Serenissima

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Serenissima vor 14 Tagen 11 7
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Flakon
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Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft
erst Buddeln im Modder, dann balsamisches Mittelmeer-Feeling
Dunkle Strände: Ich weiß gar nicht, wie viele es davon geben mag; ist doch der Begriff „Strand“ bei uns immer eine kleinere oder größere Strecke voll hellem, manchmal sogar fast weißen Sand am Meeresraum.
Ich erinnere mich zwar einmal von einem „Schwarzen Strand“, irgendwo in Skandinavien, gelesen zu haben, aber so richtig vorstellen kann ich mir das bisher nicht.

Nach dem ersten Sprühen mit „Birdie“ buddele ich also im dunklen schweren Patchouli-Boden, irgendwo am Mittelmeer, durchzogen von dieser Duftnote so häufig begleitendem Vetiver:
Ich bin also umgeben von mir sehr vertrauten Duftschwaden, die ich mag.
Doch plötzlich treffe ich auf etwas Überraschendes:
Würziges, holziges, fast spritziges (vergorenes?) Grün hüpft mich an: Wurden hier wohl gehäckselte Abfälle von Pflanzen, Büschen und Holz abgeladen und gesammelt?
Lavendelduft in den unterschiedlichsten Formen von Holz, Blatt und Blüte scheint auf jeden Fall dabei zu sein; wir kennen uns doch schon seit einiger Zeit recht gut.
Auffallend und zuerst auch erschreckend ist aber etwas Kampfer- oder Wermutähnliches: Ein Schwall dunkelgrünen, sehr bitteren Aromas fährt mir sofort bizzelnd in die Nase, scheint dort aromatherapeutisch tätig zu werden und bevor ich mich noch so richtig schütteln kann, wird „Birdie“ auf angenehme Art balsamisch und recht schmiegsam.
Jetzt fühle ich mich überraschend wohl und lasse mich treiben, so dass ich auch sich langsam entwickelnde deutlich maritime Noten wahrnehmen kann.
Meerwasser mit all seinen interessanten Bestandteilen scheint ganz nah; fast höre ich die Wellen rauschen und spüre den Wind; es ist mehr als nur eine leichte Brise.
So stapfe ich barfuß, einen reifen, saftigen Apfel essend, durch nun doch weichen Sand, der sich an diese feuchte Patchouli-Vetiver-Erde mit reichen Grüneinschlüssen anschließt und lasse mich von einer sehr strengen und kräftigen Komposition begleiten, die sich mir im Laufe der Zeit sehr sympathisch und wohltuend offenbart.

XerJoffs „Birdie“ ist sehr rustikal, sehr gewöhnungsbedürftig, aber auch sehr interessant in seiner Duftentwicklung.
Erst vertraut Patchouli schwer, dann erfolgt ein grüner kräftiger „Rumms“, eine Art Explosion aus dunklen, sehr bitteren Pflanzen- und Holz-Aromen, der viel Raum einnimmt, bis sich die nun entstehenden Kreation balsamisch anschmiegt und an einen verwunschenen sandigen Platz an der Mittelmeerküste entführt.

Ich bin angenehm überrascht, wie sich dieses Duft-Chamäleon im Laufe des Tragens entwickelt: Es ist mehr als nur ein bloßes Arrangement, es entsteht eine tiefe Sympathie zu diesem Duftwesen.

Meine Neugier führte mich also hier wieder auf ganz andere, aber nicht ganz fremde Pfade; bin ich doch seit langem der Aromatherapie zugetan.
Vielleicht harmonieren wir deshalb so gut!
7 Antworten
Serenissima vor 16 Tagen 12 9
7
Flakon
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Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
wie ein rosa Macaron
Dieser fast ein bisschen romantische Duft „Paris-St. Honoré“ von Stéphanie de Bruijn erinnert mich sofort an ein rosa Macaron mit würziger Vanillefüllung; nur lebt dieser Duft auf meiner Haut erheblich länger als das Macaron in meiner Hand: Bekanntlich kann ich bei diesen kleinen bunten Dingern nicht widerstehen!

Ja, dieser Duft ist süß und süß ist bei mir rosa: Hier rosa wie die immer etwas zerknittert wirkenden Blüten der würzigen Zistrose, die diese widerstandsfähigen, harzhaltigen Büsche schmücken.
Erstaunlicherweise wird in dieser Duftkomposition als harzig-rauchiger Partner Benzoe verwandt, statt des Zistrosen-eigenen Labdanums, das zwischen deren Zweigen und Blättchen klebt und mit Hilfe von Ziegen "geerntet" wird.
Diese Ziegen werden durch die Büsche getrieben und später wird dieses aromatische Harz mit einem breitzinkigem Kamm aus deren Fell herausgekämmt.
Ihre warme und sämige Süße erhält diese duftende Leckerei aber durch die weiße, aromatische und exotische Vanille, die sehr geschmackvoll mit der feinen Animalik von Amber und Moschus sowie gekonnt eingesetzten Akzenten von angenehm cremigem Sandelholz verfeinert wurde.
Diese reichhaltige, scheinbar zu Schaum aufgeschlagene Hülle legt sich über eine herrlich goldbraune Patschoulischicht, die sich hier nicht feucht und schmuddelig, sondern erdig-würzig entwickelt.

Diese Süßigkeit klingt vielleicht ein wenig klebrig, entwickelt sich aber während des Tragens zu einer Art anschmiegsamen Bodylotion, die liebevoll umhüllt und einige Stunden begleitet, wobei zum Schluss nur ein feiner würziger Hauch zurückbleibt.

„Paris St. Honoré“ ist ein Liebhaberstück, eine dieser Leckereien, die man nicht täglich mag, die aber ab und zu doch viel Freude bereiten können.

Mit „Ach, wie hübsch!“ eröffnete ich mein Statement zu diesem Duft; jetzt schließe ich mit diesen Worten und werde mich wohl später einem rosa Macaron mit verführerischer Vanillefüllung widmen.
9 Antworten
Serenissima vor 19 Tagen 20 12
8
Flakon
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Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Paris - Deauville und ein Ritt auf dem Esel
Lese oder höre ich Deauville, denke ich sofort an die junge Leslie Caron als „Gigi“, die in der gleichnamigen Musicalverfilmung versucht auf einem störrischen Esel dort den Strand entlangzureiten, während Mamita (ihre Großmutter?) zusammen mit dem bereits gealterten Lebemann Honoré Lachaille (Maurice Chevalier) lachend und in Erinnerungen schwelgend dem munteren Treiben zusieht.
Diese Szene sprüht vor lebendiger Unschuld und Heiterkeit, wird aber auch von einem Hauch von nostalgischer Melancholie begleitet.
Nun weiß ich auch, dass diese sorglosen Sommertage in Colettes Roman in Trouville-sur-Mer stattfinden, aber so weit ist es nicht von Strand zu Strand der Doppelgemeinde Deauville-Trouville und ein bisschen künstlerische Freiheit sei mir bitte vergönnt.

Wie viele Orte an der Küste der Normandie ist auch Deauville seit vielen Jahren an den Wochenenden und in den Ferien das Wohnzimmer vieler Pariser. Der Aufenthalt in diesem beliebten Seebad wird für eine gewisse Klientel, die dem Strandleben etwas entwachsen ist, durch Spielcasino und Pferderennbahn noch interessanter (und natürlich auch noch teurer!).
Deauville vibriert vor sommerlichem Leben, Heiterkeit und Freude.

So lebendig und leicht schwingend ist auch der Duft „Paris - Deauville“ aus dem Haus Chanel.
Dafür sorgt zuerst einmal eine Vielzahl von fruchtig-frischen Hesperiden-Aromen.
Reichhaltig ist deren Auswahl, die Olivier Polge in seiner Komposition zum duftvollen Strahlen bringt.
Man stelle sich nur einen großen Korb voll Limetten, Orangen, Bergamotte, dazu noch Pomeranzen/Bitterorangen vor: Welche Freude ist schon allein der Anblick dieser Früchte – und dann erst ihr Duft: fruchtig und erfrischend, reif und süß, doch gleichzeitig von feiner Säure durchzogen, mit prachtvoller und ebenfalls aromatischer Duftöl haltiger Schale – eine wahre prickelnde Sinnesfreude für das Näschen.
Diese wird noch besonders durch das krautige, ein wenig pfeffrige Grün des Basilikums.
Das alles vor dem Hintergrund blühender Jasminhecken, die die Gärten der Villen säumen und dem Duft zahlreicher voll erblühter Rosen in der leichten Meeresbrise: So riecht der Sommer in Deauville!
Durch eine gute, geschickt eingesetzt Dosis erdig-würzigem Patchoulis bekommt diese Duftschönheit ein wenig Bodenhaftung, sonst würde sie viel zu schnell verfliegen.

Denn Sillage und Haltbarkeit entsprechen der eines Sommertages: Sie sind von der aparten Leichtigkeit eines Schmetterlings, der nirgendwo zu lange bleibt.
So richtet sich auch „Paris – Deauville“ nur für verhältnismäßig kurze Zeit voll Dufteleganz auf meiner Haut ein, bevor es sich leichtfüßig verabschiedet: Zurück bleibt ein frisch-würziger Hauch, der aber jederzeit durch Sprühen zu erneutem Leben erweckt werden kann, ohne dass daraus eine unangenehme Duftmelange entsteht, wie das leider manchmal der Fall ist.

„Paris – Deauville“ ist eine charmante Duft-Verlockung, die mich in Gedanken sofort die Koffer packen und an die französische Küste reisen lässt:
Eine Nase voll frisch-würziger maritimer Lebendigkeit, die den Kopf frei macht, eventuell ein Besuch im Casino oder auf der Rennbahn und selbstverständlich auch ein Ritt auf einem Esel am Strand entlang: Hach!
„Paris – Deauville“ setzt der Fantasie keine Grenzen.
Ostermontag in Deauville? Pourquoi pas?!
Chanel macht es möglich!
12 Antworten
Serenissima vor 20 Tagen 15 7
7
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Aprikosensommer im Jasminblüten-Gewand
Der Rückblick zeigt: Nicht nur die "Dame von Welt" (oder der "Halbwelt") kleideten sich schon früh in Düften und lange Zeit bestand das klassische Damenparfüm hauptsächlich aus Blüten, wobei Veilchen, Flieder, natürlich die Rosen und Jasmin immer an der Spitze standen und manchmal auch einen leicht „verruchten“ Hauch verbreiteten: hier sonders der Jasmin.
Die „brave Frau“ dagegen begnügte sich mit etwas Lavendelwasser, meist noch aus den Vorräten des Ehemanns.

Und immer noch sind diese genannten Blüten-Duftnoten aus den rein femininen Duftkreationen nicht wegzudenken.

Besonders liebe ich – und das ist inzwischen kein Geheimnis – den Duft von Jasmin; er und der des Maiglöckchens teilen sich einen der vorderen Plätze in meiner persönlichen Duftnoten-Beliebtheitsskala: Sind beide doch Chamäleons und können reinweiß, wie frisch gewaschen und fast jungfräulich als auch sinnlich warm, verlockend und sogar schmutzig und schwülstig-verrucht wirken.
Das hängt vom jeweiligen „Reifegrad“ der Blüten ab so habe ich allein schon bei diesen zwei Duftnoten die reiche Auswahl, je nach Tagesform.

„Jasmin Sambac“ aus dem Hause ID Parfums und immer noch über das Unternehmen Dr. Pierre Ricaud vertrieben (dessen Hautpflege ich ab und zu gern benutze) gehört für mich irgendwie zwischen die "weibliche Zeitrechnung": Nicht mehr für die junge Frau geeignet und auch noch nicht „verlebt“ genug, um als reine und erotische Verlockung der reifen Versuchung zu stehen.

Die leichte Spritzigkeit der samthäutigen Aprikosen, deren feine Fruchtsäure sich deutlich zeigt und durch etwas Rosa Pfeffer noch etwas mehr bizzelt, bietet einen sommerlich-heiteren Auftakt und erinnert einen Moment lang an ein Glas Prosecco mit fruchtigem Aprikosenmark (Marc d’Abricot), ohne zu süß oder zu klebrig zu werden.
Weiße Kaskaden aus Jaminblüten versprühen großzügig ihr sonnendurchwärmtes Aroma; in dieser Komposition haben sie gerade den richtigen Duft-Reifegrad, um schon vollblumig den Sinnen zu schmeicheln, sie leise lächelnd zu erwecken und ihnen noch sehr viel zu versprechen.
Dieses Duftversprechen mündet in einer klassisch weiblichen Basis aus warmem Moschus und reicher, cremig-weißer Vanille, die durch die Zufügung einiger Sandelholz-Akzente eine feine, leise Animalik erhalten und diese Kreation so vor zu kuscheliger weiß-apricot-farbener Duft-Langeweile bewahren.

Hier ist die Aprikose, in der griechischen Mythologie wegen ihrer Farbe und samtigen Haut auch „goldene Äpfel“ genannt, während die Perser ihr den Namen „Sonneneier“ verliehen, eine charmante und fruchtig belebende Zugabe zur weißen Jasmin-Sinnlichkeit mit warmen Vanille-Moschus-Aroma.

„Jasmin Sambac“ wird dadurch zum leicht zu tragenden Sommerbegleiter, da eher apart fruchtig-blumig, statt süß und aufdringlich.
Dieser Duft verführt zu einer Reise in indische Gärten während des Sonnenuntergangs und zu deren unvergleichlichen Duft-Geheimnissen, die zärtlich umschmeicheln und flüstern.
"Jasmin Sambac" kuschelt sich weich an die Haut, um dort auch eine durchschnittliche Zeit zu verweilen, sich zu räkeln, auszubreiten und schließlich elegant und leise zu verabschieden.

Wie immer haben die Parfümeure von ID Parfum einen handwerklich gelungenen Duft kreiert, der gut tragbar ist, wenn auch ohne großen Anspruch auf besondere Originalität.
Sie kleiden uns in ein apricot-farbenes leichtes Sommerkleid mit reichhaltigen weißen Jasminblüten-Applikationen: hübsch und kleidsam ist dieser Duft, durchzogen von Anmut, Heiterkeit und Sonnenschein.

"Jasmin Sambac" gefällt mir und was verlangt man mehr von einem sommerlich leichten Duft-Gewand als dieses Gefühl, gut und passend gekleidet zu sein?
7 Antworten
Serenissima vor 27 Tagen 18 13
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Erdbeerpüree mit geharzter Vanillecrème
Wieder so ein warmer Tag; die Sonne brennt auf den kleinen Obst- und Gemüsemarkt im Mittelpunkt der Altstadt, die weiß-gelb gestreiften Markisen über den Ständen können die Hitze nicht abhalten; sie speichern sie eher noch über der sommerlich fruchtigen Ware.
Alles, was morgens verkaufsreif und frisch geerntet wurde, hat seine straffe, pralle Frische verloren und so manch ein Händler ist sehr froh, wenn er seine Ware noch für wenig Geld loswird: Es ist die Zeit der „Schnäppchenjäger“ auf den Wochenmärkten!
Hausfrauen, die Marmelade einkochen, wissen das!

Besonders die Erdbeeren haben gelitten und statt nach roten, süßen und aromatischen Früchten riecht es jetzt sehr intensiv nach Erdbeerpüree – frisch gefertigt und doch mit einem gewissen Synthetik-Anteil.

So ließe sich Xerjoffs „La Capitale“ auf meiner Haut mit wenigen Worten beschreiben.
Aber es wäre nicht diese Marke, würde man nicht doch versuchen aus bloßem, leicht vergoren riechenden Früchten etwas Duftendes zu kreieren.
Hier werde ich sehr an die neueren, meist rosaroten und weißen Snake-Kompositionen von Stéphane Humbert Lucas erinnert, in denen ich den mir so vertrauten Duft-Designer so gar nicht wiedererkennen kann, der seine "Zaubertränke" offeriert.

Bietet „Erba Pura“ einen Fruchtcocktail an, dessen Bestandteile noch gut erkennbar sind, so erscheint „La Capitale“ als ein süßes Püree aus Erdbeeren und sehr reifen Pfirsichen, mit reichlich Karamell vermischt und verfeinert durch eine Labdanum-harzige Rauchnote.
Diese sämige Frucht-Mixtur bekommt durch recht kräftige dunkelbraune Ledernuancen, zusammen mit orientalisch gewürzten Rosen (inzwischen bereits ein Klassiker) eine gewisse Stabilität und es verwundert nun auch nicht mehr, dass eine gut abgemessene Dosis dunklen Ouds erscheint; meiner Dufterfahrung folgend bietet sich diese Melange auch an:
Rosen-Oud mit Leder in Erdbeerpüree-Begleitung …
Durch die Beigabe von Benzoe-geharzter Vanille erinnert Xerjoffs „La Capitale“ jetzt endgültig an Omas Waschküche, wo sie in einem großen Zuber Erdbeermarmelade kochte und der aufsteigende sehr süße Wrasen den Raum füllte.

Man muss schon Obst-schwere Duftkompositionen sehr lieben, wenn man bereit ist, diese zur Begleitung zu wählen; wobei „La Capitale“ noch über die Xerjoff bekannte Haltbarkeit verfügt.
Wer möchte so duften wie meine geliebte Großmutter, wenn sie das letzte Glas Marmelade verschlossen und von aromatisch-süßem Erdbeeraroma umspielt, in ihrer Kittelschürze (eine von denen nicht mehr unbefleckten, die nur für die Obstverarbeitung angezogen wurden) in der Tür zum Hof stand und sich über die getane Arbeit freute?

Mich lässt „La Capitale“ lächeln und in meine erdbeerrosa Sommerferien der Kindheit reisen oder aber es versetzt mich an einen der viele kleinen Stehtische, die das sommerliche Bauernmarkt-Geschehen als Mittelpunkt vieler italienischer Städten umstehen und wo ich mich unter einem bunten, Schatten spendenden Sonnenschirm mit etwas kühlem Prickelndem im Glas zu einer Pause und ungezwungenen Plaudereien mit Passanten eingefunden habe.

„La Capitale“ = versprühte rosarote Erdbeersommer-Nostalgie.
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