Riechsalzer

Nach langem Hin und Her, ob ich ihn mir nicht doch mal wieder ins Haus holen sollte, habe ich mich durchgerungen und heute kam er dann an.
Vor über 24 Jahren habe ich den Sergio schon mal besessen und ich kann mich gut erinnern, wie ausgesprochen männlich und kantig ich den damals fand. Holz und Vetiver ganz weit vorne im Duftempfinden, die ein wenig an Tabakrauch erinnern. (Und das, obwohl ich Nichtraucher bin ;-)
Mit dieser Erinnerung im Kopf habe ich die Parfümschachtel sofort nach Erhalt geöffnet und mit freudiger Erwartung ein paar Sprüher auf Handrücken und Unterarm verteilt.
Die Ernüchterung kam natürlich postwendend. Was da zu riechen bzw. zu erschnuppern war, entsprach nur noch einem lauen Abklatsch des originalen Duftes von damals. Ein weichgespültes Wässerchen, dem man die Kanten gehörig abgehobelt hat. Die ursprüngliche DNA ist noch zu erahnen, aber man muss sich schon auf die Suche nach ihr begeben. Der blumige (leider synthetisch riechende) Teil überwiegt jetzt ganz klar und schiebt die restlichen Komponenten ganz schön weit in den Hintergrund. Persönlichkeit quasi nicht mehr existent.
Gut, das Wässerchen war jetzt nicht mehr wirklich teuer. Aber lieber einen höheren Preis und dafür hochwertige (ehemalige) Komponenten, damit die "Komposition" auch als solche gewertet werden kann und ein EdT auch ein EdT ist und kein verdünntes Süppchen.
Die letzte Rezension war 2018. Vllt hat der Sergio damals noch besser und "originaler" gerochen.

Ja, aber dann.
Ich hatte ja die Möglichkeit, den Duft vor dem Kauf schon mal "live" zu testen. Und nach dem ich ihn den ganzen Tag über immer wieder mit der Nase am Handgelenk überprüft habe fand ich Kokain definitiv erwerbenswert. Das Sandelholz ist mir sofort positiv aufgefallen.
Bei der nächsten guten Gelegenheit also zum Pferdehändler meiner Wahl und ab in den Einkaufswagen damit.
In den darauf folgenden Tagen gab es dann weitergehende Tests und an einem dieser Tage passierte es dann. Eine Duftnote drängte sich in den Vordergrund und ist seit diesem Tag leider immer sofort präsent sobald ich das Parfum auftrage. Nagellackentferner - also Aceton. Für meine Nase gar nicht angenehm und hat mir somit das Parfum stark verleidet. Sehr schade, mochte ich Kokain am Anfang doch wirklich sehr.
Ich werde ihm immer wieder mal eine Chance geben und ihn auflegen. Vielleicht verschwindet diese starke Assoziation ja wieder. Bisher waren die Versuche allerdings erfolglos. Hm.

Und eine Ähnlichkeit mit "Black Afghano" kann ich ebenfalls nicht feststellen. Für mich liegen da Welten dazwischen.

Der Großteil meiner Sammlung stammt tatsächlich aus Blindkäufen. Viele der Düfte geben einem einfach im Handel nicht die Möglichkeit zum Proberiechen. Auch nicht im Dutyfree am Flughafen. Da findet man hauptsächlich auch nur den aktuellen Mainstream (mit ein paar Ausnahmen).
So ist also auch Le Parfum als Blindkauf zu mir gekommen. Und in diesem Fall mal wieder ein echter Volltreffer. Die Ausgewogenheit der Zutaten in der Duftkomposition sind für mich wirklich auf Niche-Niveau. Die zitrische Eröffnung bleibt über den ganzen Verlauf immer gut erkennbar, später dann fast schon eher als Earl Grey Teenote. Finde ich prima. Veilchenblatt und Oud sind für mich so gut eingewoben, dass ich sie nicht einzeln herausriechen könnte - vllt ist das die Lederkomponente. Patchouli, Vetiver und Zeder ergeben eine sehr schöne holzige Gesammtkomposition. Alles zusammen einfach sehr edel, männlich - hat einfach Klasse. Passt genauso gut zu einem Anzug wie zu einer schicken Lederjacke.
Ich ertappe mich dabei, dass ich den Duft, nun wo es wieder etwas kühler wird fast täglich trage. Er entwickelt sich gerade (fast) zu meinem Signature Duft. Schauen wir mal, ob er es schafft.

Um diesen Duft bin ich ziemlich lange herum geschlichen. Mangels Verfügbarkeit vor Ort kommt/kam auch nur ein Blindkauf in Frage. Soll ich, soll ich nicht, soll ich......
Bewertungen sind gut, Preis auch kein Beinbruch, Orientale treffen oft meinen Geschmack, auch für nette Gelegenheiten an einem Sommerabend geeignet - hm, hm, hm ,hm?
Letztendlich gab ein Revievideo von Fragboy Stevie den Ausschlag. Für ihn ist Entebaa einer der besten Düfte, den er je unter die Finger bekommen hat. Na dann kann er nun wirklich nicht schlecht sein.
Also flux bestellt, ein paar Tage später war Entebaa dann auch schon in meinem Besitz. Ich muss dazusagen, dass ich von Rasasi schon Daarej und auch Tasmeem in meiner Sammlung habe und ich von beiden sehr angetan bin. Schon deswegen war die Erwartung relativ hoch.
Ausgepackt, den ersten Sprüher auf den Unterarm und... Hm? Na ja. Sehr viel Sangria, Rotweinnote und dann nach etwa 10 Minuten - wo bist Du denn? Laut der Beschreibungen, die ich bisher gelesen oder gehört hatte sollte es eigentlich genau anders herum sein. VORSICHT! NUR 1 SPRÜHER! IST EIN POWERHOUSE! etc. etc.
Tja, meine Nase kann das so leider nicht bestätigen. Ist der Saft in meiner Flasche qualitativ ein Ausreisser? Ich muss schon wirklich ordentlich sprühen, damit ich den Duft über längere Zeit wahrnehme. Und dann bleibt es eigentlich immer dies Sangrianote. Keine Entwicklung. Hm? Das ist wohl der Duft mit den meisten "Hm" in meiner Sammlung.
Um zurück zum Titel zu kommen. Bin ich hier einfach duftblind? Kann meine Nase all die anderen tollen Sachen in dieser Komposition einfach nicht erkennen/wahrnehmen? Oder ist dieser Duft einfach so und ich habe zuviel erwartet, bzw er passt einfach nicht zu mir?
Na ja, ich werde Entebaa mal einige Zeit "ruhen" lassen und dann bekommt er nochmal eine weitere Chance. Wäre ja nicht das erste mal, dass man einen Duft erst kennen und schätzen lernen muss.
Schaun mer mal.

Nachtrag:
Tja, nach einiger Zeit hat sich herausgestellt, dass das Problem eindeutig bei mit lag.
Mittlerweile hat sich die Blindheit gelegt und ich kann den Duft gut und sehr lange wahrnehmen. Es braucht wirklich nur ein paar Sprüher.
Schon interessant, welche Streiche einem die eigene Nase manchmal spielen kann.
Vllt liegt es auch an der Jahreszeit. Für mich eindeutig ein Herbstduft. Und er gefällt mir nun auch richtig gut.

Heute kam er mit der Post. Ein Blindkauf, wie so viele meiner Düfte, da man sie nicht so einfach zur Probe riechen kann. In diesem Preissegment ist mir eine Hin- und/oder Herschickerei von Testern auch zu aufwendig.
Dieser Blindkauf war mal wieder ein Volltreffer. Es gab schon so einige, aber leider natürlich nicht immer. ;-)
Ich habe definitiv etwas übrig für die sogenannten "old school" Düfte aus den 80ern oder auch davor. Viele dieser Düfte haben aber (leider) eine übergreifende DNA. Z.B. Giorgio for Men, Bogart, One Man Show oder Pour Lui von Oscar de la Renta. Diese Düfte riechen natürlich nicht gleich, dennoch haben sie soviele Gemeinsamkeiten, dass ich mich schon des öfteren frage: Brauche ich die alle in der Sammlung? Ganz sicher weiß ich aber, noch einen weiteren in dieser Richtung brauche ich wirklich nicht.
Deswegen meine große Erleichterung und Freude als Jacomo de Jacomo nun so überhaupt nicht in diese Richtung schlägt. Rauch, Feuer, viel herbes und ganz kurz in der ersten Minute eine Parallele zu Encre Noire, die dann aber recht schnell wieder verschwindet.
Im Prinzip gar nicht viel bekanntes. Nach der rauchigen Hammer Eröffnung wird er dann weicher, aber nie wirklich süß. Weder am Anfang noch im Verlauf in irgend einer Art penetrant. Endlich mal wieder etwas außergewöhliches. Toll!!
Der kommt bei mir jetzt im Winter (ja, im Sommer könnte ich mir den jetzt nicht so richtig vorstellen) definitv häufig zum Einsatz.
Für mich ein schon eher zeitloser Duft. Das Erscheinungsdatum hätte ich nie auf 1980 getippt.
Eindeutig maskulin. Goldkettchen und offenes Brustfellhemd sehe ich da aber nicht.
Altersmäßig finde ich Jacome de Jacomo auch nicht wirklich festgelegt.
Wer es natürlich lieber frisch und süß mag ist hier fehl am Platz.
Ansonsten klare Empfehlung.