Tanne

Tanne

Rezensionen
Tanne vor 9 Jahren 20 8
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Streichelsamt
Es ist winternebelkalt und ich stecke meine Nase in den Rollkragen.
Auf ihm duftet immer noch Ambre Sultan.

Mir fehlt ein Stück im Herzen und mich fröstelt.
Täte es auch, wäre es sommersonnewarm.

Ambre Sultan empfand ich bei meinem ersten Test als viel zu süß.
Im Moment empfinde ich diese Süße als tröstlich.
In diesen Schneewolkentagen tut er mir gut.

Myrte, Koriander, Origano und Angelikawurzel nehme ich deutlich wahr.
Diese Würzmischung dröhnt nicht weihnachtlich übersättigt zu,
sondern sie behält eine Frische, sie öffnet den Horizont.
Benzoe und Amber bändigen die Würze und machen sie streichelsamtig.
Sandelholz, Styrax und Vanille bieten eine wohlige Basis.

In diesen Tagen, da ich viel draußen bin, wärmt mich Ambre Sultan gründlich durch,
ohne mich in einen engen Kokon zu zwängen.
Ambre Sultan streichelt alles wunde und wehe
und ist ein zuverlässiger Seelentröster.
8 Antworten
Tanne vor 10 Jahren 56 17
10
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
10
Duft
Vom Erinnern und der Liebe zum Leben
Als kleine Maus begleitete ich meinen Großvater beim
Heilkräuter sammeln in den Wiesen und Wäldern.
Alles, was wir zupften und ausgruben, setzte er in großen, bauchigen Glasflaschen an.
Verschlossen mit mit einem Korken, reiften in der Sonne oder im mächtigen Großvater-Sekretär seine alkoholischen Auszüge.
Daher kenne ich den Blutwurz und den Engelwurz.
Gemeinsam haben wir die Wurzeln gesäubert und für den Ansatz klein geschnitten.
"Nur ein Fingerhut jeden Tag", das war seine Dosierungsempfehlung.
Manchmal setzte er sich zu uns Enkelkindern auf einen Bretterstapel
und flocht uns Margeritenkränzchen...
Immer ein kleines Lied parat, das wir mitsingen konnten.
Selbst noch als er schon schwer krank war.
Das jeweils jüngste Enkelkind genoss das Privileg, auf seinem Schoß sitzend,
bei den Mahlzeiten gefüttert zu werden. Neidisch beobachtet von den anderen.
Er tröstete uns bei nächtlichen Alpträumen.
Dafür war nur er, selbst Vater von zwölf Kindern und geboren 1898, zuständig.


Als er starb, bemühten wir all unsere kindliche Fantasie, um damit zurecht zu kommen.
Wir wünschten uns sehnlichst, das er, der das Leben, die Natur und die Familie so liebte,
gut aufgehoben ist.

Heute sitze ich am Krankenbett meines Vaters, der, wie sein Vater, das Leben liebt.
Ich spüre seine Wut und Verzweiflung über dieses unheilbare Leiden, das wie aus dem Nichts hervor brach und uns alle immer wieder von Neuem fassungslos macht.
Bisher fand ich in meinem Duftarsenal nichts,
das mich in diesen hoffnungsfreien Stunden begleiten konnte.

Bis ich heute Morgen völlig sinnlos den Schreibtisch ordnetet.

Da fiel mir die kleine, fast vergessene Phiole Angelique Noire in die Finger.
Bis dahin wollte ich sie mögen, verstand den Duft jedoch nicht.
Könnte ?
Kann..

Vorsichtig aufgetupft, brachte sie das Leben wieder zum Fließen,
öffnete Erinnerungen und schlug Brücken zwischen den Generationen und Ereignissen.
Diese vertraute Angelika-Note tut mir gut.
Vor ein paar Wochen, in einer anderen Lebenslage irritierte sie mich.
Nun gibt sie mir eine wohltuende, geborgene Sicherheit.
Und die Gewissheit, dass es kommt, wie es kommen muss.
Dass sich Manches wiederholt, manches sinnlos erscheint
und doch ein Teil des großen Ganzen ist.

Angelique Noire verbindet mir Vertrautes,
hält Bodenkontakt und wärmt mich gründlich durch.
Er öffnet Blockaden und lässt Energie fließen.

Angelique Noire bestätigt meine Parfumwelt. Die orientiert sich daran, wie es mir geht
und welcher Duft das unterstützt, zu mir passt und etwas in mir anrührt
oder etwas bewegt.
Schön, das zu Erleben.
17 Antworten
Tanne vor 10 Jahren 32 14
7.5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
9
Duft
Ich habe keine Ahnung, wie die Marokkanische Wüste riecht
Die Welt dreht sich um mich,
ausschließlich um mich.

Die Sonne geht erst auf, wenn ich ihr gnädig zunicke
und den Herbst lasse ich erst dann antreten,
wenn ich vom Sommer genug habe.

Ich weiß Bescheid und alles besser.
Und, ich lasse gern und unaufgefordert an meiner Weisheit teilhaben.


"Sie leiden an Selbstgerechtigkeit
oder sind Größenwahn anfällig?"

Da rate ich zu L`Air du Desert Marocain.

Der nimmt dich unter der Unendlichkeit eines Sternenhimmels in den Arm
und rückt die Prioritäten zurecht.

Er könnte sagen: "Du bist ein unbedeutendes Staubkorn, ein Wurm".

Tut er nicht.

Er sagt:
Schön, dass du da bist, du bist mir wertvoll.
Wenn du Glück hast, bleibt von dir ein Fußabdruck.
Wir sind alle miteinander verwoben.
Manchmal sind die kleinen Freuden die Meilensteine.
Du musst sie nur sehen.


L´Air du Desert Marocain ist für mich ein magisch-mystischer Duft.
Ich kann ihn nur als Gesamtkunstwerk sehen und mich wundern,
wie aus den Duftnoten die warme Rauchigkeit entsteht,
wie Unendlichkeit in einen Duft gebannt ist.
14 Antworten
Tanne vor 10 Jahren 28 17
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
8
Duft
La Loba
Habanita ist für mich "La Loba - die Wolfsfrau":
seelenvoll, bewahrend und fürsorglich
aber auch angriffslustig, fordernd, leidenschaftlich.

Die Psychologin Clarissa Pinkola Estés beschreibt im Buch "Die Wolfsfrau"
die Kraft der weiblichen Urinstinkte.
Sie beschreibt das uralte Wissen der Frauen, den untrüglichen Instinkt, ihre Kraft und ihre Intuition.
Diese Gaben werden seit Anbeginn in Geschichten, Riten und Märchen weiter gegeben.
Sie handeln von inneren Räubern und naivem Angepasstsein bis zur Selbstaufgabe.

Das Wesentliche ist nicht an Zeit und Raum gebunden und sie ermutigt, der Wolfsfrau im Inneren und den eigenen Fähigkeiten zu trauen.

Pinkola Estés erzählt von ihren Traum.
Sie träumte davon, wie sie einen Vortrag hält und:
"...bis ich spürte, dass irgendjemand meinen Fuß aufmunternd tätschelte. Ich blickte hinab und erkannte, dass ich auf den Schultern einer alten Frau stand, die meine Fesseln umschlungen hielt und lächelnd zu mir aufblickte. "Um Himmels willen", entfuhr es mir. So geht das nicht. Du musst dich auf meine Schultern setzen, denn du bist alt und ich bin jung". "Nein", gab die zurück, "es ist so, wie es sein soll".
Und dann sah ich, dass sie auf den Schultern einer noch älteren Frau stand, und diese stand auf den Schulternd einer Uralten, die wiederum stand..."

Der sagenhaft schöne Flakon von Habanita erinnert mich an dieses kleine Kapitel aus der Wolfsfrau.

Und so kommt es vor, dass die schwarze Lady, die Wolfsfrau, aufreizend lässig in meiner Küche am Kühlschrank lehnt und schwarzen Kaffee schlürft.
"Scheiß drauf..", kommentiert sie ohne aufzuschauen, wenn ich mich über einen Fehler ärgere.
"Who, the hell, is...",knurrt sie unwillig, wenn mir jemand zu schaffen macht.
"Attacke", raunt sie mir ins Ohr, wenn es unerträglich wird.
Und sie erkennt, wenn Streicheleinheiten für die Seele nötig sind.
Dann summt sie eine undefinierbare Melodie, die wiegt und beruhigt
und verbreitet ihren mystisch-animalischen und tröstlichen Duft.

Das ist Habanita: unergründlich und leidenschaftlich.
Sie ist nicht immer die erste Wahl.
Aber wenn sie passt, dann wie die Faust aufs Auge.
17 Antworten