Sarungal
Sarungals Blog
vor 9 Jahren - 26.07.2015
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Das Wort zum Sonntag

Recht genau zwei Monate Aktivität bei parfumo.de habe ich nun hinter mir; Zeit für ein erstes Résumé? Ganz sicher nicht - aber doch eine gute Gelegenheit, erste Eindrücke zusammenzufassen und ein bisschen drauflos zu palavern…

Düfte

Es ist großartig, wie die Mitwirkung hier den Horizont weitet - ambivalent, aber beherrschbar sind die Konsequenzen auf der finanziellen Seite. Dass es den heiligen Gral nicht wird geben können, zeichnet sich dabei immer mehr ab; dafür erfährt die Nase Schulung, und der Geschmack entwickelt sich. Bestätigt sehe ich mich überall dort, wo ohnehin existierende Vorlieben ihre Stellung nicht nur behaupten, sondern ausbauen: Vetiver, Weihrauch, Zeder & Co zählen zu den Duftnoten, die sich auf die eine oder andere Weise oft in meinen persönlichen Neuentdeckungen finden. Daneben konstatiere ich eine Neigung zu Grasgrün, die mir vorher unbekannt war; noch ist nicht ausgemacht, ob „Ichnusa" oder ein anderer Vertreter dieser Duftrichtung Einzug in meine Sammlung halten wird.

Dass ich auf Pradas schlicht-pudriges Konzept abfahren würde, ist eine Entdeckung, die mich selbst verblüfft; distanziert betrachtet wohnt dieser neuen Vorliebe ein Hauch von Infantilität inne (Babypuder), von Dekadenz (Rokoko-Perücke) und von Eindimensionalität (Sauberduft). Immerhin habe ich dabei wieder etwas über mich gelernt – und en passant meine Freude an Irisdüften entdeckt. Die auszuleben erscheint mir noch immer etwas problematisch: Ausgesprochen maskulin tritt die Schwertlilie bestenfalls bedingt in Erscheinung – und so gerne ich abends zu Hause sitze und Düfte erschnüffle, so treu will ich meinem Konzept bleiben, nur solche Kompositionen käuflich zu erwerben, die ich auch in freier Wildbahn tragen möchte. Seltsame Konsequenz: Saskia Diez’ bzw. Geza Schöns „Silver" finde ich einerseits phänomenal, aber ich spüre eine Blockade auf der rationalen Seite: Zu künstlich die Haarspraynote, zu stechend der Auftakt, zu iris-ierend der Gesamteindruck. Wohlgemerkt: Das sagt mein Hirn – während meine Nase exakt diese Komponenten regelrecht geil findet. Probleme gibt’s…

Gourmandiges pack’ ich nach wie vor nur in kleinen Dosen: Gewürznoten sind toll; sobald es gar zu essbar duftet, habe ich Schwierigkeiten. Seltsame Ausnahmen: Früchte aller Art.

Ob ich jemals ein Oud-Fan werde, weiß ich nicht. Es gibt einzelne Düfte dieser Gattung, die mir Spaß machen („Royal Oud") – die schwereren Geschütze allerdings erscheinen mir problematisch – und ich verstecke mich einfach hinter Geza Schöns breitem Rücken: Interview.

Community

Ich find’s klasse hier – inklusive aller Unwuchten, die fürs Internet typisch sind. Dazu gehört leider auch, dass gelegentlich wenig sachorientiert diskutiert wird; stattdessen rutschen dann Befindlichkeiten in den Fokus. Ich will nicht einmal ausschließen, dass auch mir dieser Fehler unterläuft – aber ich gebe mir Mühe, im Dissens sachlich zu bleiben. Im Übrigen muss nicht jede Diskussion zur Einigkeit führen; Positionen dürfen mithin strittig bleiben [siehe auch: Einführung der Statements]. Der Austausch wird damit nicht zweckfrei, sondern dient im Idealfall dem gegenseitigen Verständnis. Manchmal hapert es auch daran – aber wieso sollte hier anders sein, was im dreidimensionalen Leben oft genug die Regel ist? Wir müssen doch nicht jeden mögen, gar mit jedem kuscheln…

Viel wichtiger: ich verdanke dieser Community sehr angenehme, gelegentlich auch äußerst lehrreiche Begegnungen virtueller und realer Natur. Namen nenne ich bewusst nicht – zu groß ist die Gefahr, dabei jemanden zu vergessen. Wer sich erkennt, darf sich dennoch gerne angesprochen fühlen.

So hatte ich ursprünglich eigentlich nicht vor, im Tausch- und Versandgeschäft aktiv mitzumischen – bis mich ein Parfumo einfach anschrieb und mir einen Vorschlag unterbreitete, den nicht anzunehmen fast unmöglich war. Den Vertrauensvorschuss, den er mir dabei schenkte, fand ich mindestens genau so erfreulich wie das Resultat des Vorgangs: Eine Duftentdeckung, die mir sonst unter Garantie entgangen wäre. Schmerzhaft daran ist allerdings die Tatsache, dass dieser Duft (bzw. die Marke) derzeit nicht vertrieben wird.

Mit einem anderen Parfumo treffe ich mich inzwischen mit einiger Regelmäßigkeit – und profitiere sehr sowohl von seinem umfangreichen Erfahrungsschatz wie auch seiner nachgerade exorbitant riesigen Sammlung. Dabei geht es gar nicht zwangsläufig um Einigkeit in der Einschätzung; es ist die geteilte Leidenschaft für Düfte, die diese Begegnungen so erfreulich macht. Ob’s Zufall ist, dass wir musikalisch und bei Filmen einen ähnlichen Geschmack haben?

Daneben schätze ich den regelmäßigen Austausch mit einigen Mitgliedern hier sehr – auch dann, wenn’s nicht um Informationsübermittlung geht, sondern einfach „nur" ums Plaudern. Kommentare lese ich mit Begeisterung – und goutiere auch Verrisse eigener Lieblinge gern, sofern nicht einfach erklärungsfrei in den Boden gestampft wird.

Überhaupt – die Kommentare. Respekt, welche Expertise sich da immer wieder niederschlägt. Großartig auch, dass wahre Wortkünstler unter uns sind – und gleichermaßen toll, wie barrierefrei das System am Ende funktioniert: Auch weniger wohlgedrechselte Texte finden Anerkennung, wenn ihre Inhalte interessant sind. Dass augenzwinkernd hingeworfene lustige Einlagen oft den größten Zuspruch erfahren, liegt in der Natur der Sache; sofern die Unterhaltungsabsicht nicht bei weitem den Informationsgehalt übersteigt, habe ich Spaß daran – und dilettiere selbst gelegentlich vergnügt auf dieser Spielwiese.

Ausblick

Wahrscheinlich ist Neugier (neben einigen anderen Bedürfnissen, die hier nichts zu Sache tun) meine stärkste Triebfeder – und das zu entdeckende Feld ist unfassbar groß und unübersichtlich. Da gibt’s noch so viel zu erschnüffeln, und der Geschmack möchte weiter gebildet, gefordert und gelegentlich auch an seine Grenzen getrieben werden. Vorläufig also sehe ich kein Ende der Begeisterung. Dafür stoße ich bereits jetzt an eine Grenze: Wohin mit dem Kram? Bei Büchern bot sich eine Lösung, die ich nach langem Widerstand letztlich doch aufgriff – und seither mit Freude nutze: das E-Book. Vergleichbares wird es bei Düften nicht geben; ich muss mich also nach einer anderen Lösung für das Problem umschauen. Kaufbeschränkung, Neuorganisation, frühzeitiges Ausmisten – Ihr kennt das ja…

Über das Bloggen

Ich finde es toll, dass diese Option implementiert ist und es damit einen Ort gibt, an dem sich jeder recht frei und ohne den kommentartypischen Fokus „ausmähren" darf. Natürlich ist das meistens eine Nabelschau, die nicht für Jeden gleichermaßen interessant ist – aber ich habe festgestellt, dass Blogartikel oft einen klareren Blick auf den Schreiber erlauben. Mir hilft das letztlich sehr dabei, Kommentare besser einschätzen zu können, selbst wenn der konkrete Inhalt auf den ersten Blick unbedeutend, abseitig oder manchmal auch ärgerlich scheint. Insofern möchte ich euch auffordern, diese Funktion noch aktiver zu nutzen – nicht, um den Server vollzuspammen, sondern um das gegenseitige Verstehen zu fördern, die eigene Perspektive zu weiten, anhand von Gemeinsamkeiten Sicherheit zu gewinnen und aufgrund von Differenzen den eigenen Standpunkt besser prüfen zu können.

Einen schönen Sonntag euch!

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