Salva

Salva

Rezensionen
Filtern & sortieren
1 - 5 von 78
Salva vor 4 Monaten 37 46
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Meine Entdeckung des Jahres
Die Häufigkeit meiner Rezensionen werden mit der Zeit hier kontinuierlich immer seltener. Dies liegt zum einen ehrlich gesagt an meiner eigenen Faulheit, mir die Zeit zu nehmen, um ein paar mehr Zeilen zu schreiben. Und zum anderen auch daran, und dies ist der Hauptgrund, dass ich eine größere Aufmerksamkeit nur Düften schenke, die mir sehr gefallen. In meinem Falle sind es jene, die ich mit mind. einer 9 bewerte. Für alle anderen bediene ich mich gerne der kurzen Statement-Funktion. Und je mehr ich teste, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit einen Duft zu treffen, der mir eine Rezension wert ist. Zumal ich gefühlt alles "Tolle" und "Gute" bereits kenne (das denke ich zumindest, aber weiß auch, daas dies nicht wirklich so ist). Doch es gibt immer mal Entdeckungen, die einen positiv stimmen und zeigen, dass das Testen und Warten sich lohnt. Und da ich diesen Duft "aus dem Nichts" traf, ist er es mir wert für ihn neben dem Statement noch eine Rezension zu verfassen.

Ralph Lauren ist den meisten Herren sicherlich besonders durch die klassichen Polohemden mit dem bekannten Marken-Logo auf der linken Brustseite ein Begriff. So geht bzw. ging es bis vor einiger Zeit zumindest mir persönlich. Dass das Label auch (logischerweise) viele andere Bekleidungsstücke und andere Produkte herstellt, ist mir während meiner Recherche bewusst geworden. Neben aktueller Mode lässt sich unter anderem ein sehr breites Portfolio an Artikeln des gesamten Lifestyles finden, wie z. B. Angebote über Möbel, Dekorationen oder Spielen. Und selbstverständlich bringt die Marke auch Düfte heraus.
Unter den Herren-Düften sticht bis heute sicherlich der grün-würzige Klassiker von 1978 heraus, welches den unkomplizierten Namen "Polo (Eau de Toilette) | Ralph Lauren" trägt. Nicht weniger gut in meinen Augen und ebenfalls einen Erwähnung wert ist der 1992-er Klassiker "Safari for Men (Eau de Toilette) | Ralph Lauren", welches einen tollen herb-grün-krautigen Duft mit seifigem Rasiewasser-Vibe darstellt.
Daneben gibt es derzeit u. a. eine Serie der Reihe "Polo Earth", die vier Düfte beinhaltet. Drei von dieser Reihe ( "Polo Earth - Antilles Vetiver | Ralph Lauren" , "Polo Earth - Moroccan Neroli | Ralph Lauren" und "Polo Earth - Provencial Sage | Ralph Lauren" ) erschienen dieses Jahr, doch der hier rezensierte Duft stammt vom vergangenen Jahr. Und dieser hat es mir sehr angetan, denn es ist ein ganz wunderbares Parfum, welches ich zufällig im Düsseldorfer Karstadt entdeckte und gerne näherbringen möchte.

"Polo Earth | Ralph Lauren" wird hier als Unisex-Duft deklariert und dies trifft in meinen Augen zu 100% zu. Er beginnt mit einer herrlichen Frische an diversen Hesperiden; ein Konglomerat aus Zitronatzitrone (Cedrat), Bergamotte, Petigrain und Mandarine. Die Kopfnote stellt also einen herrlich frisch-zitrischen Beginn dar, der durch das Petitgrain und der Mandarine einen dezent fruchtigen Anteil mit einem mininal grünen Akkord enthält, was besonders typisch für's Zitronen-Petitgrain ist.
Diesem erfrischenden Beginn gesellt sich das hell-florale Herz hinzu, in dem für meine Nase die Orangenblüte das Zepter in der Hand hält. Diese Blüte schwingt im ganzen Verlauf mit und hält sich zwar stets bedeckt im Hintergrund auf, doch bei genauerer Betrachtung bzw. Analyse des Duftes erkennt man das blumige Herz des Duftes sehr gut. Charakteristisch für die O-blüte ist neben ihrem frischem Zitrusaroma ihr vanilleartig-süßer Geruch, wovon aber bei diesem Duft hier für meine Nase wenig bis nichts zu erkennen ist.
Zur Basis erhält das Parfum einen sauberen und leicht seifigen Akkord, welches ich auf den hier angegebenen Moschus zurückführe. Diese Art von Moschusnote erkenne ich besonders bei den Düften der Marke Narciso Rodriguez, die mir dort ein Gefühl von totaler Sauberkeit vermittelt und ausgezeichnet gefällt.

Aufgrund seiner Zusammensetzung ist "Polo Earth | Ralph Lauren" ein hervorragender Kandidat für einen Signaturduft, der problemlos von Mann und Frau das ganze Jahr getragen werden kann, auch wenn er sicherlich besonders bei wärmeren Wetter ganz toll zur Geltung kommen würde. Die Haltbarkeit ist für einen Duft dieser Art im zu erwartenden, mittleren Bereich anzusiedeln; sprich auf meiner Haut nehme ich ihn ca. 4-5h wahr. Was die Sillage angeht, ist er auch im vorhesehbaren Areal anzutreffen. Er strahlt die erste Stunde gut aus, ehe er sich langsam, aber sicher zurückzieht. Der Flakon ist recht klassisch gehalten und liegt gut in der Hand. Er hat eine für mich ansprechende, länglich-rechteckige Form mit einem transparten/durchsichtigen Glasflakon, dessen Deckel aus Holz besteht und vorne ein weißer Sticker mit einem grünen Schriftzug des Namens sowie dem typischen Markenlogo angebracht ist.

Ich kann allen einen Test empfehlen, die wie ich cologneartige Düfte mögen und mit hell-floralen Noten keinerlei Probleme haben. Es ist nämlich ein ganz tolles, sommerlich erfrischendes, freundliches Parfum, das einem richtig Lust auf den Frühling und Sommer macht. Er vermittelt mir in irgendeiner Art und Weise einen morgendlichen Spaziergang durch den Wald im späten Frühling, wo die ersten Blumen sprießen und in voller Blüte stehen, während der Wind durch diverse Bäume weht und die Zeit still zu stehen scheint... Da, wo die Luft und die Sonnenstrahlen warm sind, während man an bemoosten Zedern vorbeispaziert, die sich sanft wiegen und robuste Holznoten verströmen...

Jedenfalls freue ich mich sehr, wenn die ersten Sonnenstrahlen rausgucken, so dass dieser Schatz zum Einsatz kommt. Denn neben dem "Pour Homme | Grauton Parfums" vom lieben Schallhoerer ist dieses Parfum meine persönliche Entdeckung des Jahres, auch wenn er, wie erwähnt, bereits 2022 erschien. Und unabhängig davon wünsche ich mir einfach wieder Sonnenschein, denn ich bin alles andere als ein Winterkind...

In diesem Sinne wünsche ich allen jetzt schon mal einen guten Rutsch in das neue Jahr und alles Gute für 2024, besonders aber ganz viel Gesundheit! Und hoffentlich ganz schnell reichlich Sonnenschein...

Vielen Dank für's Lesen!

46 Antworten
Salva vor 9 Monaten 22 17
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Nicht nur für Ü-50 Herren
Alfred Dunhill Ltd., ein britisches Luxuswaren-Unternehmen benannt nach seinem Gründer Alfred Dunhill, wurde im späten 19. Jahrhundert gegründet und bot in den frühesten Jahren des Automobilismus (ab 1904) zunächst allerlei Zubehör für Fahrzeuge an, ehe 1907 unter der Marke ein exklusives Tabakgeschäft in London eröffnet wurde und man sich drei Jahre später zum Hersteller von Tabakpfeifen entwickelte.

Nachdem der Gründer sich zurückzog, übernahm sein Sohn Alfred Henry Dunhill komplett das Unternehmen. Dieser hatte schon im Jahre 1893 in der Reitsattler- und Pferdegeschirrfabrik seines Vaters eine Ausbildung zum Handwerker absolviert.
Mit der Ausdehnung auf den Tabakhandel entstand ein neuer, erfolgreicher Geschäftsbereich, welcher im Jahre 1927 von der Entwicklung des legendären Taschenfeuerzeugs "Dunhill Unique" gekrönt wurde.
Die aus dem Tabakgeschäft enstandene hauseigene Zigarettenmarke wurde 1967 an die "British American Tobacco" (eines der größten Tabakunternehmen weltweit) verkauft, nachdem man selbst die Rechte für die Produktion verloren hatte.

Heutzutage bietet das Label Herrenoberbekle­idung, Luxusleder-Accessoires, Uhren und Parfüms an. Obwohl die Düfte nach meinen Recherchen keinen Tabak enthalten, machen diese oft einen tabakrauchigen und holzigen Eindruck. Außer diesen eher für den klassischen Mann passenden Kompositionen befinden sich im breiten Sortiment der Marke auch deutlich "modernere" und süße Exemplare, zu denen Männergenerationen der heutigen Zeit evtl. bevorzugt zugreifen würden.

Im Jahre 1934 brachte das Unternehmen eine Herrenpflege-Serie, die sogen. "Dunhill’s Fragrances for Men", mit Rasier- und Duftwässern auf den Markt. Der hier von mir rezensierte Duft gilt demzufolge als das erste lancierte Parfum der Marke.

Dunhill for Men - Classic Blend beginnt mit einer herb-frischen Kopfnote, die über einen kräftig würzigen Muskatellersalbei verfügt. Diese Pflanze ist durch einen krautig-würzigen, lavendelartigen Geruch charakterisiert, welches mit jenem Lavendel zusammen eben für diesen herb-krautig-würzigen, aber insgesamt frischen Start sorgt.
Die Kopfnote bleibt für mein Dafürhalten recht lange bestehen, ehe sich für meine Nase eine deutlich erkennbare floral-frische Gartennelke dazugesellt, die eine sanfte, aber erkennbare Schärfe mitbringt. Diese Nelke ist im Herzen des Duftes tonangebend und für den blumigen Anteil des Parfums verantwortlich. Die hier gelistete Rose kann ich persönlich bspw. nicht ausmachen.
In der Basis erlangt Dunhill for Men - Classic Blend seinen holzigen und dezent ledrigen Teil, der besonders durch das Zedernholz ein "bleistiftartig“ tiefes Aroma erhält.

Aufgrund der Zusammensetzung sehe ich das Parfum außer im Hochsommer zu jeder Saison und jedem Anlass problemlos tragbar, da er definitiv die Aura eines Siganturduftes verkörpert. Von der Konzentration her wird er als Eau de Cologne angepriesen, was auf seine H&S jedoch keinen (negativen) Einfluss hat. Das Parfum hat auf meiner Haut eine für mich zufriedenstellende durchschnittliche Haltbarkeit von etwa 5 h; die Sillage ist moderat bis zurückhaltend. Man wird die ersten 1 - 1,5 h gut wahrgenommen, ehe er für die restliche Zeit hautnaher wird.

Ältere Parfums aus vergangenen Tagen üben u.a. aufgrund ihrer Historie, Tradition etc. seit eh und je eine gewisse Faszination auf mich aus. So auch dieses Parfum.

Dunhill for Men - Classic Blend ist in meinen Augen ein ausgezeichneter frisch-herb-würziger und holzig-aromatischer Duft, den ich in der Vintage-Version auf einem großen bekannten Online-Marktplatz erworben habe und sehr gerne trage.

Ein klassischer Herren-Duft, der für mich besonders aufgrund seines Alters und des klassisch gehaltenen Flakons einen bestimmten Charme ausstrahlt und den ich jedem empfehlen kann, der die Art Parfum mag.

Und mit meiner sehr geschätzten und erfahrenen Kollegin Gold stimme ich in diesem Fall ausnahmsweise nicht überein, denn mMn ist dieses Parfum nicht nur für Herren jenseits ihren 50ern und drüber geeignet.

Selbstverständlich respektiere ich jede Meinung und Parfum ist immer eine Geschmacksfrage. Doch wenn man sich wohlfühlt, dann trägt man das, was man möchte.

Ich bedanke mich bei allen, die meinen Zeilen gefolgt sind!

17 Antworten
Salva vor 1 Jahr 36 26
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Ein Schwelgen und Lustwandeln in Brokat und Samt
Manchmal gibt es diese Erlebnisse. Man erhält Duftpost, in der die ein oder andere Beilage dabei ist, über die man sich besonders freut, da man sie bereits länger auf dem Radar hat. So wie neulich: Post von der Parfuma Rieke aus dem Briefkasten entnommen, ganz schnell die Treppen hoch gelaufen, Türe auf und zugeknallt, mit Mantel und Schnürer gleich in die Küche, Umschlag aufgerissen, Proben raus, schnell die Nase an jeden Sprühkopf erstmal kurz ran für den ersten Eindruck.. Wer kennt's nicht... Sicher so ähnlich viele von uns...

Und da war sie: Die Abfüllung mit der Aufschrift "Parfums MDCI - Chypre Palatin" - gleich beim ersten Riecher bin ich ihm verfallen gewesen...
____________

Für orientalische Düfte habe ich seit eh und je ein Herz gehabt; besonders für diejenigen, die nicht mit animalischem Stinkeoud daherkommen, sondern mit anderen Noten brillieren. Zu Chypres wiederum habe ich den Zugang erst auf Parfumo gefunden, denn war mir die Richtung vor meiner Parfumo-Zeit als damaliger Laie überhaupt nicht bekannt gewesen. Doch liegt mir eben der klassische Aufbau aus hesperidischem Kopf, floralem Herz sowie moosiger Basis sehr.

Nun haben wir mit "Chypre Palatin" einen Duft, der diese beiden Richtung in meisterlicher Art und Weise vereint. Und dies so gut, dass ich vor Begeisterung seit Tagen meine Nase von der Abfüllung nicht wegbekomme.
Hinter der Kreation dieses Parfums steht Betrand Duchafour, der sowohl durch Mainstream-, als auch Nischendüften bekannt geworden ist. Sein erstes signiertes Parfüm, "Amber&Lavender" für Jo Malone, wurde 1995 lanciert. Er kreierte anschließend Düfte für eine Vielzahl von Parfümhäusern, darunter Penhaligon's, Acqua di Parma, Comme des Garcons, Givenchy und Christian Dior. Wenn ich mir seine hier gelisteten Werke ansehe, dann fällt es auf, dass mir seine Orient-Düfte mehr als gefallen, wie bspw. Amouages "Dia Man" und "Jubilation XXV Man".

Um zur Komposition des Chypre Palatin's zu kommen, möchte ich gleich zu Beginn erwähnen, dass ich diesen Duft für einen Meisterwerk halte. Er strotzt nur so vor Komplexität, Reichtum und Fülle. Es scheint als befinde sich B. Duchafour auf dem höchsten Punkt seiner kreativen Schaffenskraft, nur so ist mir dieses überaus facettenreiche und faszinierende Kunstwerk zu erklären.

Beginnen tut das Parfum mit einer satten grünen Galbanumnote, was mich nach Auseinandersetzng des Parfumeurs aber wenig überrascht, zumal er laut eigenen Angaben mit Chanel's Klassiker "No. 19" sein allererstes, beeindruckendes olfaktorisches Erlebnis hatte. Das grüne Galbanum wird hier mit einer saftigen fleischig-fruchtigen Clementinennote erfrischt, und zudem kommt ein ambra-artig bzw. balsamisches Labdanum hinzu. Seine Komplexität zeigt das Parfum also gleich am Anfang, was für seine Genialtät spricht.
Im Herzen gesellt sich für meine Nase eine deutlich wahrnehmbare Pflaumennote dazu. Diese drückt das Grüne in den Hintergrund, denn das Galbanum nehme ich nach wenigen Minuten nicht mehr wahr. Der Duft bleibt fruchtig und erhält florale Akkorde, die den Duft in meinen Augen in eine Unisex-Richtung entwickeln lassen, was ebenfalls für den Duft spricht.
Zur Basis hin verlässt das fruchtig-florale Herz die Bühne und das Parfum erhält seinen orientalischen Schliff. Eine fantastische Melange aus Vanille, Syrax und Tolubalsam, welche für meine Nase einen angenehm balsamisch-süßen, einem Hauch nach Zimt und einer wunderbar vanilligen Note duftenden Aroma ergibt. Letzlich nehme ich aber auch in der Basis - dezent im Hintergund - einen Hauch an grünlich-herbem Akkord wahr, welches ich auf das für Chypres typsiche Eichenmoos zurückführe.

Hinsichtlicht der Tragbarkeit halte ich fest, dass der Duft für jede Jahreszeit (außer im Hochsommer) geeignet ist, jedoch bevorzugt für die Zwischensaison im Herbst oder kühleren Frühling. Die Haltbarkeit ist für ca. 6-7 h auf meiner Haut nicht ganz im oberen Bereich anzusiedeln und auch die Sillage sehe ich eher im moderaten/durchschnittlichen Bereich. Dies ist aber ohnehin in meinem persönlichen Sinne.

Ich ordne Chypre Palatin weder der grünen, noch der orientalischen Seite zu. Keine der beiden Richtungen überwiegt so richtig in meinen Augen. Es ist ein sensationeller Duft mit mit einer abwechslungsreichen Entwicklung - ein grün-orientalisches Parfum, das samtig, prachtvoll und wild zugleich ist. Ein durchaus männlicher Duft, der aber auch als besonders sinnlicher Damenduft verstanden werden kann.

"Chypre Palatin" scheint mir auf angenehme Art und Weise aus der Zeit gefallen zu sein. Meine Sinne geraten in Aufruhr, so geheimnisvoll ist all das. Nostalgische, prunkvolle Ballnächte vereinen sich mit katzenhaft wilder Anmut und kokettieren mit der Verschmelzung von femininen und maskulinen Duftnoten auf der Haut. Es wurden männliche Animalität und weibliche Wollust perfekt vereint und meisterhaft inszeniert. Und auch wenn ich ihn aktuell schon mit 9,5 bewerte, kann es durchaus sein, dass ich in Zukunft bei weiterem Tragen noch die magische 10 zücke...

"Chypre Palatin" - Ein Schwelgen und Lustwandeln in Brokat und Samt.

[...]

Herzlichen Dank an Rieke für die Abfüllung!

Und danke an alle für die Begleitung meiner Zeilen!
26 Antworten
Salva vor 2 Jahren 53 28
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Eine großartige Synthese diverser Mittelmeereinflüsse
1978

Ein Jahr, das olfaktorisch gesehen heute für Liebhaber klassischer Herrendüfte sicherlich nicht ganz unbedeutend ist. Denn im besagten Jahr kamen so einige Düfte der Herrenparfümerie auf den Markt, die heute noch bei vielen Menschen großen Anklang finden. Insbesondere kann man drei Parfums hervorheben, die mehrere Generationen bis heute präg(t)en. Parfums, die unterschiedlicher nicht sein könnten.

Zum einen wäre da der opulente Orientwummser von unserem Karl Lagerfeld, nämlich "Lagerfeld Classic EdT". Zum anderen der grün-würzig und rauchig-kernige US-Duft von den Übersee-Staaten, nämlich Ralpf Lauren's "Polo EdT". Und nicht zu guter letzt DER aromatische Fougère schlechthin. DIE Referenz, wenn man vom besagten Genre spricht: "Azzaro pour Homme EdT".

Ich lehne mich wohl nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass dieses phänomenale Parfum definitiv das Aushängeschild Loris Azzaro's ist.
Der in Tunesien als Sohn sizilianisch-tunesischer Eltern geborene Modeschöpfer und Parfumeur, der sein Unternehmen im Jahr 1965 in Paris gründete und für seine extravagante und auffällige Abendkleider bekannt gewesen war, verschrieb sich bis 1992 ausschließlich der Damenwelt. Bekannte weibliche Persönlichkeiten aus der Film- und Unterhaltungsbranche gehörten zu seiner Kundschaft, wie z.B. Brigitte Bardot oder Sophia Loren. Erst zu Beginn der 1990er Jahre fing er an auch Mode für Herren zu entwerfen.

Das erste Parfum, welches unter seinem Namen herausgebracht wurde, ist das heute inzwischen eingestellte "Azzaro Couture EdT" (1975), ein opulenter und voluminöser Chypre für die Damenwelt.
Mit "Azzaro Pour Homme EdT" jedoch hat wohl er seinen Platz in der Parfumhistorie sicher. Denn was die drei Parumeure Gérard Anthony, Martin Heiddenreich und Richard Wirtz hier zauberten, das gab es in dem Genre wohl bisher so nicht.

Gleich die Eröffnung dieses "Azzaro pour Homme" ist für meine Nase ein unglaublich faszinierendes Rauschfest von einem hauptsächlich aromatisch-würzigem Trio bestehend aus Anis, Muskat sowie Kümmel, das hier absolut die Hauptrolle innehat, doch der Anführer dieser 3er Bande ist der Anis. Begleitet wird dieses Trio im Hintergrund von einem Hauch hesperidischem Aroma, welches auf die Bergammote zurückzuführen ist. Sie gibt der Würze zwar einen kleinen Schliff frisch-herber Spritzigkeit mit, dennoch ist die Kopfnote eine Gewürzexplosion, die meine Nase in andere Sphären transportiert. Herrlich einnehmend, maskulin und für mich sogar auf eine besondere Art und Weise sinnlich und verführerisch.

Den eingangs erwähnten Fougère-Akkord erhält der Duft besonders von einem krautig-würzigem Lavendelaroma, das zeitgleich aber auch durch den Muskatellersalbei, dem man ebenfalls einen lavendelartigen Geruch nachsagt, verstärkt wird. Bis zur Basis prägt dieser Fougère-Charakter dieses Parfum, während die Gewürze alsbald die Bühne verlassen.
In der Basis bekommt man dann eine holzig-moosige Aura geboten, die einen leichten Lederanstrich besitzt. Dennoch ist hier das Holzige in vorderster Front vertreten und rundet den Duft trocken ab.

Im Sommer wäre er für mich zwar v.a. aufgrund der Gewürze und holzigen Noten etwas ungeeignet, aber in allen anderen Jahreszeiten kann er problemlos getragen werden. Und egal zu welchem Anlass, dieses Parfum hat garantiert das Charisma und die Ausstrahlung für einen Signaturduft.

Die aktuelle Version, die ich hier rezensiere, verfügt über eine sehr gute Haltbarkeit. Ich nehme sie auf meiner Haut etwa 6-7 h wahr, und die Sillage kann sich ebenfals sehen lassen. Es ist ein durchaus starkes Parfum, bei dem ein paar Spritzer völlig ausreichen.

Bei seiner Entstehung stand wohl eine völlig neue Technik im Vordergrund, nämlich die Kombination von 320 unterschiedlichen Inhaltsstoffen. Die meisten Inhaltsstoffe sollen einen natürlichen Ursprung haben. Ob dies so stimmt, kann und will ich auch nicht beurteilen, da dies unseriös wäre und für mich ob der Genialität dieses einzigartigen Parfums ohnehin irrelevant ist.

Der Duft "Azzaro Pour Homme EdT" ist für mich zeitlos, immer noch modern und auf ungemein tolle Weise auch beruhigend. Es ist ein großartiger Cocktail aus frisch-würzigen, aromatischen und holzigen Tönen. Eine perfekte Harmonie zur kultivierten Männlichkeit. Eine großartige Synthese diverser olfaktorischer Elemente für den feinen und vollkommenen Herren, welcher der Vergangenheit und den Modetrends trotzt. Ein Schmuckstück, das meine Duftsammlung vor geraumer Zeit erweitert hat, und welches man zumindest mal gerochen haben sollte.

Einer, der sämtliche Einflüsse des Mittelmeerraums und des biografischen Hintergrunds Loris Azzaro’s in sich trägt.

Italienische Eleganz, französischer Chic und arabische Sinnlichkeit.


Ich bedanke mich bei allen Leser:innen!
28 Antworten
Salva vor 2 Jahren 23 21
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Trussardis charismatisches Juwel
Trussardi

Hinter diesem italienisch klingenden Namen steht Dante Trussardi, ein Mailänder Lederwarenhersteller, der im Jahre 1911 in der Nähe vom norditalienischen Bergamo die Handschuhfabrik „Sosir“ gründete. Zur Zielgruppe gehörten die etwas wohlhabenderen und der höheren Gesellschaft angehörenden Menschen. Sehr schnell wurden die Lederhandschuhe der Marke Trussardi zum Statussymbol und waren insbesondere in den USA sowie Großbritannien weit verbreitet.

Nachdem zu Beginn der 1960er Jahre der Enkel von Dante, Nicola Trussardi, das Unternehmen übernahm, entwarf dieser nicht nur das bis heute bestehende Windhund-Firmenlogo, sondern erweiterte auch in den 1970ern mit Koffern, Taschen und Geldbörsen das Portfolio. Die erste Mailänder Boutique wurde dann 1976 eröffnet, die rasch großen Zulauf verzeichnete. Nicola‘s Absicht war gewesen das Unternehmen zu einer global bekannten Marke zu machen. Demzufolge gestaltete er ab den 1980ern als Designer die Inneneinrichtung von Flugzeugen, entwarf Motorräder sowie Fahrzeugeinrichtungen für Alfa Romeo. Der Aufstieg in die Spitze ging weiter und in den 1990er Jahren expandierte man nach Asien.

Auch wenn in den 2000ern schwierige Zeiten aufkamen, hat das Unternehmen bis heute international seinen guten Ruf beibehalten. Und ähnlich wie viele andere Modelabels brachte man auch Parfüms auf den Markt.

Dieser „Uomo“ vom Jahre 1983 gilt als erster Herrenduft der Marke und ist ein unnachahmliches Parfum, das definitiv wert ist mal gerochen zu haben. Was ein genialer Duft das doch wirklich ist.

Zum Start bekommt man eine geballte Ladung frisch-aromatisch-würziges Allerlei aus Thymian, Basilikum und Wacholder. Besonders Thymians aromatischen und intensiv-scharfen Geruch sowie das herbstumpfe und leicht pfeffrige Aroma vom Basilikum nehme ich in der Kopfnote wahr.
Dieses Parfum ist so vielschichtig und komplex, dass ich jedoch bei weitem nicht eine der Herznoten erahnen kann. Hier werden zwar florale Aspekte wie die Rose oder Gartennelke hervorgehoben, doch sind sie für meine Nase nicht zu riechen.
Aber in der Basis wiederum bekommt man eine Art „wärmeres“ Oldschool-Leder mit deutlichem holzig-trocken-moosigem Anteil aus Eichenmoos, Labdanum und Patchouli heraus. Ich kann mir gar gut vorstellen, dass hier noch echtes Eichenmoos verwendet wurde.

Für mein Dafürhalten ist der „Uomo“ eine Art Signaturduft für die kältere Saison, den man zu jedem Anlass auftragen kann. Er zeichnet sich mit einer auf meiner Haut sehr guten Haltbarkeit (ca. 7-8 h) sowie ordentlich ausstrahlenden Sillage aus.

Gleich beim ersten riechen am Sprüher hat mich dieses Parfum fasziniert, denn wenn man ihn mit der heutigen aktuellen Version vergleicht, dann wird man feststellen, dass die 1983er Version in einer ganz anderen Liga spielt. Und es ist erfreulich, dass dieses Parfum auf eBay nach wie vor (ab und an gar für relativ moderate Preise) erhältlich ist.

Auch wenn er Anfang der 1980er herauskam und die Vermutung nahe liegen könnte, hat er in seiner Aura finde ich im engeren Sinne nicht allzu viel gemeinsam wie andere berühmte Klassiker dieses Jahrzehnts, als da wären z.B. YSL’s „Kouros“ (1981) oder Chanel’s „Antäus“ (1981), deren Animalik mir persönlich nicht so zu 100% zusagen.

Dieser Italiener ist absolut charmant, raffiniert, unverkennbar und eigenständig. Eventuell würde ich höchstens noch Hugo Boss' "Boss Number One" (1985) in den Raum werfen, um zu erahnen, in welche Richtung "Uomo" geht. Denn jener versprüht auf eine gewisse Art und Weise auf mich eine ähnliche Zauberkraft.

Also einer für Liebhaber von maskulin-herben und charismatischen Düften.


Vielen Dank für‘s Lesen!
21 Antworten
1 - 5 von 78