Strehliwood

Strehliwood

Rezensionen
Strehliwood vor 5 Jahren 20 3
4
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Selbstmitleid - Das ist die schönste Jahreszeit…
„…viel schöner noch als Winterdepression, denn da hat man nur im Winter was davon“ (Christian Steiffen)

(Kommentar oder Blog - ich hab mich für ersteres entschieden um den Weg zum Mod1 zu beschreiben. Wem das zu lang(weilig) ist, der steige bitte beim letzten Absatz ein...)

Mein Blick schweift zurück ins Jahr 2013, weit vor meiner Zeit bei Parfumo und dennoch der Ursprung, mich 2016 hier anzumelden. Nachdem ich viele Jahre dem Dufthaus Azzaro die Treue gehalten hatte, kaufte ich mir Anfang 2014 auf Empfehlung einer netten Angestellten in einer Parfümerie meinen ersten Aventus-Flakon, 75ml…für viel zu viel Geld. Ich war einfach so geflasht, dass ich den Duft unbedingt haben wollte. Zuvor war mir das Mitte der 90er nur bei Azzaros Acteur passiert. Ich war sehr sparsam damit, zwei Sprüher mussten reichen – und das taten sie auch. Fortan kassierte ich Komplimente am laufenden Band. Tags nahm ich ihn im Wechsel mit Dolce di Giorno und meinen Azzaro-Restbeständen, beim abends ausgehen war er immer an mir. An zwei Episoden erinnere ich mich – sie reichen zurück ins Jahr 2015, als mich eine Shootingreise nach Santorin führte. Die Hotel-Rezeptionistin war so entzückt von meinem tollen Duft, dass sie täglich an mir schnupperte ;). Auf der Heimreise lief mir dann ein wenig aus dem Restflakon aus, weil der Verschluss der ersten Serien etwas anfällig dafür war. Der Geruch haftet meiner Waschtasche so an, dass ich seine smoothe Rauchigkeit noch heute wahrnehmen kann.

Als der Flakon aufgebraucht war, war ich so angefixt - und der Meinung, dass es im Duftkosmos bestimmt noch viele andere Perlen zu entdecken gibt. Im Mai 2016 meldete ich mich hier bei Parfumo an. Und tatsächlich, ich entdeckte viele neue tolle Düfte. Mit der gewohnten Kostanz, das festhalten an 1-3 Düften war es fortan vorbei. Irgendwann war die Sehnsucht so groß, dass ich Ende 2016 einen neuen Aventus im SOUK erwarb. Was mir sofort auffiel war die Tatsache, dass diesem die Rauchigkeit fehlte. Er roch anfangs schon so, wie ich den Aventus in Erinnerung hatte, aber er entwickelte nie diese tolle Symbiose aus Rauch und Ananas, die ich kannte – und nun mit einem Mal wahnsinnig vermisste. Anfangs dachte ich, meine Nase spielt mir da einen Streich – aber da war die Waschtasche, die mich jedesmal an meinen ersten Flakon erinnerte. Und so war es nur eine Frage der Zeit, bis ich auf die Batch-Diskussion stieß. Nun war ich richtig angefixt. Ich besorgte mir Proben späterer Aventus-Batches (leider kannte ich den Batch meines ersten Flakons nichtmal) und diverser Klone. Bei meinem Ur-Aventus kam ich jedoch nie wieder an, was mich schon betrübte. Warum kann ein so renommiertes Parfümhaus, wie Creed, die Qualität nicht halten? Den fruchtigen Aventus verkaufte ich wieder und es begann eine ausgedehnte Aventus-freie Zeit.

Irgendwann wurde ich auf DUA-Fraganzes und ihre Aventus-Feldversuche aufmerksam. Ich probierte den 13ZZ (den 11Z kenne ich noch nicht). Der 13ZZ sagte mir nicht so zu. Ich unterhielt mich mit Maggy4U über die Thematik, er empfahl mir den 11Z zu testen und berichtete mir von DUAs „Poseidon’s Elixir Remixed MOD1“. Die Idee dahinter ist der Versuch die Fruchtigkeit der frühen Aventus-Serien um 2011 mit der Rauchigkeit der folgenden Serien um 2013 zu verbinden. Was solls, dachte ich mir, den teste ich und bestellte den MOD1 bei DUA Fragances. Skeptisch drückte ich den Sprüher am billig anmutenden Fläschchen. Links am Arm ein fruchtiger Aventus aus irgendeiner neueren Serie – und rechts der Mod1. Auf den ersten Eindruck riecht der fruchtige Kandidat harmonischer, der Mod1 eher etwas unvollkommen – so als wöllten die Bestandteile nicht recht zueinander finden. Das wiederum hatte ich vom Ur-Aventus so nicht in Erinnerung. Meine Skepsis schien sich also zu bestätigen – „billiges Fläschchen, billiges Ergebnis“. Doch weit gefehlt! Nach reichlich einer Stunde traute ich meiner Nase kaum. Während der fruchtige Vertreter schon deutlich hautnäher und nahezu rauchfrei war, paarten sich Ananas und Rauch im Mod1 mit einer brutalen Harmonie und erschufen einen extrem langanhaltenden Duft (>12h) mit raumfüllenden Sillage. Ab da gings ab in den inzwischen 2 Wochen andauernden Feldversuch, Sport, Arbeit usw… und da sind sie wieder die Komplimente. Ja, ich bin glücklich und mit dem Ergebnis des MOD1 zufrieden – der Test des 11Z steht noch auf dem Plan. Es bleibt spannend :)

Edit: Nun habe ich auch den deutlich fruchtigeren 11Z getestet. Die gleiche DUA-DNA, die keine Gefangenen macht, jedoch fehlt mir hier der Rauch des perfekt gelungenen MOD 1.
3 Antworten
Strehliwood vor 7 Jahren 16 5
8
Flakon
7
Sillage
9
Haltbarkeit
8.5
Duft
Beständigkeit ist der Weg zur Tradition
Überhastete Entscheidungen und permanenter Veränderungswillen liegen ebensowenig in meiner Persönlichkeit, wie bspw. der Wunsch immer das neuste Auto zu besitzen. Stattdessen betrachte ich zuweilen mit einer Mischung aus Zufriedenheit und Verwunderung, meinen 22 Jahre alten Wagen lenkend, das hektische Treiben um mich herum. Gutes gilt es zu bewahren - und manchmal neu zu entdecken…Vergangenheit fasziniert mich :).
So interessieren mich beispielsweise Düfte und ihre die Zeit überdauernden Geheimnisse, egal ob nun reformuliert oder nicht - ich möchte ihre Bekanntschaft machen.

Wir schreiben das Jahr 1931, die Zeit der Weltwirtschaftskrise. Das Elektronenmikroskop und das erste „Wohnauto“ (Wohnmobil) werden vorgestellt – und der kleine Michail Gorbatschow erblickt das Licht der Welt. Ich versuche für mich, die Düfte in ihrem zeitlichen Kontext zu sehen - diesmal den „Epices“ aus dem Haus L.T. Piver (seit 1774).

Ich darf vorwegnehmen, dass die hier angegebene Duftpyramide nicht vollständig ist. Der „Epices“ ist zweifellos komplex (Yagatan spricht von einem Gewürzcocktail), jedoch drängelt sich über den gesamten Verlauf keiner der Ingredienzien nach vorn - vielmehr harmonieren alle Mitstreiter so prächtig miteinander, wie die Musiker in einem großen Orchester. Dabei sind die Bestandteile so fein miteinander verwoben, dass sie gemeinsam einen wunderbar austarierten Duft ergeben. Das einsetzende Gähnen unmittelbar nach dem Auftragen, wenn zitrische Noten noch die Oberhand behalten, weicht bei mir einer im weiteren Verlauf zunehmenden Interessiertheit…JA! - Hier gibt es etwas zu entdecken! Ich mache die Bekanntschaft mit Zeder, die sich rechtzeitig vor der oft nervenden Ver-Bleistift-ung zurücknimmt. Ihre Ambitionen weiß der Taktstock aus Sandelholz mit einem gepfefferten Hauch Zimt und Piment zu unterbinden. Das Zusammenzucken einiger Leser beim Wort Zimt ist dabei ebenso unbegründet wie das Augenverdrehen der Pfeffer- oder Piment&Nelkenhasser – alles ist in Maßen vorhanden. Nach einigen Stunden übernimmt der Vetiver einen stärkeren Part und beschert meiner Nase eine sanfte Erdung. Gleichzeitig liefert er sich ein Duett mit hellem Moschus und zaubert, vermutlich mit Amber, eine wunderbar einlullenden Wärme. Im späteren Duftverlauf habe ich ab und an eine Assoziation zu "Silver Musk".
Ein wirklich spannender und freundlicher Duft, kein Sillagemonster, in dieser Kategorie für mich eine solide 7,5. Umwerfend ist beim „Epices“ die Haltbarkeit. Nach 10h zwar hautnäher, aber beim rumfuchteln, auf dem Handrücken noch immer deutlich wahrnehmbar.
Obwohl ich noch nicht auf eine vierstellige Testreihe zurückblicken kann, habe ich einen ähnlichen Duft noch nicht gerochen. Er könnte vielleicht ein weitläufiger Verwandter vom „Obsession for Men“ sein, wobei ein direkter Vergleich so nicht statthaft ist. Die eher männliche Orientierung der Symbolik trägt der „Epices“ für mich zu Recht.
Verglichen mit Yagatans Foto hat sich der Flakon kaum verändert, lediglich der Verschluss ist etwas filigraner geraten und das Schiff mit den gesetzten Segeln ist einer liebevollen Schlichtheit gewichen. Für mich ist er schon wegen seiner fehlenden Affektiertheit ein Sympathieträger. Die Haptik und Funktion der Sprüheinheit sind ohne jeden Fehl und Tadel.
Danke L.T. Piver für die Zeitreise und das Erlebnis „Epices“ – meine Testempfehlung!
5 Antworten
Strehliwood vor 8 Jahren 24 8
8
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Im Namen der Moos-Rose
„An die Rose“

Ewig trägt im Mutterschoße,
Süße Königin der Flur!
Dich und mich die stille, große,
Allbelebende Natur;

Röschen! unser Schmuck veraltet,
Sturm entblättern dich und mich,
Doch der ewge Kern entfaltet
Bald zu neuer Blüte sich.

(Hölderlin)

Diese, meine erste Rezension, ist sozusagen die Fortsetzung meines Blogbeitrages „Im Namen der Rose“. Der Acteur, dieses zweifellos olfaktorische Meisterwerk, begleitet mich nun schon fast 25 Jahre - somit hatte ich genügend Zeit, mich mit ihm in den unterschiedlichsten Lebenssituationen auseinanderzusetzen (kein 3maliger Handgelenkstest). Manchmal ist er mein Fallschirm und manchmal mein kraftvolles Triebwerk, mit ihm kann ich träumen und kreativ sein, er ist zu jeder Zeit der perfekte und ausdauernde Begleiter. Von 10 möglichen Punkten ist er eine glatte 11.

Auch wenn es mir noch immer schwer fällt, Düfte gedanklich in die einzelnen Bestandteile zu zerlegen (Wer kann das schon wirklich und reimt sich nicht irgendwas aus der Duftpyramide zusammen?), die markanten Hauptthemen des Duftes sind Rose und Moos, verfeinert mit würzigen und holzigen Nuancen.
Nun ist es gerade im Umgang mit der Rose nicht so einfach einen männlichen Duft zu erzeugen, ohne die Rose zu dominant in den Vordergrund zu stellen. Der Acteur hält für uns gewissermaßen eine indirekte, in weiches Moos gebettete Rose bereit.
Zweifellos ist ein gewisses Selbstbewusstsein nötig, um als Mann überhaupt einen Rosenduft zu tragen, aber genau das macht uns der Acteur mit seiner modifizierten Rose leicht. Gerade so, als würde er das Thema Rose ins maskuline übersetzen, lädt er geradezu dazu ein: "Trag mich und lass Dich auf mich ein – und Du verführst, wen immer Du willst." Für Manche bleibt er ein Rätsel - der Träger bleibt der Magier.

Was würde ich darum geben, etwas über die Motivation des Parfümeurs Maurice Maurin zu erfahren, der den Duft 1989 erschuf. Ist es gar eine Ode an alte Rosensorten, etwa die Moos-Rose? Die wohl schönste aller Moos-Rosen-Züchtungen gelang dem französische Züchter Vibert im Jahr 1825. In Wikipedia lässt zur Gruppe der Moos-Rosen nachlesen: „Petersilienkrause, grüne Blattauswüchse und die Öldrüsen lassen Kelch und Blütenstiele wie bemoost aussehen. Diese Bemoosung, vor allem der sich öffnenden Knospe, macht für Liebhaber den ganz besondere Reiz dieser Alten Rose aus. Das sich klebrig anfühlende Harz duftet sehr würzig, wenn man Blätter und Stiele zwischen den Fingern zerreibt. In früheren Zeiten oft in traditionellen Bauerngärten, findet man sie heute etwas seltener in den Gärten. Von der einstigen Beliebtheit der Moos-Rosen zeugen noch gemalte Abbildungen auf altem Porzellan.“ Ich liebe diese herrlichen Rosen mit den dicken und dichten Blütenständen. Manchmal sieht man sie noch in Gärten. Auf meinen häufigen Reisen nach Bayern und Österreich begegnet sie mir oft auf historischen Bauernmöbeln, Gemälden und Porzellan.

Ohhh-ich schwiff ab ;)

Zurück zum Duft – Meiner Meinung nach erfordert der Acteur vom Träger Hingabe, er will verstanden werden. Der, der sich auf ihn einlässt und ihn annimmt, wird zum Acteur.
Die Sillage ist überdurchschnittlich, ebenso die Haltbarkeit. Zugegebenermaßen braucht er zu Beginn ein wenig Zeit, bis er seine volle Stärke ausspielt und sich die Bestandteile in perfekter Harmonie vereinen. Dann wird er weicher und runder, ohne zu keiner Zeit seinen Charakter zu verlieren. Der Duft hält bei mir gut 8 Stunden durch.

Für mich noch immer unbegreiflich, wurde der Duft schon vor Jahren eingestellt. Auf Ebay findet sich ab und an noch ein (meist hoffnungslos überteuerter) Flakon, von Miniaturen ist abzuraten. Ich habe meine Fühler ganz weit ausgestreckt, und sollte bald großzügigen Nachschub erhalten. Mal sehen, ob er qualitativ noch unbeschadet ist. Vielleicht reicht es ja für ein Sharing :).

Der Acteur verbeugt sich – und ich spende ihm stehende Ovationen. Ihr dürft gern einstimmen ;)
8 Antworten