Ponticus

Ponticus

Rezensionen
Filtern & sortieren
1 - 5 von 63
Ponticus vor 3 Monaten 69 63
9
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9.5
Duft
Die Schwere und die Leichtigkeit des Seins
Endlich! Die turbulenten Tage sind vorbei, die Tage vor den Tagen, die Tage zwischen den Tagen, die Festtage an sich und nun fast auch die Tage nach den Tagen. Die Vorfreude war ja noch recht schön, die Feiern selbst sind ihr aber inzwischen zu hektisch, zu laut, zu viele Meinungen, Rücksichten und Veränderungen des gewohnten Tagesablaufs. Die Welt um sie herum verändert sich schnell, zu schnell für sie und auch schneller als früher. Das liegt nicht nur daran, daß sie schon alt ist und taperig. Sie will auch nicht mehr an allem teilhaben. Die fahlen, grauen Haaren hängen ihr strähnig über ein Gesicht voller Falten und tiefer Furchen, die so ein langes Leben zu oft und zu deutlich als Spuren hinterlassen. Es macht sie auch nicht froher, daß sie ihr Schicksal sicher mit tausenden anderer Frauen teilt. Ihr Lebensmut, ihre Lust auf Neues und ihr Glücklichsein scheinen in der Vergangenheit begraben.

Nun hat sie sich wieder in ihre eigene kleine Welt in ihrem Zimmer zurückgezogen und betrachtet ihre weihnachtlichen Gaben, alle noch akkurat verpackt und ungeöffnet. Auch wenn alle unterm Baum riefen, auspacken, auspacken, bitte auspacken, bewahrte sie sich, wie immer, diesen persönlichen Moment für später auf. Jetzt ist Ruhe, jetzt ist Stille und sie erspähte das Geschenk ihrer Urenkelin. Diese ist ihr die Liebste von allen, denn sie erinnert sie mit ihre Liebe zu Tanz und Rockabilly Partys sehr an ihre eigene Jugend. Als aufmerksame, interessierte Zuhörerin ist sie auch an ihren alten Geschichten interessiert und die ergraute Uroma kommt dem gerne nach. Durch die Erzählungen sowie dem Schwelgen in fernen Erinnerungen fühlt sie sich junger und diese Stunden gehören mittlerweile zu den wenigen frohen Momenten ihres Lebens.

Die dem Geschenk angehängte Karte beiseite legend, öffnet sie das kleine Päckchen und ein hübscher Flakon von Guerlains Shalimar Cologne lacht ihr ins Gesicht. Shalimar ist ihr Parfüm! Bereits als junges Mädchen begeisterte sie sich für diesen trockenen, vanilligen Blütenduft, mit dem sie sich damals schon sehr erwachsen fühlte. Ihre freundlichen Art, die Petticouts, hübsche, weite Röcke und natürlich ihr Duft machten sie zum Mittelpunkt auf dem Tanzboden und begehrt auf jeder Party. Ihr altes Herz hüpft ein wenig bei diesen Gedanken.

Das Cologne von Shalimar kannte sie jedoch nicht. Die erste Sprüher zeigen aber, es ist Shalimar. Diese leichte und doch intensive Shalimararomatik überzeugte sie sofort. Der Duft ist, wie im originalen EdT, schon ganz Dame und kommt doch in seiner Leichtigkeit sehr mädchenhaft daher. Das Aroma der markanten Blütenmischung besticht durch den gewohnten Charme, erscheint aber auch sehr jugendlich und frisch. Ohne den Geruch des Blütengebindes zu erdrücken, legt sich in Bälde eine gut austarierte, warme Vanille über das Bouquet und läßt auch noch einen Platz für leicht rauchige Facetten und einen Hauch von wildem Leder. Etwas süßlicher Schmelz in der Art von Lipgloss hält balsamisch dagegen. Die Vanille bildet im Verlauf zusammen mit der Tonkabohne ein göttlich duftendes Gespann, welches das himmlische, warm-würzige Blütenarrangement wie auf Händen durch einen sanft-rauchigen, leicht süßen Pudernebel trägt. Der Wohlgeruch dieser Komposition fügt sich, genau wie schon im Original des EdT, im Finale zu einem grandios duftendem, harmonischen Ganzen.

Das Grundgerüst des Geruchs von Shalimar ist im Cologne, im EdT und im EdP gut vergleichbar. Das Cologne beeindruckt vor allem mit seiner Leichtigkeit und das trotz des erhalten gebliebenen intensiven Duftes, der das Fehlen der gewohnten Schwere und Tiefe durch frische Quirligkeit, Agilität und Vitalität mehr als ausgleicht. Die freundliche Unkompliziertheit machen das Cologne für einen breiteren Einsatz akzeptabler und auf etwas andere Art als das Original ebenfalls sehr verführerisch.

Der alten Dame liefen ein paar Tränchen über ihr faltiges Gesicht, aber ihre Augen leuchteten. Der Grund war nicht das wunderbar duftende Cologne, das inzwischen ihr Zimmer ausfüllte, noch die wärmenden Gedanken mit der der Duft sie in ihre leidenschaftliche Jugend entführte. Ihre Hände zitterten ein wenig, als sie zum wiederholten Male die Karte laß, die dem Geschenk beigegeben war, „Für meine im Herzen jung gebliebene Oma ein leichter Duft der Erinnerungen. Deine dankbare Zuhörerin“.

Herzlichen Dank und auch für Euch alles Gute im neuen Jahr!

63 Antworten
Ponticus vor 4 Monaten 67 65
9
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Was Männer wollen
Männer wollen gern Abenteurer und Entdecker sein, auch die grenzenlose Freiheit genießen als Tramp auf der Walz oder sie möchten als ein Eroberer der Herzen mal wie ein Gigolo sein. Männer lieben ihren großen Auftritt, unter anderem gern als Kavalier und Mann von Welt, andererseits sind sie aber auch gern furchtlose Beschützer und letztendlich fürsorgliche Familienväter.

Um bei dieser sehr umfassenden Erörterung nicht zu sehr abzuschweifen, versuche ich mich mal von der Parfümseite her zu nähern. Dafür sind wir hier auf Parfumo ja auch genau richtig. Unterstützt werde ich dabei von Aramis, einer meiner Lieblingsmarken bei Herrendüften. Mit der „Gentleman´s Collection“ von Aramis wird für alle diese Wünsche der passende Duft geliefert. Für den Abenteurer gibt es den Havana, für den Tramp den Devin, der Kavalier und Mann von Welt ist mit dem J•H•L bestens bedient und zum väterlichen Kümmerer passt großartig der Aramis 900. Den Gigolo der Reihe, den Tuscany per Uomo werde ich gleich näher vorstellen.

Wie schon im Namen der „Gentleman´s Collection“ angedeutet, sind alle diese Düfte für den feinen Herren, für den Gentleman gemacht, für den Taktgefühl, Anstand, Souveränität und Empathie keine leeren Worte sind. Natürlich kann und darf Jede/Jeder alles tragen, wenn sie/er es möchte, aber aus guten Gründen verzichte ich selbst auf Leggins, Plüschrock und lila Farben! Es sieht bei mir einfach fürchterlich aus!

Es ist heiß und trocken, die Sonne brennt vom Himmel herab und in diese flirrende Luft sprüht Tuscany per Uomo kräftig zitrisch und kräftig würzig einen feinen Schwall toscanisches Lebensgefühl hinein. Intensive Limette und Zitrone gepaart mit dem aromatischem Lavendel und weiteren Spezereien (Anis, Estragon, Kümmel) bilden gemeinsam einen frischen und etwas bitter gewürzigen Kräuterduft von immenser Tiefe und markantem Ausdruck. Dieser Beginn ist ein betörender, toscanischer Spaziergang durch Wiesen, Gärten, Haine und Felder mit üppig bewachsenen, bunten Wegrändern. Und überall lauert die erotische Versuchung. Hübsche Einheimische in luftig leichter Kleidung, Urlauberinnen allenthalben in modischen, freizügigen Nichtgkeiten und immer wieder gebräunte Erntehelferinnen mit einem einladenden, gewinnenden Lächeln im Gesicht versprühen ihre Gunst. Alles was Mann, alles was ein Gigolo sich wünscht. Der krautig-würzige Geruch ist dabei sehr lebendig in seiner Präsenz und sagt, sprich sie alle an, die dir zulächeln.

Auf der Wiese liegend, Hand in Hand, geht der Duft nun etwas ins erdige und gewinnt mit zimtigen Facetten stark an Sinnlichkeit und Wärme ohne dabei die herbe Schiene zu verlassen und in süße Gefilde abzugleiten. Mit dem Zimt zieht etwas unaufdringliche Exotik ein, alles ist entspannt und voller Sympathie für das schöne Leben. So duftet das Glück einvernehmlicher Zweisamkeit und läßt noch etwas Zeit für ein harmonisches, klassisches Ende mit reichhaltiger holzig-moosiger Aromatik in der das Leder leider keine, für mich bemerkbare, Rolle mehr spielen kann. Die Romanze des Gigolos ist recht kurz angelegt (ca. 6 Stunden) und soll ja auch nicht auf Dauer sein, denn weitere amouröse Tändeleien warten schon, die mit einem erneuten Sprüher aus dem Flakon duftig beginnen.

Tuscany per Uomo von Aramis ist keine inovative Kreation von künstlerischer Eleganz, sondern ein verläßlicher, bodenständiger Duft mit etwas Pfiff und klassischen Werten. Er gibt jedem Gentleman das gewisse Etwas eines Verführers ohne die Grenzen des charmanten Flirts jemals zu verlassen. Es macht einfach Spass ihn zu riechen und zu tragen.

Für die Gentleman unter den Herren kann ich die Düfte der „Gentleman´s Collection“ wärmstens empfehlen und allen Lesern danke ich herzlich für ihre geneigte Aufmerksamkeit!
65 Antworten
Ponticus vor 5 Monaten 84 68
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Lederhosenkinder
Ich gehöre zur der Generation der Baby-Boomer mit der landläufig die Geburtenjahrgänge in etwa von 1950 bis 1970 benannt werden. Als solcher litt ich nie Mangel an Spielkameraden, durfte in chaotischen, schülerstarken Klassen lernen, war bei Bewerbungen, Prüfungen oder Anmeldungen nie allein und bei fast jedweden Kaufabsichten war die Warteschlange unvermeidbarer Begleiter. Es war immer und überall voll und immer und überall war etwas los, man war nie allein, selten einsam, hatte echte Freunde und reale Feinde. Ein Leben direkt zum anfassen, welches sich hauptsächlich draußen abspielte.

Für diese Abenteuer in der freien Natur besaß damals fast jedes Kind eine kurze Lederhose! Neu und zu Anfang einige Nummern zu groß, noch mit Trägern dran und Brustportmonnaie, wuchs ein Jeder mit der Zeit in seine Hose hinein um dann, nach etlichen Jahren, jetzt hauteng, die ersten pubertären Veränderungen eher zu verstärken als zu verbergen. Alle Jungs in unserer ländlich geprägten Gegend trugen sie von März bis November so lange es die Temperaturen zuließen und auch einige Mädchen waren mit dabei. Diese Hosen gingen nie kaputt, wurden nie dreckig und folglich auch nicht gewaschen und waren Aufbewahrungsort für alles was man den lieben langen Tag draußen brauchte oder fand. Eine zweite neue Lederhose gab es meistens nicht, war man der ersten erstmal entwachsen. Oft wurde sie aber weitergegeben an den Bruder, Freund oder den, der eine suchte. Niemals wurde sie weggeworfen, lieber eingelagert um eines Tages den eigenen Kindern ebenfalls gute Dienste zu leisten.

Als vor vielen Jahren meine liebe Oma starb, fand ich die Meinige in einem Pappkarton in ihrer Abstellkammer. Meine Kinder waren schon zu groß dafür, aber sie hätten sie sowieso nicht angezogen, auch keine Neue. Kürzlich fand ich sie erneut wieder, meine alte Lederhose, diesmal auf meinem eigenen Boden. Natürlich habe ich sie mir genau besehen, überall gerochen und vieler der aufkommenden Erinnerungen gedacht. Kaum noch wildes Leder zu sehen, überall glatt und speckig, fleckig, abgeschabt und abgeranzt, sogar eine offene Naht ist zu sehen. Ihr Geruch ist leicht muffig-erdig, recht herb und kräftig ledrig. Zusätzlich kommen Erinnerungen auf an die vollgestopften Seitentaschen in denen die Kirschen, Äpfel und Pflaumen Platz fanden, die wir an den vielen Straßenalleen plückten und die auch ansonsten immer gut gefüllt waren mit unseren Kinderschätzen, mit Essen und anderem mehr. Etwas verschämt denke ich auch daran, wie schnell es gehen mußte, wenn man beim spielen „plötzlich“ von einem Bedürfnis überrascht wurde und dabei die Hose in der Eile mehr als einmal etliche Tropfen abbekommen hatte. Spätestens jetzt rieche ich diesen strengen, animalisch-trockenen Geruch auch bei meiner Hose.

Die Neuentdeckung meiner Lederhose ging zeitlich, aber zufällig mit dem Kauf eines neuen Parfüms, Bel Ami EdT von Hermès, einher. Das Parfüm wird geprägt von seiner Ledernote! Diese markante Ledernote macht Bel Ami aus, sowohl die Facetten die man geradeheraus riecht, als auch jene die man sucht und hofft zu finden. Bel Ami ist für mich ein Erinnerungsduft und ein Teil davon erinnert mich an meine glückliche Kindheit, an unser Freiheit im Alltag und an meine Lederhose in der ich all die Abenteuer erleben durfte.

Würzig-herb geht es bei Bel Ami los in Gestalt einer frischen, krautigen Fruchtigkeit, die schon einen leichten Drift ins ledrige für mich hat. Zügig erreicht Bel Ami eine beachtliche Tiefe in der die fruchtige Frische schnell verschwindet und aus der heraus etwas angeschmutztes Leder immer mehr Raum gewinnt. Das Leder ist nicht dreckig, eher knarzig, rauchig, aschig und mit etwas Erde daran. Die Ledernoten sind zeitlich immer präsent, aber dominieren Bel Ami nicht. Holzig-moosiges Eichenmoos, lockend-würzige Blumigkeit und eine zurückhaltende sehr aromatisch-vanillige Süße flankieren die Ledernote sehr elegant und geben dem Duft eine gewisse schroffe Harmonie. Die Haltbarkeit des Duftes reicht über den gesamten Tag, der Geruch ist nicht aufdringlich, aber die Bemerkbarkeit könnte besser sein. Bel Ami ist kein klassischer Lederduft, eher ein ledriger Klassiker für den eleganten Herrn und eine markante Alternative zu den heute überhand nehmenden Süßlingen und den älteren, bewährten Frisördüften.

Erinnerungen evoziert Bel Ami für mich vor allem durch die riechbaren Lederfacetten des Parfüms, ohne damit auch nur andeuten zu wollen, daß Bel Ami wie meine alte Lederhose riecht. Dennoch komme ich dann beim Zurückblicken ins Schwärmen, schaue mir die alten Fotos an, sprühe das Parfüm auf und bin an solchen Tagen etwas glücklicher als an anderen und riechen tue ich auch gut. Den kurzzeitigen Vorsatz meine alte Lederhose nun meinen Enkeln anzubieten, habe ich schnell aufgegeben! Sie sind zwar genau im richtigen Alter, aber heute ist eine andere Zeit mit anderen Moden, anderen Aktivitäten, viel weniger draußen und seien wir ehrlich, etwas eklig wäre es denn auch schon.

Herzlichen Dank an Euch für die erwiesene Aufmerksamkeit!
68 Antworten
Ponticus vor 6 Monaten 79 71
5
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Sicher ist sicher und doppelt hält besser!
Ich gehe gern auf Nummer sicher, was bedeutet, ich habe fast immer einen Plan B für ungewisse Vorhaben, weiß Bescheid über eine Ausweichroute bei Autofahrten, gehe auch schon mal zurück um zu sehen, ob die Tür wirklich verschlossen und das Licht ausgeschaltet ist. Selten wird auch etwas wirklich alle bei mir, denn ist das letzte Päckchen oder die letzte Flasche geöffnet, ist Nachschub schon auf dem Weg. Vorratshaltung ist bei uns kein Fremdwort und ein paar unangemeldete Gäste mehr sind noch immer satt geworden. Rosensträuße mit dem Duft von Tea Rose zu besprühen ist dagegen kein Ruhmesblatt, auf das ich stolz bin, aber doppelt hält besser und sicher ist sicher und es funktioniert.

Das EdT Parfüm Tea Rose von Perfumer’s Workshop gibt es für lau zu kaufen, macht auch flakonmäßig nicht viel her und an Duftnoten enthält es hauptsächlich Rose nebst diversen Beigaben. Nichts besonderes möchte man meinen, wäre da nicht dieser fantastische Duft nach Rosen, Beetrosen, Kletterrosen, Wild- und Edelrosen, Strauch- und Zwergrosen, nach ganzen Sträuchern oder Hecken dieser edlen, stachligen Schönheiten. Man könnte meinen, man hätte unverfälschtes Naturkonzentrat in Perfektion im Flakon. Mit Recht können sich die Chemiker des Schweizer Aromen- und Duftstoff-Herstellers Firmenich auf die Schultern klopfen, denn selten gelang die Synthese der Natur so authentisch.

Ist das Parfüm Tea Rose gesprüht, meint man sofort mitten in einem Feld, Beet oder Garten voll mit Rosen der verschiedensten Arten zu stehen. Der Duft ist kräftig, dicht, üppig und voll. Er ist eine Mischung verschiedenster Rosenfacetten und erinnert mich stark an den satten Geruch von Wild- und Bauernrosen, nicht in der Vase stehend, sondern mit allem drum und dran an Blattwerk und Erde, wobei ich diese nicht wirklich erkenne, sondern sie in Summe in dieser außergewöhnlichen Rosenaromatik zu riechen glaube. Dadurch entwickelt der Rosengeruch eine auffallende Tiefe in der sowohl frische, fruchtige Noten als auch dunkle, würzige Aromen zum Tragen kommen.

Über die Zeit eines Tages bleibt der Duft so rosig wie er ist, eine Entwicklung gibt es nicht. Das duftige Rosenbouquet steht wie eine Eins und läßt zu keiner Zeit ein Gefühl von Künstlichkeit aufkommen. Die elegante Faszination dieses Parfüms liegt für mich in der Geradlinigkeit und Authentizität seines Rosenduftes, einfach nur Rose und nichts als Rose.

Was mache ich nun mit diesem so tollen Duft, dessen Rosengeruch mir so sehr angenehm ist? Tragen werde ich ihn nicht. Er passt nicht zu mir, wie ich auch finde, er ist bei keinem Manne wirklich gut aufgehoben. Vielleicht bei einer Frau? Vielleicht? Vorstellen kann ich es mir, aber ich bin nicht wirklich überzeugt. Da ich Rosenduft sehr mag, habe ich begonnen mit Tea Rose ein wenig herumzusprühen, Bad, Toilette, auch mal in den Wohnräumen, auf die gemalten Geschenkblumenbilder der Enkel, Wäscheschrank, Wäschetonne, auch das Auto mußte herhalten. Das war alles ok, aber wirklich Erfolg brachte nur die Beduftung meiner zu verschenkenden Blumen- vor allem der Rosensträuße. Der Brautstrauß meiner Frau war ebenfalls ein Rosenstrauß und so bekommt sie natürlich jedes Jahr erneut einen zum Jubiläum. Die heutigen Gebinde, auch die Einzelrosen, duften kaum noch und so habe ich dieses Jahr zum dritten Mal Tea Rose eingesetzt. Ein satter Sprüher tief in den Strauß und zwei als feiner Nebel obenauf bringt glückliche Augen zu Hauf! So ein duftender, schön gebundener Rosenstrauß macht echt was her und ich gebe gern dazu meine Erfolg versprechende Empfehlung. Schlechtes Gewissen? Nein, und wenn dann eher wegen der Rosen aus Afrika.

Übrigens, der Begriff Teerose wird doppeldeutig verwendet! Einmal ist eine Kulturrosenzüchtung gemeint, die ihre Wurzeln in China hat und bei der der Ursprung des Namens auf verschiedene Deutungen zurück geht. Zweitens bezeichnet man mit Teerose oder Teeblume kleine, unscheinbare, runde oder klumpige Kunstwerke aus grünem Tee, die aufgegossen in einer Glaskanne, sich zu wundervollen Blumen/Rosen entfalten und neben schmackhaftem Tee auch was fürs Auge bieten.

Wer also einen authentischen Rosenduft mag, kommt an dem Parfüm Tea Rose schlecht vorbei und sollte sich dieses Erlebnis gönnen. Ich gehe jetzt ein Rosensträußchen kaufen (mal außer der Reihe) und bedanke mich herzlich bei allen Lesern.

71 Antworten
Ponticus vor 7 Monaten 83 74
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Fauxpas !
Kürzlich habe ich mir ein wenig den Unmut meiner Tochter zugezogen, als ich in einer meiner letzten Rezensionen durchblicken ließ, sie sei dufttechnisch vor allem im Drogeriesegment unterwegs. Meine Tochter kann damit zwar gut umgehen, sie ist schon ein großes, selbstbewustes Mädchen und steht mit beiden Beinen in Familie und Beruf, dennoch war ihre „frauliche Ehre“ wohl etwas angekratzt. Verstärkte Sticheleien und Spitzen bezüglich meines Parfümengagements ließen mich bei ihrem letzten Besuch aufhorchen und führten schnell zu meinem Fauxpas ihr gegenüber.

Da wir uns oft gegenseitig aufziehen und herumalbern, war auch schnell eine „Versöhnung“ erreicht. Im Ergebnis wollte meine Tochter den Einstieg ins Parfümsegment wagen und sich dafür aus meinem Fundus etwas aussuchen und ich versprach ihr, mit beratenden Vorschlägen hilfreich zur Seite zu stehen. Das olfaktorische Schicksal nahm so seinen Lauf und nach zwei Stunden hatte sich Madame entschieden.

Mit eindeutigem Vorsprung wählte sie für sich das EdT Jean-Louis Scherrer von Jean-Louis Scherrer. Für mich hat selten ein Parfüm so gut gepasst, wie dieser Duft zu ihr. Am EdT Jean-Louis Scherrer ist nichts durchschnittlich, ganz genau wie auch nichts durchschnittlich ist an dieser jungen Frau im besten Alter, wobei der Stolz des Vaters sicher ein wenig mit mir dabei schwanger geht.

Laut ist er nicht dieser Scherrer, schon gar nicht aufdringlich. Kraftvoll ist er, ausdauernd und von kühler, klarer Eleganz. Weit weg von einer beigefarbiger Behaglichkeit verbreitet der Duft neben Eleganz aber auch legere Lässigkeit, so als trüge man zum stilvollen Kostüm statt edler Pumps nur bequeme Sneakers und ließe sein Jäckchen dazu auch noch offen. Das Parfüm hat nichts mädchen- oder knabenhaftes, es ist für Erwachsene gemacht.

Zitrisch aromatisch beginnt das EdT, auch etwas bittrig-säuerlich, was den grünen Charakter des Scherrers von Anfang an gut unterstreicht. Fein ausgewogen und nicht zu herb oder schroff mischen sich die Zitrusnoten schnell mit einem üppigen, blütigen Blumenbouquet in leicht seifigem Gewand. Dominant grün-floral duftet nun die große Bühne, als dieser Hauptakkord gespielt wird, der sich völlig unsüß präsentiert und auch nicht staubtrocken, eher erdfeucht, moosig, krautig-nass, in Facetten ähnlich klammen Leders. In jedem Fall grün, grün und nochmals grün.

Schon im Hauptakkord gegenwärtig, gewinnen die opulenten erdigen, holzigen und wurzlig-moosigen Aromen der Basis im Verlauf der Duftentwicklung die Oberhand und geben dem Parfüm den ungewöhnlich grünen Tiefegang, der im Gedächtnis bleibt. Da kratzt oder sticht nichts, an der Oberfläche wird es wärmer, cremig und auch ein Hauch Rauch ist dabei, während der kühle Grund weiterhin markant grün gehalten wird. Das passiert so mühelos und geschmeidig, daß ich fast das Wort Perfektion verwendet hätte.

Womit wir wieder bei meiner Tochter wären (wie gesagt, Stolz kann auch die Sicht trüben und außerdem muss ich aufpassen, daß ich bei soviel Lob für sie damit nicht gleich den nächsten Fauxpas bei meinem Sohn lande)!

Da ich jedem Parfüm auch erotisches Potential zugestehe, wollte ich natürlich von der frischen Scherrer-Trägerin wissen, wie sie ihren neuen Duft aus dieser Sicht betrachtet? Ein Kuschelduft für verliebte Stunden sei der Scherrer nicht, kam es wie aus der Pistole geschossen, auch kein Verführer oder Versöhner und schon gar kein duftiges Aphrodisiakum. Die Trägerin des Parfüms sollte hier selbst aktiv werden, den ersten Schritt tun und dies in der Gewissheit mit dem Scherrer-Duft ernst genommen zu werden, wenn sie die natürliche Distanz auflöst. Der Duft ist wie ein Versprechen, gibst du mir, so geb ich dir, laß uns Spass haben und uns gegenseitig erfreuen. Wie schon gesagt, nichts ist hier durchschnittlich.

Ich bin erfreut über ihre Wahl des EdT Jean-Louis Scherrer, schließlich gefällt mir das Parfüm auch sehr gut und ich merke, daß es vortrefflich mit meiner Tochter harmoniert. Meine Empfehlung für sie kam nur auf den zweiten Platz, es war Obsession.

Herzlichen Dank!

74 Antworten
1 - 5 von 63