RaniJuli

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1 - 5 von 17
RaniJuli vor 1 Jahr 8 6
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Duft
Beautiful Trash
Dieser Duft ist wie ein Pop-Song, den man an einem Frühlingstag hoch und runter hört.
Wie ein Glas Rosé-Secco.
Wie ein neuer Woody-Allen-Film.
Wie ein Hochglanz-Magazin.
Wie Pflaumenkuchen mit Zimt zum Frühstück.
Wie ein Wochenendtrip nach Nizza.

Nun muss dazu gesagt sein:
Ich bin eigentlich Jazz-Fan, freue mich jedes Jahr auf den Herbst, mag trockene Weine & die kühle Eleganz von Hitchcock-Filmen, lese als erstes den Politik-Teil der Wochenzeitung, frühstücke selten und mache am liebsten lange Rucksackreisen in ungewöhnliche Ecken der Welt. Ich grübele manchmal ein bisschen zu viel und mag Düfte, die komplexe Geschichten erzählen.

Keine guten Voraussetzungen für mich und Micallef‘s Duft.

Und doch…
Irgend etwas hat mich beim ersten Schnuppern eingefangen.

Wie immer, wenn ich eine neue Stadt besuche, machte ich kürzlich auf einem Tagesausflug auch einen Abstecher in die örtliche Pafümerie - und war positiv überrascht vom recht großen Nischen-Sortiment. Auf meine Frage nach einem Oud-Duft präsentierte mir die Verkäuferin unter anderem „Délice“.
Disclaimer: Mit Oud, wie ich es kenne und immer wieder suche, hat der Micaleff-Duft für mich absolut nichts zu tun. ABER.

Im Opening nehme ich eine frisch-würzige, scharfe Note wahr. Das erste Mal, dass ich mich durch einen Duft tatsächlich an das Gefühl im Mund erinnert fühle, wenn man eine Rosa-Pfeffer-Beere zerbeißt. Frisch, scharf, leicht betäubend. Dazu kommt eine mineralische Komponente, die ich keiner der gelisteten Noten zuordnen kann, sowie - ganz entfernt - etwas leicht Fruchtiges. Diese Kopfnote ist laut, selbstbewusst - und macht gleich klar, dass man im weiteren Verlauf nicht mit allzu viel Tiefe rechnen sollte. Eher Designer- als Nischen-DNA.
Aber dennoch - und darüber bin ich selbst überrascht - langweilt mich der Auftakt nicht, sondern steckt mich mit seiner selbstbewussten Fröhlichkeit an.

In der Herznote entfaltet sich dann der florale Aspekt von „Délice“.
Rose ist klar zu erkennen - ich bilde mir ein, auch Jasmin wahrzunehmen.
Außerdem tritt die fruchtige Komponente aus der Kopfnote jetzt viel stärker hervor. Eher herb-süß als säuerlich, weckt sie tatsächlich Assoziationen mit einer sehr dunklen und reifen Pflaume. Der Duft wird in seinem Verlauf cremiger und verliert (leider) die interessante, mineralisch-kratzige Komponente vom Beginn.

In der Basis bleibt ein angenehmes Gemisch aus unbestimmten Hölzern, etwas Vanille & Zimt auf meiner Haut. Nicht übermäßig süß, sogar leicht „maskulin“ (was ich sehr mag).

Tja, was mache ich nun mit dir, Délice?
Du passt nicht zu meinen sonstigen Vorlieben, bist laut, wenig komplex, etwas „oberflächlich“. Aber du machst mir verdammt gute Laune!

Das Leben wäre furchtbar langweilig, wenn man den eigenen Vorlieben nicht ab und an untreu würde.
Deswegen darf es eben auch mal Rosé-Secco sein. Oder Pop. Oder Pflaumenkuchen mit Zimt zum Frühstück.

Update Juli 2023:
Der Duft ist mittlerweile durch einen Tausch bei mir eingezogen und versüßt mir regelmäßig die kühleren Tage dieses etwas verrückten Sommers!
6 Antworten
RaniJuli vor 2 Jahren 8 2
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Duft
Von schwarzen Tulpen & Malefiz, der Eigensinnigen
Ich schließe mich meinem Vorredner an: Für diesen Duft lohnt es sich, eine Lanze zu brechen.

Um im Bild zu bleiben:
"Tulipe Noire | Atkinsons" ist nicht der Duft der Dame, die im pastellfarbenen Kleid auf der Tribüne sitzt, geziert in die Menge lächelt, mit dem Fächer wedelt und bei jedem Zusammenstoß der Ritter auf dem Platz in gespieltem Entsetzen ihr spitzenbesetztes Taschentuch vor die Augen drückt.

"Tulipe Noire | Atkinsons" gehört zu Malefiz, der dunklen Fee, die das Turnier von ihrem Turm aus durch die schimmernde Kristallkugel beobachtet. Entgegen der Legende ist sie nicht rasend vor Eifersucht, dass sie nicht mehr zu den Festen am Hof des Königs geladen ist - sie hat sich selbst dazu entschieden, diesen albernen Zirkus nicht mehr mitzumachen. Ihr Blick fällt auf besagte Dame im pastellfarbenen Kleid und sie schüttelt - teils mitleidig, teils amüsiert - den Kopf.

All die Regeln, die man in dieser Gesellschaft befolgen muss...
Als Frau schwarz tragen? Unmöglich!
Statt einem Hauch Rouge, der permanentes verschämtes Erröten simuliert, lieber dunkel umrandete Augen und tiefroten Lippenstift? Skandalös!
Statt eines zarten Schleiers einen Kopfschmuck mit Stoff-Drappierungen, die an Hörner erinnern?
Hinfort!

Lächelnd streicht Malefiz über ihr dunkles Seidenkleid. Auf die Entfernung wirkt es schwarz - bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass es tief violett schimmert. Die Kristallkugel wirft das Bild eines schmalen, entschlossenen Gesichts mit lebendig funkelnden Augen zurück.

Ja, "hinfort" - in ein eigenes Schloss, umgeben von wunderschönen Gärten voll dunkler Blüten.
Sie liebte schon immer den Duft von Jasmin und Tuberose, konnte sich aber nicht mit ihrer unschuldig-weißen Farbe anfreunden. Nun, wozu hat man schließlich magische Kräfte?
Summend tritt Malefiz vor ihren bodentiefen Spiegel, betrachtet den mit kunstvollen Intarsien verzierten Rahmen und atmet den schwachen Duft von Sandel- und Zedernholz ein.
Ihr letztes magisches Kunststück - das Heraufbeschwören eines üppigen Straußes schwarzer Tulpen - hat einen kräftigen Rauchgeruch in der Luft zurückgelassen. Er mischt sich nun mit dem Duft der verzauberten Weißblüher im Garten, der kostbaren Hölzer im Raum und dem subtilen Moschusduft, den die sinnliche Malefiz selbst verströmt.

Auf deren Gesicht hat sich mittlerweile wieder ein Lächeln geschlichen. Durch das offene Fenster dringt das Geräusch von Hufgetrappel. Ein Pferd jagt den gewundenen Weg zum Turm hinauf...

Welcher Ritter will schon blasse Hofdamen küssen, wenn er die schöne Magierin in die Arme schließen und ihren verführerischen Duft einatmen kann?

- Der Duft -

"Tulipe Noire | Atkinsons" ist ein Duft, der mir - genau wie den Rittern beim Anblick der schönen Malefiz - auf Anhieb den Kopf verdreht hat. Und das, obwohl die einzelnen Komponenten für sich genommen nicht unbedingt zu meinen Favoriten gehören.
Jasmin, Tuberose & Ambroxan werden mir schnell zu viel, wirken drückend auf mich.
Aber bekanntlich macht fast immer die Dosis das Gift - und im Falle von "Tulipe Noire | Atkinsons" sind die Bestandteile so fein austariert, dass sie auf meiner Haut eine magische Wirkung entfalten.

Ich nehme von Anfang an eine wunderschöne Jasmin-Note wahr - tatsächlich eine der schönsten, die ich bislang an mir gerochen habe. Koriander & Bergamotte könnte ich nicht bewusst identifizieren - allenfalls eine leicht krautige Frische, die der Jasmin-Note ihre schwebende Leichtigkeit verleiht. Die eigentliche Magie entsteht aber durch das Zusammenspiel mit der einzigen wirklichen Gegenkomponente zu den fragilen Weißblühern: einer dichten dunklen Rauch-Note. Nicht die von gemütlichem Holzfeuer oder von glimmendem Tabak, sondern von gerade abgefeuertem Schießpulver.
Das klingt nicht sehr angenehm, ich weiß. Aber das changierende Wechselspiel aus hell und dunkel, zart und kräftig, natürlich und künstlich, fasziniert mich wie mich schon lange kein Duft mehr fasziniert hat.

Besagte Faszination wächst noch durch die Tatsache, dass ich insgesamt eine stark "synthetische" Komponente in "Tulipe Noire | Atkinsons" wahrnehme - und ich bislang immer dachte, dass mir ein solcher Eindruck das Gesamtbild eines Dufts verderben würde. In diesem Falle trägt sie aber entscheidend zum Zauber des Dufts bei. Ganz entfernt erinnert diese Form der Synthetik - in Kombination mit Jasmin - an Baccarat Rouge. Allerdings finde ich "Tulipe Noire | Atkinsons" in seiner Gesamtkomposition sehr viel angenehmer.

Diese schwarze Tulpe ist eine faszinierende Kunst-Blume.
Keine billige Plastik-Imitation, sondern ein wirkliches Kunstwerk. Auch nach mehrfachem Hinschauen und sogar vorsichtigen Berührungen wäre man noch unsicher, ob sie nun echt ist - oder eine perfekte Illusion.

"Tulipe Noire | Atkinsons" wird mich sicher an einigen Wintertagen begleiten und der Dunkelheit durch sein olfaktorisches Glitzern ein wenig Alltags-Magie verleihen.

2 Antworten
RaniJuli vor 2 Jahren 13 3
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Duft
Vom Zauber des Zirkus oder der Harmonie der Gegensätze
Die Düfte von Nasomatto sind Feuerwerke.
Laut, fesselnd, glitzernd, unberechenbar und nicht-alltäglich.

Ich hatte schon nähere Bekanntschaft mit Blamage, Duro, Baraonda und Black Afghano gemacht und war immer völlig fasziniert. Aber irgendwie konnte ich mir keinen der genannten Kandidaten als Lebensabschnittspartner vorstellen. Obwohl ich Kanten und Charakter in meinem nächsten Umfeld sehr schätze, möchte ich nämlich nicht "überschrien" werden. Nasomattos Düfte, so dachte ich, sind für mich wie schillernde Reisebekanntschaften: Man genießt den Zauber und die Inspiration bei einer spontanen Begegnung, ist aber auch nicht traurig, wenn sich die Wege wieder trennen. Und dann, völlig unerwartet, begegnet man eben manchmal doch jemandem, den man nicht mehr ziehen lassen möchte. In meinem Falle trägt dieser "Jemand" den Namen: China White.

Als ich - mehr aus grundsätzlicher Neugier denn gezieltem Interesse - am Teststreifen schnupperte, startete sofort das bekannte Nasomatto-Feuerwerk in meiner Nase.
Aber diesmal kam noch etwas Anderes dazu. Das olfaktorische Knallen und Blitzen ist hier nämlich nicht so alles übertönend, dass kein Platz für Assoziationen bleibt.

China White malt für mich das nostalgische Bild einer Zirkusvorstellung. In zarten Aquarelltönen.
Der Zauber der Manege. Das unwirkliche Licht. Durch die Luft schwebende Artisten. Eintauchen in eine andere Welt.

In der Luft liegt der Geruch nach Holzstaub und gummi-überzogenem Zeltstoff. Er mischt sich mit dem Duft von Rosen, die ein Reiter zu Beginn der Vorstellung vom Rücken eines galoppierenden, bereits leicht verschwitzten Pferds in die Zuschauerreihen geworfen hat. Die kräftig bitzelnde Grapefruit-Limonade, die man am Eingang gekauft hat und die nur hier gut schmeckt, fügt eine bitter-süße Komponente hinzu. Der Geruch des Artisten-Makeups ergänzt eine ölige Dichte. Jetzt betritt noch eine Schießkünstlerin die Manege. Der scharfe Geruch von Schwarzpulver und Rauch steigen in die Luft. Das warme Scheinwerferlicht lässt die Szenerie traumgleich wirken. Man fühlt sich federleicht, für die Dauer der Vorstellung entkoppelt von der Realität.

China White ist gleichzeitig intensiv und zart.
Nah an der Haut entwickelt sich ein Duft, der scheinbar gegensätzliches wunderschön harmonisch vereint: ölig und pudrig, süß und bitter, stahlhart und zerbrechlich.
Und ein weiteres Kunststück beherrscht China White perfekt: Trotz seiner sehr zurückhaltenden Sillage zeichnet er sich durch gute Haltbarkeit aus. Für einen so ungewöhnlichen Duft, den ich wirklich nur für mich selbst trage, finde ich das genau richtig. Dieser Duft schreit eben nicht - er bleibt leise und wirkt gerade deshalb sehr eindringlich.

Ein wunderbarer Begleiter!
3 Antworten
RaniJuli vor 2 Jahren 21 7
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Sinn & Sinnlichkeit
Francesca Bianchis Düfte waren (und sind) für mich die Eintrittskarte in eine neue Welt.

Vor einem Jahr, mitten in einem tristen Corona-Herbst, habe ich durch einen glücklichen Impuls ein Discovery-Set bestellt...und war nach dem ersten Schnuppern an diesen olfaktorischen Meisterwerken nie mehr ganz die Selbe.
Klingt pathetisch? :) Vielleicht! Aber Francescas Düfte lösen nun mal genau das in mir aus - große Emotionen.

Ich nenne sie, die ich natürlich nie in meinem Leben getroffen habe, "Francesca" als wären wir gute Bekannte. Weil ihre Kreationen in mir das Gefühl wecken, dass dahinter eine Person steht, die meine Sicht auf die Welt teilt und die mir in dieser Hinsicht gleichzeitig noch einiges beibringen kann.

Die sich mit den dunklen Seiten des Lebens auseinandersetzt, sie sogar willkommen heißt und das Leben gleichzeitig mit ganz viel Hingabe feiert.
Die keine Angst davor hat, sich zutiefst menschlich zu zeigen - und gerade dadurch eine unglaubliche Stärke ausstrahlt.
Die Freude am Schärfen ihres Intellekts hat und Sinnlichkeit als essentiellen Teil des Lebens betrachtet.
Die Verletzlichkeit nicht mit Schwäche verwechselt.
Die nach Erfahrungen sucht, die nicht an der Oberfläche bleiben sondern unter die Haut gehen. Under my Skin...

"Under my Skin" ist der aufrichtigste Duft, den ich je gerochen habe.
Aufrichtig menschlich.

Er riecht für mich nicht nach einem Parfum, sondern nach einem geliebten Körper. Sowohl dem eigenen als auch dem eines anderen Menschen.
Er strahlt Sinnlichkeit aus, aber nicht im Sinne von brachialer Erotik - sondern im Sinne eines Moments voll Ruhe und Intimität. Allein oder zu zweit.
Ein Moment, in dem die Welt um einen herum nicht existiert und man sich sicher genug fühlt, alle Masken abzulegen.
Das stille Nebeneinanderliegen danach.
Das zärtliche Hineinspüren in den eigenen Körper.
Die Akzeptanz, dass dieser Körper Makel hat und sicher nicht in allen Punkten den Idealen einer sich permanent selbst-optimierenden Gesellschaft entspricht. Dass er anders aussieht, sich anfühlt und eben auch anders riecht.
Warm, vertraut,

Dieses kleine olfaktorische Meisterwerk erinnert mich in seiner Komplexität ein Konzert, bei dem man sich zurücklehnt und die Gänsehautmomente genießt, die aus dem Zusammenspiel der verschiedenen Stimmen und Instrumente entstehen.

Im Fall von "Under my Skin" würde ich sagen: Das zentrale "Instrument" ist die Animalik, die aus einer Kombination von Bibergeil und Irisbutter entsteht, und die durch Lavendel, Honig, Peru- und Tolubalsam abgemildert wird. Selten haben sich für meine Nase zutiefst erotische und sanft-saubere Noten so wunderbar ergänzt.

Die Haltbarkeit dieses Extraits ist auf meiner Haut absolut unschlagbar.
Wenn ich den Duft morgens auf die Pulspunkte auftrage, rieche ich ihn noch am späten Abend sehr deutlich. Und wenn ich ihn am Abend sprühe, begleitet er mich hinein in eine Nacht voller Versprechen. Versprechen auf Erfahrungen, die einen in jedem Sinn des Worts wirklich berühren. Die unter die Haut gehen.

Under my Skin.
7 Antworten
RaniJuli vor 2 Jahren 14 5
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Flakon
8
Sillage
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Haltbarkeit
8.5
Duft
Von Rosen-Lokum, dunklem Holz & den Märchen aus 1001-Nacht
Eigentlich habe ich ja beim Testen dieses Dufts etwas ganz anderes erwartet - nämlich einen trockenen Sandelholz-Duft mit würziger Note. Erwachsen, sophisticated - eben Guerlain.
Wegen des Names "Santal Royal" mag man mir diesen initialen Irrtum verzeihen ;)

Was mir dann nach dem ersten Sprühstoß von meinem Handgelenk entgegen wehte, war nun alles andere als trocken und minimalistisch-sophisticated. Es war opulent, dunkel und süß. Es ließ die neon-beleuchteten Parfümerie-Regale um mich herum versinken im heißen Sand einer arabischen Wüste...

Verzeiht mir diese wenig originelle Assoziation - aber in meiner gedanklichen Parfüm-Bibliothek öffnet "Santal Royal" das dicke, goldgeprägte und ledergebundene Buch mit den geliebten Märchen aus 1001 Nacht. Es ist der Flaschengeist aus "Aladin und die Wunderlampe", der Wünsche erfüllt und uns in der Dauer eines Wimperschlags in weit entfernte Länder oder Traumwelten bringen kann. Zum Beispiel in die fiktive Wüstenstadt Agrabah...

Hier, in den schmalen Gassen zwischen den nach außen trutzig wirkenden Häusern, schlage ich nach einem tiefen genussvollen Schuppern an "Santal Royal" die Augen auf.
Es dämmert schon, die Hitze des Tages hat nachgelassen, die Häuser links und rechts strahlen noch immer etwas von den unbarmherzigen Temperaturen des vergangenen Tages ab. Dennoch öffnen sich nun überall Türen - die Bewohner der Häuser wagen sich wieder ins Freie, um letzte Zutaten für das bevorstehende Abendessen einzukaufen oder in der Teestube um die Ecke eine Wasserpfeife zu rauchen.

Aus einer der Türen tritt eine hochgewachsene Frau und winkt mich heran.
Sie bedeutet mir, hereinzukommen, ins Innere des Hauses...denn ich bin auf den ersten Blick als Fremde zu erkennen und in ihren Augen macht mich das zu einem Gast, den man niemals unbewirtet und ohne Dach über dem Kopf in die Nacht ziehen lassen darf.

Hinter der niedrigen Tür aus dunklem Holz öffnet sich eine eigene kleine Welt.
Das Haus hat mehrere Etagen, die sich alle mit umlaufenden Galerien zu einem wunderschönen Innenhof öffnen. Er bildet das Herz des Hauses. Gefliest mit Mosaik-Kacheln in Blau- und Grüntönen, die den Eindruck von Kühle im Inneren des Hauses erhöhen und wunderschön mit den lehmroten Wänden und den an ihnen hochrankenden Kaskaden von purpurfarbenen Blüten kontrastieren. Niedrige Tagesbetten aus altem schweren Holz mit filigranen Schnitzereien und bequemen Polstern laden zum Ausruhen ein. In der Mitte des Hof plätschert leise ein Brunnen.

Auf einem niedrigen Tischchen vor einem der Tagebetten steht eine große silberne Schale mit puderzucker-bestäubtem Lokum - der geleeartigen Süßigkeit, die es hier in vielen Basaren zu kaufen gibt, und die mit Rosenwasser und mit Nüssen verfeinert wird. Von irgendwo weht nun auch der vielversprechende Duft von frisch geröstetem Mokka heran und mischt sich dem fruchtigen Tabak einer Wasserpfeife, die auf einer der oberen Galerien glimmt.

Ich fühle mich unglaublich wohl und atme wieder tief ein: Der tief-dunkle Geruch des Adlerholzes, der süße Rosenduft der Süßigkeiten, der Hauch von Mokka und von frisch entzündetem Pfirsich-Tabak. Dazu ein diffuser Duft wie von warmer Milch mit Honig und Zimt, der Geborgenheit vermittelt und zu sagen scheint: "Komm' zur Ruhe - du bist hier, für diese Nacht, zu Hause!"

So bin ich fast ein bisschen enttäuscht, als ich erneut die Augen öffne und mich in der heimischen Parfümerie wiederfinde. Aber auch nur "fast".
Denn obwohl es sich bei "Santal Royal" für meine Nase nicht um einen Sandel- sondern eher um einen üppigen Rose/Oud-Duft handelt, bin ich verliebt. Das liegt wohl unter anderem an der besagten und schwer zu fassenden Note, die ich nur mit einer Anmutung von warmer Milch vergleichen kann und dem Duft etwas unglaublich kuschliges verleiht, das sich hervorragend mit der sonst dominierenden dunklen Sinnlichkeit ergänzt.
Haltbarkeit und Sillage des Dufts sind außerdem fantastisch.
8 Stunden nehme ich den Duft um mich herum wahr, in den ersten 3 Stunden fällt er auch anderen auf - bislang ausschließlich positiv.

"Santal Royal" begleitete mich nämlich an diesem Tag noch nach Hause - und verspricht, mich noch auf viele Traumreisen nach Agrabah mitzunehmen.
5 Antworten
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