Parma

Parma

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1 - 5 von 260
Parma vor 3 Monaten 17 28
8
Flakon
6
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Detroit
Ein Detroiter Sommer. Aller Industriedeck ist wie weggeblasen. Sonnenstrahlen füllen jeden Winkel. Vögel in der Luft. Picknickkörbe auf den Wiesen. Kinderlachen überall. Und ein stahlblauer Himmel taucht die Welt in pure Glückseligkeit. Besser kann‘s nicht werden.

Mitten aus einer der industrielastigsten Gegenden der Vereinigten Staaten kommt dieser aller Sorgen entledigte, vor guter Laune übersprudelnde Orangenduft. Erfrischend wie ein Schluck Limonade, spritzig wie ein Biss ins Fruchtfleisch. Grapefruit, Melone, frisches Wasser, Moschus. Ich rieche nichts davon. Nur die schönste und lebensfroheste Orange, die mir bisher untergekommen ist. Mit leichtem Hang zum Frischegetränk. Letzteres ist das einzige Merkmal, welches mir an dem Duft nicht zu einhundert Prozent gefällt. Im langen Drydown tendiert er mit seiner ganz leicht zunehmenden Süße ein µ zu sehr in den verarbeiteten Lebensmittelbereich (ist aber trotzdem noch herrlich erfrischend). Ohne diese Entwicklung hätte er von mir die Höchstwertung erhalten.

Vor Jahren war der Auslöser meiner Duftreise das Erschnuppern eines Orangendufts an einer Kommilitonin. Bis jetzt gab es keine Entsprechung. Nun habe ich sie gefunden. Der seltene Glücksfall eines Dufts, der in nahezu allem gefällt. Im kompletten Geruchsbild, in Ausdauer und Präsenz (überdurchschnittlich für einen reinen Zitrusduft und das ohne Einsatz von merkbaren Aromachemicals), im Herzen und im Kopf. Wie eine der raren Lieben auf den ersten Blick, die im Umgang danach so unglaublich leicht bleiben. Sich immer wieder nur am kleinsten Funken entzünden. Unerklärlich. Danke Detroit. Danke Dover Street Parfumes Market. Danke John Pegg.
28 Antworten
Parma vor 3 Monaten 12 22
9
Flakon
5
Sillage
6
Haltbarkeit
8.5
Duft
Spröde Unschuld
Die Cartiers aus den exklusiven Reihen sind für mich pure Erholung. Erholung von all den mit aggressiven, künstlich wirkenden Aromachemicals auf Performance getrimmten, aufdringlich-übergriffigen Schreihals-Düften der heutigen Zeit. Sie sind unglaublich feingliedrig und duften unaufgeregt gut. Sie vermitteln ein absolut befriedigendes Tragegefühl abseits aller Effekte. Eine echte Wohltat.

Dieser hier ist einer der schönsten Iris-Düfte, die ich kenne. Trocken, leicht pudrig, zart wurzelhaft, etwas seifig-wächsern, veilchenhaft blumig, dezent angegrünt, minimal karottig, von sanftem Holz begleitet und durch weißen Moschus sauber wirkend, ohne porentief rein zu sein. Anfangs lieblich wie Babypuder, dann eine hochwertige, leicht seifigwürzige Körperlotion in trockener Textur. Letzteren Effekt findet man z.B. in Hermès ‚Hiris‘ etwas ausgeprägter. Die Anlage der beiden ist sehr ähnlich. In seiner Monothematik befindet er sich zudem in guter Gesellschaft so klassischer Iris-Soliflore wie Pradas ‚Iris Cedre‘ oder Trudons ‚Bruma‘. Dass dies auf Dauer nicht eintönig wirkt, liegt an der sensiblen Konstruktion und den hervorragenden Inhaltsstoffen, die in sich nuanciert und beweglich genug sind. Ich trage ihn deshalb mit großer Freude, was für jemanden, dem reine Irisdüfte schnell zu anstrengend bzw. langweilig werden, etwas heißen will.

Haltbarkeit und Sillage:
Understatement in Perfektion.

Fazit:
Ein simpler, wohlkomponierter, unaufgeregt-eleganter Irisduft, der den schmalen Grad zwischen seifiger Sauberkeit und Naturnähe genau trifft. Ein Duft für alle Gelegenheiten.
22 Antworten
Parma vor 5 Monaten 15 22
8
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Kuschel-Rose
Tauer hat einige Rosen im Portfolio. Diese ist seine vielleicht am wenigsten beachtete. Und meine liebste daraus.

Es gibt ein Youtube-Video, auf dem er seine „Hidden Gems“ vorstellt und als er fast am Ende zur leuchtend roten Rose (Rose Vermeille) kommt, sieht man ihn das erste Mal glücklich lächeln.

Sie ist nämlich eine zum Liebhaben. Eine zum Schmusen, Kuscheln und sich hineinvergraben wollen. Eine weiche, verspielte Rose. Einfach strukturiert und wunderbar unkompliziert. Aber mit Nachdruck und Wiedererkennungswert.

Im Zentrum dieses linearen Eau de Parfums stehen gleichberechtigt drei Inhaltsstoffe: Himbeere, Rose und Ambergris. Alle sind von Anfang an deutlich wahrnehmbar. Das Gesamtbild würde ich als wächsern-seidigcremige Himbeer-Rose beschreiben. In ihrer Textur blickdicht, aber luftig und frisch gehalten, wozu die gelisteten Lavendel und Veilchen sicherlich beitragen. Sie hat einen Lotion-Charakter - sehr vergleichbar mit dem ihrer Markenschwester ‚L‘Eau‘ - und erinnert mich immer etwas an Malles ‚Iris Poudre‘. Während jene Rose aber seifiger und leicht altbacken wirkt, ist Tauers jung und unverbraucht.

Das liegt zum großen Teil am verwendeten Himbeer-Aldehyd, welches zum Glück so feinfühlig eingesetzt ist, dass es den Duft nicht bestimmt. Mitbestimmt ja, aber nicht dominiert wie es das aufgrund seines intensiv süßen Charakters oft tut. Die Rose ist anschmiegsam, seidigweich und lässt mich an eine Körpercreme denken. Seinen ganz eigenen Charakter erhält der Duft jedoch durch eine gute Dosis Ambergris, wie Tauer selbst ausführt. Sie verleiht dem Duft einen leicht aparten, wächsernen, fast metallischen Ton, der viel Hellig- und Luftigkeit beisteuert und den Duft vor einer zu starken Süße bewahrt. Diese Substanz verleihende Basis ist aus vielen Tauer-Düften bekannt, recht eigen und sicherlich sein Markenzeichen. Im Zusammenspiel mit der Himbeerrose kann sie beim eigenen Tragen durchaus als leicht unpassend - für manche sogar plastikhaft - wahrgenommen werden. In diesem Effekt sehr vergleichbar mit der Kombination von Orange(nblüte) und besagter Basis in seinem ‚Orange Star‘.

Haltbarkeit und Sillage:
Die Haltbarkeit ist, wie von der Marke gewohnt, hervorragend (in Räumen hält er sich präsent, aber unaufdringlich über Tage) und auch während des Tragens bleibt der Duft durchweg deutlich präsent ohne übergriffig zu sein.

Fazit:
Für mich ist diese unbeschwerte, fröhliche und doch kräftige, individuelle Rose eine meiner liebsten. Wenn ich mir einen Duft zum Kuscheln aussuchen dürfte, wäre es dieser.

Tauer-Video:
https://www.youtube.com/watch?v=pEYfW7aA1wo (Une Rose Vermeille bei 4:07)
22 Antworten
Parma vor 6 Monaten 19 27
9
Flakon
7
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Warum Cartier?
Oud & Menthe fügt sich nahtlos in die überzeugenden Arbeiten der Les Heures Voyageuses-Reihe ein. Er besticht durch Qualität bei Inhaltsstoffen und Abstimmung sowie mit unaufgeregter Eleganz. Immer wenn ich Düfte der exklusiven Cartier-Reihen kennen lerne, werden mir die Unterschiede zu anderen Marken deutlich. Aus meiner Sicht gibt es kaum Besseres.

Duftverlauf:
Oud & Menthe kombiniert ein leicht stalliges, aber sanftes Oud mit einer wunderbar ätherischpudrigen Minze. Sie treffen sich in ihren medizinischen Eigenschaften, die sehr zart ausgeprägt sind. Der typisch fermentierte Holzgeruch ist dabei im gesamten Verlauf etwas präsenter als die krautige Pflanze, welche schüchterne Rosengeranien-Nuancen offenbart und dem Agarbaumprodukt einen wunderbar unbeschwerten, hellholzig-aromatischen Charakter verleiht. Im Drydown wird dieser immer weicher - ich nehme an durch den Einsatz von seidig wirkendem Moschus - und erinnert schlussendlich fast an eine cremig-milchige Oud-Sandelholz-Kombination. Die Inhaltsstoffe erscheinen dabei so wertig, dass der Duft trotz seiner recht simplen Anlage sehr beweglich, nuanciert und über die gesamte Tragedauer interessant bleibt.

Haltbarkeit und Sillage:
Das in Extrait-Konzentration angebotene Parfum hält problemlos den ganzen Tag und strahlt konstant leicht über Hautniveau ab. In Räumen hinterlässt es eine lang anhaltende, angenehm unaufdringliche Duftaura.

Fazit:
Oud & Menthe ist ein eleganter, minzfrisch-durchlüfteter, leichter, heller, wundervoll aromatischer Oudduft, dessen Fermentationsgeruch sehr verträglich gehalten ist. Qualitativ in allen Belangen kaum besser vorstellbar.
27 Antworten
Parma vor 6 Monaten 15 22
8
Flakon
7
Sillage
10
Haltbarkeit
6.5
Duft
Sag mir, wo die Blumen sind
Die Welt steht in vielen Dingen am Scheideweg. Umwelt, Migration, Kriege. Und die Frage: Wie soll es in Zukunft weitergehen? Wie wollen wir friedlich zusammenleben? Bond No.9s „Antwort“ ist ein befriedender Duft. Jasmin. Die Schönheit dieser Erde zelebrierend. Ein Zeichen, dass das Gute überwiegt. Etwas Vertrautes, einfach Verständliches in unsicheren Zeiten. So weit, so gut. Und sicher in dieser Interpretation sehr weit hergeholt :) Aber im Grunde bin ich erschüttert und versuche das über eine gewisse Fallhöhe zu veranschaulichen, denn er ist für mich in seiner Trivialität kaum zu überbieten. Ich würde ihn nicht so verurteilen, wenn er nicht so völlig ambitionslos wäre. Es ist eben kein Aufzeigen von Schönheit. Kein Kitzeln der Sinne. Kein Impuls von etwas wirklich Substantiellem. Und damit so vielen Mainstream-Parfums gleich. Das Gegenteil von dem, was eigentlich nötig wäre: Neue Ideen, Mut, Aufbruch. Zumal von einem sogenannten Nischenhaus.

New York Flowers ist ein eindimensionaler, leicht cremiger, mir zu süßer Jasminduft, der stark an J‘adore (EdP) erinnert. Eine süßliche Blumigkeit auf dezentem, ambroxähnlichem Stoff und diffusem Waschmittelmoschus. Durch den Ambroxanvibe einen Tick dunkler als J‘adore und leicht „schmutzig“ wirkend - wenn man genau hinriecht. Ohne den leicht seifigen Eindruck des Dior-Dufts. Blumen- und Moschuston sind jedoch zum Verwechseln ähnlich. Lediglich die Eröffnung mit ihrer nektarinenähnlichen Fruchtigkeit kann mich überzeugen. Danach gibt es ein „play it safe“ ohne jegliches Leben, bei der die synthetische Anlage in einer nicht enden wollenden Gleichförmigkeit immer deutlicher zu Tage tritt. Kostenpunkt für 100 ml: 460 €. Normalerweise verliere ich über Preisgestaltungen ungern Worte, aber das hier ist eine Frechheit fast ohnegleichen. Das einzige, was ihn von Diors Damenbestseller absetzt, ist seine Haltbarkeit. Hier passen weder Qualität der Inhaltsstoffe noch künstlerische Vision. Eine zynische Bankrotterklärung. Ich bin dem Haus zugeneigt - wenngleich mir die Preispolitik noch nie nachvollziehbar erschien - aber wenn das der neue Trend nach der diesjährigen, erstmaligen Installierung eines In-house-Parfumers (James Krivda, der diesen Duft allerdings noch nicht entworfen hat) ist, dann wird Bond No. 9 in Zukunft noch weiter an den Rand der Parfumgeschehnisse taumeln. Vielleicht vergleichbar mit Creed. Beides Marken ohne echte Antwort auf die Bedürfnisse der Zeit. Einlullen und für dumm verkaufen hat nämlich noch nie geholfen.
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