Paulette

In der Psychologie gibt es ein Gedankenexperiment, bei dem der Patient aufgefordert wird, nicht an einen rosa Elefanten zu denken. Wer es probiert, merkt schnell, dass er den rosa Elefanten gedanklich nicht mehr los wird.
Die Gedanken verkrampfen sich und je mehr man sich bemüht, umso größer wird der Elefant.
Vollständiges Loslassen der Bemühungen ist dann die einzige Lösung.

Ein Spezialfall sind rosa Elefanten im Duftgedächtnis, wie ich festgestellt habe, die wird man meiner Erfahrung nach nämlich überhaupt nicht mehr los.
Den ersten habe ich mir eingehandelt, nachdem ich den Kommentar von Apicius zum Iris & White Musk gelesen hatte. Ich werde seitdem die Möhren-Assoziation bei der Iris selten los. Meinen Flakon von Jo Malone habe ich dann gleich verkauft, der Dufteindruck war nicht mehr zu retten.

Bei den meisten Biodüften ist meine Assoziation ein Teeladen aus den 80er Jahren. Es gab dort neben Tee auch Schreibutensilien, schön verziertes Briefpapier, edle Tagebücher und wahrscheinlich auch Duftöle. Ich denke nämlich, die Duftverbindung besteht über Sandelholz und Patchouli, anders kann ich es mir nicht erklären, dass bei fast jedem getesteten Bioduft dieser Teeladen vor meinem inneren Auge erscheint.

So war es jetzt auch wieder der Fall beim Testen des tollen Wanderpäckchens von Fluxit.
Vanilla & the Sea riecht für mich in der Summe nach Vanille plus Zeitreise in besagten Teeladen.
In den Statements lese ich von Meer, Amber und tropischen Früchten. Der Duft scheint also bei anderen parfumos durchaus einen differenzierteren Eindruck hinterlassen zu haben.

So gerne ich Biodüfte mögen würde, es spricht ja auch vieles dafür, möchte ich doch nicht nach Teeladen duften.
Deshalb wird das wohl nichts mehr mit den Biodüften und mir, jedenfalls nicht in diesem Duftleben.

Bisher ist mir nie der Gedanke gekommen, dass ein Parfum etwas mit Politik zu tun haben könnte. Heute morgen, ausgerechnet beim Testen des neuesten Aqua Allegorias Rosa Rossa, ist mir das klar geworden. In der Aqua Allegoria Serie, scheint mir, herrscht, wie in der Politik auch, ein großer Reformstau.
Ich war ja immer ein Aqua Allegoria Fan. Aber nach Flora Rosa, Rosa Pop, Rosa Fizz und Rosa Rossa muss ich sagen: Okaaaay Monsieur Wasser, ich glaube, ich habe in der Zwischenzeit ein ganz gutes Bild davon, was Sie sich unter einer Rosen-Beeren Kombi vorstellen…
Ich glaube, es ist Zeit aufzuwachen. Aufzubrechen zu neuen Ufern. Es ist Zeit für eine Revoluthionn, wie der Spanier sagt.
Also entzünde ich eine Fackel, stoße die Faust in die Luft und rufe Ihnen zu: Lavande Velours! Anisia Bella! Herba Fresca! Winter Delice! Das waren Aqua Allegorias mit Profil, die das Lager noch klar in Freund und Feind gespalten haben! Das war Ideenreichtum mutig umgesetzt! Das war freie Fantasie, statt mainstreamiges Dahindümpeln!
Wagen Sie es wieder, lieber Monsieur Wasser!
Und sollte die Angst vor sinkenden Verkaufszahlen Ihre Kreativität lähmen, halten Sie es mit Emiliano Zapata:
„Besser aufrecht sterben, als auf den Knien leben!“

Mirko Buffini ist als Marke auf Parfumo bisher noch relativ unbekannt. Das Parfumhaus in der Altstadt von Florenz existiert erst seit 2010 und hatte bisher die größten Erfolge in Fernost zu verzeichnen. Mirko Buffini lässt sich nach eigenen Angaben von japanischen und chinesischen Traditionen inspirieren, außerdem sind seine Flakons sehr minimalistisch gehalten, beides scheint zu diesem Erfolg beizutragen.
"Haecceitas" bedeutet "Dieses-Sein" "Diesheit" und ist für mich eine perfekte Beschreibung der Assoziationen, die dieser Duft sofort nach dem Aufsprühen auslöst: ich liege am Strand und sehe durch die halbgeschlossenen Augen das Meer glitzern, höre Kinderlachen und rieche die Sonnencreme auf meinem Arm.
Ich fühle die ganze Leichtigkeit eines solchen Tages, eine Leichtigkeit, die ich mir auch im Herbst und Winter manchmal gerne aufsprühen würde.
"Haecceitas" ist allerdings kein linearer Sonnencremeduft, er ist viel subtiler gemacht.
Der Auftakt des Duftes besteht aus einer sehr gelungenen Mischung der Duftnoten Orangenblüte und Marshmellows. Selten habe ich eine so unterschwellige Orangenblüte gerochen. Sie schafft es, den Duft nicht zu vereinnahmen, sie fügt sich sehr gut ein. Dazu kommen die Marshmellows mit einer so moderaten Süße, dass der Duft für mich im Sommer sehr gut tragbar ist.
Im weiteren Duftverlauf entwickelt sich eine warme Cremigkeit, die Vanille kommt klar zum Vorschein. Es ist eine natürliche Vanille, die sich sehr harmonisch einfügt. Weder das Moos noch einen Chypreakkord nehme ich in der Basis wahr.
Auch die Freesie und die Iris fallen nicht auf, der Duft hat für mich vordergründig nichts Blumiges an sich.
Würde man mir den Duft namenlos unter die Nase halten, würde ich vielleicht auf einen Guerlain tippen, denn "Haecceitas" hat diese satte Cremigkeit, die mich an Guerlain erinnert.
Bei mir hat er eine Haltbarkeit von ca. 4 Stunden, was schon ein bisschen enttäuschend ist, für mich aber kein Grund wäre, den Duft von der Wunschliste zu streichen.
Mirko Buffini hat mit "Haecceitas" einen raffinierten, aussergewöhnlichen Sommerduft geschaffen, der sein Parfumhaus vielleicht auch auf parfumo noch bekannter machen wird.

Mein Duftplan sieht so aus, dass ich zu jeder von mir geliebten Duftrichtung einen Nr. 1 Duft besitzen möchte. Die Folge ist dann eine minimalistische Sammlung, die alle meine Wünsche erfüllt.
Der Plan hat einige Schwächen, wie sich in der Praxis gezeigt hat: 1. auf der Suche nach dem Nr.1 Duft sammelt sich ganz schön was an Düften an, 2. die Discontinued-Sense macht auch vor meinen Nr.1 Düften nicht Halt und 3. flattert manchmal ein Probedüftchen ins Haus, das einen Nr. 1 Thron wackeln lässt.
Die Nr. 1 Duftrichtung "Waschmittel" allerdings hat mir von jeher Schwierigkeiten bereitet. Ich möchte gerne manchmal nach Waschmittel duften, meine Nase aber ist eher von zartem Gemüt. Sie möchte nicht 8 Stunden im Waschmittelkarton hängen, sondern eher von einem zarten Waschmitteldüftchen gestreift werden. Einen Waschmittelhauch, mehr erträgt sie nicht.
Aus diesem Grund musste ich "Blanche", der für mich eigentlich der ultimative Waschmittelduft ist, wieder streichen und hatte danach die Hoffnung aufgegeben, noch eine passenden Duft zu finden.
Und dann kam "White" als Probe ins Haus ( danke liebe Waldfee! ) und der Nr. 1 Thron kann endlich wieder besetzt werden!
"White" riecht absolut authentisch nach Waschmittel. Ein Duft, der ( nach meiner Recherche ) von Aldehyden erzeugt wird, neben denen anscheinend keine anderen Duftnoten so richtig Platz haben. Ich rieche kein Bergamotte oder Jasmin; Muskat auch nicht, obwohl der sich doch evtl. hätte durchsetzen können.
Im Gegensatz zu allen anderen Waschmitteldüften, die ich kenne ist "White" nicht laut und aufdringlich,
sondern für mich genau der "Waschmittelhauch", nach dem ich so lange gesucht habe. Ich fühle mich von diesem Duft nicht überfahren. Er untermalt nur und stellt sich nicht in den Vordergrund, genau, wie ich es mag. Alles bei sparsamer Dosierung wohlgemerkt!
Von einer richtigen Duftentwicklung kann man bei "White" nicht sprechen: wenn man Waschmittel möchte, bekommt man hier Waschmittel, das ist alles. So einfach kann das Leben manchmal sein!
"White" hat bei mir eine Haltbarkeit von ca. 6 Stunden. Die leicht stechende Kopfnote verliert sich nach und nach etwas, der Duft wird hautnaher und wärmer, was mir sogar noch besser gefällt. Eine Ahnung von weißen Blumen ( Jasmin ? ), etwas deutlicher auch Moschus, meine ich dann zu erhaschen. Aber es ist wirklich nur eine Ahnung, denn mal ehrlich: neben einem Chemiewerk blüht eben nicht viel :)
Für mich ist es kein Duft für jeden Tag, dazu ist er zu speziell. Aber wenn ich Lust auf Waschmittel bekomme, dann ist "White" ab jetzt der Duft meiner Wahl!

Als Liebhaberin dezenter Düfte habe ich die The-Reihe von Bulgari immer im Auge. Mir gefallen nicht alle Düfte gleich gut, aber jeder ist auf seine Art besonders. Der The bleu bleibt dieser Linie in jedem Fall treu: diese Art von Lavendelduft ist mir bisher noch nicht begegnet.
Der würzige Lavendel im Auftakt wird untermalt vom Shishoblatt (auch: Sesamblatt, Gewürz der japanischen Küche), das dem Duft eine asiatisch-unterkühlte Note gibt, die sich fast durch den ganzen Duftverlauf zieht. Der Oolong-Tee (traditionelle chinesische Teesorte) in der Herznote passt sich dem wunderbar an. Für mich ist der Duft sehr ausgewogen und harmonisch, wie ich das von der The-Reihe auch erwarte. Das oben angegebene Veilchen nehme ich nicht wahr.
Der Duft hat bei mir eine Haltbarkeit von ca. 4 Stunden. Nach ca. 3 Stunden nehme ich Moschus und Iris wahr, die asiatischen Duftnoten haben sich zu diesem Zeitpunkt schon verabschiedet, das macht den Duft gegen Ende doch noch ein bißchen wärmer.
Meiner Meinung nach ist Bulgari mit The bleu wieder ein besonderer The-Duft gelungen. Meinen Favoriten The vert stösst er nicht vom Thron, aber für mich ist der The bleu in seiner Würzigkeit wie ein unterkühltes Pendant zum The vert (den ich als warm empfinde) und hat für mich Platz zwei in der The-Reihe verdient.
Für alle Liebhaber der The-Reihe ist der The bleu eine Testung auf jeden Fall wert!

Nachtrag: nach mehrmaligem Tragen nehme ich den Duft 6-8 Stunden an mir wahr.