Markenaffinität, Kaufverhalten und deren Beurteilung
Man muss keine jahrelangen Erfahrungen im Bereich Marketing haben um zu wissen dass der Name und die Bedeutung einer Marke, enorm wichtig für den Absatz der jeweiligen Produkte sind. Eine Marke muss einen gewissen Wiederkennungswert besitzen, der Kunde muss sich mit ihr identifizieren können und sie sollte (vor allem im Bereich Fashion) dem Kunden Reize geben, sich ihre Produkte zu kaufen. Diese Reize können vor allem im Modesegment durch Attribute wie Einzigartigkeit aber auch durch Statussymbole ausgelöst werden. Man möchte sich heutzutage sehr oft von der breiten Masse abheben und Luxusmarken finden immer
mehr Kunden, auch wenn deren Kaufkraft eigentlich dafür nicht ausreichend ist. Der Kunde solcher Marken will einfach das Gefühl haben ein Luxusprodukt zu erwerben und dieses sein Eigen zu nennen.
Im Jahre 2003 kündigte der von mir thematisierte Tom Ford an, sein Engagement bei der Gucci-Gruppe zum 30. April 2004 zu beenden. Zusammen mit Domenico de Sole als CEO gründete er, ein Jahr später, im April 2005 seine eigene Modemarke Tom Ford International, LLC in New York. Noch bevor er Kleidung vermarktete, begann er Sonnenbrillen an die breite Masse zu bringen und, was auch sonst, Parfüm. Es sollte für niemanden ein Geheimnis sein, dass Herr Ford auf seinem Gebiet ein gewisser Visionär ist. Er provoziert gern, er eckt an und er betreibt Massenmarketing im großen Stil. Genau das ist es was seine Produkte so erfolgreich werden ließ, die Leute wollten ein Teil seiner Extravaganz besitzen und fühlten sich angezogen. Dadurch kann Tom Ford auch seine Produkte auf dem Markt etablieren mit einem (oft) überzogenen Preis, ohne an Absatzzahlen zu verlieren. Attraktivität bestimmt die Nachfrage und die Nachfrage bestimmt immer den Preis.
Nun zum Duft, welcher mich angeregt hat diesen Blogeintrag zu verfassen: "Mandarino di Amalfi (Eau de Parfum)"
Zusammengefasst ist dies ein wunderschöner, zitrischer, später ganz leicht cremiger und frischer Duft. Eine Kopfnote zum Verlieben und ein Drydown welcher einen süchtig nach dem eigenen Handgelenk macht. Im Sommer kann man nicht unbedingt nach viel mehr fragen als nach dem obigen Duft. Wo ist nun also das Manko? Ein Durchschnittspreis von 190 EUR für 50ml Parfüm mit einer Haltbarkeit von sehr optimistischen 6h. Jeder gesunde Menschenverstand müsste einsetzen und sagen: NEIN, Finger weg und eine viel billigere, eventuell sogar anhaltendere Alternative kaufen. Warum also ist es dennoch ein sehr erfolgreicher Sommerduft mit akzeptablen Absatzzahlen? Laut Parfumo besitzen ihn 322 Member hier, verglichen mit meinem bisherigen Liebling im Sommer „Mercedes-Benz Cologne“ (199 Besitzer auf Parfumo) reden wir hier von einem erfolgreicheren obwohl teureren Duft. Genau solche Zahlen sprechen für das Marketingprinzip und den Erfolg von Tom Ford. Der obige Dekadenzduft für die heißen Sommertage hat mir so gut gefallen dass er in Kombination mit meiner Markenaffinität für Tom Ford, meine sonstige Kauflogik abschaffte. Zu schön war der Duft und zu reizend war es für mich einen hellblauen Flakon mit goldener Schrift in meiner Sammlung zu besitzen, um hier hart zu bleiben und auf günstigere, sinnvollere Alternativen zurückzugreifen. Tom Ford hat meinen Verstand mit seiner Produktattraktivität eliminiert und mich dazu bewogen solch einen unvernünftigen Kauf zu tätigen. Dennoch bin ich überglücklich mit Mandarine di Amalfi, er passt perfekt zum Werbebild der Marke, schillernde, luxuriöse Dekadenz im Flakon.
Häufig wird ein solches Kaufverhalten missbilligend betrachtet und besagte Kunden gern als Konsumopfer betitelt, doch sehe ich keinen Anreiz das Konsumverhalten anderer Menschen bewerten zu wollen. Jeder kann und jeder sollte sein Vermögen ausgeben wie er möchte. Tatsächlich sehe ich in mir selbst oftmals ein Opfer solcher provokanten und dekadenten Marketingkampagnen. Ähnlich wie ein Fisch stehe ich auf alles was glitzert und glänzt und fühle mich von solchen Werbespots angezogen. Dabei ist mir allerdings ziemlich egal was Andere davon halten, denn sein eigenes Kaufverhalten kann jeder für sich allein steuern und niemand hat das Recht dies zu beurteilen. Leider sehe ich auch hier ganz oft dass ein gewisses „Bashing“ die Runde macht, wenn es um das Thema Parfümpreise und Markenfans geht. Mit diesem Blog möchte ich zum Nachdenken anregen und etwas mehr Frieden in diese sowieso schon friedvolle und oftmals respektvolle Community bringen. Der eine Parfumo bevorzugt P/L-Kracher mit starker Performance zu vernünftigen Preisen, der andere Parfumo achtet auf hochwertige Inhaltsstoffe und setzt Preis mit Qualität gleich. Ganz egal wie es ein Jeder am Ende macht, glücklich werden wir alle mit unseren Düften. Ich oute mich hiermit offiziell als Tom Ford- "Fanboy" und bin stolz drauf. :-P