Pazuzu

Pazuzu

Rezensionen
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1 - 5 von 39
Pazuzu vor 12 Jahren 11
7.5
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
A taste of Youthfulness
Calice Becker hat sich hier, im Auftrag von Kilian Hennessy, an eine Neuinterpretation des schwierigen Lavendel-Vanille Themas herangewagt, welches eigentlich schon von schwergewichtigen Klassikern wie zum Beispiel Caron´s Pour un Homme belegt ist.

Calice Becker versteht uns Jungs und Mädchen, denn wir wollen nicht nach Papa, oder Mama riechen. Sie hat es geschafft den Duft von jeglichen väterlichen, bzw. mütterlichen Assoziationen zu befreien, ohne sich zu weit vom eigentlichen Thema zu entfernen. Doch was macht den Unterschied aus zwischen Jugendlichkeit und gealtertem Charme? Dazu muss man sich zuerst klarmachen, was bei dem neuen Duft im Vergleich zu Caron´s Pour un Homme weggelassen wurde.

Auf den ersten Blick fällt auf, dass es A taste of Heaven an der extremen Würze fehlt. TVC15 bezeichnete Pour un Homme bereits als einen „Urknall im Kräutergarten“. Im Vergleich dazu riecht Calice Becker´s Duft längst nicht so kratzig wie sein Vorgänger, sondern ist breiter und weicher angelegt. Ja, auch A Taste of Heaven startet mit einer ordentlichen Portion Lavendel, doch die sonst so charakteristische, kantige Frische dieser Note hat hier eine unerwartete, dunkel-cremige Qualität. Das mag auch an der vierfachen Nutzung verschiedener Lavendel-Konzentrationen liegen. Angefangen mit zwei Lavendel-Ölen, über Absolue, bis hin zum Concrete.

Die anderen Herznoten, wie Patchouli und Rose, scheinen nicht mehr als Statisten zu sein und tragen der Komposition Komplexität und Tiefe bei. Eine etwas bedeutendere Nebenrolle spielt der dunkelgrüne, holzige Absinth, den ich aber einzeln eher nur unterschwellig wahrnehmen kann. Entfernt betrachtet kann ich sogar die schon berichtete Assoziation mit Waldmeister nachvollziehen. Phasenweise erweckt die Gesamtkomposition den Eindruck, als hätte man sich Berliner Weiße (grün) aufs Hemd gekippt. Leicht beschwipst, doch nie trunken. Zurück zur Hauptrolle, die ist dem Lavendel-Vanille Akkord vorbehalten. Doch anders als in Pour un Homme ist die Vanille kein Solitär, der im zweiten Akt die Führung übernimmt, sondern Lavendel und Vanille sind im weiteren Duftverlauf gleichermaßen dominant. Honigartig-milchig, doch nicht übersüß wurde die Vanille mit ergänzenden Noten, wie Amber und Tonka Bohne, gezähmt. Animalische Noten und Eichenmoos geben in der Basis ein zartes, nie aggressives Geschmäckle.

Durch all diese Aspekte wurde meiner Meinung nach eine bessere Balance erzeugt. Ohne den Klassiker herabwürdigen zu wollen, aber By Kilian´s Duft ist um einiges harmonischer in der Wirkung. Und vielleicht ist dies ja auch ein großer Teil des Erfolgsgeheimnisses, um das Wohlwollen der jungen Generation zu gewinnen. Einfach störende Ecken und Kanten abschleifen, die in Caron´s Pour un Homme sowohl den Reiz ausmachen, als auch Störpotential enthalten und durch ein Mehr an barocker Üppigkeit ersetzen.
11 Antworten
Pazuzu vor 12 Jahren 9
7.5
Flakon
10
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Es sprach der Scheich zum Emir: « Erst zahl’n wir und dann geh’n wir. »? ----------- Der Emir zu dem Scheiche: « Nur über meine Leiche! »
Bitter-fruchtig, zestig-frisch, die Kopfnoten von Emir lassen keine Zeit zum eingewöhnen. Sofort drängen sich Würze und Pfeffer in den Vordergrund. Von Zeit zu Zeit durchbrochen wird diese würzige Combo nur von einer zitrisch-bitteren Frische, wohl die der Pomelo. Einerseits ist da Frische, andererseits wird diese stark kontrastiert von trockener Würze. Oudh und Gewürze scheinen für mich eins zu sein. Beide Akkorde untrennbar vereint, strahlen eine unglaubliche Wärme, fast schon trockene Hitze aus. Eine Assoziation wie von rotem Staub entsteht ausgehend von Piment und Chili. Gepaart mit dem Charakter einer besonders pilzigen Variante des Adlerholzes liegen die Hauptakkorde wie ein Schleier über dem Rest der Komposition. Das Geraniumöl hat hier eine laubartige, fruchtig-minzige Prägung und ist längst nicht so dominant, wie in herkömmlichen Rose/Oudh zentrierten Düften. Eine leichte Ahnung von Orange vermute ich im Herzen auszumachen. In der Basis geben Zedernholz und Moschus den Ton und die Tiefe.

Auf den ersten Riecher scheint die Komposition linear, aber das liegt und darin glaube ich die Qualität zu erkennen, an der guten Verblendung der einzelnen Noten ineinander. Es tut sich sehr wohl Einiges, aber die Übergänge vom Kopf zur Basis sind weich, fließend und schwer als solche wahrnehmbar.
Den Micallef Hausakkord mochte ich bisher nicht besonders. Wie Apicius allerdings schon erwähnt hat, ist dieser in Emir zwar erkennbar, aber nicht so dominant und daher für mich weniger störend. Anders als es der schwere, kantige Flakon erahnen lässt, ist der Duft deutlich weicher und auf eine Art rund geschliffen. Er schmeichelt dem Träger, anstatt rau zu sein. Dennoch wirkt der Duft äußerst maskulin und lässt sich nicht ohne weiteres als Unisex bezeichnen. Hier im Abendland getragen ist man, dank der ausufernden Sillage, bald von reichen und komplexen Duftschwaden umgeben, weithin riechbar.

Wenn einem vor lauter Oudh-Neuerscheinungen mal die Übersicht abhanden zu kommen droht, kann man sicher sein in Geoffrey Nejman´s Emir eine qualitativ hochwertige Adlerholz Referenz zu haben. Und so wäre ich fast bereit dem Scheiche nachzugeben und den Preis für diesen Orientalen zu bezahlen, wenn ich doch nur einen Emir hätte, der für mich die Rechnungen begliche.

PS: Erst neulich habe ich Emir nicht mehr im alten Flakon, sondern in einem von Martine Micallef bekannten, runden, mit Strass dekorierten Flakon, vorgefunden.
9 Antworten
Pazuzu vor 13 Jahren 18 9
10
Haltbarkeit
8
Duft
Pappsüßer Sommer / Die besondere Aura von Warteräumen
Es ist Mai und sonnig ist es geworden. Die Zeit der opulenten Winterkracher ist längst vorbei. Die vanillig-süßen Duftkunstwerke von der Haut verschwunden. Aber nun jeden Tag in ähnlich frisch-grünen Wässerchen baden? Dabei empfinde ich nicht genügend befriedigende Abwechslung. Auch fruchtige und blumige Noten hatte ich schon die Jahre zuvor. Da ist die Luft raus, nein schlimmer sie steht und gammelt schon. Irgendwie muss doch die eingeschränkte Auswahl zu erweitern sein. Warum eigentlich der pappigen Süße und dem schweren Orientalen ein halbes Jahr lang entsagen? Nein, an einigen Tagen darf der Sommer süß und klebrig sein!

Jacques Fath pour l'Homme bringt mir die erhoffte Abwechslung.
Der Auftakt zitrisch, nichts besonderes im ersten Moment. Doch was folgt ist ein ziemlich süßer, vanilliger Amber-Flash. Begleitet von einer unterschwelligen, niemals zu auffälligen Lavendelnote. Durchzogen und gebändigt wird der Duft jedoch von einer strengen, trockenen Holzigkeit. Eine vergleichbare, holzige Note findet sich in „Yohji Homme“ wieder. Ein recht synthetischer Vibe begleitet die Gesamtkomposition. Eigentlich ist künstlicher Plastikgeruch der selbstgewählte Todfeind Nummer Eins, doch hier trägt diese Ausprägung sogar dazu bei dem scheinbar gewöhnlichen Duft ein besonderes Flair zu verleihen.

Vor meinem inneren Auge entsteht ein Raum. Sonnenstrahlen fluten durch die Jalousien und lassen die vielen Staubpartikel in der Luft sichtbar werden. Vergilbtes Papier, Akten und Linoleum Boden. Die Tische scheinen mit Holzpolitur eingerieben worden zu sein. Eine Art Honigduft geht davon aus. Niemand ist da, alles scheint verlassen und doch bewohnt zu sein. So vertraut und zugleich fremd ist mir der Geruch. Jeder kennt diese Warteräume und Vorzimmer. Sei es ein Sekretariat, der lange Gang einer Behörde, ein ungenutzter Raum im Museum, oder der Lesebereich Eurer Stadtbücherei. An einigen Sommernachmittagen ist alles verlassen, öde, still. Und gerade diese Räume laden dann mit ihrer Kühle und Ruhe zum Verweilen ein. Abenteuerlich und mystisch sind keine Worte die normalerweise an solche Orte passen, aber es gibt für mich Momente in denen sich alles umdreht. Sowie ich manchmal Süße im Sommer will.

Jacques Fath pour l'Homme ist ein Parfum, welches in jede Jahreszeit und zu jedem Geschlecht passt vorausgesetzt man mag den synthetisch-nostalgischen Vibe, der davon ausgeht. Der Duft haftet und hält sehr lange auf der Haut und die holzigen Noten lassen nie ganz nach. Sparsam sollte dennoch dosiert werden, da die Süße sonst zu anstrengend werden kann. Das Eau de Toilette bestellt man am besten günstig im Outlet.
9 Antworten
Pazuzu vor 13 Jahren 22 9
7.5
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
10
Duft
Zartheit
Wie ein Pinselspiel, dünn-lasierend aufgetragen tupfe ich mir etwas Osmanthe Yunnan auf mein Handgelenk. Klare Farben, wenige Pigmente, die reinste Wassermalerei ist das. Mit der Wärme meiner Haut offenbart sich Schicht für Schicht, ganz transparent, der feine Duft. Unmerklich schnell huscht ein zitrisch-frischer Auftakt vorbei, dann folgt eine viel deutlichere, blumige Süße. Ein Duftschleier aus Teenoten lässt erst nach und nach die wunderbar duftenden Osmanthusblüten hindurch vernehmen.

Der Name, das Wortspiel „Osmanthe Yunnan“ ist wirklich gut gewählt. Verbindet es doch die wesentlichen Aspekte der Komposition (Osmanthus und Tee), mit der aus der Provinz Yunnan stammenden Tradition, Blüten des Osmanthus Strauches zu grünem Tee beizugeben. Diese Teemischung wird auch „Kwai Hua Chin Hsuan“ genannt und ist in Asien weit verbreitet, zum Glück inzwischen auch in Deutschland angekommen. Wer den direkten Vergleich möchte kann beispielsweise den „China Oolong Kwai Flower“ bei Tee Gschwender erwerben.

Man kann den Duft der Osmanthusblüte ein wenig mit dem von Pfirsich vergleichen. Nicht der geschmackliche Geruch saftigen Fruchtfleisches, sondern fast wie die duftende Haut weicher Pfirsiche. Es ist keinesfalls so eine prominente Pfirsichnote, wie beispielsweise in Mitsouko von Guerlain. Man könnte sagen, es sei wie eine Mitsouko „light“ Variante, aber damit würde man dem Dufteindruck nicht gerecht. Denn Mitsouko riecht für mich mehr wie ein Pfirsichkuchen mit Glasur, Osmanthe Yunnan dagegen wirkt nicht so essbar. Mitsouko ist schwer, wie Ölmalerei mit pastösem Duktus und ausgesprochen bunt. Osmanthe Yunnan leicht, wie ein Aquarell von wenigen, klaren Farben und leisem Ausdruck geprägt.

Bis ins kleinste Detail scheint sich der minimalistische Perfektionismus des Jean Claude Ellena in der Hermèssence Serie fortzusetzen. So wird nicht mit Verzierungen am Flakon, oder dergleichen geprotzt. Allein die Farbe des Duftes imitiert exakt die gelblich-orange Naturfärbung der Osmanthusblüte. Dazu harmonierend passt das rotbraune Leder der Kappe, welches dezent auf die Firmentradition von Hermés als Sattler hinweist.

Der Duft verbleibt als Gaze dicht am Körper und ist so gut für den Sommer geeignet. Wer ein intensives Dufterlebnis sucht, ist bei Mitsouko sicher besser aufgehoben. Osmanthe Yunnan´s transparente Ausstrahlung kann man übertriebenen Minimalismus nennen, ich empfinde es anders. Von dieser unglaublichen Zartheit bin ich begeistert und gerührt.
9 Antworten
Pazuzu vor 13 Jahren 10 4
7.5
Haltbarkeit
2
Duft
ROSE VON PARFÜMEUR ERBARMUNGSLOS GEFOLTERT
Twill Rose, was für ein seltsamer Name. Zuversichtlich sprühe ich mir ein halbes Pröbchen über den Handrücken. Uff - wörgl, hust, hust...Was will, soll denn das für eine Rose werden. Der Auftakt ist schlichtweg eine Tortur. Besonders fies und grausam sticht bitteres Galbanum auf die zur Unkenntlichkeit verkommene Rose ein. Das Ganze hat noch dazu einen synthetischen Touch, wie von Haarspray. Gemartert von undefinierbaren, grünen Noten und Niesreiz erregendem rosa Pfeffer gebe ich auf. Ich geh erstmal an die Luft.

Ein wenig Zeit ist vergangen, die Peiniger sind fort und die Rose hat sich freigemacht. Sehr schön, sie ist grün, natürlich und riecht wie Oma. Tut mir leid, dass ich jetzt mit solchen Klischee´s anfange, denn die grüne Rose ist schon ok für mich. Es ist nur ... sie ist ziemlich beliebig. Manch anderer hat an dieser Stelle authentischer herausgearbeitet, was so eine grüne Rose wirklich ausmacht. Sogar die Marke Serge Lutens hat mit Majeste la Rose eindrucksvoll gezeigt wie´s riechen kann. Besonders haltbar ist der Duft von Twill Rose nicht. Na ja ganz so schwachbrüstig ist die Rosennote nun auch nicht, aber die Erdanziehungskraft fordert nunmal ihren Tribut und bald schon riecht es nach getrockneten Rosenblütenblättern, so dünn man könnte sie zwischen den Fingern zerreiben. Zu schwach, scheint das Rosenthema neben den dominanteren Noten zu verblassen. Schön ist der animalische Drydown auch ohne Rose. Angegeben ist die animalische Moschus-Note ja nicht, aber einen gewissen Muff kann man nicht leugnen. Ich fühle mich ein wenig an Rose Poivrée erinnert, nur ist die Qualität der Rose in Twill Rose nicht ebenbürtig. Aber vielleicht ist gerade das gewollt und als ein Versuch gemeint einen Rosenduft zu kreieren, der für Männer besser tragbar ist.

Schön und gut, aber der armen Twill Rose einfach diese Kopfnote auf die teure Rosennote zu klatschen ist wirklich schade, wenn nicht sogar gemein. Darf man das?
Wer sich Rosine nennt und nur Düfte mit Rosenthema auf den Markt bringt sollte sowas doch einer Rose nicht antun. Frauen will ich von diesem Duft abraten. Männer, die so einen Duft gerne tragen, lieben es wahrscheinlich auch ihre Frisur tagtäglich mit Haarspray einzubetonieren. Da tritt sicherlich mit der Zeit eine Art Gewöhnungseffekt ein.
4 Antworten
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