Ripieno

Ripieno

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1 - 5 von 35
Ripieno vor 13 Jahren 12 4
2.5
Haltbarkeit
7
Duft
Baßtuba und Posaunen
"Light-Ohnmacht" ist eine voll ins Schwarze treffende Wortschöpfung. Kompliment an Lav! Wobei für mich die Betonung mehr auf Ohnmacht liegt, denn das Methylanthranilat, das vermutlich den Hauptverantwortlichen für den mit einer Baßtuba verstärkten Posaunenchor von Tuberose und Orangenblüte stellt, schiebt sich mit seiner Schwere und Süßlichkeit doch arg in den Vordergrund. Lauter können auch die Posaunen von Jericho kaum gewesen sein.

Das Thema "Gardenie" würde ich mir deutlich grüner und frischer und tatsächlich auch leichter wünschen. Gardenia-Concrète hat zwar einen süßen Unterton, der an Tuberose erinnert, aber das Grün frischer Blätter ist stark akzentuiert. Es macht sich bemerkbar, daß Goutal synthetische Blümchen verarbeitet hat, und es scheint sich zu bewahrheiten, daß eine gelungene Gardenia-Nachbildung seltener zu finden ist als überzeugende Veilchen- oder Maiglöckchen-Imitate.

Immerhin ist die gestellte Aufgabe mit weitem Abstand besser gelöst als bei der Samt-Gardenie (Velvet Gardenia) von Tom Ford, deren fäkale Note ich als ekelerregend empfinde. Und trotz aller Kritik ist zu vermerken, daß Goutal hier eine originelle und exotische Vereinigung zweier Duftfamilien gelungen ist, nämlich der grün-floralen und der süß-floralen, daß das Ergebnis Niveau hat und der Duft zu recht seine Liebhaberinnen findet.

Nachtrag

Tania Sanchez geht in ihrer Kritik noch einen Schritt weiter: Gardénia Passion sei gar keine Gardenie. In Wirklichkeit hätten wir hier eine Tuberose, die versucht, sich hinter einem dünnen Schleier aus grünem Blattwerk zu verbergen - wie ein ungebetener Gast in rotem Satin, der sich zum Essen hereinschleicht und glaubt, sich hinter einer Farnpflanze verstecken zu können. Ich fürchte, ich muß mich ihr anschließen.
4 Antworten
Ripieno vor 13 Jahren 10 3
7.5
Haltbarkeit
4
Duft
Anämisches Zitrus-Lavendel-Chypre mit kindlicher Rose und entrückten Hölzern
Ich weiß ja nicht: Vielleicht dachte die Marketingabteilung von Il Profumo bei der Namensgebung an einen einzelnen Grashalm im Wind. Ist es doch der holzige Wurzelstock eines Grases, aus dem das Vetiver-Öl gewonnen wird. Tragbar ist dieses Produkt auf jeden fall - besonders wenn kaum jemand bemerken soll, daß man überhaupt einen Duft trägt.

Das Vetiver muß man in diesem Wässerchen mit der olfaktorischen Lupe suchen. Wenn die Rose unter ihrem Versteck aus säuerlich zitrischem, grünem Lavendelgestrüpp hervorgekrochen ist, wartet man auf Holziges. Und während man wartet, kann man sich die Zeit vertreiben mit der Idee, daß die Rose nahe an einem Stapel Holz vorbeigekommen ist, eine Vetiverpflanze, deren Öle (Mehrzahl) hier enthalten sein sollen, jedoch eher von weitem gesehen hat. Wer Vetiver als Thema riechen möchte, könnte woanders besser aufgehoben sein.

Vetiver de Java ist ein geschlechtsloses Unisexdüftchen. Hätte ich eine Tochter von fünf Jahren, die sich unbedingt beduften will, so käme Vetiver de Java, wegen der kindlich-unschuldigen Rose und der nicht vorhandenen Projektion, in frage - Preisüberlegungen mal außen vor gelassen.

Wer als Mann ein elegantes und unaufdringliches klassisches Chypre sucht, greift vielleicht besser zu Chanel Pour Monsieur, das überdies den Beweis dafür darstellt, daß Eichenmoos-Ersatzstoffe gut genug sein können, um auch in Zeiten anti-allergener Selbstbeschränkungen der olfaktorischen Wahrhaftigkeit und dem Riechgenuß keinen Abbruch zu tun.

Vetiver de Java ist ein überflüssiges, wenn auch bestimmt kein schlechtes Produkt. Für das Osmose-Geblubber aus der Esoterik-Ecke sollte ich eigentlich noch Punkte abziehen, aber hier gilt NECs Hinweis auf ein altes lateinisches Sprichwort: Mundus vult decipi, die Welt will veräppelt werden. Besonders natürlich die glaubenshungrige Welt der Kosmetikjunkies;) Nix für ungut, Freunde!
3 Antworten
Ripieno vor 13 Jahren 17 6
10
Haltbarkeit
8
Duft
Exotischer Schlamm?
Ein Curry ist in der indischen Küche ein traditionelles Gericht, das man am besten als stark gewürzten Gemüse-Eintopf mit Soße beschreibt. Seine Heimat ist Südindien. Wer sich das dort leisten kann und nicht durch seine Kastenzugehörigkeit daran gehindert wird, mag auch Fleisch oder Fisch zugeben.

Was wir im Westen als Curry kennen, ist dagegen eine Gewürzmischung, deren Bezeichnung 'Indisches Currypulver' ein wenig in die Irre führt, denn indische Hausfrauen oder Köche verwenden es weder, noch verbinden sie damit die Bezeichnung Curry. Vielmehr sah sich die Armee der Besatzungsmacht in der Kolonie Britisch-Indien gezwungen, ihren einheimischen Hilfssoldaten ein solches fertig gemischtes Pulver zur Verfügung zu stellen, das geschmacklich an ein Garam Masala oder Ähnliches erinnerte. Die Briten brachten es mit auf die Insel, und so verbreitete es sich dann auch in Europa.

Die Hauptbestandteile von (deutschem) Currypulver sind Kreuzkümmel (Cumin, Samen), Bockshornklee (Fenugreek, Samen), Gelbwurz (Curcuma, Wurzelstock) und Chillischoten. Daneben können z.B. Ingwer, Fenchel, Sellerie, Nelken, Muskat und Salz zugesetzt sein.

'Curry', genauer 'Kari', hat aber in Indien noch eine weitere Bedeutung: Dort wächst der Kari-Baum. Seine Blätter, die Kari-Blätter, werden frisch gepfückt als Gewürz für eine Vielzahl von Speisen verwendet, darunter Reis, Frischkäse, Hülsenfrüchte sowie Gemüse- und Fleischgerichte. In Deutschland, wo sie als Curry-Blätter bezeichnet werden, habe ich sie bisher nur getrocknet gefunden. Ihren Geruch und Geschmack haben sie aber durch das Trocknen längst verloren, und daher wäre es sinnlos, sie als Zutat für Currypulver zu verwenden.

Es wird bei uns jedoch auch ein durch Destillation aus den Blättern gewonnenes Curryblätteröl angeboten. Sein Duft ist frisch, grün, aromatisch, krautig und pfeffrig und hat einen moschusartigen Unterton. Dieses ätherische Öl oder das entsprechende Absolue könnte in Oriental Lumpur verwendet worden sein, während Currypulver als Ausgangsmaterial der Duftstoffproduktion bisher wohl kaum in Erscheinung getreten ist.

'Lumpur' wird im Netz gewöhnlich mit 'Schlamm' übersetzt, aber diesem hinreißenden Duft aus der Welt der Meerjungfrauen (Les Néréides) würde damit Unrecht getan. 'Orientalische Mischung' wäre vielleicht treffender. Daß OL ein charmanter Orientale ist, steht außer Zweifel. Geht man von den beworbenen Duftnoten aus, so gehört OL einerseits durch den Sandelholz-Patchouli-Vanille-Akkord zu den Ambrierten Orientalen (Jicky, Emeraude, Habanita, Shalimar, Vol de Nuit, Joop!, Samsara), gleichzeitig durch Safran, Curryblätter und Muskat aber auch zu den Würzigen ('Spicy Orientals' wie Youth Dew, Opium, Cinnabar, Coco oder Jungle Elephant).

Man darf aus den genannten Beispielen aber nicht schließen, daß OL ein reiner oder typischer Damenduft wäre. Vielmehr handelt es sich tatsächlich um ein auch für Männer geeignetes unisex-Produkt. Dafür sorgen nämlich die exotischen Gewürze, die in dieser Kombination vermutlich einmalig sind: der feinherbe Safran, der ebenfalls männliche Muskat und vor allem die Curryblätter mit ihrer krautig-grünen Frische. Zusammen bilden sie das Gegengewicht zum ambratischen Akkord, und die ausgewogene Doppelstruktur führt zu einem hervorragend verblendeten, nahezu monolithischen Ergebnis.

Wie immer hängt das Gleichgewicht der kontrastierenden Einzelnoten natürlich von der jeweiligen Hautchemie ab. Bei mir hat OL nicht die vanillige Süße, auf die ich immer wieder ablehnend reagiere, und es ist das erste und bisher einzige gewürzbetonte Parfüm, das ich selbst gerne trage. Trotzdem kann ich, wenn ich mir die Kommentare vergegenwärtige, in denen Frauen über Männerdüfte schreiben, mir gut vorstellen, daß viele Frauen es schätzen würden, wenn ihr Liebster Oriental Lumpur trägt.
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Ripieno vor 13 Jahren 6 6
Die Klavierspielerin
Leder hatte ich erwartet und Rossiges, auf eine Zirkusarena und auf Pferdestall war ich eingerichtet. Aber womit mich Dzing überraschte, war der Geruch von Damentoiletten.

Leder-Mädchen? Nein, für meine Nase nicht. Schon eher Pipi-Mädchen; vielleicht Elfriede Jelineks Figur der Erika Kohut, die ihre Frigidität durch Selbsterniedrigung zu überwinden versucht, indem sie - unter anderem - einen Mann beim Wasserlassen zusehen läßt.

Dzing! - diesen Saft mag ich weder an die eigene Haut heranlassen, noch an einem Weibe riechen.
6 Antworten
Ripieno vor 13 Jahren 3
7.5
Haltbarkeit
4
Duft
Sonntagsmesse
Der Weihrauch ist ja ganz nett, aber ich rieche hier sogar die Ausdünstungen der dicht gedrängt versammelten Menschenmassen in ihren regenfeuchten Mottenkugel-Sonntagsmänteln.
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