Nasenmann

Nasenmann

Rezensionen
Nasenmann vor 3 Jahren 6 3
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
7.5
Duft
Sommerregen im Schlossgarten
Zum Auftakt und bis weit in's Herz dominieren unsüße, sehr saure, nahezu bittere Zitrusaromen (eher unreife Zitrone als Mandarine) in Kombination mit aromatischen (Lavendel, Minze) und erdig-mineralischen Noten (namentlich Mastix, vielleicht etwas Geosmin und, tief aus der Basis heraus, die Patschuli+Vetiver-Kombo). Die offizielle Duft-Pyramide erscheint mir also relativ wahrheitsgetreu.

Vor meinem inneren Auge enstehen dabei tief-grüne, leicht blumige und feucht-kalte Assoziationen - um genau zu sein, denke ich an einen Schlosspark mit gepflegtem Rasen und Rosenhecken und/oder Gardenien, von denen, kurz nach einem Sommergewitter, das Wasser perlt, während der Himmel noch nicht aufgeklart hat. Mit dem Regen ist auch die Temperatur gefallen, es ist etwas zu frisch für kurzärmelige Bekleidung geworden.

Ich bin immer noch nicht hundertprozentig sicher an welche anderen Düfte mich das sonst noch erinnert aber da gibt es auf jeden Fall Kandidaten. Vielleicht an Floris' Elite, welches mich beim Testen wiederum an ein deutlich aristokratischeres (Gucci) Nobile erinnert hat. Die Basis geht vage in Richtung der späten 70er-Herrendüfte, ohne dass ich irgendetwas Konkretes benennen könnte. Ich denke da aber grundsätzlich eher an Aramis als an Quorum, welches der Schöpfer selbst in seiner Duftbeschreibung in's Spiel gebracht hat.

Für diese Hinwendung zur klassischen Herrenparfumerie respektiere ich diesen Duft sehr, häufiger tragen aber wollte ich ihn nicht. Dafür ist mir die leicht beklommene und sehr klassische Anmutung zu wesensfremd bzw nicht das, was ein Duft für mich ausstrahlen soll.

Insofern finde ich es aber schon recht passend, dass die Namensgebung einen Bezug auf klassische Musik nimmt. Ob es nun Beethoven's 6. Sinfonie ist? Eher nicht. Wenn überhaupt, nur an die weniger heiteren Sätze. Vielleicht eher Mozart oder Schubert als Beethoven. Aber was weiß ich schon, ich kenne mich da nicht wirklich aus.

Besäße der Duft mehr Heiterkeit vor und nach dem eher beklommenen Hauptteil, wäre er wohl wirklich mit einer Symphonie zu vergleichen und irgendwie genial. So bekommt Harmonie Pastorale zwar einen Daumen hoch von mir aber keinen Kauf.
3 Antworten
Nasenmann vor 3 Jahren 13 7
5
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
6
Duft
Von synthetischen Früchten, glücklichen Geldbeuteln und Druckerschwärze...
Ich konnte H24 mittlerweile auch testen und es gefällt mir besser als erwartet. Das aber heißt nicht sonderlich viel, da Name, Flakon und Kommentare anderer, meine Erwartungshaltung schon recht niedrig angesetzt hatten.

Der Duft löst in mir insgesamt seltsam wenige Emotionen aus. Das und die moderierte Lautstärke in Kombination mit guter Haltbarkeit, machen ihn vermutlich für manche alltagstauglich und universell aber irgendwo ist das in meinen Augen auch ein echtes Armutszeugnis für einen Duft.

Die Kopfnoten sind gelungen, da ich herbe Frische durchaus mag und diese bei modernen Düften eher selten finde. Erinnert zunächst ein wenig an abstrakte Grapefruit, dargestellt und von jeglicher Schwefeligkeit befreit durch relativ moderne Synthetik. Im Herz geht das Ganze dann stärker in grün-säuerliche und leicht tropische (ebenfalls abstrakte) Maracuja-Fruchtigkeit über. Hier hätte vielleicht mehr "Fotorealismus" und Spritzigkeit oder alternativ viel weniger Fruchtigkeit besser funktioniert. So fange ich wenig damit an, weiß nicht was der Duft mir vermitteln will.

Mit abklingender Fruchtigkeit und zunehmendem Einfluss der Basis, tritt immer mehr der bereits häufiger geschilderte Münzgeld-Aspekt zum Vorschein. Der wird m.E.n. durch metallisch-zitrische Noten (synthetisch, man ahnt es schon) in Kombination mit Leder, wie ich es von abgegriffenen Gelbeuteln kenne, erzeugt. Das ist insgesamt nicht so schlimm wie es sich anhört aber so riechen will ich trotzdem nicht.
Dieser "Used"-Eindruck steht auch irgendwie in Kontrast zum kolportierten "Futurismus", den ich H24 ohnehin nicht ganz abnehme. Apropos... was mich am meisten überrascht hat, sind die doch recht auffälligen Überschneidungen der restlichen Basis mit Dior's Megaseller Sauvage. Die Lautstärke ist hier zwar stark runtergedreht und H24 ist insgesamt schon sehr eigenständig aber je weiter der Verlauf in die Basis voranschreitet, desto mehr nähern sie sich an. Auch hier findet sich eine gewisse herbe (leicht Duschgel-artige) Frische wieder, die relativ gekonnt den Bogen zu den Kopfnoten schlägt. Da ist das Ambroxan, da ist ein modernes "Holz", wie man es in den letzten 15 Jahren schon häufiger (u.a. in Jubilation XXV oder Memoir Man) gerochen hat und da ist eine kratzige, chemisch-herb-frische aber doch irgendwie reizvolle Facette. Ich habe das bei Sauvage mit Duschgel-Rubbelprobe umschrieben, da es mich ein wenig an die Druckerschwärze in Magazinen erinnert. Mag ich.

Wohl auch wegen dieser Parallelen wirkt H24 auf mich wie der Hermes'sche Versuch einen kommerziellen Hit ala Sauvage oder Aventus zu landen. Ich bezweifle, dass es ihnen gelingen wird, zumal ich die Qualitätsanmutung ebenfalls als nur "so lala" empfinde. Jetzt nicht wirklich schlecht aber eben auch nicht als der Marke gerecht werdend.

Wenn ich die Lust verspüren sollte, kann ich auch mal an meinem Geldbeutel schnüffeln, der freut sich gerade mal wieder etwas.
7 Antworten
Nasenmann vor 8 Jahren 11 1
6
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Beobachtungen:
Dank Capellussmann kenn' ich den jetzt auch und bin begeistert! Drei Beobachtungen halte ich für bemerkenswert:

1) Die noch immer angebotenen Coty-Versionen riechen intensiv und sind langanhaltend. Dies wurde an anderer Stelle immer mal wieder in Abrede gestellt. Ich kenne zwar die Astor-(Ur-)Version nicht, doch stärker halte ich für unwahrscheinlich und wenn es so ist, für unangebracht. Die Projektion ist nicht extrem sondern pendelt sich nach dem Auftakt auf ein dezentes Maß ein - genau richtig um nicht aufdringlich zu wirken.

2) Sofort ist mir beim Handgelenkschnüffeln eine verblüffende Ähnlichkeit zur Kopf- und Herzphase von Amouage's Memoir Man aufgefallen (bevor die merkwürdige Tabak-/Aschenote dazukommt). Im Wesentlichen bleibt er auch die ganze Zeit über in diesem Bereich. Innerhalb der ersten Stunde (+/- 30min) werden durch subtile Veränderungen sogar noch erfreulichere Assoziationen mit einem sehr grünen (unfruchtigen) Basala wach. Leider flacht es danach wieder ein wenig ab und es tut sich nicht mehr all zu viel. Mit den Basisnoten wird der Duft weicher und eine recht typische 90er-Tonka-/Moschus-Süße a la Roma Uomo tritt nun deutlicher in Erscheinung.

3) Die, für mich, ebenfalls sehr angenehmen aquatischen Noten nehme ich interessanterweise erst richtig wahr, wenn ich es auf etwas größere Distanz rieche. Das mag nicht mehr ganz so edel wirken wie die genannten Luxus-Referenzen von Amouage und Shiseido, doch noch immer qualitätvoll und gut. Vage Erinnerungen zur grünen Aquatik von Guerlain's Homme und ja, auch Duschgel, werden da bei mir wach. Aber für mich insgesamt einfach viel ansprechender.
1 Antwort
Nasenmann vor 9 Jahren 11 4
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft
Duschgel Deluxe Pour Homme (Rubbelprobe)
Dies ist kein ausführliches Review, lediglich einige persönliche Eindrücke.

"Sauvage" - die Namensähnlichkeit zu "Eau Sauvage" ist in der Tat grob irreführend. Unabhängig davon halte ich ihn auch sonst für nicht besonders passend. Das französische "sauvage" kann mit "wild", "brutal", "unzivilisiert" oder auch "barbarisch" übersetzt werden und lässt daher bei mir Assoziationen an etwas animalisches, ungewaschenes aufkommen. Diors' Interpretation dagegen kommt eher wie ein frisch gestylter junger Mann vor dem Disco-Besuch am Freitagabend daher. In der Tat gehört der Duft für mich zu jenen, die mich direkt an ein "For Men"-Duschgel aus den 90ern denken lässt. Das hört sich allerdings viel schlimmer an als es von mir gemeint ist. Ich MAG "Sauvage", sehr sogar. Es riecht sehr sauber (wie frisch geduscht eben, "aquatisch"), sehr klassisch männlich (ein klein wenig würzig, ein bißchen markant, nicht zu süß) und insgesamt doch sehr gefällig. Spontan fällt mir da die prickelnde, irgendwie brause-artige Frische des von mir geschätzten Duschgels "Algemarin" oder "DuschDas for Men" ein. Der aquatische Aspekt scheint nicht auf Dihydromyrcenol (siehe "Cool Water") zu beruhen, erinnert mich aber etwas daran.

Dior liefert, allen Duschgel-Vergleichen zum Trotz, mit "Sauvage" kein minderwertiges Drogeriewässerchen ab, die Qualität ist, jedenfalls dem Dufteindruck nach, schon einem etwas höherpreisigen Markenduft angemessen, lässt in Sachen Haltbarkeit allerdings etwas zu wünschen übrig. Jedenfalls nimmt die Sillage nach 3-4 Stunden bei mir deutlich ab (EDIT: auf Stoff hält er sich dann doch ziemlich tapfer). Insgesamt ist der Duftverlauf auch ziemlich linear, wobei die eher grüne (Vetiver+Patchouli+Ambroxan, immer gut) Basis den Duft mit zunehmender Tragedauer insgesamt etwas weicher, runder wirken lässt (das Elemiharz strahlt eine gewisse Wärme und süße ab). Das Prickelnde, meist eher ein Kopfnoten-Phänomen, hält sich erstaunlicherweise fast bis zum Schluss - was mir sehr gut gefällt.

Nach einer Weile regen sich bei mir auch Dufterinnerungen an Rubbel-Duftproben welche in den 90ern in diversen Hochglanz-Lifestylemagazinen enthalten waren. Da hat sich der eigentliche Duft immer noch mit dem Duft der Druckerschwärze (bzw deren Farb-Äquivalenten) vermischt, was für mich häufig eine sehr faszinierende Mischung ergab. Schwer zu beschreiben, aber ihr wisst ja selbst wie ein frischgedrucktes Magazin riecht.

Wie gesagt: ich mag "Sauvage"! Aber sowohl Namenswahl wie auch das Markenlabel "Dior" finde ich total unpassend. Erinnerungen an Guerlains' Release von "Homme" werden da bei mir wach. Es wäre meiner Meinung nach sehr viel besser bei "Davidoff" aufgehoben - wobei diese Marke mittlerweile wohl leider schon zu weit heruntergewirtschaftet wurde. Würde mir jemand erzählen, dass es sich bei Sauvage um den Versuch einer modernen Neuinterpretation von "Cool Water" (oder auch CKs "Eternity") handele - ich wäre nicht sonderlich überrascht und würde wohlwollend nicken. Begeisterungsstürme kann man bei einem Duft-erfahrenen Menschen mit einem so klassischen Konzept natürlich keine mehr entfachen. Ist trotzdem schön!

PS: Der Flakon passt m.M.n. ganz gut zum Duft mit seiner Farbgebung und dem klassisch-minimalistischen Design. "Leather Oud" hätte sich den Aufdruck "Sauvage" aber eher verdient.

PPS: Bei genauerem Hinriechen meine ich in der blau-grün-süßlichen Basis auch eine gewisse olfaktorische Verwandschaft mit "Homme" entdecken zu können - oder täusche ich mich da? Hab' momentan leider keine direkte Vergleichsmöglichkeit.
4 Antworten
Nasenmann vor 10 Jahren 9 8
9
Duft
Italiens' Antwort auf Aventus
Man hätte es schon an der Duftpyramide erahnen können: Nero hat große, wirklich sehr große, Ähnlichkeit mit Aventus. Allerdings in der Italo-Remix Version, bei der die Zitrus-Anteile aufgebohrt und die Ananas etwas zurückgefahren wurde. Sehr schön eigentlich aber eben auch ganzschön dreist geklaut von Mazzolari. Wer Angst vor einem "schlechten Batch" von Creed hat (nicht ganz zu Unrecht, wie ich selbst meine), könnte dem Ganzen aber eventuell durchaus was abgewinnen - vom günstigeren Preis mal abgesehen.

Die 90% gebe ich für den Duft an sich, dabei spielt es keine Rolle wer ihn letztendlich produziert hat.
8 Antworten