Nordwursts Blog
vor 18 Tagen - 01.11.2025
Einmal Nische und zurück / nur meine zwei Cent
Ni·sche
/Nísche/
Substantiv, feminin [die]
1.
flache Einbuchtung, Vertiefung in einer Wand, Mauer
2.
kleine Erweiterung eines Raumes
3.
Für jeden wahrnehmbare Qualitative Abgrenzung eines Parfüms von der deutlich niedriger angesiedelten Gruppe der sog. >Designer
Neulich war es mal wieder so weit. Einem Mitstreiter auf dieser wunderbaren Plattform, Besitzer unzähliger Flakons und Proben, wurde in einer via PN ausgetragenen Diskussion seine “Ahnung” von der Materie mit der Begründung abgesprochen, hätte ja fast ausschließlich “Designer-Müll”.
Schachmatt.
Natürlich war meinem offensichtlich nur mittelmäßig gut riechenden Freund damit jegliches Argument augenblicklich zerschmettert worden. Unumwunden musste er zugeben, dass er in der Welt des Parfüms ob der Auswahl seiner privaten Duftgarderobe gar nicht das Recht besitzt, seine Meinung zu den wahren Schätzen der Parfümkunst kund zu tun.
Leider kommt es immer wieder vor, dass Unwissende, oft von Neid und Missgunst getrieben, in auf höchster (preislicher) Ebene streng objektiv geführten Diskussionen mit ihrer Ignoranz negativ auffallen. Dann fallen schon mal Aussagen, dass Designerduft XY ähnlich gut riechen würde oder ähnlich lang hält. Welch unsägliche Blasphemie, denn über Geschmack lässt sich offensichtlich ganz vortrefflich streiten. Dabei sollten doch mittlerweile ausnahmslos jedem Nutzer von Parfüm folgende Tatsachen klar sein:
-Nische ist Kunst, Designer ist belanglose Massenware. Immer.
-Teurer ist besser. Immer.
Zwinkersmiley.
Wer sich an diese wirklich einfach zu merkenden Regeln hält, hat schon mal sehr viel davon verstanden, wie der ganze Bums so läuft. Voll easy, oder? Nochmal Zwinkersmiley.
Aber worauf wollte ich eigentlich hinaus? Ach ja: natürlich ist es durchaus nachzuvollziehen, dass sich für duftaffine Menschen ein schier unendlich großes Meer an Dufterfahrungen auftut, wenn man sich entschließt etwas tiefer in die Materie einzutauchen und jenseits der Drogerieregale anfängt, Düfte zu entdecken. Das viel zitierte rabbit hole hat so viele Gänge, dass man Gefahr läuft, dort nie wieder herauszufinden. Und natürlich entsteht dann schnell eine Begeisterung für Duftkreationen und Marken, die sich im sog. Nischensegment befinden. Dieses Phänomen gibt es ja nicht nur in der Parfümwelt. Meldet euch mal in einem Baristaforum an und schreibt, dass die Gut&günstig Bohnenmischung ja fast so schmeckt wie der Jacu Bird Kaffee. Kopf einziehen bitte.
Schwierig wird es nur, wenn aus der Nutzung teurer Produkte Ansprüche abgeleitet werden. Ansprüche auf die Deutungshoheit bzgl. der Bewertung zum Beispiel. Parfüm ist schon lange zum Statussymbol geworden. So wie das KFZ, das Handy oder der Schuh. Leider wird mit dem Kauf absurd teurer Produkte oftmals die Annahme erworben, man hätte jetzt automatisch Ahnung mitgekauft. Und die, die sich solche Produkte aus welchen Gründen auch immer verweigern, haben diese Ahnung eben nicht und somit auch nicht das Recht, ihre Meinung dazu zu äußern. Siehe meinen Designermüllfreund.
In der Nische der Parfümwelt gibt es unzählige großartige Duftkreationen. Aber Achtung! - eben nicht nur dort. Auch ich war natürlich fasziniert davon, blieb dort aber nicht hängen. Und so geht es glücklicherweise den allermeisten, die in der Lage sind einen Schritt zurückzutreten und das Ganze zu sehen und zu bewundern. Irgendwann kommt der Gedanke, dass nicht jeder Duft vor Komplexität fast in sich zusammenbrechen muss. Dass es Düfte ganz unten im Drogerieregal gibt, die großartig sind. Dass vielleicht das Beste aus beiden Welten erst das Salz in der Suppe ist.
Der Duftmarkt ist ein Milliardengeschäft und immer mehr Player wollen ein Stück vom immer größer werdenden Kuchen abhaben. Nischenlabel sprießen wie Pilze an einem regnerischen Herbstmorgen aus dem Boden. Dass alleine die Tatsache, dass diese Microbrands nichts anderes als Parfüm herstellen, ein Qualitätskriterium sein soll, müsste doch zumindest mal hinterfragt werden. Wird es aber oftmals leider nicht. Bedauerlich.
Denjenigen, die den Wert ihrer Düfte und das Nischenlabel wie eine Monstranz vor sich hertragen, um anderen ihre Urteilsfähigkeit abzusprechen sei gesagt: “Designermüll” ist bei uns mittlerweile der running gag schlechthin, und auch sonst lachen wir immer wieder herzlich und gerne darüber.
Vielleicht könnt ihr auch irgendwann einen Schritt zurücktreten, um mehr zu sehen. Vielleicht ist die Sillage eures 500€ Duftes aber auch gleichzeitig euer Horizont. Das täte mir, ganz ehrlich gemeint, sehr leid.
Aktualisiert am 01.11.2025 - 11:17 Uhr
62 Antworten


Nordwurst
Ich befasse mich seit meiner Teenagerzeit mit Parfum. Da bildet sich ein Duftgedächtnis heraus, wie ein Gebäude...es braucht Jahre, um sich auszukennen und seine ureigendsten Präferenzen jenseits der Marketinghypes überhaupt zu eroieren.
Stimme vollständig zu. Ein sehr guter post.
Meine beiden liebsten Düfte sind seit > 10 Jahren Dior Homme Cologne und Dior Homme Original. "Designer Mist" :-). Die trage ich zu 80%-90% und freue mich immer wieder, daß es sie gibt.
Wie korrekt beschrieben, sorgt Social Media auch in diesem Bereich dafür, daß eine unglaubliche Anzahl von "Vollpfosten" (verzeiht diesen despektierlichen Ausdruck für viele sogenannte Influencer), die Minderwertigkeitskomplexe sehr vieler Menschen adressieren und damit oft Erfolg haben.
Psychologie und Marketing beeinflussen (übrigens in gleichem Maße wie in der Kosmetik), viele Menschen in einer Art und Weise, daß mir manchmal schwindlig wird.
Wie schön, daß es immer wieder Menschen gibt die diese Strategie durchschauen !
Ich hab auf die Schnelle gar nicht so viele Pokale gefunden, wie ich hier abstellen will 🏆🏆🏆🏆🏆
Die "Designermüll"-Leute von Heute trugen vor ein paar Wochen noch selbst Dior Sauvage, markieren jetzt aber das klassische "Weisheit mit Löffelchen gefressen".
Konsum über Kunst und so.
Zum Kopf schütteln.
Mein Mann mag sein Tom Ford Tobacco Vanille und hat daneben auch ein kleine Auswahl von Designerparfum. Ich liebe bei ihm von Hugo Boss den Boss Bottled Absolu absolute Massenware aber sowas von lecker. Ich hab einige getestet und diese Unisexdüfte sind nichts für mich. JPG La Belle, YSL Opium Le Parfum oder Dior Dolce Vita sind meine absoluten Favoriten und bezahlbar.
Das ist mir auch wichtig. Ich möchte mir einen Flakon einfach kaufen können ohne groß darüber nachzudenken oder zu sparen.
🤓
Ich würde noch ergänzen, dass der eigene Geschmack letztendlich zählt, und nicht die Einordnung
- Drogerie/Cheapie
- Designer
- Nische.
Ich habe (glaube ich ... 🤷🏼♀️) aus allen Bereichen Düfte und die meist getragenen sind bei mir tatsächlich die "einfacheren". Nichtsdestotrotz liebe ich auch meine teureren oder "komplexeren" Düfte.
Aber z.b. bei meinem Verte Envolée brauche ich mir nie Gedanken machen, ob er nun gerade passt oder nicht. Ist einfach MEIN "Immergeher". Wobei auch das nicht für andere gelten muss (und auch nicht wird).
Jedem das Seine - aber bitte auch andere Meinungen gelten lassen! 😊
Wobei ich dieses Phänomen auch anders herum schon gelesen habe a la "Wer Nische kauft ist dumm, von Lattafa gibts für alles einen Dupe, ach was Dupe eig sind die von der Haltbarkeit viel besser!!!!"
Lasst uns unsere Augen doch in jede Richtung offen halten und Spaß am entdecken haben. Egal ob im untersten Drogerieregal, in der Wühlkiste am Duty Free (Gott bewahre) oder am Guerlain Counter im Kadewe. Sonst verpasst man doch gar noch einen Schatz :)
Zählt Lattafa eigentlich auch schon zu den Designern? Ich frage für deinen Freund 😅
#hysterisches Lachen
Für Nebenwirkungen fragen Sie bitte Ihren Arzt oder Apotheker
Der Arme! 😪
Und für deinen vorletzten Satz feier ich dich, ganz großartig 😂🤣
Habe diesen Effekt als Verlust erlebt, da er mich des Drogerie- und Parfümeriestöberns beraubt hat. Was ein Parfum kostet oder was es für einen Ruf hat, interessiert mich selten (bis auf Neulich, als mich eine Influencerkreation begeisterte, da hab ich mich schon etwas ob meiner Prinzipienuntreue geschämt). Neulich hab ich ja schonmal irgendwo geschrieben, dass ichs dann umso mehr feiere, wenn ich einen Cheapie entdecke, der keinen Billich-DD und keine Einheitsbreibasis und das Zeug dazu hat, mich zu begeistern, und wie viel Freude es mir gemacht hat, mit dem super günstigen, perfekten Divenduft VILLAIN an der Drogeriekasse zu stehen.
Und es gibt ja auch zum Glück die Ausnahmedesigner, Etro, Guerlain, Atkinsons… Aber schon bei Creed fängts für mich an, so eine seltsame, ewig gleiche Basis …. irgendwie … kann das gar nicht richtig beschreiben.
Was allerdings tatsächlich nervt, in der NICHE (sagt das mal vor euch hin, köstlich😂) - und was definitiv boykottiert gehört - sind verrückte Fantasiepreise.
100 % Zustimmung🙏🙏🙏
Und ich bin ganz deiner Meinung; mir ist diese "Bitte nur (teure) Nische"-Einstellung mancher Leute auch suspekt. Ich freue mich immer, wenn ich eben nicht für ein halbes Monatsgehalt am anderen Ende der Welt einen fancy Nischenduft in limitierter Auflage bestellen muss, sondern im Drogeriemarkt nebenan ein Schnäppchen machen kann. 😊 Habe diesbezüglich ein einfaches Gemüt. 😅
Wie sich manch einer an dem mittlerweile derart verwaschenen Begriff / Thema "Nische" so vehement hochziehen kann ist für mich vor allem Eines: amüsant 😉
Mein Motto ist: Immer der Nase nach! ..... und das sieht man auch an meiner Sammlung.
Sehr schön geschrieben, danke für einen Lacher zwischendurch.
Liebe Grüße
Teste mah die Sweet Teeth :D ! Da es nirgendwo schöner zum Parfümstöbern ist als in einer groooßen Mehlfritzenfiliale, hab ich dort heut geschwelgt und war super mega überrascht, wie gut ich die finde 😄 War sogar echt am Überlegen 😅😅
Danke für den großartigen Beitrag
welch schöne Lektüre zum Feiertag. Dankeschön . Ein Hoch auf deine wahren Worte. U made my day!
LG 🖖🫶
Darauf einen Zino!
Was ich mich frage, ob der Text auf von denjenigen gelesen und verstanden wird, die es auch betrifft. Das wäre zu wünschen.