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Tantelottes Blog
vor 5 Jahren - 03.04.2019
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"Bah.. sag mal, war hier'n Räucherstäbchen an..?" oder "Von Fremd- und Freundnasen"

Ich rieche soo gern bissl streng! Also, parfumtechnisch gerochen.. Es darf eine Menge Holz vor der Hütte duften, die Vanille darf sich opulent über den Körper verteilen, Patchouli darf in allen Varianten um mich herum wabern, Walkötzerchen, beschwipste Pflaumen, sakrale Lüftchen mich umwehen.. Hach..!
Ok, jetzt habe ich eventuell ein klein wenig die Contenance verloren.
Also, ich möchte niemandes Nase völlig verschrecken, Brechreiz auslösen oder gar, das von mir selbst so gefürchtete, und bei mir zum Beispiel durch blumige oder an parfümierte Slipeinlagen oder Baderfrischer erinnernde Düfte ausgelöste, "Nasensodbrennen" (mit eventuell folgender Schnappatmung) verursachen. Aber ich bin ganz gern ein wandelndes Räucherstäbchen. Oder Aromatherapie auf zwei Beinen. Und ich entzücke mich auch immer mal wieder selbst, wenn ich mich "zufällig" selber rieche. Kennt Ihr das? Man läuft irgendwo, ändert die Richtung oder dreht sich im Sitzen hin und her, und dann gerät einem so ein laues Düftchen in die Flügel. Hmm, da riecht aber was fein! Moment.. Ach tatsächlich, das bin ich ja selber! Sowas!

So geht es wohl jedem mal, der seine Düfte überzeugt liebt. Und jaaa, es gibt auch deutlich weniger entzückte Reaktionen. Die der olfaktorisch betroffenen, atmenden, direkten, aber nicht unbedingt vertrauten, Umwelt. Die der Nasen sozusagen, die in keiner wirklich engen Beziehung zu einem stehen. Fremdnasen eben.

Als ich noch im Internat gearbeitet habe, war das eine recht unkomplizierte Angelegenheit. Die Jungs waren meine Düfte gewohnt und äußerten sich eigentlich sehr positiv dazu. Manch einer könnte jetzt zynisch behaupten, dass sie ja auch irgendwie keine Wahl hatten.. Ach was.. Ebenso verhielt es sich mit den Kollegen. Mittlerweile habe ich jeden Tag mit wesentlich mehr Menschen zu tun. Auf "mittelengem Raum". Ständig wechselnd. Und es handelt sich überwiegend um fremde Erwachsene, mit denen ich zwar wiederholt zu tun habe, bei denen ich aber nicht den Bonus habe, dass sie mich "bedingungslos" liebhaben und deswegen auch meist mögen, wie ich dufte oder rieche. Ich weiß, viele hier kennen die Gratwanderung, wenn es darum geht, geliebte Düfte als alltagstauglich einzustufen. Ich versuche im Arbeitsalltag, nicht "zu dick aufzutragen", aber manchmal passiert es dann doch, man verschätzt sich in der Duftwahl oder es reicht ja auch bei manchen Düften schon ein Sprüherchen, damit sie einem wie ein Ruf voraus oder hernach eilen.

An solch einem Tag kam eine Mitarbeiterin mit folgenden Worten in den Raum, in dem ich mich, "Raghba" tragend, befand: "Bah, also, was stinkt denn hier so? War hier'n Räucherstäbchen an? Da bekommt man ja Kopfweh!" Ich schwöre, ich hatte keine heftige Duftaura..! Aber, ich war's. Hab mich geoutet und sowieso kurz darauf den Raum verlassen. Tage später überraschte mich just diese Dame mit einer dermaßen heftigen "Blumenpeitsche", dass ich vor lauter Schreck gefragt habe, was das denn für ein Duft sei. "Ach, ich weiß es grad gar nicht.. is' toll, ne? So leicht und frisch und üüüberhaupt nicht aufdringlich! Kann man einfach immer tragen!" Dabei lächelte sie mir milde zu.. Jaa, dachte ich. Während einer schweren Erkältung vielleicht, dachte ich. Wir mögen uns nicht besonders. Deswegen habe ich trotzdem darauf verzichtet, zu lachen oder zu würgen. Aus Dufttoleranz. So bin ich. Das Duftgrauen trägt eben für jeden einen anderen Namen.

Interessanterweise kommen die negativen Reaktionen meist tatsächlich eher von Leuten, die mich vermutlich auch nackt und frisch aus dem Wasser nicht unbedingt riechen können würden. Klar, ich habe auch Freundinnen, die meine Düfte manchmal fragwürdig finden, aber die kommen trotzdem meist klar damit. Sie sind eben keine Fremdnasen, sie verbinden mit Düften, die sie zwar niemals selbst sprühen würden und die sie manchmal liebevoll "schräg" nennen, mich. Mit dem Bonus der Freundschaft. Freundnasen eben. Umgekehrt gilt das selbstverständlich auch. Ich habe eine Freundin, an der ich sogar "La Vie est Belle" aushalten kann. Und das will was heißen. Und eine mit "Wish" ! Krass, ne?

Die Reaktionen negativer Art sind natürlich nicht angenehm, man möchte ja doch prinzipiell gerne gerochen werden. Aber mit zunehmendem Alter steigt meine Toleranz den Menschen gegenüber, die nicht mit mir können. Und so steigt auch exponentiell meine Toleranz gegenüber gerümpften Nasen oder verwunderten Äußerungen dazu, dass jemand tatsächlich so riechen möchte..?! "Ja, freiwillig. Nein, sonst stimmt eigentlich auch alles mit mir."

So ist es also eine Frage der rücksichtsvollen Höflichkeit, keine Fremdnase gewaltsam zu penetrieren. Aber es ist eben auch eine Frage des Selbstbewusstseins und der überzeugten Liebe zu meinen Düften, auch immer mal wieder gelassen für Gerümpfe zu sorgen. Solange ich das Gefühl habe, mein Duft und ich passen zusammen und tun keinem nachhaltig was, kommt nichts zwischen uns. "Like Best Friends Forever" oder so ähnlich..

In diesem Sinne wünsche ich Euch weiterhin eine schöne Woche! Möge sie voller netter und gutgelaunter Fremd- und Freundnasen sein!

"Namasté"

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