinem ambivalenten Verhältnis zu Penhaligon's, für alle Anderen nur so viel: wir haben eine Geschichte. Jedenfalls ertränke ich meinen Frust über den Großteil der Neuerscheinungen seit 2016 mit meinen viel zu schnell schwindenden Beständen der dafür eingestampften Klassiker.
Aber die Marketingmenschen von Penhaligon's wären nicht die Marketingmenschen von Penhaligon's, wenn sie nicht wüßten wie sie eine verdrossene und enttäuschte Biene doch nochmal angeln könnten - Der Köder: eine alte Karre auf der Pulle.

Obwohl Sir William Lyons - der Gründer von Jaguar - kein Freund des Motorsports war, erkannte er die Werbewirksamkeit und duldete das zunächst heimlich auf Eigeninitiative von Mitarbeitern gestartete Projekt der Entwicklung eines Werksrennwagens. Diese Entscheidung sollte sich als goldrichtig erweisen. Der 1951 erstmals eingesetzte Jaguar XK-C (auch C-Type genannt) profitierte von der Paarung des bewährten Aggregats des XK120 mit einem neu entwickelten Gitterrohrrahmen mit dünner Aluminiumhaut. Den anfänglich 200 PS standen weniger als 1.000 Kg Leergewicht gegenüber, später wurden sogar nochmals 100 Kg abgespeckt und die Leistung auf ca. 230 PS erhöht. Ein Fahrwerk mit doppelten Dreieckslenkern und Drehstäben vorn und hinten sorgte für eine hervorragende Straßenlage. In Kombination mit den guten Bremsen ermöglichte es den Fahrern mit den leistungsstärkeren Ferrari Katz und Maus zu spielen. Das 24 Stunden-Rennen von Le Mans wurde in den Jahren 1951, 1953, 1955, 1956 und 1957 gewonnen, und auch im Grand Prix-Sport, der späteren Formel 1, hat Jaguar 1952 mit dem C-Type beim legendären Rennen in Monaco die Pole belegt. So wurde der C-Type nicht nur ein Achtungserfolg für Jaguar, sondern eine der ganz großen Ikonen des Motorsports. Eines der wenigen überlebenden Exemplare (von ursprünglich 53) wechselte 2015 auf einer Auktion für zwölf Millionen Dollar den Besitzer.

Was hat nun der Jaguar C-Type mit dem neuen Duft von Penhaligon's zu tun? Nun, er ziert prominent dessen Konterfei und beide zählen nicht eben zu den erschwinglichsten ihrer Art - darüber hinaus teilen sie sich natürlich auch ihre Farbe.

Der Neue von Penhaligon's ist Grün: Zypressengün, Minzgrün, Eukalyptusgrün, Pfeffergrün, vielleicht ein bisschen British-Racing-Grün.
Die Schärfe des Pfeffers und der moschusweiche Eukalyptus kontrastieren auf angenehme Weise zueinander, die Pole liegen nicht zu weit auseinander. Sports Car Club bleibt durchgehend frisch, die Menthol-Note ist zwar erkennbar, aber dezent und gut verwoben, eine leichte Spur von Süße durchzieht den Duft im Hintergrund.
In der Basis klingt das Grün leise aus, von einem künstlichen langen Atem merke ich glücklicherweise nicht viel.

Fazit: über den Preis ließe sich womöglich diskutieren, aber der Duft ist recht gut gelungen - ein schöner Grüner für die Grünzeugparfumos.

Also, liebe Marketingmenschen von Penhaligon's: bis zur nächsten alten Karre!
19 Antworten
Mörderbiene vor 2 Jahren 13 9
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft
Schwarz wie die Nacht, heiß wie die Liebe, süß und bitter wie das Leben
Creed habe ich sehr lange sehr weit links liegen lassen. Zu sehr hat mich die verlogene Marketingpropaganda abgestoßen.
Creed ist durchaus eine alte Firma, und die Hoflieferantentitel sind auch durchaus echt - wenngleich Creed bis zu den siebziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts Niemanden mit Parfum belieferte, ganz gleich ob blau- oder andersblütig.
Die Erscheinungsjahre der Parfums, angeblich zurückreichend bis in das achtzehnte Jahrhundert, sind grober Unfug.
Ebenso sind die hübschen Geschichten zu diversen Parfums nichts weiter als das: Geschichten.
Trotz alledem muss man Creed jedoch zugutehalten, dass sie sehr klassisch orientierte Parfums in einer heute beinah ungekannten Qualität geschaffen haben.

Schwarz wie die Nacht, heiß wie die Liebe, süß und bitter wie das Leben - diesen Spruch hört man bisweilen auf die Frage nach dem Kaffee.
Irisia ist gewiss nicht schwarz, aber Irisia hat Feuer, und Irisia ist süß, und eine gute Portion Bitterkeit ist da auch.
Einem Chypre, das so bewußt auf Süße setzt, begegne ich mit Irisia erstmalig - sie ist zwar maßvoll eingesetzt, aber sie zieht sich konsequent durch den gesamten Duftverlauf.
Der traditionell zitrische Chypre-Auftakt erinnert hier an das Zuckerwasser von Dosenmandarinen - mit einer gewissen Frische und Spritzigkeit, die jedoch hinter die dominante Süße zurücktreten - , bekommt mit einer satten Galbanumnote einen kräftigen Kontrast, und leitet in ein Zusammenspiel von Rose und Tuberose über, das gleichsam von strahlend klarer Süße geprägt ist. Die Tuberose-Note, die selbstbewusst im Fokus steht, bleibt dabei stets fern der Grenzen zum Indolischen oder Gummi-artigen und ruht auf einer warmen, balsamischen und vor allem süßen Basis, bei der die Verwendung von echtem Ambra durchaus in den Bereich des Wahrscheinlichen rückt, und die sich in einer herberen Variante auch bei Miss Dior finden lässt.

Eigentlich kein Freund von süßen Düften, kann ich mir die subjektive Attraktivität von Irisia neben der hohen Qualität nur damit erklären, dass hier auf Keks-, Bonbon- und andere Gourmand-Noten verzichtet wurde.
Für mich ist Irisia einer der schönsten Düfte, mit denen frau sich schmücken kann.

Creed, mit solchen Düften dürft ihr gerne Buße tun. Es sei euch verziehen.
9 Antworten
Mörderbiene vor 2 Jahren 15 13
6
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Graublüher
Ich muß mich meiner Vorrednerin eingeschränkt anschließen: Ich teste ja gerne erstmal blind, ohne gleich hier reinzuschauen. Und auch mein erster Eindruck war der von Tuberose.
Allerdings der Eindruck einer stark entfremdeten Tuberose, die ihrer fröhlich strahlenden Opulenz beraubt wurde.

Oiro ist ein kompakter Weißblüherduft, dessen im Mittelgrund stehenden Blütennoten von Harzen und Rauch flankiert scheinen.

Von der Machart her erinnert er mich an meine alten Galimards aus den Sechzigern. Hier finden sich ebenfalls prominente Weißblüher, die die Grenze zum Indolischen ausloten.
Wüßte ich es nicht besser, könnte ich mir vorstellen, daß ich Oiro möglicherweise auch in diese Zeit eingeordnet hätte. Ich mag es, wenn zeitgenössische Schöpfungen so wohltuend weit an Trends und herrschendem Zeitgeschmack vorbeigehen.
Während diese alten Düfte mit opulent-fruchtiger Blütensüße - die jedoch immer erträglich bleibt - mit kräftigen, fröhlichen Stimmen vom Savoir-Vivre singen, bleibt Oiro jedoch durchgehend überraschend herb. Den Parfumos, die Oiro hier als süß einordnen kann ich mich nicht anschließen.
Gerade diese harzig-rauchige Komponente - ich habe Weihrauch und Vetiver im Verdacht - entrücken die Weißblüher in eine ernste, angedunkelte und fast 'graue' Stimmung. Dies wird noch dadurch forciert, daß der Duft wenig innere Dynamik erkennen läßt. Aufgrund der fehlenden Süße kann ich mir diese Weißblüher denn auch gut an Herren vorstellen.
Eine solch 'graue' Interpretation von Weißblühern kannte ich so noch nicht, das Konzept finde ich also zumindest spannend.
Ob es mir auch gefällt, habe ich noch nicht abschließend entschieden - meist ein gutes Zeichen...
13 Antworten
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