SlyFox1985

SlyFox1985

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1 - 5 von 26
SlyFox1985 vor 8 Jahren 11 2
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Nicht höher, schneller, weiter. Sondern leichter, schlanker, vielseitiger. Der kleine Bruder ist einen Test wert!
Ich bin einer von vier stolzen Besitzern des neu lancierten Bentley-Bruders auf Parfumo. Und ich verstehe es nicht so recht. Denn dieser Duft verdient definitiv mehr Aufmerksamkeit - für seine Wertigkeit, sein tolles Preis-Leistungsverhältnis und die absolut passgenaue Ergänzung der eh schon sehr riechenswerten Bentley-Serie. Also so nicht, Freunde des Duftes *zwinker* :) Grund genug, mich zurückzumelden. Damit auch ein frohes, duftiges, schönes neues Jahr von meiner Seite!

Dieser Duft war ein von mir ausgesuchtes Weihnachtsgeschenk einer lieben Person, denn ich bin seit längerer Zeit Besitzer des Bentley EdT, das ich sehr schätze und gerne benutze. Ein reichhaltiger Duft voller Durchsetzungskraft, süß und edel, schön für kalte Zeiten. Der jüngere Bruder nun ist etwas schlanker arrangiert, passt aber trotz der auf dem Papier nicht allzu großen Überschneidungen (Pfeffer, Zitrisches, Patchouli) hervorragend zum Erstling. Eigentlich wenig überraschend wenn man bedenkt, dass für beide Düfte die nicht ganz unbekannte und von mir sehr geschätzte Nathalie Lorson verantwortlich zeichnet. Und die hat sich, betrachtet man das Ergebnis, einige Gedanken darüber gemacht, wie man das Portfolio sinnvoll ergänzen kann. Was hatte man bisher? Bis auf das eher wenig beachtete Azure (das ich noch nicht kenne und das auch nicht von Firmenich stammt) sehr reichhaltige, süßlich schwere Sillagehämmer. Und gut gelungene. Braucht man davon noch mehr? Nein. Was haben wir also hier?

Der Duft startet elegant zitrisch, viel zitrischer als sein großer Bruder, sogar leicht seifig. Auch mehr als der große Bruder, obwohl in der Duftpyramide des Infinite beispielsweise kein Moschus erwähnt wird. Die seifige, wohl dank Veilchen- und Zedernblatt (Blatt? Müsste es nicht Nadel heißen? Aber ich glaube Nadeln sind streng genommen auch Blätter) leicht grün angehauchte Frische wird in der Spur gehalten und untermauert von dezent edlen, süßlich angehauchten Untertönen, die über die Zeit hinweg konstant präsent bleiben. Damit wird ein Abdriften in die seifig-frische Ausdruckslosigkeit vieler moderner Herrendüfte verhindert. Zitrische Akzente verschwinden wie gewohnt recht schnell - zur Basis hin geben dann leichte, punktuell gesetzte holzige Anleihen dem Duft das nötige Rückgrat, während sich der grün angehauchte Gesamtcharakter von frisch hin zu eher erdig wandelt. Durchgängig erschnuppere ich Wertigkeit, die synthetischen Anklänge sind zwar durchaus vorhanden, allerdings ist dieser Duft von den gängigen Drogeriedüften deutlich weiter entfernt als auf der anderen Seite von der Premiumliga mit Amouage und Co.

Das ganze Schauspiel dauert in etwa gut durchschnittliche 6 Stunden, schlanker, leichter als der Big Brother, schön auch für die wärmeren Jahreszeiten. Die Sillage ist präsent aber unaufdringlich, stets wahrnehmbar, aber nie zu viel des Guten. Und der Flakon über jeden Zweifel erhaben. Für mich. Jeder, der den großen, bauchigen Bruder zuhause stehen hat, weiß, wie edel der wirkt, und der kleine Mann steht dem in nichts nach. Passend zum Duftkonzept ist er lediglich etwas zierlicher gestaltet, nicht so wuchtig. Passt!

Dieser Bentley ist in jeglicher Hinsicht ein Gentleman, ein galanter, edler Duft, viel puristischer als der Big Brother, mehr in Richtung Understatement, feiner, fast ein bißchen britisch, leicht distanziert, aber dennoch klar maskulin ausgerichtet durch dezent holzige Akzente. Keiner für die große Bühne. Aber den hat Bentley ja auch schon. Infinite hingegen ist wunderbar geeignet zum feinen Unterstreichen eleganter Garderobe, ist vielfältiger einsetzbar. Und das Schöne ist, dass sich hier trotz aller Unterschiede eine Art Bentley-Handschrift herauskristallisiert, die meiner Ansicht nach gerade in Zusammenarbeit mit Firmenich durchaus fortgesetzt werden sollte.

Zum Schluss nochmal ein kleiner Testaufruf, gebt diesem Duft eine Chance :) ich zitiere sinngemäß aus einem Kommentar des von mir sehr geschätzten Leimbacher. Er schrieb zu einem anderen schönen Duft, 2Man von Comme des Garcons, dass jeder Mann, der diesen trage, mehr Geschmack und Stil beweise als 90% aller anderen Männer. Das trifft meiner Meinung nach auch auf diesen Bentley zu. Und für den guten Preis erhält man ein wirklich wertiges Produkt. Chapeau!
2 Antworten
SlyFox1985 vor 8 Jahren 15 5
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft
Der Mythos des schwarzen Panthers: auf der Jagd nach dem letzten Prozent
Bezüglich des schwarzen Panthers heißt es im Internet:

"Bei den Indianern Nord- und Südamerikas galt vor allem der schwarze Jaguar [siehe dazu nächster Abschnitt, Anm.d.Verf.] als mächtig und magisch. Er klettert, läuft und schwimmt - besser noch als der Tiger. Und deshalb wurde er bei den lateinamerikanischen Indianern zu einem Symbol unermesslicher Macht und Meisterschaft über alle Dimensionen. Die Tucano-Indianer des Amazonasgebietes hielten das Brüllen des Jaguars für Donnergrollen, und deshalb war der schwarze Panther für sie auch ein Gott der Dunkelheit und konnte Finsternisse erzeugen, indem er die Sonne verschluckte."

Oft besteht in der Umgangssprache Unklarheit bezüglich der Namensgebung von Großkatzen. Ein Zitat aus der Online-Enzyklopädie Wikipedia hilft uns weiter und sorgt für Klarheit:

"Ein schwarzer Panther oder schwarzer Panter ist ein Leopard (Panthera pardus), dessen Fell eine durchgehend schwarze Färbung aufweist, statt wie üblich schwarze Rosetten auf einem gold-gelben Grund. Unter günstigen Lichtverhältnissen ist die eigentlich gefleckte Fellzeichnung aber immer noch zu erkennen. [...] Neben diesen werden auch schwarze Jaguare (Panthera onca) [...] als Panther bezeichnet."

Anlässlich eines besonderen Kommentars zu einem besonderen Duft habe ich nach Assoziationen gesucht. Wie so oft ist die allererste die beste. Der Panther. Warum, darauf komme ich später zurück.

Mittlerweile habe ich den "schwarzen Afganen" erlegt, meine mühevolle Jagd ist somit beendet, allerdings hat sie auch eine Zeit gedauert. Meine erste Berührung mit diesem raren Vertreter ist bereits einige Wochen her. Ich war wie so oft im Kölner Großstadtdschungel unterwegs, das mittlerweile auf gutes Maß trainierte Riechorgan geschärft und bereit zum Sturmangriff auf seltene Düfte. Es ist ein bisschen wie bei Pokémon...man begibt sich zu einem bestimmten, unbekannten Ort, gespannt, ob man das seltene Tierchen zu Gesicht bekommt, alle Sinne hochkonzentriert.
Nun, ich (be)kam, ich sah auch, siegte aber nicht. Denn tatsächlich wagte sich der seltene Duft aus seinem Versteck in einem hoch gelegenen Regal, das darauf folgende Dufterlebnis führte aber bei mir zum Fluchtreflex. Die erste Parallele zum schwarzen Panther übrigens, der den wenig geübten Sucher (gehen wir mal im Sinne des Tierschutzes davon aus, dass das Ziel eine Sichtung, keine Gefangennahme ist) sicherlich auch schnell in die Flucht schlägt. Tatsächlich hatte ich genau diese Assoziation, meine allererste war zunächst nur, das Parfum riecht nach Tier. Später habe ich versucht, "Tier" auszudifferenzieren und kam auf Katze. Ich war jahrelang Katzenbesitzer, aber diese Katze ist groß und schwarz, ein Panther, strenger, animalischer, krautig angehauchter würziger Geruch. In dem Moment für mein Näschen zu viel des Guten. Der freundlichere Duro siegte, aber der "schwarze Afgane" hat sich in mein Hirn gebrannt, dort festgesetzt. Ende der ersten Sichtung. Eine "Federsichtung" übrigens, das fragliche Geschäft verwendet diese als Probeobjekte. Es gab keinerlei Hautkontakt! Und trotzdem war eigentlich klar dass ich zurückkehren würde...

...was diese Woche passierte. Ich kam, um einen Duro zu erlegen, was mir ohne größere Mühe gelungen ist. Duros lassen sich relativ gut zähmen, sind zwar auch wild, rau und laut, aber beherrschbar. Mit ein wenig Zeit und Hingabe wird ein Duro sogar handzahm, je nachdem wie viel Mühe der Träger investiert. Ich habe das hinbekommen.
Aber ein "schwarzer Afgane"? Ich habe ihn wiedergerochen an diesem Tag, ich habe mich gewagt, ihn anzufassen, und da war sie wieder, diese animalisch-kräutrige dunkle Nebelwolke. Es war als würde mich der Panther aus seinen gelbgrünen Augen anstarren und mich fragen: bist du stark genug? Hältst du mich aus? Zum Teil! Diesmal habe ich eine Spur der schwarzen Essenz mitgenommen. Trotzdem habe ich mich gefragt, ob ich dieses Biest von einem Duft auch aushalte, ob meine Fähigkeiten ausreichen, ihn zumindest im Zaum zu halten. Einen "schwarzen Afganen" zu zähmen, nein, das halte ich für schwer. Der wird immer seinen Willen behalten, einen eigenen Kopf haben, nie ein Mitläufer sein. Hauskatzen sind dafür bekannt, und Panther somit wohl erst recht...aber das war auch der Grund für mich, jahrelang eine Hauskatze zu halten. Ich mag Charakterköpfe, Charaktertiere, Charakterdüfte. Der Wandel kam am nächsten Morgen, und dann ging alles sehr schnell.

Beschreibungen von Duftverläufen möchte ich hier sehr eingrenzen - den meisten Parfumos, die bis auf diese Seite gelangt sind, ist wohl mehr oder weniger bekannt, was im Flakon steckt. Ich komme jedoch zurück auf die Zitate, mit denen ich den Kommentar begonnen habe. Im Licht des nächsten Morgens habe ich auf die Reste meines "schwarzen Afganen" geschaut, und ich konnte auf den gold-gelben Grund seines "Felles" sehen. Ich habe wahrgenommen, was viele an diesem Duft so fasziniert. Was mir am ersten Tag wie eine schwere, übermächtige schwarze Wolke vorkam, kaum zu durchdringen, offenbarte auf einmal ungeahnte Facetten. Es war, als hätte mich der Duft für das Ausharren belohnt. Da gibt es soviel. Grüne Kräuter, gerösteten Kaffee, Facetten von Weihrauch, stets begleitet von einer leicht animalischen Grundcharakteristik, feinwürzig und alles andere als dumpf oder laut. Aus dem rechten Licht betrachtet, offenbart der zunächst pechschwarze Panther sein wahres Fellmuster wie ein Mosaik von Duftnoten. Aber immer noch dicht verwoben, eine Note verschwindet wieder, während die nächste in einem Lichtstrahl flüchtig auftaucht, sich mit einer weiteren zu etwas Neuem verbindet. Mal intensiver, dann wieder flüchtig. Aber stets faszinierend. Langanhaltend. Kraftvoll.

Ich habe an diesem Tag mein Rucksäckle gepackt mit allem, was ich brauchte, um einen "schwarzen Afganen" zu erlegen. Ich habe ihn durchschaut, seine Taktik analysiert. Er brüllt laut. Sehr laut, es ist wie das Donnergrollen des Jaguars. Fühlt er sich gestört, gibt er sich finster wie die Nacht, verschluckt jegliche Helligkeit. Aber wer aushält, findet das Licht am Ende des Tunnels. Und erliegt seiner Faszination, denn hat er einmal Vertrauen gefasst, bindet er sich wie kein anderer. Geradezu magisch, loyal, treu. Er läuft, klettert und schwimmt, besser und länger als jeder andere Duft den ich kenne. Er hat Kraft und Ausdauer - und dennoch, Aufmerksamkeit ist stets gefordert, denn er ist kein Duro. Mitunter faucht er, kratzt, beißt, nur um sich im nächsten Moment wieder anzuschmiegen, geradezu warm und schmeichlerisch schnurrend. Verwandlungskünstler.

Die Jagd auf den "schwarzen Afganen" war für mich auch die Jagd nach dem letzten Prozent. Das hat sich aber erst heute so entschieden. Black Afgano hat wie kein anderer meine Fantasie zu schreiben angeregt. Dieser Duft hat für mich, um es nüchtern und bildfrei auszudrücken, alles, was ein gutes Parfum haben muss. Er zeigt Kante, setzt ein klares Statement. Er besitzt Ausstrahlung und Haltbarkeit ohnegleichen. Er ist wandlungsfähig und zeigt mir im Verlauf immer wieder neue Seiten. Er riecht hochwertig und nicht synthetisch. Die verwendeten Duftnoten gehören zu meinem Favoriten, und, er ist trotz seiner Härte weder vulgär noch kalt. Animalisch wild, ja. Vulgär, nein. Das ist ein großer Unterschied. Somit fallen zum 25. Kommentar, früher als erwartet, die 100%.

By the way, bezüglich der Genialität des Flakons mit Einzelstückdeckel muss ich kein Wort mehr verlieren, oder?

Du? Ja, genau du! Du kennst Black Afgano nicht? Teste ihn!
5 Antworten
SlyFox1985 vor 8 Jahren 7 1
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Stiefväterlicher BMW inmitten eines orientalischen Basars, dazu ein Glas O-Saft - oder: "Freude am Riechen"
Manche Kommentare müssen erst reifen. Wenn man sie zu früh "abpflückt", sind sie ungenießbar, farblos, inhaltsleer. Dieser hier war für mich so einer, denn ich hatte eine kleine Weile gebraucht, um die Puzzleteile dieses schönen Duftes in meiner Nase und meinem Kopf zu sortieren. Als ich damit fertig war, kam mir dann die Headline in den Sinn. Eine Alternative dazu wäre übrigens gewesen: "edles Tröpfchen vernebelt mein Köpfchen". Das beschreibt meine Erfahrungen mit Colonia Oud zwar auch, ist aber etwas weniger informativ und differenziert... ;)

Getestet habe ich ihn mehr durch Zufall, denn als ich gestern im Apropos ConceptStore in Köln (der viele viele wunderschöne Nischenmarken führt) einen meiner absoluten MustHaves, Duro, eingekauft habe, hat die offensichtlich dufterfahrene Verkäuferin mit diesen zweiten Duft um das Thema Oud als Pröbchen dazugelegt. Vorab sei noch gesagt, dass ich (noch) kein Experte im Hinblick auf diese exquisite Duftnote bin. Ich habe aber mittlerweile einige Düfte in dieser Richtung angetestet, alle sehr unterschiedlich (Red Aoud, Oud Save The King, Duro, Black Afgano, und eben Colonia Oud), und kann daher zumindest grob einordnen, was man mit dem Oud in diesem Duft getan hat bzw. wie man versucht hat, es in Szene zu setzen. Damit zum Duft.

Und der tut man Anfang etwas, was ich mittlerweile sehr zu schätzen weiß: er zeigt Kante. Das mag für viele Oud-Düfte, aber nicht für alle gelten (siehe Oud Save The King). Eine Eigenschaft, für die ich Oud zu schätzen weiß. Es zeigt, wo der Hammer hängt, sagt mir, hier bin ich. Unmissverständlich. Die zitrische Cologne-Charakteristik, in die das Oud hier eingebettet wurde, nimmt sich selbiges in meinen Augen auch noch eher an die Hand, als es abzudämpfen. Der Grundtenor ist scharf, eher glänzend, silbrig, herb aber nicht medizinisch, dank des Ouds weniger frisch, dennoch zitrisch angehaucht. Markant und charakterstark, ergänzt durch würzige Noten, die aber wenig Wärme geben, in dem Fall eher auch nur Tupfer, zumindest auf meiner Haut. Ja, und dann ist da das BMW-Leder. Back to headline.

Ich muss gestehen dass ich nicht alle Vorkommentare gelesen habe, daher weiß ich nicht, wie es euch mit dem Leder in diesem Duft geht. Das kommt für mich ziemlich schnell, eigentlich direkt in der Kopfnote, und intensiviert sich in der Herznote. Ich bin ein großer Lederfan, ich liebe Tuscan Leather oder auch Cuir d'Ange. Aber es gibt auch eine Art Leder, die ich nicht mag, und das ist mir immer dann aufgefallen, wenn ich in der neuesten Dienstwagenausgabe meines Stiefvaters sitzen durfte: eine große BMW-Limousine mit feinsten Ledersitzen. Diese Ledernote hatte für mich immer gleichzeitig hell-stechende und stickige Noten, die bei mir zu Kopfschmerzen führen. Auch eine leichte Synthetik konnte ich wahrnehmen.
Das Leder in Colonia Oud hat für mich eine ähnliche Charakteristik, wobei es durch das Oud und die Gewürze etwas abgerundet wird. Dennoch ein sehr heller, wenig warmer, etwas kratziger Ledergrundton. Edles Tröpfchen vernebelt mein Köpfchen. Da beißt das Mäuschen kein Fädchen ab.

Im Verlauf des Duftes nimmt die zitrische Charakteristik wie zu erwarten ab, würzige Noten nehmen noch etwas zu. Dank starker, aber nicht überbordender Sillage und überdurchschnittlicher Haltbarkeit versorgt uns der Duft über viele Stunden (ich denke 8-10) mit seinen leicht harzigen, hellledrigen, angewürzten Basisakkorden, sehr positiv hervorzuheben da Colognes ja eher Sprinter sind und keine Dauerläufer. Der Flakon ist klassisch, simpel, wertig, weniger innovativ, aber absolut in Ordnung.

Apropos Cologne, was ist dieser Duft denn nun eigentlich? Was will er sein? Ein Cologne? Ein Orientale? Hier komme ich zu dem Punkt, der mich an dem Duft noch am meisten fasziniert hat, nämliche diese feine, ausgewogene Verblendung beider Seiten, die sich tatsächlich in dieser Form viel besser ergänzen als ich dachte. Wie oben bereits angedeutet, die Orangen nehmen das Oud an die Hand, führen es, unterstützen es, bis sich der Spieß umdreht und das Oud wiederum Hand in Hand mit Leder und Gewürzen eigene Wege geht. Die Übergänge sind fließend, fein, harmonisch, jeder Handwerksgriff sitzt. Dafür zolle ich diesem Duft eine Menge Respekt.

Leider ändert das nichts daran, dass er nicht zu mir passt. Mir fehlt etwas an diesem Duft, etwas Entscheidendes. Mir fehlt die Wärme. Duro zum Vergleich ist ein wildes Tier, ohne Frage, ungezähmt, raubeinig, aber der Duft strahlt auch Wärme und Herzlichkeit aus dass die Nase vor Freude tanzt.
Colonia Oud ist viel distanzierter, gesitteter, eher kühl-glänzend, trotz seiner starken Charakteristik und seiner Markanz glatt. Aber auch viel eleganter als etwa Duro, zwei Seiten derselben Medaille. Solche Düfte passen jedoch nicht zu mir, ich mag so einfach nicht riechen. Ich mag Wärme, Freundlichkeit. Ich mag eine BMW-Limousine mit Ledersitzen, um damit ab und zu durch die Gegend zu cruisen, das macht Spaß, alles ist toll abgestimmt, Freude am Fahren. Colonia Oud ist Freude am Riechen. Aber allzu schnell machen mir beide Kopfschmerzen, und ich kehre zu Duro zurück; oder um den Vergleich erneut zu bemühen, zu einer M-Racing-Version mit Sportsitzen ohne Leder. Ungezähmt und rau. Chapeau!
1 Antwort
SlyFox1985 vor 8 Jahren 22 5
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
+++ Eilmeldung +++ Amouage-Parfum spaltet Duft-Community +++ oder: Amouage goes "Brazilian Summer"
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Aufruhr innerhalb der Duft-Community "Parfumo". Dort sorgt zurzeit die neueste Erscheinung des arabischen Dufthauses "Amouage", namentlich "Sunshine", für weit auseinandergehende Meinungen bei den Mitgliedern/Innen. Es scheint wenig zu geben zwischen absoluter Zustimmung und ebensolcher Ablehnung, was sich in teils deutlichen Statements und Kommentaren wiederspiegelt. Unruhige Zeiten für den edlen Duftneuling im Luxusflakon. Wohin es für ihn letztlich gehen wird, ist zurzeit ungewiss, denn nach aktuellen Informationen ist die Tendenz des Wertungsstandes leicht abnehmend. Grund zur Sorge? Sobald neue Informationen folgen, werden wir Sie selbstverständlich umgehend in Kenntnis setzen.
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So oder so ähnlich könnte eine Meldung über diesen sehr zwiespältig wahrgenommenen neuen Duft aussehen. Obwohl er in den Kommentaren weitestgehend positiv aufgenommen wird, gibt es gerade von (nehme ich zumindest wahr) auch einigen erfahreneren Mitgliedern Statements, die auf völliges Unverständnis schließen lassen. Was ich nach meinem Test gut nachvollziehen kann. Begeistert hat mich Sunshine Man aber trotzdem, denn er ist wirklich ungewöhnlich. Damit zum Duft.

Mein erster Gedanke, glaubt es mir, direkt nach dem Aufsprühen, war: Sommer! Das riecht so verdammt nach Sommer! Aber nur der erste. Anschließend hat mir die mehr als kräftige Kombination von Immortelle und Lavendel den Riechkolben so sehr durchgeblasen, dass ich mich erstmal abwenden musste. Wow. In der Kombination mit alkoholisch-beschwipsten Noten und süßlich-überreifer Orange, hier als Orangen-Brandy bezeichnet, hab ich das noch niemals gerochen. Das ist so speziell, so besonders, das kann vielleicht nur von Amouage kommen. Ein tolles natürliches Flair hat er indessen, der "Orangen-Brandy" ist toll umgesetzt, da riecht nichts nach Plastik.
Nach diesem leichten Geruchsschock bleibt der Duft zunächst erstmal ziemlich schwer und süß, aber auch scharf, ich meine teils sogar an Minze erinnernde Noten herauszuriechen. Riecht Wacholder scharf? Da bin ich (noch) überfragt. Könnte mir aber vorstellen dass das passt. Die Schärfe setzt übrigens einen Kontrapunkt zur leicht alkoholischen Süße, die dadurch absolut unpappig wirkt. Und da ist er wieder, der Sommer! Aber was für ein Sommer denn? Kein seichter, braver Sommer mit Liege am Strand, nein, Amouage bringt uns einen anderen Sommer.

CUT +++ Ich lass mal meine Gedanken ein bißchen wandern und fühl mich nach Brasilien versetzt...Samba-Rhythmen erfüllen die Straßen, um mich herum tanzende Menschen vor einem glühendroten Feuerball, der am Abendhimmel untergeht...eine schwere Süße liegt in der schwülfeuchten Luft, Cocktails werden geschlürft, ein leichter Duft von Tabak und Alkohol begleitet die ausgelassene, fröhliche Stimmung... +++ CUT.

Brazilian Summer, das ist Sunshine Man für mich. Und damit kann ich seinen Verwendungsbereich ziemlich klar eingrenzen, denn der passt für mich weder in den Winter, noch in den Frühling, noch in sommerliche oder herbstliche Mittagshitze...das ist für mich ein Ausgehduft wie er im Buche steht, für sommerliche und herbstliche Parties und rauschende Abende.
Apropos, ja, der weitere Verlauf, Ich war ins Schwelgen geraten, man möge mir verzeihen. Was macht der Duft weiterhin? Recht leicht zu erklären, die Schärfe zieht sich zurück, die Süße bleibt. Sie fächert sich mit der Zeit noch ein wenig auf, die alkoholig-orangigen Noten werden durch zurückhaltende Sandelholzakzente geerdet und durch die Tonkabohne etwas cremig verfeinert. In diesem Stadium verharrt der Duft für lange Zeit und klingt auch so aus, aber erst nach vielen Stunden. Dabei ist er jederzeit deutlich wahrnehmbar, Haltbarkeit und Sillage sind also beide im oberen bis obersten Bereich. Und das Schöne ist, dass sich der tolle Orangen-Brandy-Akkord bis in die Basis zieht und den Duft damit vor dem vielleicht mancherorts befürchteten Standard-Vanille-Tonka-Ausklang bewahrt. Der riecht besonders bis zum Schluss.

Was soll ich zum Flakon sagen, ich finde er sieht phantastisch aus. Ganz große Klasse, wie man die Eleganz des bewährten Flakons mit sommerlicher Frische verbunden hat.

Fazit, ja. Fazit. Ein sehr spezieller Duft, alles andere als 08/15, und vor allem kein typischer Sommerduft, denn dafür ist er doch zu süß, trotz gut gesetzter Kontrapunkte. Trotzdem habe ich selten in letzter Zeit etwas so Sommerliches gerochen, da ist wie so oft bei Amouage das Ganze viel mehr als die Summe seiner Teile. Kaum einer bläst dir so den Sommer um die Ohren. Und trotzdem, ich glaube, ihm fehlt die Komplexität, um ein ganz Großer zu werden. Dafür ist er im Aufbau zu linear, zu puristisch in der Auswahl der Noten. Gerade das wird auch weiterhin für Diskussionen sorgen, denn die Kreationen, die ich bisher von Amouage kennen lernen durfte, waren alle über die Maßen komplex, vielschichtig, fein verwoben. Aber gerade der hier an den Tag gelegte Purismus macht auch die enorme Authentizität dieser Kreation aus. Man bekommt, was auf dem Flakon steht, und das über alle Maßen. Ich vermute mal, dass er sich hier auf Parfumo in den mittleren bis unteren Siebzigern einpendeln wird.

So ist man also in mehrerlei Hinsicht neue Wege gegangen im Oman, nicht nur die Auswahl der Noten, sondern auch der Duftaufbau, beide folgen nicht dem gewohnten Konzept. Mich würde übrigens interessieren, wer eigentlich für den Duft verantwortlich zeichnet. Nichtsdestotrotz, das hier ist einer der außergewöhnlichsten und schönsten Sommer(ausgeh)düfte die ich kenne, und, um mich mal ein bißchen aus dem Fenster zu lehnen, vielleicht auch auf dem Markt. Daher eine unbedingte Testempfehlung. Kaufen würde ich ihn definitiv auch gerne, aber seine beschränkte Einsatzfähigkeit, die kalte Jahreszeit und der horrende Preis halten mich zurzeit davon ab.
Noch...
5 Antworten
SlyFox1985 vor 8 Jahren 4 2
10
Flakon
2.5
Sillage
2.5
Haltbarkeit
6
Duft
"Blaues Wunder" - frisches, seifiges, leicht gewürztes und angesüßtes Understatement
Mein erster Duft dieser Marke, oder, nein, nicht ganz. Ich habe Sartorial mal ganz kurz angetestet, aber nur so kurz, dass das nicht zu einem Urteil, geschweige denn Kommentar befähigt. Sartorial ist natürlich mit der 33 absolut nicht zu vergleichen. Die Nummer 33 ist eine Art Jubiläumsduft zum (seltsamerweise) 145. Geburtstag der britischen Traditionsmarke. Siehe Wissenswertes. Ich bin ja gespannt was zum 150. kommen wird... aber nun kurz zu dem, was Penhaligon's zum Cologne No.33 ankündigt: der Duft soll nach eigener Ansicht das Erbe der Marke mit seinem ausdauernden Wesen verbinden, soll Tradition mit Moderne verknüpfen. Ob er das Erstere schafft entzieht sich in gewisser Weise meiner Urteilskraft, da ich dazu mehr Überblick über das Schaffen des Hauses benötigen würde. Aber vielleicht können meine ausführlichen Eindrücke dazu beitragen, was euch und uns hier erwartet und vielleicht auch, ob es eher traditionell oder eher modern daherkommt (hier habe ich schon ziemlich konkrete Vorstellungen, die nicht jedem gefallen werden). Damit zum Duft.

Das Cologne startet frisch-zitrisch, seifig, mit einer leicht gewürzten Süße, die ansatzweise erkennen lässt, was in der Duftpyramide so eindrucksvoll festgehalten wurde. Ich sage bewusst, ansatzweise, denn wenn ich mir die Pyramide anschaue, dann erwarte ich eigentlich, von einem Gewürz- und Blumenteppich erschlagen zu werden. Das tut der Duft nicht, er präsentiert sich eher fein; trotzdem irritierend frisch. Den Muskatellersalbei kenne ich unter anderem aus Antaeus, er schenkte bereits dem griechischen Halbgott warm angehauchte leicht herbe Krautnoten. Der ist hier auch gut erriechbar, aber ein wenig kühler in Szene gesetzt, etwas distanzierter. Er gibt in der Kopfnote aber immerhin einen angenehmen Gegenpol zur frischen, synthetischen Seifigkeit, die eigentlich woher genau kommt? Frage an die Experten unter uns. Das geht über Zitrusfrüchte hinaus, aber so recht kann ich das nicht zuordnen.

Apropos, wie so oft mit Zitrusfrüchten, sie bleiben nicht allzu lange. Etwa 30 Minuten sind die zitrischen Anleihen noch zu erahnen, dann erscheint eine hauchfein angewürzte, blaue (ich stimme Rivegauches Statement absolut zu) und nur ganz dezent blümelige Herznote, die für mich olfaktorisch wirklich schwer zu zerlegen ist. Flashback in den letzten Absatz: hätte man hier wirklich alles, was unter Herznote angegeben ist, in ordentlichem Maße reingeknallt, hätte das entstandene Gemisch vermutlich selbst den Roadrunner schachmatt gesetzt. Lavendel, Jasmin, Rose, Maiglöckchen, Safran, Pfeffer. Das wäre der Blumengewürz-Overkill schlechthin, schwer und stickig. In der Herznote von No.33 erahne ich allenfalls einen Hauch von Rose und Lavendel. Ein Lavendel, der sehr brav und lieb daherkommt, englisch-aufgeräumt. Passt aber zur Rose, die ebenso eine feine und zarte ist, nur zu erahnen. Pfeffer hingegen erkenne ich in der Regel mindestens 3 km gegen den Ostwind - er ist einer meiner Lieblinge. Und hält sich hier irgendwo da versteckt, wo sprichwörtlich der Pfeffer wächst. Das gilt auch für den Safran, den ich neulich im 2Man näher kennenlernen durfte.

Der Übergang von der Herz- in die Basisnote gestaltet sich ebenso subtil, wie das ganze Cologne subtil ist. Es wird noch ein wenig unsüßer, bleibt aber blau, etwas seifig, frisch, vielleicht ganz minimal moosig, allerdings nicht holzig oder rauchig, wie man vielleicht annehmen könnte. Ich muss zugeben, dass es über den ganzen Verlauf hinweg etwas Feines, Erhabenes an den Tag legt, das ich durchaus mit britischem Understatement in Verbindung bringen kann. Auf ähnliche Art klingt der Duft auch aus.

Die Silage ist dabei ebenso zurückhaltend wie die Haltbarkeit, aber wer ein Eau de Cologne kauft, erwartet auch nichts anderes. Nach spätestens 3-4 Stunden ist Schluss mit lustig. Der Flakon, ja, den finde ich schön. Mit hübschem Schleifchen, wie es sich für das englische P gehört. Ich möchte unbedingt auch mal so einen bei mir stehen haben. Aber...

...dann wird es vermutlich nicht die Nummer 33. Das hat auch subjektive Gründe. Ich halte das Cologne in seiner Gesamtheit für einen feinen, zarten, fast (!) stimmigen Duft. Von den vielen angegebenen Inhaltsstoffen sind die meisten wohl nur in homöopatischer Dosis zugesetzt, was zu einem frischen, leicht würzig-süßen, sehr fein verwobenen aber auch etwas distanzierten Dufteindruck führt. Aber warum ist der eigentlich so künstlich-blau? Das ist, was mir nicht gefällt. Okay, bleiben wir sachlich, ich versuche mal ein wenig das Thema Tradition vs. Moderne aufzugreifen. Hier finde ich rein objektiv, hat Penhaligon's sein Ziel erreicht. Englische Dufttradition, ich kenne sie noch nicht allzu gut, aber ich empfinde die feinen Nuancen, die Distanziertheit, Distinguiertheit des Duftes als dazu sehr gut passend. Und die Moderne ist ja nun mal auf synthetische Frische getrimmt, auf "Duschgel-Noten". Mag man das jetzt gut oder schlecht finden, das hat der Duft auch. Insofern ist das Konzept schon stimmig.

Hätte man jetzt die blaue Seifigkeit noch etwas zurückgenommen, dann wäre ich auf meine 70% gekommen. Mehr hätte ich ihm auch rein subjektiv nicht gegeben, da ich eher kräftige, sillagestarke Düfte bevorzuge. Aber die Duschgelbasis, die gefällt mir nicht. Das mag ich nicht tragen. Dennoch, rein vom Handwerklichen empfinde ich die feine Komposition als eher überdurchschnittlich.
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