TerredeJonny

TerredeJonny

Rezensionen
Filtern & sortieren
1 - 5 von 6
TerredeJonny vor 3 Jahren 11 2
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Ich bin gestrauchelt - Anerkennung eines phantastischen Dufts in drei Phasen
Ich habe diesen Duft schon vor einer ganzen Weile entdeckt und war zunächst ziemlich begeistert. Die tolle, zitrisch-minzig-beerige Kopfnote hat es mir ziemlich angetan. Die Mischung aus Leichtigkeit und asiatischer Mystik habe ich bisher so noch nirgendwo gerochen. Irgendwo hier habe ich gelesen, der Duft vermittelle das Bild eines Samurai und ich finde, das passt. Vielleicht das Bild eines bescheidenen Gentleman-Samurai, tagsüber Businessman und des Nachts .... moment, die Geschichte gibt es schon. In einem schnell verfassten Statement habe ich den Duft als beerig-schokoladige Nischenvariante von CK-One beschrieben und ich finde immer noch, dass das bezüglich der Kopfnote gut passt.

Dann bin ich ins Straucheln geraten. Der von mir sehr geschätze User Schoork (Wo bist du denn hin?) hat hier einen ordentlichen Verriss geschrieben. Er warf dem Duft vor, nach wenigen Minuten lediglich schwülstig süß und damit austauschbar zu werden und gar nicht so lange zu halten. Zweiteren Kritikpunkt konnte ich nicht wirklich nachvollziehen, aber es stimmt schon, die schöne Kopfnote wird zeitweilig komplett verdrängt. Der Duft wird tatsächlich sehr schokoladig, von ausgewogener Cremigkeit ist da noch garnicht so viel zu merken.

Lange war ich mir nicht sicher, ob meine Begeisterung für die Kopfnote ausreicht, um diesen Duft in seiner Gesamtheit noch so gut zu finden, oder ob er letztlich nicht doch ein austauschbarer Drogerie-Duft ist, der nur mit einer schönen Kopfnote besticht. Ich habe ihn häufig zu Hause als "Wohlfühl-Duft" getragen. Ich weiß nicht, woran es liegt, aber momentan neige ich dazu, Schoorks Urteil wieder in Zweifel zu ziehen. Vielleicht ist der Flakon-Inhalt weiter gereift oder es liegt daran, dass ich der Duftentwicklung wieder mehr Aufmerksam geschenkt habe. Jedenfalls wird meiner Meinung nach die zweite, schwülstig-süße Duftwelle von einer dritten Phase abgelöst, in der Minze und Beere wieder in einer schönen, cremigen Gesamtkomposition wahrnehmbar sind. Und diese dritte Phase ist tatsächlich eine super Kombination aus süßer Schokolade, cremiger Vanille und eben auch etwas beeriger Frische.

Jetzt bin ich mir meines Urteils sicher: Der Duft ist super. Wer den ungewöhnlichen Duftverlauf aushält, wird sich in allen Phasen des Duftes erfreuen. Da der Duftverlauf zudem sehr schnell einsetzt, kann man sogar gut kalkulieren, wann man in die dritte Phase kommt. Ich persönlich finde die dritte Phase sogar bürokompatibel.

Ich habe mit diesem Duft jedenfalls einiges gelernt. Zum einen, dass Parfumo wirklich ein toller Ort ist, um verschiedene Facetten eines Duftes zu beleuchten. Zum anderen habe ich gelernt, einem Duft Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken und meiner eigenen Nase zu trauen. :-) In diesem Sinn viel Spaß beim Testen!
2 Antworten
TerredeJonny vor 4 Jahren 13 2
5
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Kompromisslos
Über den Duft ist schon wirklich viel gesagt. Aber ich trage ihn grade und finde doch, dass noch nicht alles gesagt ist. Ich finde diesen Duft überaus sympathisch, weil er absolut keine Kompromisse eingeht:

- Mandarine in allen Facetten, säuerlich und auch schwere, fast faulige Süße
- keine "leichte Brise-Aquatik"
- quasi kein Duftverlauf
- absolut unpassend im Büro, das ist ein Duft für den Strand (... oder Balkonien)
- sollte man meines Erachtens wirklich nur zu einem lässig-eleganten Sommer-Outfit tragen
- strahlt unbändiges Selbstvertrauen aus, grade weil es kein Crowdpleaser ist und die Sillage stark ist
- fast aufdringliche Haltbarkeit
- hochgradig unpraktischer Flakon

Dieser Duft ist ein Statement, sicherlich nicht gefällig. Das ist Nische. Unbedingt vor dem Kauf testen. Man liebt ihn oder man hasst ihn. Ich liebe ihn.
2 Antworten
TerredeJonny vor 4 Jahren 8 1
10
Flakon
8
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Is a Scent like a Song?
... titelte im Jahr 2006 die New York Times [1]. Die zunächst philosophisch anmutende Frage stellte sich jedoch nicht in einem künstlerischen, sondern in einem juristischen Kontext. Das oberste französische Gericht, der Cour de Cassation, urteilte im Sommer dieses Jahres, die Parfümkreation des Duftes "Dune" von Dior stelle vornehmlich eine handwerkliche und keine künstlerische Leistung dar, da "Der Duft eines Parfums, der sich aus der einfachen Umsetzung von Fachwissen ergibt [... nicht ] "die Schaffung einer Ausdrucksform dar[stellt], die vom Schutz der geistigen Werke profitieren kann" [2]. Die Kreateurin und Klägerin konnte in Folge keine Lizenzgebühren nach ihrem Ausscheiden aus dem Unternehmen für den Verkauf des Duftes verlangen.

Was hat das alles mit dem Duft zu tun?
Die Klägerin in diesem Fall trägt den Namen Nejla Bsiri-Barbir, die auch als Parfumeurin dieses Duftes benannt wird [3]. Nachweisbar ist das vorläufig nicht, die Marke Reyane Tradition hat nicht mal eine Internetseite, und auch zu Frau Bsiri-Barbir findet man wenig.

Jedenfalls ist der Duft sehr ungewöhnlich. Er ist süß, ein bisschen ledrig, vanillig, oudig und holzig, ich meine auch leicht rosig. Ich werde nicht so richtig schlau aus dem Duft. Er ist sehr süß und hält ewig, trotzdem ist er zurückhaltend und ist nie kitschig oder zu schwer, nicht mal am Anfang. Tendenziell würde ich ihn trotzdem eher mitteljungen Herren empfehlen. Ich kann ihn mir in kalten Jahreszeiten (im Herbst und Winter) in allen Situationen an mir vorstellen.

Wenn die Kreation von Parfüm lediglich einfaches "Zusammenmischen" wäre, das strikten Regeln folgt, warum gibt es dann keinen weiteren Duft wie diesen? Natürlich ist ein Duft eine Ansammlung von Molekülen. Das ist ein Gemälde allerdings auch. Und natürlich kann man das Parfümhandwerk lernen. Genau wie das Malen. Dieser Duft ist allerdings so ungewöhnlich, dass er nicht durch das schlichte „Zusammenkippen von Substanzen“, basierend aus Erfahrungswissen entstanden sein kann. Hinter ihm steht ein Schaffensprozess. Der Wille, einen süßen Duft zu kreieren, der jederzeit tragbar ist. Das ist eine schwierige Gradwanderung. Dieser Duft ist etwas ganz Neues. Man könnte sagen: Kunst.

Ob die Kreation dieses ungewöhnlichen Duftes zum Preis von 25€ eine geplante Kritik, eine Kampfansage in Richtung großer Duftkonzerne sein soll, weiß ich nicht. Bei dem Preis, der Qualität und der Besonderheit dieses Duftes kann ich es mir, in Verbindung mit der Geschichte der vermeintlichen Parfumeurin, allerdings gut vorstellen. Auch die Anonymität der Marke hinter dem Parfüm ist ungewöhnlich, ein Gegensatz zur allumfassenden Vermarktung von Designerdüften, ja sogar den meisten Nischendüften.

Letztlich ist es egal, ob es sich bei dem Parfumeur tatsächlich um Nejla Bsiri-Barbir handelt und diese, abgewandt von Großkozernen und deren Geschäftsgebaren, hinter der Marke Reyane Tradition steht. Eine Kampfansage in deren Richtung ist das Parfüm ohnehin.

[1] Is a Scent like a Song? Oui and Non, Elaine Sciolino, New York Times, 13. Juli 2006
[2] Cass. civ. 1. ch., 13. June 2006, Propr. Intell. S. 442-443; abgdedruckt in Claire Guillemin, Law & Odeur: Fragrance Protection in the Fields of Perfumery and Cosmetics, S. 167.
[3] z.B. bei Pillashop, leicht auffindbar bei der Internetsuche nach Reyane-Düften, linke Zeile der Website
1 Antwort
TerredeJonny vor 5 Jahren 3 1
8
Flakon
10
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Zum Glück keine Allüren!
Der Duft mit dem unpassensten Namen den es gibt? Allure Homme Sport Eau Extrême!

Der Duden gibt als Bedeutung für das (aus dem Französischen übersetzte) Wort Allüren an, es bezeichne einen "aus dem Rahmen gefallenen Umgangston", gar "auffallendes Benehmen", "Gehabe". Dabei stellt man sich den "starken Mann", den Macho, vor. Der muss unbedingt den ganzen Raum einnehmen und alle Blicke auf sich ziehen.

Dabei besticht der Duft durch leichte Zitrik in Verbindung mit dem sparsamen Gebrauch von Tonkabohne und Sandelholz und die dadurch vermittelte Lockerheit. Der Duftverlauf ist sehr linear, auch die Sillage ist nicht auffällig, hat nichts Bedrängendes. Grade das ist die Stärke dieses Duftes. Ein Sportduft ist er, wie viele Andere hier schon dargelegt haben, auch nicht.

Wirklich Leute. Wer diesen Duft als "Pantydropper" bezeichnet, sollte ihn nicht tragen. Mag schon sein, dass er bei den Damen sehr gut ankommt. Aber eben grade nicht durch Macho-Gehabe, sondern durch Einfachheit.
1 Antwort
TerredeJonny vor 5 Jahren 3 3
8
Sillage
9
Haltbarkeit
3.5
Duft
Na Schnecke, kann ich dir nen' Bratapfel ausgeben?
Der Duft soll eine Layton-Kopie sein und den anderen Kommentaren und Statements zufolge ist er das wohl auch. Ich selber weiß es nicht, den Layton habe ich nie gerochen. Ich finde Preise über 100€ für Parfüm nur sehr selten gerechtfertigt und muss ehrlich gestehen, dass ich bei den Duftkomponenten, die zwar interessant sind, aber nicht so hunderprozentig zu meinen Vorlieben passen, schlicht nicht bereit war, für grade diesen Duft eine solche Summe auszugeben. Von daher kam von vornherein zum Test "nur" der Royal Equestrian infrage.

Da ich aber nicht nur bei dem "er ist günstiger, hat eine starke Sillage und Ausdauer" (was zweifellos der Fall ist), verharren möchte, beschreibe ich jetzt, was ich rieche und, welche Szene ich dabei im Kopf habe.

Für mich verbinden sich die Duftkomponenten (ich rieche vor allem Apfel, Zimt, Vanille und etwas Zirtrik) zu einem Bratapfelduft. Sehr süß, schwer, zimtig. Und dazu habe ich Bilder eines 16-Jährigen im Kopf, aufgestylt bis zum geht nicht mehr, auf der örtlichen Kirmes unterwegs, um die Damenwelt auf sich aufmerksam zu machen. Auffallen um jeden Preis! Als er ein Mädchen entdeckt, das ihm gefällt, ruft er "Na Schnecke, kann ich dir nen Bratapfel ausgeben?".

Der aktuellste Kommentar beim PdM Layton ist mit der Überschrift "... hier riecht es ja wie im Bordell" übertitelt. Ich finde, das trifft es. Auch wenn der Autor dieses Kommentars grade das gut findet. Ich finde den Duft sehr jugendlich, unreif, aufschneiderisch. Er ist zu schwer, zu gewollt besonders. Damit hat man vielleicht als Jugendlicher Erfolg bei den Frauen. Als Erwachsener eher nicht.

Zusammengefasst: nicht mein Fall, handwerklich aber sicher gut gemacht.
3 Antworten
1 - 5 von 6