SebastianM

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Rezensionen
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1 - 5 von 46
SebastianM vor 2 Monaten 10 7
5
Sillage
6
Haltbarkeit
8.5
Duft
Kontemplatives aus Fujian
Dies ist der erste einer Reihe von drei Teedüften, die Marc-Antoine Corticchiato für die neue Sepia-Kollektion von Olfactive Studios entwickelt. Auf Smoky Soul bin ich durch Augustos schöne Rezension neugierig geworden und bin jetzt sehr gespannt auf die nächsten beiden Parfüms der Reihe. Corticchiato ist einer meiner Lieblingsparfumeure. Er findet hier stilsicher zu einer Ausdrucksform, die völlig anders ist - weniger dicht, weniger strukturiert - als in den Parfüms seiner eigenen Marke Parfum d'Empire.

Bei Smoky Soul handelt es sich um einen eleganten, fruchtig-würzig-blumigen und luftigen Teeduft. Rauch gibt es nur am Anfang. Ich finde ihn deutlich, aber keineswegs erschreckend, dann zurückhaltend. Meine Nachbarin so: boah ist der rauchig, krass! Das kommt vom javanischen Vetiver. Zusammen mit der CO2-Extraktion des schwarzen Tees wird einem eine Tasse Lapsang Souchong serviert. Die Schwarzteenote ist ähnlich der in Russian Tea von Masque Milano, also wirklich überzeugend, nur gehört Smoky Soul zu einer völlig anderen Duftrichtung. Den von Augusto beschriebenen kampherartigen Eindruck habe ich auch. Den Osmanthus finde ich nicht ledrig, sondern süß, fruchtig und vielschichtig, die Rose wunderzart, den Pfeffer warm, nicht scharf. Der Algenextrakt ist anscheinend eine Lieblingszutat von Corticchiato. (Deutlich riecht man ihn z. B. in Acqua di Scandola.) Er bewirkt eine belebende Luftigkeit und eine sehr dezente Wässrigkeit. Sein Einsatz hier erinnert mich an die virtuose Handhabung von Calone beispielsweise durch Edmond Roudnitska (Ocean Rain!) oder Patricia de Nicolaï (Riviera Verbena), nur eben mit natürlichen Stoffen.

Trotz seiner Zartheit ist der Duft nicht sanft, sondern in den ersten Stunden sogar steinig. Abgesehen davon, dass der Rauch schwächer, die süße Aprikose stärker und der ganze Duft weicher wird, ändert sich nicht viel. Das empfinde ich nicht als Mangel, denn wenn ein Duft in sich stimmig ist, vermisse ich eine Entwicklung nicht unbedingt. Smoky Soul hat gerade eben noch genug Komplexität, um interessant für mich zu sein, aber nicht mehr. Zusammengefasst: eine in Kontemplation verbrachte Teestunde mit Rauch an einem hellen Tag.

Zu dieser Stimmung passt die angenehm geringe Abstrahlung, nachdem sich alles eingeschwungen hat. Man kann Smoky Soul, obwohl es in Extrait-Konzentration mit 22% Parfümölanteil vorliegt, ruhig hoch dosieren. Ich nehme ihn bei 4 - 5 Sprühern gut 5 Stunden wahr, dann noch eine Weile dicht an der Haut.

Die Präsentation wirkt ausgesprochen hochwertig: Der Flakon erinnert an eine in geprägtes und genähtes Leder eingeschlagene analoge Kamera. Die Farben, die Typographie, die Gestaltung der Verschlusskappe mit leicht erhabenem, semi-transparentem Auslöser, alles erscheint durchdacht. Und es gibt eine Refill-Version ohne diese Ausstattung, die ca. 15% günstiger ist.

Nichts für Leute mit Osmanthose. Aber ich bin sehr angetan.
7 Antworten
SebastianM vor 3 Monaten 10 8
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Macht einfach Spaß!
Kino! Popcorn! Klebreis mit Bohnen! Gourmand, durchaus sättigend, aber nicht schwer im Magen liegend. Der Popcorn-Eindruck vergeht bald, dann riecht es nicht mehr geröstet, danach vergeht auch irgendwann die säuerliche Fruchtigkeit, etwas untergründige, warme Würze kommt nach ca. 4 Stunden auf. Der Vetiver ist wahrnehmbar, ziemlich grün, fast blumig. Man spürt einen zarten Hauch von Rauch, wie von Lapsang Souchong. Immer sind der Reis und eine feine, sehr angenehme Süße dabei. Der Reisakkord wird zwar gegen Ende ein wenig holzig, ist aber trotzdem sehr gelungen. Die Haltbarkeit auf meiner Haut beträgt bei 2 (oder waren es 3?) Sprühern auf das Handgelenk ca. 7 Stunden, davon die letzten zwei als Hautduft. Die Projektion ist genau richtig, man hat nie das Gefühl, sich durch eine gute Portion eines Reisgerichts kämpfen zu müssen.

Riso duftet ungewöhnlich doch tragbar, lange nicht so chaotisch, wie die Duftnoten klingen und wie das Marketing ("geschäftige chinesische Straße") suggerieren will. Wer sich wegen der Sojasauce sorgt, kann beruhigt sein: Wahrscheinlich handelt es sich nur um irgendeine Zutat, die dem Duft etwas mehr Tiefe und Fülle verleihen soll. Die Stimmung von Riso ist wie ein behagliches und humorvolles Beisammensein mit Freunden.

Jijide ist die Transkription des chinesischen Ausdrucks 积极的 (jī jí de) der anscheinend eine energische Lebensperspektive bezeichnet (DeepL übersetzt ihn mit "proaktiv"). Das Konzept der Marke besteht darin, Parfüms für den westlichen Markt aus in China vorkommenden Zutaten herzustellen. Für Riso griff die Parfümeurin Zimo Luo auf die chinesische Idee der "sieben Dinge des täglichen Bedarfs" zurück, die aus Reis, Brennholz, Öl, Salz, Sojasauce, Essig und Tee bestehen. (Es gab bei AliExpress tatsächlich mal eine Geschenkbox mit diesen Inhalten.) Das ist eine gute Idee, die hervorragend umgesetzt wurde.

Gegenwärtig scheint es mir einen kleinen Reis-Hype zu geben, ausgelöst sicherlich auch durch das Erscheinen von L'Eau Papier im Jahr 2023. Aber die meisten Reisdüfte, die ich kenne, sind fluffig oder stickig mit zu viel Moschus, von stechenden, bleistiftigen Amberhölzern verdorben, bleich und pudrig, zu cremig-milchig mit Sandel, sehr süß, oder die Reisnote verfliegt sehr schnell, oder ich rieche den Reis gar nicht erst. Riso hat alle diese Schwächen nicht. Es ist wie geschaffen für Leute wie mich, die normalerweise keine Gourmands mögen.

Ich vergebe 8 Punkte für den Duft an sich und 0,5 Punkte Originalitätszuschlag. Mein Dank geht an @Olivia1985 für die Probe.
8 Antworten
SebastianM vor 4 Monaten 7 8
8
Haltbarkeit
8
Duft
Das Röslein glänzt so fein wie Gold und Edelstein
Taif Imperial ist eines der besseren Rosen-Soliflore auf Holz. Es beginnt mit einer sauer-metallischen Kopfnote, die aber sofort von einer hellen, fruchtigen Rose abgelöst wird. Dieser fehlt etwas die Frische, dafür hat sie zunächst glücklicherweise auch kaum Süße. Sie bringt eine leichte Seifigkeit mit. Insofern ein typischer, orientalischer Rosenduft. Das Holz ist weder grün, noch dumpf, noch trocken, sondern schön feucht-cremig und ergänzt die Rose sehr lebendig. Das Oud ist kaum erahnbar, die holzigen Noten insgesamt sind aber sehr schön ausgeglichen aufeinander abgestimmt. Also: schöne Rose, schönes Holz, was will man mehr? Die anderen Noten sind nur zur Ausschmückung da und für mich zum größten Teil nicht zu unterscheiden. Der Duft strahlt die ersten Stunden stark ab und die Rose dominiert dabei ganz klar.

Es gibt einen kleinen Abzug für einen etwas stechenden Duftstoff im Hintergrund. Das hat vielleicht mit der Zeder und dem Ambra zu tun, auf deren synthetische Substitute ich manchmal empfindlich reagiere. Gewöhnung hilft: Nach 4 - 5 Stunden nehme ich dieses Stechen nicht mehr wahr, aber immer noch ganz schwach Bleistiftspäne.

Zu derselben Zeit macht der ganze Duft eine Veränderung durch. Die Rose wird dunkler (d. h. verliert die Fruchtigkeit) und tritt zurück. Das Holz ist jetzt trockener, jedoch nicht staubtrocken. Der Duft wird süßer, er riecht wie in der Notenliste angegeben nach Karamell (nicht verbrannt, sondern Toffee). Diese Beigabe von Zucker hätte man von mir aus gern weglassen können, wenn sie auch durchaus unaufdringlich ist. Der Duft ist jetzt angenehm rund und cremig-blumig-holzig, ganz ohne Puder. Er verändert sich nicht mehr und man hat ihn noch recht lange so in der Nase.
8 Antworten
SebastianM vor 5 Monaten 13 10
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Dämmerungsaktiv
Zibeline wurde seit seinem Erscheinen oft reformuliert. Ich weiß nicht, von wann die Inkarnation stammt, die ich von Symphorosa76 geschenkt bekommen habe. Es handelt sich um eine sehr dunkle Flüssigkeit in einem Flakon mit Glasstopfen. Es kann sein, dass dieser Flakon aus den 40er oder 50er Jahren stammt, denn er sieht genau so aus und hat dieselbe Typographie wie der Originalflakon, der auf Parfumo für das 1945 erschienene "Antilope (Parfum) | Weil" abgebildet ist. Die jüngste Variante stammt anscheinend aus dem Jahre 2010, als die drei Parfums Rêve, Secret und Zibeline überarbeitet und in einer Kollektion namens "Les Merveilles de Weil" zusammengefasst wurden, um das 100-jährige Bestehen der Marke zu feiern. Diese neue Version scheint aber bereits ein ganz anderes Parfüm zu sein, bei dem laut Hersteller nur "die Grundstruktur" erhalten wurde, was immer damit gemeint sein mag.

Mein Zibeline beginnt stark animalisch, das gibt sich aber bald, danach sind Moschus und Zibet angenehm untergründig präsent. Ich rieche in der Kopfnote keine ausgeprägte Zitrik, nur eine kurze Ahnung davon - vielleicht ist meine Probe so alt, dass die Kopfnote nicht mehr ganz da ist. Auch Kräuter kommen auf meiner Haut kaum zur Geltung, auf meiner Kleidung jedoch schon, da riecht es deutlich kräutrig. (Estragon mag sein, Koriander finde ich nicht.) Außerdem rieche ich lauter Dinge, die bei Parfumo gar nicht in der Pyramide aufgeführt sind, zum Beispiel etwas Fruchtiges am Anfang (kommt das durch die Aldehyde?), danach hätte ich eher auf Orangenblüte als auf Jasmin getippt, und ein paar Gewürze sind auch dabei, aber ohne dass hier eine typisch florientalische Würzigkeit entstünde. Im Vordergrund stehen die blumigen und balsamischen Elemente. Tonka, Ylang und Sandelholz ergeben eine schmelzend-weiche Basis. Ich meine, dass es auch nach Opoponax duftet (vielleicht nur deswegen, weil ich den kürzlich pur unter der Nase hatte) und es kommt noch trockenes Holz hinzu. Bevor der Duft verschwindet, nehme ich eine leicht medizinisch wirkende, helle Note war. Alles ist dicht verwoben, nichts ist scharf konturiert, sondern ist in der Art sehr alter Düfte verwischt und weichgezeichnet, und zwar hier ohne viel Puder. Vollkommene klassische, französische Parfümerie.

Als Farbe wäre Zibeline für mich schwarz-braun, eben wie das Zobelfell. Es ist ein weiches, unbeschreiblich wohlriechendes Parfüm, von dem ich gar nicht genug haben kann. Es duftet wunderbar auf Kleidung, und fühlt sich dabei selbst wie ein warmer Pelzmantel an, der mich umhüllt. Rieche ich diesen Duft, gibt er mir gleichzeitig Energie und Ruhe.
10 Antworten
SebastianM vor 6 Monaten 9 10
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Schön ausgehen
Auf mich wirkt Thirty Three erst sehr kurz pfeffrig, dann süß-fruchtig-rosig, dann rosig-mineralisch-pudrig (das ist spannend), dann erdig und trocken-holzig, zum Schluss kommt rosige Zimtmandelseife, ganz schwach. Der ganze Duft ist abwechslungsreich, niemals schwer, immer zugänglich und hat eine vornehme Ausstrahlung. Ich hätte gern mehr Oud, aber leider kann sich dieses erst relativ spät gegen die Rose durchsetzen und man hat deswegen nicht viel davon. Das Oud ist außerdem ein wenig generisch. Auch die Trockenheit der anderen Holzriechstoffe tut ihm nicht gut. Ich finde, diese leicht stechende Mineralik mit Puderrose auf Trockenholz bildet einen schönen Kontrast zu der anfänglichen Rosen-Patchouli-Marmelade. Dass echte Rosen weder wie das eine noch das andere riechen, stört mich hier nicht. Das Holz wirkt auf mich edel. Man kann den erwähnten Gegensatz aber auch inkongruent finden.

Zu dem Preis kann man an echtem Oud selbstverständlich höchstens eine kleine Beigabe erwarten, der Rest ist synthetisch. Der Duft heißt übrigens "Thirty Three" nach dem Alter des Oud-Destillats im Erscheinungsjahr. Ich frage mich natürlich, woher der Hersteller dasselbe Destillat noch 10 Jahre später nimmt.

Die Haltbarkeit auf meiner Haut beträgt bei 1 Sprühern aus TZ 7 Std. Das Parfüm hat eine ziemlich starke Abstrahlung (ohne dabei aufdringlich zu wirken) bis in der Mitte des Verlaufs die Rose durchsichtiger wird. Es ist hautnah nach 4 Stunden.

Die viele süße Rose ist letztlich nichts für mich zum Tragen. Aber in seiner Kategorie finde ich Thirty Three trotzdem eines der angenehmsten und originellsten Rose-Oud-Parfüms, die ich kenne. Es passt im Sommer wie im Winter, ist absolut geeignet für Abendveranstaltungen, und wenn es von der richtigen Person getragen würde, fände ich es sehr ansprechend. Ich freue mich, dass ich dieses sehr schöne Parfüm testen konnte. Mein Dank geht an Realeperson für die Probe.

Anm.: Einen Bestandteil musste ich nachschlagen. Piperonal ist ein Aromastoff mit Vanille- und Mandelgeruch. Piperonal wird wegen seines an Heliotrop erinnernden Geruchs auch als Heliotropin bezeichnet. [Quelle: Wikipedia]
10 Antworten
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