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Parfumos Blog
vor 6 Jahren - 09.10.2018
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Das Revival von Gammon - Interview mit Zhong Xiao

Gammon - eine Kultmarke, die in den 80er- und frühen 90er-Jahren sehr populär war. Der Slogan „Mit diesem Duft kann dir alles passieren“ dürfte noch vielen bekannt sein. Nun erlebt die Marke ihr Revival!
Wir haben Zhong Xiao, dem kreativen Kopf hinter dem Projekt, ein paar Fragen gestellt.

Wie hat es dich in die Welt der Düfte verschlagen?

Über 3 Jahre ist das inzwischen her. Ich hatte mich damals eigentlich nie intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. Ich war eher der normale Konsument und absolut kein Experte. Mir ging es wie den meisten: Man geht ohne Ahnung in eine Parfümerie und wird regelrecht erschlagen. Es gibt Regale voller Düfte und man ist eigentlich völlig überfordert. Also lässt man sich bequatschen und kauft einen Duft, der einem spontan gut gefällt.

Wenn ich mich für ein Parfum entschieden hatte, war das nie eine bewusste Entscheidung, eher zufällig und spontan. Ich konnte zu dieser Zeit auch gar nicht so viel wahrnehmen von den einzelnen Düften. Übrigens gibt es auch Studien die belegen sollen, dass Männer Gerüche gar nicht so sensibel und facettenreich wahrnehmen, wie Frauen das können. Man(n) kann es aber antrainieren, das habe ich in den Jahren gemerkt. Inzwischen nehme ich die Parfums ganz anders wahr.

Auf jeden Fall war ich damals nicht Teil dieser Parfumwelt. Ich glaube, dass es heutzutage immer noch nicht einfach für Männer ist, in diese Welt hineinzukommen. Alles ist superkomplex, bunt, laut und auch sehr feminin, wie ich finde. Es gibt viele Flakons aus Glas, viel Bling-Bling und nichts ist wirklich simpel und puristisch. Ich finde es sehr schade, wie eine so emotionale und schöne Sache in eine so komische Richtung geht. Wenn ich den Markt neu erfinden müsste, würde ich es genau so nicht machen. Ich würde es so machen wie Gammon.

Kann ein Parfum mehr, als einen nur nett riechen zu lassen?

Ja, absolut! Die stärkste Wirkung, die Parfum hat, sind Assoziationen und Emotionen. Man riecht einen Duft und es versetzt einen in eine andere Zeit und Welt. Das ist eine Power, die kein anderes Produkt erreichen kann. Es ist einfach die naheliegende Verbindung zum Gehirn. Darum finde ich es wichtig, dass Parfum mehr ist, als einfach nur nett zu riechen. Man muss durch den Duft beflügelt werden. Hinter ihm muss ein Statement stehen, eine Welt, eine Story mit Sinn und Zweck dahinter!

Gammon war vor langer Zeit sehr populär, ist dann aber in Vergessenheit geraten. Was fasziniert dich so an der Marke?

Am Ende ist es pure Emotion. Ich habe aber auch einen sehr persönlichen Bezug zu Gammon. Als ich damals mit 8 Jahren nach Deutschland kam, konnte ich kein Wort Deutsch. Um in die Sprache hineinzufinden, hatte ich damals oft Fernsehen geschaut, vor allem Zeichentrickfilme. Ich bin ein sehr audio-visuell-getriebener Mensch. Für mich sind Sound und Bild viel stärker als Worte - und Duft ist nochmal viel stärker als Sound und Bild! „Mit diesem Duft kann dir alles passieren!“, das ist mir damals hängen geblieben. Gammon hatte immer diese gleiche einprägsame Musik, zeigte zwar unterschiedliche Welten, wirkte aber trotzdem konsistent und konsequent. Das hat mich fasziniert. Diese Marke wollte ich wieder aufleben lassen!

Heißt Gammon nicht „Schinken“?

(Lacht) Ja, eigentlich ungünstig in der digitalen Welt, wenn man z.B. danach googelt. Tatsächlich weiß niemand so genau, warum man damals den Begriff „Gammon“ genommen hat. Es gibt aber ein Gerücht, dass der damalige Erfinder der Marke wohl ein großer Backgammon-Fan war. Ich finde eine Marke muss primär stark klingen. Gammon - das klingt maskulin und entschieden!

Die neuen Parfums tragen den Zusatz „Eau de Performance“ im Namen. Was ist ein „Eau de Performance“?

Ein Duft muss dich motivieren, etwas zu erreichen, bereit zu sein für alles. Für mich war es schon immer wichtig, dass ein Duft die gewisse Power hat. Man baut auch die Beziehung zu einem Duft auf, indem man von anderen Menschen Zustimmung bekommt. Ich habe das selber erlebt. „Du riechst total super“, besser geht es nicht! Diese zwei Elemente, Power und positive Signale aus deiner Umgebung, das sind für mich die beiden Faktoren, die Gammon perfekt unterstreichen. „Eau de Performance“ fasst es einfach gut zusammen. Es ist dieser Kontrast aus Emotionen und Performance, der geschaffen werden soll.

Warum gibt es vier Düfte?

Die meisten Menschen haben statt olfaktorischen Erlebnissen viel mehr in Richtung „Geschmack“ erfahren. Man hat z. B. viele Früchte schon einmal gegessen, aber kaum intensiv gerochen. Deswegen finde ich es wichtig, dass bei den Düften eher diese Aspekte eine große Rolle spielen. Sie riechen dadurch nicht so synthetisch oder fremd, sondern einfach lecker. Außerdem verleiht man ihnen so einen Wiedererkennungswert.

Geschmäcker sind bekanntlich verschieden und es ist unmöglich, jeden zu treffen. Es gibt inzwischen unzählige Parfums. Aber eigentlich sind es gar nicht so viele Duftrichtungen. Am Ende habe ich analysiert, was für Männer überhaupt in Frage kommt. Dazu habe ich die 100 Bestseller-Düfte analysiert und es kamen dabei dann die vier Richtungen Fougère, Oriental, Woody und Citrus heraus. Man hätte vielleicht sogar Woody herausnehmen können, weil heutzutage alles irgendwie holzig ist. Auch Citrus findet man eigentlich überall, gerade Bergamotte ist sehr präsent.

Für mich war letztendlich die Überlegung: Was ist die minimalste Menge an Duft, mit der man so viele Emotionen wie möglich abdecken kann?

Klar war, dass es jeweils ein Duft für den Tag, für die Nacht und für den Sport sein muss. Der vierte Duft war am Anfang etwas schwierig zu definieren.

Es gibt Tage, da wacht man auf und hat keinen Bock, der „Nice Guy“ zu sein. Man will einfach nur sein Ding machen. Dazu braucht man einen Duft wie eine Lederjacke. Das musste einfach in der Kollektion sein, sonst ist alles zu rund. So ist es schließlich zu den vier Düften gekommen. Für mich ist die Vier eine sehr „komplette“ Zahl.

Es ist nicht immer leicht zu erklären, was genau die vier Düfte sind. Wenn man es Männern erklären muss, ist es noch komplizierter. Frauen können wenigstens etwas mit den Assoziationen anfangen. Gammon soll wie eine Garderobe sein - mit den vier Must-Haves, die jeder Mann haben sollte und fast jeder Mann auch hat. Die Düfte heißen zwar 1, 2, 3 und 4, aber jeder hat einen Subtitle.

Ein T-Shirt (1 - The Black Tee) hat jeder, es ist super vielseitig, kann sportlich sein, aber auch elegant.

Dann gibt es den Anzug (2 - The Black Suit), der Klassiker für besondere Anlässe, der immer gut aussieht, vor allem wenn er gut sitzt.

Die Lederjacke (3 - The Leather Jacket) hat vielleicht nicht jeder, aber jeder Mann fühlt sich sicher manchmal danach, etwas unkonventionell zu sein.

Nummer 4 ist der Kapuzenpullover (4 - The Black Hoodie), der super angenehm ist, den man schön zum oder nach dem Sport tragen kann.

Welchen der 4 Düfte würdest du mit auf eine einsame Insel mitnehmen?

Das ist wirklich schwierig. Bei den eigenen „Kindern“ gibt es nun mal keinen Liebling. Das ändert sich auch von Monat zu Monat bei mir. Ich glaube ich würde aber zu 60% die Nummer 1 mitnehmen, denn die geht immer. The Black Tee sagt genau das aus, wofür der Duft steht.

Was hat dich inspiriert, diesen Flakon zu kreieren?

Tatsächlich gab es eigentlich keine Inspiration. Ich wollte einfach etwas, das Purismus und Minimalismus verkörpert - genau der Gegenkontrast zu dem, was es schon gibt. Alles wird derzeit immer bunter und pompöser. Wenn man diese Flakons dann in der Hand hält, ist man oft enttäuscht, weil alles nur Show ist, künstlich und aus Plastik. Dazu möchte ich einen Gegentrend schaffen. Etwas, das minimalistischer kaum sein kann, aber trotzdem nicht langweilig oder unedel wirkt. Außerdem soll es nachhaltig und mobil sein und einen lange begleiten.


Ich hatte immer diesen schwarzen Zylinder vor Augen gehabt. Rund ist einfach die perfekte Form. Es wirkt ästhetisch und harmonisch. Das Verhältnis zwischen Länge und Breite ist auch sehr wichtig. Da der Zylinder schlank ist, wirkt er elegant und trotzdem maskulin. Wenn er gestaucht wäre, wäre er zwar maskuliner, aber nicht so elegant. Diese Brücke zu schlagen zwischen Eleganz und Maskulinität, das liegt sehr in den Proportionen und ist gut gelungen, wie ich finde.

Wenn man den Flakon in der Hand hat, muss er sich auch wertig anfühlen und nicht wie ein Wegwerfprodukt. Ein spezielles Aluminum, das man z. B. auch von Macbooks kennt, ist dafür perfekt. Dieses spezielle Material gab es bisher in der Branche noch nicht und war gar nicht so einfach zu finden. Auch die Verarbeitung ist sehr aufwändig.

Ab wann kann man eigentlich sagen, dass ein Duft „fertig“ ist?

Eine sehr gute Frage, die leicht zu beantworten ist: Niemals! Es geht immer irgendwie besser. Es ist auch nicht unbedingt objektiv besser. Man entwickelt sich immer weiter, riecht etwas für mehrere Wochen, ist irgendwann „satt“ und dann geht es trotzdem wieder weiter. Wir hatten bei den Düften über 100 Änderungen. Dabei ging es teilweise nur um Nuancen. Am Ende konnten sicher nur noch eine Handvoll Menschen die einzelnen Varianten auseinanderhalten. Irgendwann muss man natürlich auf den Markt kommen. Ich denke, dass aus den 4 Düften letztendlich genau das geworden ist, was aus ihnen werden sollte. Der Prozess „Duft und Gammon“ ist aber nie abgeschlossen. Da geht es immer weiter!

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Antwortet bis zum 21. Oktober 2018 um 23:59 Uhr und ihr nehmt teil.

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