Talulzius

„Verheerender Moschus“ also…

Verheerend
[1] große Zerstörung oder Verwüstung hinterlassend, sehr schlimm
[2] scheußlich, besonders schlecht. 

Klingt ja unschön! Mal die Statements lesen….

„Urin und Zimt“
„In den Flakon uriniert“
„Schlecht geputztes Bahnhofsklo“
„Babypuder für den Hintern“

Oha!
Man muss der FÜRCHTERLICH sein! Gleich mal eine Abfüllung bestellen. 
Ist wohl wie ein Unfall - man muss einfach ‚hin-riechen‘.

Meine ersten Stunden mit „Musc Ravageur“ waren auch irgendwie ernüchternd. Ich konnte mit dieser Animalik nicht umgehen.
Ich hatte so etwas vorher noch nie gerochen und meine Nase war einfach zu jungfräulich.

Was dazwischen passierte weiß ich nicht mehr - ist auch egal!

Mittlerweile stehen drei Bunkerflakons im Schrank und dieser ‚verheerende‘ Duft ist in meine Alltime Top 3 aufgestiegen.
Für mich ist der Duft einfach der pure Sex und ein Meister darin, den eigenen Körpergeruch auf eine lustvolle Art hervorzubringen.
Bei fast allen Düften stellt sich mit der Zeit ein Sättigungsgefühl ein, wenn ich sie zu oft verwende.
‚Musc Ravageur‘ kann ich jeden Abend aufsprühen. Er ist nie zu viel. Er ist immer richtig. Aber er ist zu intim für die meisten >öffentlichen< Momente. 

Wenn ich ihn in der Öffentlichkeit trage, fühle ich mich fast nackt und obszön. Als würde ich auf der Suche nach sofortigem Geschlechtsverkehr sein - hier und auf der Stelle.

Was Düfte so alles auslösen können…

…nein! Was DIESER Duft so auslösen kann!

Danke Maurice Roucel!
Danke Frédéric Malle!

Rohgold - also unbearbeitet, irgendwie nicht fertig - kein Reingold!

Ich fühle bei ‚Raw Gold‘ das Gegenteil:
Kein anderer Duft fühlt sich für mich so vollendet und gereift an!
Als hätte man ihn 100 Jahre im Holzfass ziehen lassen!
Und was laß ich wenig später:
60 Duftstoffe, drei Jahre gereift mit einem über zwanzig Jahre trocken gelagerten Patchouli!

„Danke - packen sie mir bitte 1.401 Flakons ein! Kredit wurde genommen“

Geht nicht!
Der Duft ist auf 1.400 Stück limitiert!
Und plötzlich kommt mir alles so endlich vor!

Bevor mir die Tränen kommen - kurz zu dem was ich rieche und fühle:

Dunkler Honig, kalter Kaffee, verruchter Lippenstift, sanfter Patchouli - ein Club in einer Gasse - es ist 4:00 Uhr morgens, es regnet, jemand ist bei dir - man lacht und ruft sich ein Taxi!
Der Duft spendet wärme und hilft die Erinnerung der Nacht unvergesslich und sicher im Hippocampus zu verankern!

Für die Ewigkeit - ein Duft für die Ewigkeit!

Danke Thomas de Monaco!
Ich hoffe du gibst mir in 10 Jahren noch etwas aus deinem Holzfass ab!

Immer unheimlich kreativ die Rezension damit zu beginnen den Namen des Duftes zu erläutern, insofern er eine Bedeutung hat!

Und da wären wir:

Salām (arabisch سلام , DMG salām ‚Wohlbehaltenheit, Unversehrtheit, Gesundheit, Heil, Wohl; Frieden; Gruß') ist eines der arabischen Wörter für Frieden.
Frei übersetzt auch „Friede sei mit dir!“.

Warum mach ich das jetzt auch noch? Weil es so unfassbar gut passt.
Wohlbehaltenheit, Unversertheit, Gesundheit….Frieden!
Ich spüre all diese positiven Empfindungen wenn ich "Salam“ rieche!

Mandarine und Bergamotte in der Kopfnote - aber nur dezent - ein Hauch - nichts ist übertrieben - alles fein abgestimmt.

Die meiste Arbeit verrichten wohl Amber, Moschus und Sandelholz - wie bei so vielen Düften!
Nur hier ist es einfach eine schöne und weiche Komposition!

Nicht zu laut - nicht zu leise!

Ein professionelles Wüstenorchester!

Etwas süßes schwingt immer mit!

Der Frieden könnte länger halten!
In den ersten Stunden gibt er sein bestes, strahlt warm aus…bis er dann verhallt!
Dann muss er neu verhandelt werden!
Ich zahle den Preis gerne dafür.

"Salam“ ist mein Lieblingsduft und ich habe schon etliche Düfte gerochen, getragen und gewertet!
Chapeau! an Christian Carbonnel a.k.a. Chris Maurice & Asim Al Qassim!

…und natürlich muss ich die kurze Rezension stilistisch ausleiten, wie ich sie eingeleitet habe.

In diesem Sinne: 

Friede sei mit euch!

Als ich diesen Duft das erste mal roch sprang mein olfaktorisches Erinnerungssystem an!

Mein Vater ist Libanese und die Urlaube meiner Kindheit verbrachten wir in diesem schönen Land am Mittelmeer.

Für mich war es sofort der Duft des im Café an der Wasserpfeife sitzenden Libanesen.

„L'Homme Idéal Extrême“ erschien im Jahr 2020.

Dieses explizite Parfüm existierte also zu dieser Zeit noch überhaupt nicht und trotzdem kann ich an nichts anderes denken.
Guerlain ist allerdings auch einer der ältesten Parfümhäuser der Welt.
Möglich dass mir damals einfach die Guerlain-DNA in mein kindliches Gehirn gebrannt wurde.

Die Zeder ist der Nationalbaum des Libanon.
Tabak und Leder - damit verbinde ich die Männer Beiruts.
Da haben wir auch vermutlich den Grund für meine Zeitreise zurück in das Paris des Nahe Ostens.
Diese Duftnoten machen für mich „L‘Homme Idéal Extrême“ aus.

Die Haltbarkeit ist überdurchschnittlich gut.
Die Sillage projiziert ordentlich, was bei diesem recht schweren, maskulinen Duft nicht verwunderlich ist.

Fernab von der unverbindlichen Preisempfehlung erhält man den Duft für einen unschlagbaren Preis.

Ich mache jetzt wieder die Augen zu und rauche Wasserpfeife in einem Beiruter Café…

„Ani (armenisch Անի) ist eine seit mehr als drei Jahrhunderten verlassene und heute in Ruinen liegende ehemalige armenische Hauptstadt.“

Wenn ich diesen Duft aufsprühe, liegt nichts in Ruinen.
Ani blüht auf!

Ich kann von Ani nicht genug bekommen.

Es ist für mich mit Abstand die beste Vanille die ich bisher gerochen habe.
Von der Nishane-typischen würzigen Kopfnote bis zum Nishane-typischen cremigen Drydown!
Es ist Liebe von Kopf über Herz bis zur Basis!

Heute ist Ani eine Geisterstadt.
So sagt es Wikipedia.

Für mich ist es eine übersinnliche, lebendige Erfahrung!