Soulmates

Soulmates

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1 - 5 von 53
Soulmates vor 9 Jahren 4
10
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Ich bin Moschus!
Extase Magma - klingt wie der wiederholte und nochmal Flanker von einem richtig schlechten Duft. Fakt ist: Es ist ein (wundervolles) Oldschool-Moschus reinsten Wassers, floral, dicht und eindeutig. Ein Bilderbuch-Musk, wie es wahrscheinlich nie wieder produziert werden will, kann, soll; in einem vergessenen oder inzwischen weithin vernachlässigten Stil, der selbst zu Leuten, die nichts darüber wissen, sagt: "Moschus. Ich bin Moschus."
Der Duft - der Testflakon ist ein Pumpdeo, das sich kaum bzw. nicht vom damals gängigen Aftershave unterscheidet - beginnt alkoholisch-verquer, Aldehyde und Lippenstift, wie viele Vintagemusks, geht dann zügig über in einen floralen Ton, sehr ähnlich dem ersten Kouros*, der sich zu gleichen Teilen aus Gewürznelke, Narzisse/Tulpenstängel und einem süßen, fäkalischen Ton (Honig) zusammensetzt. Viel mehr passiert nicht. Es hält vier Stunden an, zieht sich zurück, kommt aber wieder, wenn man sich anstrengt, schwitzt, lebt. Auf Kleidung und im Haar hält das milchig-trübe Deo einen knappen Tag lang. Schade, dass es so etwas nicht mehr gibt. Zumindest nicht für 7,50 Euro.

* Oft ist das mit den Reformulierungen ja zu verkraften. Kouros ist relativ drastisch, wobei es sich m. E. zwischen Alt und Neu verhält wie bei Vinyl im Verhältnis zur digitally remastered DVD. Im Grunde dasselbe Erlebnis - aber es fehlt an Lebendigkeit.
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Soulmates vor 9 Jahren 11 3
10
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Schmackhaft
Aramis ist über weite Strecken ein aromatisch-florales Zitrus, das länger durchhält als die meisten. Mit der Zuschreibung "Leder" tue ich mir - wie so oft - schwer. Welches Leder duftet auch nur ähnlich? Solches, das Aramis abbekommen hat? Ein scharfer, frischer und langanhaltender Cologne-Auftakt, ein seltenes, ziemlich reines Erlebnis von Myrte, etwas dirty Musk, ein cremiger Sandelholz-Drydown mit dem Gefühl von Kokos. Diese sind die wesentlichen Eigenschaften von diesem Monolith des guten Stils, eines Dufts, der mit Fug und Recht den Anspruch erheben darf, der einzige, die Signatur zu sein. Eigentlich braucht`s nicht mehr, um in jeder Situation und auf jedem Parkett voll und ganz gerüstet zu sein, Aramis wird nie langweilig - was ihn fast schon wieder langweilig macht. Kann so ein vermeintlich unspektakuläres Machwerk tatsächlich ultimativ sein?
Die Zutatenqualität wirkt außerordentlich hoch, fast wie bei einem Pflegeprodukt, Haarwasser, in diese Richtung. Seine leicht ölige Textur, viel Würze und etwas fast Schmackhaftes, ein ungewohntes Gourmand-Gefühl, geben Aramis einen gewissen Mehrwert, einen Spezialitätenstatus. Und so paradox es bei diesem relativ starken Duft auch wirken mag: Aramis verlangt nach Großzügigkeit, nach einem Bad darin; das wahre Erlebnis kommt aus der großen 240 Milliliter-Splashbottle, wenn es großzügig auf Armen, Nacken, Gesicht, Oberkörper, Händen und Haaren verteilt wird. Für mich einer der Sommer-Standards.
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Soulmates vor 9 Jahren 19 3
5
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
10
Duft
Meisterwerk-DNS
Sein gewisses düsteres Etwas macht Tabu so faszinierend schön. Ein dunkler Hauch, etwas Andersartiges, früher oft Gerochenes, fast nicht mehr Erinnertes, schwarze Nelke, böse Vanille, obskure, modrige Tiefe, mineralisch-feucht, extrem spicy, irgend ein vermutlich billiger Moschus, eine Kombination von mehreren Stoffen - aber hier besonders eigenartig schön verbunden - gibt dem Duft seinen unverwechselbaren Charakter: "Ach so - natürlich - DAS ist, das war, also Tabu!?!" - dieses Gefühl beschleicht einen beim Erstkontakt und nur wenige hatten bislang einen ähnlich verblüffenden Effekt: "Opium", "Narcisse Noir", "Vol de Nuit", "Sex Appeal for Men", "Jules", "Exception", "Yatagan", "Derby" und eben "Tabu"; eine Art Meisterwerk-DNS, die sich einbrennt. Früher, vor 25 Jahren, war Tabu an jeder Ecke. Heute verwundert es als 20-Euro-Tipp bis zur Gänsehaut, wie mancher teure Nischenduft es nicht kann. Hier sind zwei Varianten: Ein aktuelles im 88ml-Geigenflakon als Cologne und ein altes, angeätztes 22ml-Plastikfläschlein, eine Art Extrait, das deutlich nach Nitromoschus riecht. Letzteres ist nur geringfügig stärker: Der "Duft für Nutten" - so angeblich der Brief in den 30ern - kommt vehement und leidenschaftlich, haut schnell ab und hinterlässt süße Erinnerung. Objektiv auszumachen sind: Dicht mit Vanille verwobene Zitrusschalennoten in Richtung Orange, eigenwillige Garten- und Gewürznelken, ein sehr rauer, ins Maskuline gehender Geraniumaspekt, und ein dampfiges Orangenblüten-Brett, nebst eines prickelnden, doch leisen Schlussakkords á la Powerhouse mit einer Ahnung von Nag Champa, (der Basisnote von) Zibet, einem übergroßen Musk und bitterem Moos. Dass das alles nicht in einen Chypre- und auch nicht in einen Leder-Kontext eingebunden ist, trägt zur Unterhaltung bei: So geläufig - und doch so besonders. Und jederzeit für Frau und Mann tragbar.
Haltbarkeit und Strahlung waren bei beiden getesteten Tabu nur mittelmäßig. Es eignet sich unglaublich gut als Kopf- und Herznote auf einem arabischen Duftöl oder einem Musk - im konkrten Fall waren es Mukhalat Malaki und (vintage) Jovan-Öl.
3 Antworten
Soulmates vor 9 Jahren 26 2
10
Flakon
7.5
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
Bleileicht
Wave Musk ist der schwerste mir bis dato untergekommene Aquaduft, eine durch und durch wuchtige Kombi aus Leichtigkeit und Schwere, hoch aufgeladen mit vermutlich Ambroxan, Galaxolid und einem blendenden, messerscharfen Zitrusbaustein, Grapefruit, Grapefruitschale, Cedrat, der bis weit ins Herz schneidet und sägt und schneidet und sägt und von vorne. Gesamteindruck ist karger, grimmiger Weihrauch, in den ersten Minuten auch Haarspray, pudriger, warmer Flintstein, groteske, narbige Veilchen und ein musky Gefühl, nach zwei Jahren Dauergebrauch doch mal endlich eine Entgiftungskur zu erwägen; eine Art öliger Aura, die man nicht riecht.
Mir gefällt das sehr - so geht Außergewöhnlich, so geht Effekt. Ob Kunstvoll auch so geht? - ich meine nein.
In der Basis, die immer noch Zitruselemente (smoky Vetiver) hat, die an Immortelle-Strohblumen mehr als an Treibholz denken lässt und die erst weit nach Sonnenuntergang auftaucht, dominiert ein bekannter Nischenduft-Mainstreamdrydown - die gute alte "Bruchsaler Flurluft", der Teppich nach dem 100. Sharing - ein ziemlich gefälliger, cremiger Mix aus Zeder, warmer Luft und nur einer Nuance pinkem Kaugummi, den sie eigentlich auch mal ohne Parfüm drum herum abfüllen könnten. Vermutlich die Ambergris-Tinktur ;).
Performance ist erstklassig mit Sternchen, fast übereifrig, auch, weil Rohseide-Hemden wider Erwarten weder Löcher kriegen, noch ausbleichen. Namenszusatz "Musk" voll erfüllt: Wenn eines musky ist, dann dieses. Und ironiefrei könnte Wave Musk eigentlich in der Top-Liga der Aquatischen und Lufthölzer mitspielen: Es macht sehr Ähnliches, wie Terre d'Hermès - nur entscheidend heftiger. Es bietet Entwicklung und unterhält gut; und nervt nicht/kaum, dank nur dezentem Calone-Einsatz. Die große 120ml könnte ich vielleicht mal vererben. Das Füchslein liebt es. Sie sagt, es sei modern und mediterran ... Ich 70. Sie 90. Also liebe 85.
2 Antworten
Soulmates vor 9 Jahren 21 5
10
Duft
Tatsächlich ...
Ich habe es mit Chandler Burr nicht besonders, weil mir Menschen seiner Ausstrahlung nicht liegen. Reine Antipathie, voreingenommen, vielleicht dumm, aber schwer zu ändern. Und umso befremdlicher, weil wir in Sachen Duft Seelenverwandte sind und er einfach packend schreibt, mit einfachen Worten, präzise wie eine Atomuhr. Kein mir bekannter Text der Welt - unabhängig vom Thema - trifft den Nagel so abartig gut auf den Kopf, wie Burrs Besprechung von Paestum Rose für die NY Times. Der Duft ist das Parfum des Vermissens für mich. Ich trage es immer, wenn meine Liebe heim geht (und heute, weil die kleine Katze, die sie letzten Herbst von dort mitgebracht hat, heut früh überfahren worden ist). Aber zurück: Sie stammt etwa 100 Kilometer vom alten Paestum entfernt - und Paestum Rose mit seiner staubigen, verwaschenen Rose und seiner mineralischen Art fängt genau die Schwingungen dieser kargen, extrem freudigen und todtraurigen, tiefen und sentimentalen Gegend ein. Die verlassenen, auf Aufschwung wartenden Promenaden, den ständigen trockenen Wind, die freudige Einfachheit in den Dörfern, die monumentalen Panoramen, das allgegenwärtige Bedrohliche, das Herumgehocke am Meer und in den Bars, weils angebracht ist, die schönen Menschen und atemberaubend schönen Frauen in ihren billigen Outfits, die Armut, die skurrilen Straßenszenen, die Kinder, die mit dem Smartphone Ziegen hüten, die Offenheit, Herzlichkeit und die Schicksalsergebenheit, den Kosmos - und Rose, rote, weinige, verhaltene Rose hinter einer Wand aus Staub, warmer Haut, aus Sand, billiger Sonnencrème, Salz und Tarantella.
Ja. Meisterwerk. Bitte lest Chandler Burrs Review.
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