SvenScent

Ich habe mir blind einen angebrochenen Flakon des Dufts aus unserem Souk zugelegt. Es handelte sich um einen alten Batch aus 2019. Dieser soll wohl potenter und auch anders sein als die neueren, wie ich den Kommentaren einiger Mitglieder*innen hier entnehmen konnte.

Als ich zunächst nur den Sprüher unter meine Nase hielt, dachte ich schon, hm, irgendwie "Layton Exclusif | Parfums de Marly" like. Und nachdem ich den Duft dann aufgesprüht hatte, war es für mich wirklich so: Es kamen ganz, ganz starke Layton Exclusif-Vibes rüber; dieser Mix aus unbändiger Würze und Holz mit einem Hauch Fruchtigkeit im Hintergrund. Nur, dass dies alles beim Exclusif doch um einiges runder wirkt.
Schnell wird dies dann aber beim Kalan aber von einem anderen Bekannten überlagert, von "Oud for Greatness | Initio" . Ich nehme, wenn auch nicht gelistet, Safran wahr und zudem diese etwas stechende Synthetik des OfG. Hat sich dies etwas gelegt stößt ein dritter Geselle hinzu: "Baccarat Rouge 540 (Eau de Parfum) | Maison Francis Kurkdjian" . Dieser dominiert dann schlussendlich den Drydown mit seiner Wärme aus Ambra und Hölzern. Hier ist der Duft dann meiner Meinung nach auch am schönsten.

Fazit: insgesamt ziemlich komplex, wenig innovativ und alles ein bisschen badly blended...

Ich muss gestehen, ich hatte arge Bedenken, bevor ich Haltane zum ersten Mal aufsprühte, denn ich hatte bereits "Oud for Greatness | Initio" und mehrere seiner Dupes wie "Bade'e Al Oud - Oud for Glory | Lattafa / لطافة" oder "Supremacy in Oud | Afnan Perfumes" getestet bzw. besessen. Zwar fand ich deren DNA recht interessant, doch störte mich an ihnen durchweg ihr stechender und mitunter auch arg synthetischer Charakter. Und mir war halt bewusst, der Haltane sollte diesen ähneln.

Schnell war ich jedoch erleichtert, denn der Haltane kommt wesentlich runder daher als die zuvor getesteten. Er hat mehr Würze zu Beginn, einen wunderbaren Praline-Twist und vor allem die Holz-Oud-Note mit den Ledernuancen in der Basis ist elegant und anschmiegsam und so mit das Beste, was ich in der Richtung im Drydown gerochen habe. Der Safran, der für mich oft einen etwas stechenden Charakter hat, ist hier auch wesentlich besser eingebettet. Insgesamt ist der Duft auch wesentlich komplexer als seine entfernten Verwandten und summa summarum eine runde Angelegenheit.

Es muss allerdings auch ein kleiner Wermutstropfen hier Erwähnung finden: Die Oud-Note wird irgendwann im letzten Drittel des Dufts leicht käsig. Für mich ist das zu tolerieren, auf andere mag dies abschreckend wirken...

Der Duft eröffnet eher wie ein jugendlicher Clubbing-Duft, frisch-zitrisch und süß. Ich dachte deshalb bei mir: Was soll der Hype? Das ist doch nun wahrlich nichts Besonderes...

Doch schon nach kurzer Zeit gewinnt der Duft ungemein an Tiefe, wird rauchig, harzig, herb und männlich. Club Black wird hier bei Parfumo oftmals fast ganz auf seine Vanillenote reduziert. Das wird ihm in meinen Augen aber nicht gerecht, ist er doch bedeutend vielschichtiger. Ich finde sogar, die Vanille und deren Süße rückt zeitweise arg in den Hintergrund, währendessen Rauch, Holz, Harz und eine mehr orientalische Würzigkeit dominieren. Doch im Fond spendet sie immer eine Restsüße und Wärme und tritt auch im Finale wieder deutlicher hervor.

Für mich ein durch und durch gelungener Designer, der sein Geld (recht günstig zu haben) absolut wert ist, und dessen Performance sich ebenfalls durchaus riechen lassen kann.

Hätte ich es zuvor nicht bereits gewusst, mir wäre sofort klar gewesen, dass es sich um einen Duft aus dem Hause Dior handeln muss. "Bois d'Argent | Dior" mutet so französisch, so Dior like an: pudrig, anschmiegsam, fein und edel.

Und was mir beim Schnuppern gleich in den Sinn kam, ist der "Dior Homme Original (2011) (Eau de Toilette) | Dior". Ja, auf mich wirkt er wie die feminine Version von Dior Homme..! Etwas leichter, etwas frischer und noch etwas pudriger.

(Und vielleicht kann mir noch jemand sagen, wo der leicht grün-säuerliche Unterton des "Bois d'Argent | Dior" herrührt, welcher Note er zu verdanken ist...!?)

Turathi Blue vereinigt einige der besten Eigenschaften bekannter und von vielen Menschen geschätzter Düfte:
Die schöne Mandarine eines "Light Blue pour Homme Eau Intense | Dolce & Gabbana"; das prickelnd-brausehaftige von "L'Homme Idéal Cologne | Guerlain"; eine gehörige Brise Ambroxan wie im "Sauvage (Eau de Toilette) | Dior"; die zitronige Cremigkeit eines "Allure Homme Édition Blanche (Eau de Parfum) | Chanel"; und die weiche, holzige Basis des "Bleu de Chanel (Eau de Parfum) | Chanel".
So ist auch der Duftverlauf des Turathi recht beeindruckend: Zunächst sehr zitrisch-frisch, dann süßer und fruchtig, schließlich cremig und holzig, wobei die Zitrik nie verloren geht. Zuletzt kommt (leider) noch eine Teenote zum Vorschein, die mir persönlich nicht so gefällt. Aber das ist Geschmackssache.

Damit wäre eigentlich fast alles gesagt, außer, dass Haltbarkeit und Sillage darüber hinaus auch noch weitaus besser als bei vielen der obengenannten Düfte sind, für einen frischen Sommerduft also sehr beachtlich.

Und der Knaller noch gen Schluss: Das Parfum kostet gerade mal knapp über 20 Euro, kommt in einer schönen Verpackung und in einem wertigen Flakon mit gutem Sprüher.

Fazit: Könnte man sich den perfekten Sommerduft malen, er sähe aus wie "Turathi (Blue) | Afnan Perfumes"...!

Zu allerletzt frage ich mich: Was mache ich nun mit all meinen anderen Sommerdüften?