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Terras Blog
vor 6 Jahren - 07.01.2018
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Blindverkostung Nr. 2 - Wildleder, Rauch, Gummi, Sperma und Gurken

zu Weihnachten hat mir ein liebenswerter Parfumo-Freund einige Blindproben geschickt. Sie waren also lediglich nummeriert, die Auflösungen um welche Düfte es sich handelt befanden sich aber in einem separaten Umschlag. Nun möchte ich euch natürlich an meinen Eindrücken teilhaben lassen und versuche es etwas spannender als in meinem letzten Blog zu gestalten. Die Auflösungen um welchen Duft es sich handelt findet ihr somit in einem Internetdokument unter der jeweiligen Beschreibung, damit ihr es nicht schon beim Überfliegen seht. Kleiner Tipp: Rechtsklick auf den Link -> Link in neuem Tab öffnen. Dann bleibt die Parfumo-Seite offen. Achja: Die Eindrücke sind wie auch das letzte Mal ungeschönt. Ihr seht das, was mir in den Kopf kam :).

Ebenso gibt es noch ein Fazit meinerseits in einem separaten Dokument. Viel Spaß :).

Und bitte in den Antworten nicht aus Versehen verraten, um welche Kandidaten es sich handelt :).

Blindtest 1:

Der Auftakt wirkt seltsam säuerlich (irgendwie chemisch und zugleich natürlich - wie eine Zitrone die in einer Reifenfabrik ausgepresst wird). Gummi, Klebstoff und Lösemittel, heiße Bremse - all das kommt mir vorerst in den Sinn. Doch der Duft wird schnell weicher und heller. Nun scheint er in Relation zum Beginn fast anschmiegsam, dabei frisch-zitrisch, aber immer noch ziemlich kantig.

Im Verlauf wird alles immer weicher. Die Gummianmutung bleibt, dazu kommt aber ein Karamellton und vordergründig macht es momentan auf mich den Eindruck, als hätte sich ein Industriearbeiter mit einem zitrisch-cremigen Duft parfümiert. Also zitrisch, weich-süß-cremig, aber auch mit stereotyp maskulinen Noten die immer mitschwingen.

Ich hatte tatsächlich die Idee, es könnte ein Tauer sein, weil sich auch in seinen Düften teilweise solche kantig industriell wirkenden Noten finden, das dann aber nicht selten mit hellen und weichen Noten kontrastiert wird.

In der Basis verstärken sich die Eindrücke sogar. Es bleiben nur noch Karamell, Gummi und Zitrone. In der Phase gefällt mir der Duft am Besten. Er ist noch nicht hunderprozentig rund, aber nah dran. Beinahe sexy in dieser Phase.

Auflösung 1:

https://1drv.ms/w/s!AmDK1shlkN1YaJWQMlnXpYI9Nus

Blindtest 2:

Der Auftakt ist direkt dunkel-rauchig. Rieche ich Birkenteer? Der Eindruck streift durchaus die Räucherschinken/Hausbrand-Ahnung. Etwas diffus Weiches und Helles ist im Hintergrund, aber erstmal nichts klar erkennbares außer dem Rauch.

Ich finde den Verlauf recht geschmeidig und linear. Der wirkt wesentlich runder/glatter als die Nummer 1, die Noten sind besser miteinander verblendet. Die Basis hat was wildlederartiges, eine leichte Vanilletönung ist zu erkennen und der Duft ist irgendwie anschmiegsam und anziehend. Trotzdem geht er nie in die Richtung von süßem Kuschelzeug, denn auch hier ist immer noch eine Aschenbecher/Hausbrandnote deutlich, nur sticht sie weniger hervor. Die Basis finde ich sehr schön, beinahe orgiastisch. Ich würde ihn hier als Lederduft bezeichnen, aber als einen der erotischsten, die ich kenne. Der zieht mir hier beinahe die Schuhe aus. Warmes, raues Wildleder. Nicht sehr süß, tatsächlich wärmend. Ich fühle mich damit heimisch und wohl, empfinde ihn als kuschlig. Trotzdem ist der Duft keineswegs brav. Er wirkt in dieser Phase ungeheuer edel. Ein genialer Duft, mit dem ich mich näher befassen möchte.

Auflösung 2:

https://1drv.ms/w/s!AmDK1shlkN1YbUgBLhRs3j9fm_g

Blindtest 3:

Im Auftakt rieche ich einen ölig-harzigen Weihrauch, wie ich ihn auch aus Sahara Noir oder den Rundholz-Krachern kenne, doch hier wirkt er deutlich weniger dominant und krass, weil er mit viel mehr warm-weich-balsamischen Noten umspielt wird. Direkt von Beginn an ein sehr anschmeichelnder, angenehmer Duft. Hinzu kommt noch eine Rauchnote, die ich nicht Weihrauch zuschreiben würde. Zu Beginn erinnert der Duft ein wenig an die schöne Phase des wundervollen Blindtestkandidaten 2 und ich hatte die Hoffnung, er würde so bleiben. Der Verlauf ist tatsächlich recht linear, doch wie es meist in Richtung Basis ist, wird der Duft süßer und dicker, was ich hier etwas schade finde. Er hat hier so einen Einschlag von Sahne-Muh-Muhs, wirkt nun etwas zu süß-karamellig. Das Harz ist noch riechbar, wirkt aber eher, als hätte sich ein wenig davon in die Basis eines Gourmands verlaufen. Das ist jedoch Jammern auf Hohem Niveau - der Duft ist schon cool. Beim Blindtestkandidaten Nummer 2 ist der Auftakt vielleicht etwas too much, hier finde ich die Basis nicht ganz ideal. Ich würde aber der 2 ohne beide Parallel getestet zu haben den Vorrang geben.

Auflösung 3:

https://1drv.ms/w/s!AmDK1shlkN1Yb-UNmOzaUc-_Sfk

Blindtest 4:

Der Auftakt wirkt frisch und ich vernehme eine Ahnung von Nimm-2 Orangenfüllung, aber auch etwas Körperliches, an Sperma erinnerndes und hintergründig etwas leicht Warmes. Nach dem Auftakt wird auch deutlich, was das ist. Ein hell-sakraler Weihrauchduft. Aber richtig toll gemacht. Das Warme könnte ein (angenehm) synthetischer Ambermix, Cashmeran und/oder ein Moschus sein, der Duft wirkt bis auf den Weihrauch nämlich nicht sehr harzig, sondern eher angenehm fluffig-weich und warm. Doch auch eine schöne Frische ist immer noch vorhanden. Also im Gesamteindruck ein frisch-weicher, heller Weihrauchduft. Ganz diffus ist da auch so eine leichte Gewürznote, die mich hier noch stört. Ganz direkt auf der Haut hat der so eine Ahnung von Curry.
Wirklich ein schöner Duft, über den ich schon „brav“ schreiben wollte. Nunja, der ist auch eher freundlich gestimmt, aber trotzdem sehr eigen und nicht langweilig.
Insgesamt ist der mir von beiden Testkandidaten heute sogar immer mehr aufgefallen. Einmal weil die Sillage glaube ich deutlicher ist, aber auch, weil er doch einen recht prägnanten Charakter hat, dabei aber wirklich stets angenehm und gut tragbar ist. Schon cool!

Auflösung 4:

https://1drv.ms/w/s!AmDK1shlkN1YcQb0LjvViR4-Ecc

Blindtest 5:

Im Auftakt glaube ich, dass ich Weihrauch, Zitrus, Vanille und Gummi wahrnehmen kann und die etwas ungeordnet nebeneinander stehen. Erinnert mich an einen anderen der Düfte; ich glaube die Nummer 1; nur wirkt dieser hier noch weniger geordnet. Im Verlauf zeigt er sich trocken-harziger, mir kommt das Bild eines eingetrockneten Tuschkastens mit Deckweiß und Radiergummis sowie alte Sportmatten in den Kopf. Dazu kommt etwas leicht muffig-würziges, wobei ich irgendwie an Strohblume denke. Der gefällt mir bis hierher nicht. Ich war kurz davor, ihn abzuwaschen... doch dann wird der noch richtig schön. Aus diesem Elend schält sich ein ölig-harziger Weihrauch, wie man ihn aus 20Mars2022, Fille en Aiguilles, Sahara Noir usw. kennt und dazu gesellt sich eine doch recht schöne Würze. Dezent pfeffrig und kardamonartig, doch stellenweise kommt eine Sellerieanmutung dazu. Die Strohblumenvermutung passt also auch hier auf ein paar Facetten, doch so richtig riecht es trotzdem nie nach Strohblume. Das alles wird auf einer samtig vanillig-balsamischen Basis gebettet, ist im Ausklang echt angenehm. Wow. Beginnt so unangenehm, endet aber wirklich schön.

Auflösung 5:

https://1drv.ms/w/s!AmDK1shlkN1Yc0Lgw48jmpWQj4A

Blindtest 6:

Cooler Auftakt. Wirkt alkoholisch, modern. Dann kommt mir ein Bild von Gurke in den Kopf und zu dieser ungewöhnlichen, grün-frisch-wässrigen Note gesellt sich ein durch Iris staubtrockenes Leder. Echt schön gemacht. Ist es Iris Nazarena? Ich kenne zumindest nichts vergleichbares. Weihrauch finde ich gar nicht präsent. Ich suche aber auch nur danach, weil er im Nazarena genannt ist. Ich denke hier könnte ein Weihrauch schon mit zu dem Dufteindruck beitragen, aber irgendwie herausstechend ist das hier echt nicht. Ich vermute einen Moschus zu riechen und die Iris ist hier zwar deutlich, bestimmt aber nur die trockene Ledernote und wirkt somit sehr markant, maskulin. Die im alkoholischen Auftakt aufkeimende und zum Glück bleibende Gurkennote ist fantastisch. Es ist absolut kein typischer Harzduft, aber ein moderner und ziemlich toller Duft. Ich frage mich, wieso ich noch nicht in Erwägung gezogen habe, den Anzuschaffen (wobei ich momentan ja tatsächlich glaube, Iris Nazarena zu riechen). Er gefällt mir doch wesentlich besser als viele Hypes, die in der Nische so aufkommen.

Leider verhält er sich in der Entwicklung fast konträr zur Nr. 5.

Die Basis ist durchaus sehr schön, aber im Vergleich zu dem tollen, ungewöhnlichen Auftakt ein wenig lasch. Es bleibt ein zarter, weicher, leicht heliotropartig-vanilliger, aber nicht arg süßer Hautduft, der zwar absolut nicht aufregend, aber irgendwie ziemlich sexy ist. Ganz nah an der Haut ist etwas, dass ich nur mit Mühe erschnüffeln kann. Ich vermute, dass sind Reste des Leders und dieser Gurkennote, doch aus irgendeinem Grund kommt mir ein Bild von Früchtetee in den Kopf. Das nehme ich aber echt nur mit der Nase direkt an der Haut ganz hintergründig wahr. Die Sillage und auch Haltbarkeit ist etwas mau im Vergleich zu Nr. 5. Ich habe mich sehr schnell auf Iris Nazarena fest gebissen. Wer weiß, ob ich da also nicht gerochen habe, was ich riechen wollte.

Auflösung 6:

https://1drv.ms/w/s!AmDK1shlkN1YdUfQl0abX7TNfY8

Blindtest 7:

der Duft kommt mir sofort bekannt vor. Auch hier glaube ich wieder Gummi zu riechen, was sicher an einem Harz liegt. Hier ist diese Note schön schmeichelnd und weich eingebunden. Bisher empfinde ich ihn als harzig-weichen, aber doch auch knarzig-maskulinen Duft, der eigen aber trotzdem elegant und bürotauglich ist. Während sich die Nr. 8 im Auftakt bewusst nischig zeigt, wird die Nr. 7 immer weicher, bekommt etwas süßlich-vanilliges. Klar, dieses prägnant gummiartig-harzige ist noch vorhanden, aber er dreht sich schon sehr schnell in eine zusehends softe Richtung, die aber zeitgleich von herb-dunklen Holztönen, die leider einen synthetischen Einschlag haben, kontrastiert wird. Dieser synthetische Holzeindruck wird mit der Zeit sehr dominierend und unangenehm. Das könnte auch eine synthetische Oudnote sein. Ich weiß es nicht. Es ist eine sehr unangenehm synthetisch-dunkel-holzige Note, die kaum noch Platz für etwas anderes lässt und mir den Duft total verleidet. Nun ein Abwaschkandidat.

Auflösung 7:

https://1drv.ms/w/s!AmDK1shlkN1Yd4rdtrHUFwu38NU

Blindtest 8:

interessant! Im Auftakt rieche ich sowas wie einen Brand, also Alkohol mit einer Art bitteren Pflanze. Es schält sich eine bitter-grüne Note heraus. Das ist tatsächlich schon sehr, sehr grün. Dabei kein saftig-pflanzliches oder waldiges grün, sondern ein trockenes, stumpfes und trotzdem sehr pflanzlich-natürlich wirkendes. Als hätte man Blattgrün entsaftet und den Pflanzensaft eingetrocknet. Ziemlich cool, aber auch sehr edgy. Auch der Duft entwickelt sich in eine recht dunkel-holzige Richtung. Vielleicht hätte Nummer 7 so in etwas besser riechen können. Leider ist auch hier ein synthetischer Einschlag nicht zu verleugnen, der mich ein wenig nervt. Doch jener ist lange nicht so anstrengend wie in No. 7, sondern fügt sich hier in ein noch angenehmes Duftbild. Die Basis finde ich fast seriös und sie könnte so auch als beinahe mainstreamiger Holzduft in Richtung Wonderwood (den ich zugegeben nur noch grob in Erinnerung habe) oder ähnliches durchgehen. Insgesamt sind Nr. 7 und Nr. 8 für mich eher schwache Kandidaten.

Auflösung 8:

https://1drv.ms/w/s!AmDK1shlkN1YeY2cnHc5-z5VdZ0

Fazit:

https://1drv.ms/w/s!AmDK1shlkN1YezAg_CjzB9YmQko

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