Palonera

Palonera

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1 - 5 von 467
Palonera vor 1 Jahr 35 22
7
Sillage
9
Haltbarkeit
2.5
Duft
Vielleicht ist er ja...
...von einem anderen Stern, der zweite Duft des Hauses Testament London, den ich, Modesty sei Dank, testen darf.
Vielleicht ist er ja gar nicht gedacht, gar nicht gemacht für terrestrische Nasen.
Vielleicht wendet sich "Cosmology" ganz anderen, von der unseren grundverschiedenen Sphären zu, deren Bewohner sich anders kleiden, anders ernähren, sich anders bewegen und vermutlich auch anders (be-)duften als wir.
Vielleicht.
Ganz genau weiß es wohl nur Herr Matos, Miguel Matos, kreative Nase des Unternehmens, das noch jung ist und ambitioniert und erstmals im vergangenen Sommer mit "Longevity" auf meinem Radar erschien.
Und mir ein wenig den Kopf verdrehte, denn "Longevity" ist ein Sympathieträger par excellence, ein süffiger, sinnlicher Lockstoff, den zu tragen und zu testen ein Genuß war.
Das würde, da war ich sicher, bei "Cosmology" nicht anders sein – in Erwartung weiterer Genüsse bepfützte ich im Spätherbst erstmals meine Haut...

...und fühlte mich zurückkatapultiert ins Jahr 2013 zu meiner Auseinandersetzung mit der schrecklichen Orchidee, mit der Josh Meyer sich und die Imaginary Authors unauslöschlich in mein Gedächtnis gebrannt hat.
Auch wenn die Pyramiden wenig Gemeinsamkeiten zeigen, scheinen "Cosmology" und "L'Orchidée Terrible" Geschwister zu sein im Geiste - im Kellergeiste, um genau zu sein.
Hier wie dort dominieren schwer definierbare Aldehyde, nicht ganz frischblumige und fruchtige Noten - ähnlich jenen in Tom Fords "Black Orchid" - und eine nicht wirklich angenehme alkoholische Basis, die – anders als in "Longevity" – keinen genußvoll-wertigen Eindruck macht, sondern mich an die Meyerschen Kellergeister denken läßt.
Das sind keine schönen Assoziationen und um jene zu vertreiben, habe ich den Test über Monate hinweg immer wieder neu aufgezogen, hoffend, erfreulichere Bilder und Eindrücke zu gewinnen, um letztlich ein positiveres Resümee ziehen zu können.
Leider – und ich meine wirklich leider! – verliefen unsere Begegnungen jedoch stets nach demselben Muster, mal eher aldehydig, mal etwas fruchtiger akzentuiert, doch stets betrüblich endend in meinen Erinnerungen an kleinbürgerliche Trinkgelage in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts.
Das dürfte nicht so selten für Mißverständnisse gesorgt haben, wie auch "L'Orchidée Terrible" sie mir vor vielen Jahren einbrachte – hier und dort rümpfte sich so manche Nase, fiel eine Umarmung kürzer, ein forschender Blick dafür länger aus, hielten zwei- und vierbeinige Mitbewohner geflissentlichen Abstand und war mein allgemeines Empfinden generell nicht so toll.
Oje.
Und noch einmal: oje.

Fast tut er mir nun leid, der kleine "Cosmology", zumal er, wie ich sehe, nicht viele Freunde hat.
Dabei hat er sich doch sicher etwas gedacht bei seiner Schöpfung, der gute Senor Matos, der offenbar so unverstandene.
Allein die Namensgebung zeugt ja schon von planvollem Durchdenken – und so schließt sich für mich der Kreis: Womöglich ist er uns ja weit voraus, der Parfumeur, und hat den Blick gerichtet auf unendliche Weiten, auf unerschlossene Märkte, die weit, weit in der Zukunft liegen oder schlicht in einer anderen Galaxie.
Dort, wo "Cosmology" rauschende Triumphe feiern wird, irgendwann einmal, vielleicht sogar schon morgen.
Wer weiß...?
22 Antworten
Palonera vor 2 Jahren 33 23
8
Sillage
10
Haltbarkeit
8.5
Duft
Gerade einmal...
...vier Jahre ist es alt, das Haus Testament London, auf das ich vermutlich so bald nicht gestoßen wäre ohne das tatkräftige Zutun einer überaus freundlichen Parfuma, die mir für Test und Text der Marke deren Discovery Set überließ.
Gespannt und erwartungsvoll begab ich mich auf die olfaktorische, vielleicht sogar esoterische Reise, die das Haus auf seiner Website versprach – von Kräutern und Gewürzen, wilden Gräsern und Blumen, Rinden und Tieren und Bäumen war dort die Rede und deren Essenzen als Motor des Multiversums.
Oh.
Vollmundig klang das, vielversprechend und ein wenig unbescheiden, was freilich kein großer Schaden ist, denn Aufmerksamkeit gilt als kostbares Gut, schwer zu erlangen in Zeiten wie diesen.

Mitten im Sommer, der heiß war und trocken wie kaum ein jemals erlebter zuvor, begann meine Reise, deren erste Etappe "Longevity" hieß – ein, wie mir schien, ambitionierter Name, der den Wunsch des Hauses nach Langlebigkeit ebenso widerspiegeln könnte wie die Haltbarkeit des Duftes, der ebenjene im Namen trug.
Reichhaltig war sie, die Zutatenliste, und ganz gewiß nicht sommerlich – doch das waren sie schließlich auch nicht, die Düfte, die man in Marrakesch trug und in Damaskus, auf einem Kamelrücken in der Sahara und überall dort, wo die Temperaturen noch weitaus höher waren als im mitteleuropäischen Hochsommer.
Und dort, da bin ich sicher, wird man "Longevity" lieben.

Tiefdunkel, würzig und warm erhebt sich der Duft von meiner bepfützten Haut – schwarzbraungolden changierend wie alte Spirituosen in dickem, schwerem Glas, funkelnd im Kerzenschein.
Steinerne Wände schlucken das Licht, hüten, behüten die Fässer aus Eiche, die alt sind, uralt, die Generationen von Rum haben ruhen lassen, reifen lassen, von Portwein, süffig und schwer.
Harziger Weihrauch, unangezündet, mischt sich in die Aromen der Hölzer, der Weine, erdet und bindet die feine Süße, die nicht knirscht, nicht klebt, die schwebt inmitten des Dunkel, bernsteingleich glimmend, geschmiegt an seidiges Fell.
Schokoladene Tropfen, schwarzbitter geschmolzen auf tiefbrauner Haut.
So warm, so weich, raubkatzengleich, geschmeidig und stark.
Ein Tropfen nur, ein Sprüher nur verteilt hier, da, drüben und dort – zwei bereits rauben den Atem, pieken die Nase, den Magen, halten Mensch und Tier auf Distanz.
Bei Sonne, bei Regen, im herbstlichen Wind.

"Longevity" hält, was sein Name verspricht – ein Sprüher flutet durchaus nicht die Räume, doch bleibt wahrnehmbar auf Armeslänge um mich herum, schmiegt sich näher über Stunden, weicher werdend, sanfter werdend, den ganzen langen Tag, die ganze lange Nacht, ein letzter Rest im Kissen und bis zur Dusche auch im Haar.

PS: Modesty - danke!
23 Antworten
Palonera vor 2 Jahren 41 26
7
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
An der Zeit. Aus der Zeit.
Fast zwei Jahre hat er nun gedauert, mein Test von "Eau de Tommi Sooni I".
Im August 2020 hatte ich es zum ersten Mal geöffnet, jenes unscheinbare Röhrchen, auf dem der Name stand – freilich ohne den Zusatz I, II oder III, so daß es halbblind zu erkennen galt, welcher der drei Düfte denn da überhaupt enthalten war.
Duftnoten listen nur I und II, die III hüllt sich in Schweigen – doch so klar, so deutlich und direkt ist der Dufteindruck, der Tag um Tag, Test um Test auf meiner bepfützten Haut entstand, daß es nur der Erste sein kann, der erste Tommi, der nun endlich auf seinem Recht besteht: "Nun schreib schon, Mädel – du hast mich ausgekostet bis zum letzten Tropfen, mehr gibt es nicht! Nicht im Röhrchen, kaum im Handel – es ist an der Zeit!"

Recht hat er, der Tommi, der Unbekannte, über den im Netz ich kaum etwas finden kann.
Nicht konnte, als der Test begann, nicht jetzt, wo es ans Texten geht.
Ich weiß nicht einmal, ob Tommi Sooni ein Mann ist, eine Frau, eine Firma.
Die Gestalt hinter den Düften bleibt im Nebel – gesichert scheint allein, daß sie aus Australien stammt, aus Melbourne, um genau zu sein.
Und daß die Düfte, die ihren Namen tragen, nicht preiswert sind - die wenigen Angebote, die ich im Zuge der Recherche fand, erfordern einen beherzten Griff in die Börse.
Sehr viel mehr bekam ich nicht heraus – doch das Wichtigste an einer Duftbesprechung ist der Duft und jener hatte mir recht viel zu sagen.

Als Herrenduft ist er deklariert, der Tommi – doch geliebt wird er von Frauen.
Ausnahmslos, wie es scheint.
Nur Frauen jedenfalls scheinen ihn auch zu besitzen, wie der Blick nach rechts verrät.
Das verwundert nur bedingt - auch der Mann an meiner Seite rümpfte stets die Nase, wenn ich Tommi trug: "Wie altmodisch! So dufteten die Leute zur vorletzten Jahrhundertwende – sag bloß nicht, das sei jetzt wieder hip!"

So uncharmant das klang, ein Körnchen Wahrheit trug es schon: "Eau de Tommi Sooni I" hat wenig gemein mit Düften, die der Zeitgeist trägt, sei er Mann nun oder Weib.
Er trägt Chypresocken, Bergamottehemden, gebügelt und gestärkt.
Viel Grün, viel Grau, viel Herb, beinah ein wenig streng.
Keine Süße, keine Früchte – nichts, was heute allenthalten in die Nasen kriecht.
Ein Parfum alter Schule, sehr klassisch komponiert.
Braungesprenkelt, blütensamtig, sonnenwarm.
Cord, Tweed und Lederschuh.
Englischer Landadel, zurückhaltend, souverän, im Wald zuhause wie auf dem Parkett.
Alte Bücher, Ledersessel, ein Kistchen mit Zigarren auf dem Tisch.
Die Gestalt im Rosengarten mit der Schere in der Hand.

Eine Welt fernab von dieser Welt, ein wenig auch gefallen aus der Zeit.
Nicht hip, ganz sicher nicht – doch fraglos sehr charmant.
Und fast bedaure ich, daß es der letzte Tropfen war.
26 Antworten
Palonera vor 4 Jahren 56 32
7
Sillage
9
Haltbarkeit
7.5
Duft
Beinahe brizzelt es...
...auf meiner Haut, als der Strahl aus dem kleinen Probensprüher bei 32 Grad Außentemperatur seine Pfütze macht.
Es ist August, es ist heiß, es ist nicht mein erster Test von "Limette 37" – und ich weiß noch immer nicht, wie Limetten riechen, frisch aufgeschnitten, Schale, Zeste, Saft.
Ich weiß es nicht.
Eigentlich hatte ich Limetten kaufen wollen, zur Sicherheit und zum Vergleich.
Doch dann gab's keine in den Läden, in denen mir einfiel, was ich kaufen wollte – und in den anderen, da vergaß ich sie.
Nun muß es ohne gehen, ohne Limetten, ohne Direktvergleich – der Rest im Röhrchen neigt sich bedrohlich seinem Ende zu, noch viel länger testen kann ich nicht, zumal er immer gleich verläuft, der Test, zum immer gleichen Ende.

Strahlend hell eröffnet eine Zitrusnote, die beinahe von allen Früchten, die ich kenne, stammen könnte: Zitronen, Limonen, Pomelos und Pampelmusen würde ich abnicken, selbst Petitgrain ist möglich angesichts der Stichelstachellosigkeit der Note, die mir um die Nase weht.
Keine Süße, nicht ein Körnchen nur.
Beinahe grell ist sie, die Frische, weiß und grün, gelb nicht so sehr.
Nach einer guten Viertelstunde flechten sich behutsam Blumenfäden ein, sanfte, helle, die ich nicht definieren kann, die ihn weicher machen, den Duft, ohne ihm sein Frisch zu nehmen, seine Kühle, die angenehm erfrischend wirkt an Tagen wie dem heutigen und überhaupt dann, wenn er träge ist, mein Kopf, wenn er langsam denkt und lustlos und einen Schubs braucht, um sich zu besinnen, daß er der Chef ist des großen Ganzen, das sich Körper nennt.
Dann hilft "Limette 37" – doch dann helfen auch andere Muntermacher der colognigen Familie, die groß ist, bunt und vielfältig, die zu treffen ich nur ins Regal zu greifen brauche, vielleicht noch in den Keller steigen, um sie zu holen aus der kühlen Dunkelheit.
Nach San Francisco reisen muß ich dazu nicht, auch wenn ich's durchaus gerne täte, irgendwann einmal, wenn viel Zeit ist und gerade keine Pandemie herrscht.
Das wäre schön.

"Limette 37" hält lange, wirklich lange auf meiner Haut – und das schafft sie, ohne irgendwann zu müffeln, ohne an Reinigungsmittel zu erinnern oder sonst etwas, das ich nicht so gerne mag und rieche.
Gut, ein wenig geht ihr mit der Zeit die Puste aus, die Frische, auch die Helligkeit – dann schmiegt sie sich noch näher an, wird leiser, weicher noch, ein wenig cremig, ein bißchen pudrig.
Hier und da blitzt die Sonne durch das Blätterdach im Baum vor meinem Haus, der duftet in der Hitze dieses Nachmittags, dessen Grün und Braun ganz feine Sprenkel streuen auf das Cremeweiß und Märzgrasgrün, die feine Würze meiner Haut.
Sommerheiß, Sommerfeucht, baumwollglatt an weißem Leinen.
Frische Wäsche auf der Leine, ein Windstoß bringt ein wenig Kühl.
Langsam geht die Sonne unter, die Hitze weicht und auch das Hell – nah nur noch, ganz nah ist mir "Limette 37", dicht muß sich die Nase neigen an die Haut, die längst schon trockene, kühlere, die beinahe schon fröstelt im aus den Gräsern aufsteigenden Feucht.
Ein letzter Rest, ein letzter Hauch begleitet mich in Morpheus' Arme – die des Liebsten bleiben fern, denn als Cologne-Kostverächter mag er auch "Limette 37" nicht besonders gern.
Ich werde es überleben.
Und San Francisco, das ist sicher, auch.

PS: Ergoproxy, einmal mehr - danke!
32 Antworten
Palonera vor 4 Jahren 62 33
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
La Danse Bacchanale
Neulich unter'm Mandelbaum
schwebt' herab ein Kaschmirtraum,
feingesponnen, leise,

zauberzart und federleicht,
sonnenstrahlengleich geeicht,
schickt' mich auf die Reise.

Jahr um Jahr geht es zurück,
leichter wird der Zeit Gepäck,
schwinden meine Sorgen,

bis kaum eine Handvoll Jahr',
kein Silberfaden mehr im Haar,
steh' ich am Lebensmorgen.

In Omas Küche ist es warm,
noch wärmer auf Großvaters Arm:
"Na, bist du wach, mein Schätzchen?

Ich weiß, der Ofen hat gekracht
und davon bist Du aufgewacht.
Doch jetzt gibt's Mandelplätzchen!"

Ein Wimpernschlag, ein Augenblick -
nun bin ich sechzehn. Erstes Glück,
der Bauch voll Schmetterlinge -

"Heliotrope" auf der Haut,
du duftest fremd und doch vertraut
wie all die neuen Dinge,

die du mich lehrst in diesem Jahr,
das aufregend und wunderbar
mich prägte für mein Leben.

Du wecktest meine Sinnlichkeit
und lehrtest mich die Zärtlichkeit,
das Nehmen und das Geben.

Gesüßter Tabak, weicher Rauch,
der Tänzerin geschmückter Bauch -
La Danse Bacchanale.

Der Traum verging, mit ihm das Fest.
Auf meiner Haut ein letzter Rest
"Tonka Impériale".
33 Antworten
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