Salander
Salanders Blog
vor 7 Jahren - 09.06.2017
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Der Duft der Erinnerung

Und da war dieser Duft. Erinnerst du dich? Die Frühlingsblüten, gemischt mit dem Geruch der feuchten Erde, der aufsteigende warme Wind, der etwas Grünes, Trockenes beigemischt hat. Ich weiß noch, ich fand diese Mischung aus Landschaft und Aromen so schön, dass ich mich kurz setzen musste. Es war ein kleines Glück, ebenso einzigartig wie flüchtig.

Es dauert nur einen Wimperschlag und ich bin in Gedanken wieder in Umbrien. Ich kann die Hügel um mich herum sehen, wenn ich die Augen schließe. Die Obstbäume stehen auf der einen, die Wiese grünt auf der anderen Seite. Fast kitschig ist schon, dass das Bild von einigen Schäfchen vervollständigt wird. Keine hat sie bestellt, alles vom Zufall inszeniert. Ich spüre das warme Gefühl, das ich damals fühlte. Nur meine Nase bleibt seltsam taub.

Wie schade, dass wir keine Dufterinnerungen reproduzieren können. Auch wenn diese nach einer Weile verblassen oder in diesem Fall eher "verduften" würden, möchte ich das Gesamtpaket in meinen Rezeptoren archivieren.

Andererseits, wenn einer der menschlichen Sinne stimuliert wird, kann auch eine Erinnerung aktiviert werden. Sicherlich kennen alle das Phänomen, dass wir Düfte, die wir ewig nicht mehr gerochen haben, plötzlich wieder erkennen. So ging es mir mit dem Rasierwasser von meinem Großvater.

Als ich noch ein Kind war, hat er sich an einem Lavoir rasiert. Ich liebte es, wie er seine Utensilien ausbreitete, mit Hilfe eines Pinsels und seiner Lavendelseife Schaum aufschlug und nach dem gründlichen Auftragen der Lauge auf Kinn und Wangen minutenlang aussah, wie der Nikolaus. Er nahm sich Zeit. So viel, wie viel ich mir morgens in der Alltagshektik niemals gönnen würde. Er zelebrierte die Rasur und ich war fasziniert von dieser für mich gefährlichen Akt mit dem Rasiermesser und vom angenehmen Geruch. Den Duft von Lavendeln mag ich heute noch sehr. Aber als ich vor ein-zwei Jahren Guerlains Jicky aufgetragen habe, traf mich der sprichwörtliche Blitz. Es wurde mir gleichzeitig warm und kalt. Da war es wieder, diese einzigartige Note von Tati.

Wie seltsam. Bewusst können wir kein Odeur herbeizitieren, unser Gedächtnis ist aber in der Lage, verschüttete Erinnerungen wieder zu beleben, wenn wir einen Duftimpuls bekommen. Und so werden Düfte, mit denen wir ein schönes Ereignis verbinden, uns ein Leben lang auch daran erinnern.

Das ganze Spiel funktioniert selbstverständlich auch anders herum. Hast du dir jemals schon den Magen verdorben? Dann weißt du, was das bedeutet, wenn du den Übeltäter nur in Riechweite hast.

Wie formulierte es Jacques Rousseau vor mir schon sehr treffend:

„Der Geruchssinn ist der Sinn der Erinnerung und des Verlangens“

Aber wenn, dann muss ich dem zweiten Aspekt einen neuen Blog widmen...

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