Philie

Philie

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1 - 5 von 11
Philie vor 2 Jahren 11 3
10
Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
9
Duft
Nun bin ich eben in Weihrauch anstatt in Wolle gehüllt
Wer erinnert sich alles an Allsaints, bevor sie alles änderten?
An die vielen fabelhaften, etwas gruseligen Print-Shirts und raffiniert geschnittenen, asymmetrischen 100%-Woll-Mäntel?
Es war DIE Marke, die ich als Studentin aus weiter Ferne anschmachtete: So wollte ich aussehen, das wollte ich später haben. So cool! Denn damals konnte ich mir selbst nur im Sale mit Mühe und Not ein T-Shirt und Armbändchen leisten. Zum Glück habe sie mir gegönnt – denn als ich mir mehr von der Marke hätte kaufen können, hatte ein Relaunch den Charme komplett gekillt. Anstelle von rockigem, romantischen Grunge spießiger Allerwelts-Minimalismus. Gääähn. Trauuuurig!

Dennoch konnte ich mich der Liebe zu dieser Marke nie verwehren, zu stark schwingt immer noch die Hoffnung mit, eines Tages DAS Lieblingsteil von Allsaints zu besitzen.

Umso überraschter war ich, als ich vor Kurzem zufällig erfuhr, dass es Parfums von dieser Marke gibt. Meine letzte Chance, doch noch von Allsaints etwas zu finden?

Ich habe es riskiert. Blind zwei Düfte bestellt (mit Sunset Riot kämpfe ich noch ein wenig). Incense City hat mich nun als erster überzeugt; sehr weihrauchig geht es los. Im Lauf der Zeit wird der Duft immer „allgemein rauchiger“: Nun befinde ich mich auf einer Waldrichtung an einem Lagerfeuer. Die Glut, das Holz, der Rauch – und nur noch selten weht aus der Kapelle am Rande der Lichtung ein Hauch Weihrauch daher. Das ist jetzt in Summe nicht gerade super-fancy, aber einfach gut. Und durchaus cool.

Incense City ist androgyn und – wie ich meine – absolut sexy, weil er durch seine Andersartigkeit besticht. (Hier sei kurz erwähnt: Ich kenne keine anderen Weihrauchdüfte zum Vergleich! Und: Ich konnte noch keinen Mann dazu befragen, wie er es findet, wenn eine Frau so riecht … ) Sonderlich weiblich ist es sicher nicht, aber eben verrucht, verwegen und Nicht-Standardmäßig. Wer mag das bitte nicht? ;)

Auch wenn die Sillage nicht so viel Wumms hat, so haftet Incense City unfassbar lange und gut an die Haut. Dabei wird er überraschend leicht und fast cremig, wenn ich ihn 12 Stunden noch ganz zart wahrnehmen kann. Raffinesse oder Komplexität kann man ihm leider nicht andichten, es ist einfach nur ein ehrlicher Weihrauchduft: Wie eine Lederjacke, eine coole, normale Lederjacke, die auch so schon teuer genug ist (von Allsaints erst recht), und keine Jacke aus einem Leder von bulgarischen Langhaar-Ziegen, die sich ihr ganzes leben lang nur von den obersten drei Rosmarin-Blättchen ernährt haben, und an deren unzähligen Reißverschlüssen Chanel-Logos baumeln.

Dieser Duft muss nicht raffinierter sein, damit er besser ist.
Vermutlich hole ich mir eines Tages einen komplexeren Weihrauch-Duft, da ich nun überhaupt auf den Geschmack gekommen bin. Ein bisschen sehr jammere ich immer noch dem ersten (!) Mania von Armani hinterher – wenn da jemand einen Tipp hat …

PS: Ich bin ja auch so eine, die ihr Parfum gerne mal in die Aromalampe gibt anstelle eines Duftöls, und was sich da entwickelt und im Raum hängt, ist pudrig-frisch! Von daher ist es interessant, was dieser Duft doch hergibt.
3 Antworten
Philie vor 3 Jahren 12 6
9
Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
8
Duft
Man darf ja nichts gegen die Queen oder ein Chanel-Kostüm sagen, ABER …
Das ist er also, der viel gelobte Duft für Frauen. Natürlich wollte ich ihn testen, und zu Zeiten von Corona ist ja alles etwas anders. Aber bei gewissen Drogerie/Parfumerien kann man ja auch jetzt schnell auf dem Weg Richtung wirklich notwendige Sachen ein paar Designer-Düfte testen (wobei Parfum ja mindestens so nötig wie Hafermilch ist). Und ist nicht Mon Guerlain so überall-gelobt, stammt er immerhin aus einem so alt-super-ehrwürdigen Hause? Ist er somit die Krone der Designer-Düfte?

Ja.

Und nein.

Von der Kopfnote habe ich aus Gründen kaum etwas mitbekommen. Was ich etwa eine halbe Stunde später an meinem Handgelenk vernommen habe, war so dezent, dass ich den Arm fast mit der Nase getitscht hätte – oh, Obacht, erst mal waschen und so! Daheim dann, nach dem Händewaschen, rieche ich meine Pears-Seife stärker als Mon Guerlain am Handgelenk. Himmel, ist das ein dezenter Duft, so zurückhaltend sind sonst nur dressierte Royals.

Den restlichen Tag über im Homeoffice vernehme ich dann doch den Geruch von etwas Neuem; er strahlt also doch angenehm aus (und überdeckt gottseidank den offensichtlich gekippten Hermes am anderen Handgelenk). Es ist, als würde eine feine Tante dem vorlauten Kind auf die Hand klaschen, das zu frech zwei Minuten zu früh nach dem Kuchen greifen.

Mon Guerlain ist zweifelsohne ein weiblicher Duft, einer mit geradezu royalem Touch: So vornehm, so dezent, so weiiiiiiblich. Zwischendrin gesellt sich zu den pudrig-weich-rosigen Tönen eine Dosis Weihrauch. Als würde die feine Madame soeben gewissenhaft ihre Sünden gestehen. Solche im Kaliber von „Ich hab einen anderen Mann angeschaut, obwohl ich doch verheiratet bin …“.

Mon Guerlain ist weiblich, aber keine Spur sexy und geheimnisvoll schon gar nicht. Dass dieser Duft als „So riecht eine Ehefrau“ beschrieben wird (Leni hat gesagt, dass Jeremy das gesagt hat, und wer es nochmal vorher gesagt hat – I don’t know), will ich lieber ganz schnell wieder vergessen. Wenn das die allgemeine Meinung ist, dass so eine Ehefrau zu sein hat, schön, angenehm, gefällig, romantisch und ansonsten eben total fade und so sche*ßbraaaaaaav, dann gute Nacht, servus Gschäft.

Mon Guerlain hat Klasse, klar! Aber er ist für mein Empfinden so ernüchternd stereotyp. Wenn etwas oder jemand all deine Erwartungen trifft – reicht dir das? Dann findest du Mon Guerlain vielleicht toll. Wenn du eher der Typ bist, dass dich das Geheimnisvolle, da Unerwartete reizt und du auch mal herausgefordert werden willst, etwas Neues zu erleben, dann lass lieber die Finger von diesem Gähnwässerchen. Pardon, Klassiker.

Trotz allem ziehe ich natürlich meinen Hut vor der Parfumkunst an sich. Von all den Designer-Düften hebt sich Mon Guerlain doch gut wahrnehmbar ab. (Wobei ich einräumen muss, von den blumig-klassischen längst nicht alles angeschnuppert zu haben.) Auch der Flacon wäre mir sonst ewig-skeptischer Designerin echt gerne in die Tüte gekommen! Aber wir zwei, wir passen nicht zusammen, das Frauenbild von Mon Guerlain et moi. Dennoch, zumindest eines haben wir gemeinsam: Auch ich kann Klasse beweisen – deswegen bewerte ich mich zwei Augen und eineinhalb Nasenlöchern zu.
6 Antworten
Philie vor 3 Jahren 5 4
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Flakon
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Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Parfum-Flashback: Von Religionslehrern und kratzigen Wollpullis (nicht, was du meinst)
[Ein Bericht aus der Erinnerung – weil anders geht ja schlecht]
Ich bin 16, mein Interesse an Parfums und an „Shoppen“ ist erwacht, und kein Ausflug ins nahegelegene Shopping-Center vergeht, ohne dass meine Mutter und ich auch durch das Parfumregal bei Müller schnuppern. Taschengeldbedingt rutsche ich immer mehr Richtung bezahlbar und lande schließlich vor einem Flacon, der schon fast bei den Herrendüften steht, oder nicht, oder doch? Egal: Replay ist auch mir Landei als supercoole Jeansmarke bekannt; die Print-Werbungen gefallen mir und so auch der Duft: schön würzig, vollmundig, warm.

Stolz trage ich den neuen Duft in der Schule. Einige Tage später geht der neue, junge Religionslehrer an mir im Gang vorbei – und zieht deutlich einen Hauch Replay hinter sich her. Ach du Schreck! Obwohl ich den Duft an ihm zu weiblich finde, bin ich mir nun selbst unsicher, ob er an mir selbst zu männlich ist. Im Schulalltag ist Replay nun tabu. Es wird nun vor allem mein Freizeitduft und begleitet mich in meinem Urlaub in Irland. Zu diesen Vibes passt er ganz besonders:

FREIHEIT » Replay hat etwas Wildes, Strahlendes und gleichzeitig wohlig Umarmendes an sich. Wild kräuterig passt der Duft zum Grundcharakter Irlands mit seinen Hügeln und unbeirrbaren, unkaputtbaren Sträuchern, vermutlich wegen des Wacholders und Lavendels.

WÄRME » Da in Irland das Wetter so schnell kippt, ist ein fetter Wollpulli Pflicht, der 90er-mäßig bei Nichtbedarf supercool um die Hüften gebunden wird. Dieser Wollpulli, von meiner Lieblingstante gestrickt, kratzt ein bisschen, gerade so viel, dass es noch zu ertragen ist. Dieses leicht Kratzige bei all dem Kuschligen hat auch der Erstling von Replay in sich. An dieser Stelle hätte ich fast auch Weihrauch vermutet … Das werden wohl all die Hölzer sein.

WILDHEIT » Nun gut – ich war nie der Punk, der ich womöglich gewesen wäre, wären die Umstände in meiner Kindheit andere gewesen. Ich habe mich womöglich immer etwas zurückgenommen, aber nie angepasst. Und auch das verkörpert Replay: Der Duft war absolut individuell, ohne einen damit aber zu erschlagen. Laut: Nein. Lieb: schon gar nicht. Sympathisch: gerade deswegen!

NEUNZIGER » Es mag nostalgische Verklärtheit sein, aber viele stimmen mir sicher zu, dass sich die Designer-Düfte in den 90ern mehr getraut haben. Replay gehört definitiv auch zu denen. Es ist schier unfassbar, aber dieser 20 DM-Duft (lass ihn mal soviel oder knapp darunter gekostet haben) hatte wesentlich mehr Dimension und auch Wumms als heute die meisten Designer-Düfte.

Gerade wegen dieser Erinnerung an meine Jugend und den Urlaub vermisse ich Replay natürlich unheimlich. Unnötig zu erwähnen, dass ich immer wieder nach einem ähnlichen Nachfolger Ausschau gehalten habe. Ansatzweise in die Richtung ging Marni von Marni – leider wiederum vom Markt genommen. Wenn jemand etwas Ähnliches weiß, bin ich um jede Empfehlung dankbar!
4 Antworten
Philie vor 6 Jahren 14 4
2
Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
5
Duft
Süße Unnotwendigkeit
Wenn die gefühlt hundertste Neuauflage eines Duft-Klassikers ausgerechnet in einem verzweifelten Knallrot daherkommt, werde ich gleich stutzig. Einfach schon aus Prinzip. Der erste Eindruck gemäß meiner Erwartungshaltung: Absolut langweilig – nicht schlecht, aber auch nichts Neues. Zwei Tage später bekomme ich zufällig bei einem Kauf ein Pröbchen Sì Passione dazu.

An einem Samstag, allein daheim, wage ich es. Von dem ersten Sprüher zieht etwas alienhaftes, kaugummiartig Süßes Richtung Nase. Als es sich erschrocken zurück Richtung Haut verzieht und schüchtern an sie kuschelt und mit warmen Beeren zudeckt, kann ich mich fast ein wenig damit anfreunden. Sì Passione ist nicht schlecht – aber eben auch nichts Besonderes. Ein paar Stunden lang vernehme ich einen Hauch beerige Süße, mit der ich durchaus leben kann. Als der Duft verschwunden ist, ist es allerdings auch egal.

Sì Passione versucht es mit einem Hauch italienischer, extrovertierter Eleganz. Dafür ist die Sillage – dezent dosiert, wohlbemerkt – fast gleich Null. Ich habe jetzt schon Angst davor, was passiert, wenn sich jemand damit eindieselt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sì Passione jemals Dimension und Tiefe beweisen wird. Charakter schon gar nicht. Jedoch, dass es überdosiert schnell Kopfschmerz verursacht.

Erstaunlich, wenn ich sehe, wie viele Duftnoten eigentlich enthalten sind, die ich so liebe: Rosa Pfeffer, Birne, Johannisbeere, Rose, Zedernholz. Plus ein paar anderer Nuancen ist es für einen Duft einfach zu viel, zu verzweifelt, zu versucht. Ich kann keine einzelnen Noten mehr wahrnehmen; jede einzelne ist zu schwer überzuckert. Es ist ein nasser, klebriger Zucker; so einer, der erst abgeht, wenn man ihm mit einem Messer auf die Pelle rückt.

Jetzt heißt es gespannt warten auf Sì Notte im dunkelblau-perlmutt-schimmernden Flacon.
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Philie vor 6 Jahren 20 5
8
Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
10
Duft
Diese Sonne sieht nach Zitrus aus
Ein Garten sollte es sein, und auch wenn mich der am Nil am meisten interessiert hätte, war es doch der von Monsieur Li, in dem ich mich letzten Sommer niederließ – und nicht mehr verlassen wollte.

Zitrisch-wässrig, leicht umhaucht behauptet sich Le Jardin de Monsieur Li vor allem im Sommer. Doch selbst jetzt, als der Flacon plötzlich traurig leer aussah, mitten im Winter, musste schnell wieder Nachschub her. Zu süchtig bin ich mittlerweile nach diesem gute Laune machenden „Geht immer“-Duft, der mir nie negativ aufstößt und anderen zum Glück auch nicht: Die Sillage ist trotz sonniger Strahlkraft eher gering. Dafür staunen die umso mehr, die einem auf die Pelle rücken. Sie raunen ein verzücktes „Du riechst so gut“ ins Ohr, selbst die, die sich sonst kaum zu Lobesliedern auf Parfums herablassen. Mag sein, dass dieser Garten deswegen bei Connaisseuren so verrufen ist: Er eckt nicht an, ist vielleicht nicht besonders besonders, aber eben dafür besonders angenehm – ein bisschen regt es den Geist an, weil es so erfrischt, andererseits beruhigt es auch, da sich irgendwann eine sonnige Kuscheligkeit miteinstellt.

Man liegt eben frech-faul herum im Garten von Monsieur Li,und lässt sich die Sonne genüsslich auf den Bauch scheinen. Mit Erde verkrusteten Händen Unkraut zupfen, ausgedorrte Gräser auf den Komposthaufen werfen oder großartige Vernissagen oder Premieren besuchen, für die man sich aber erst einen Hauch schicker anziehen sollte – das überlässt Moniseur Li den anderen Gärten und streift sich locker ein weißes T-Shirt über. Die größte Anstrengung des Tages: Mit den Zehen im Wasser plätschern.

Das Erstaunlichste für mich persönlich ist: Jede andere künstliche Zitrone, und sei es nur – oder erst recht – bei Putzmitteln, führt bei mir zu Niesanfällen. Nicht so Monsieur Li: So weich und „unstechend“ habe ich nie etwas Zitrisch-Frisches vernommen. Der fruchtige, anfangs minimal stechend-holzig-schalenartige Charakter muss der Kumquat geschuldet sein. Im Verlauf bleibt die Komposition recht konstant, verpufft, wird zarter und vor allem im Kontakt mit Wasser plötzlich überraschend seifig. Was auf der Haut bleibt: Sonnencreme. Sommer. Sonne. Und das hauchzarte, weiße T-Shirt.
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