Tivellon

Tivellon

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1 - 5 von 17
Tivellon vor 11 Jahren 57 32
10
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
9
Duft
Vom Temperament der Sinnlichkeit
Ambre Nuit ist kein Duft, der ruhig auf der Haut liegt, einhüllt, beruhigt.

Im Gegenteil, er hat ein deutlich feuriges Temperament und treibt mir eine genussvolle Gänsehaut vom Scheitel bis zur Sohle!

Sinnlichkeit schöpft ihre Spannung aus intensiver Wahrnehmung, die erst ganz langsam über Augen, Finger, Haut, Zunge, Ohren und - natürlich! - der Nase ganz ohne Wertung einfach nur zur Kenntnis genommen wird. Den Eindruck einbehalten, hin- und herbewegt, verharrt... erst dann folgt die Einteilung, Entschlüsselung in Begriffe wie süß, bitter, frisch, pfeffrig und nachfolgend dann in Gefallen oder nicht Gefallen. All das so intensiv, so einzig und wahrhaftig, so lebendig und überwältigend, dass gefolgt von der bewussten Wahrnehmung ein Begehren entsteht.

Begehren birgt den brennenden Wunsch nach Erfüllung, der sich steigert und steigert; transportiert durch Temperament, bis die Sehnsucht nach.... gestillt wird.

Ambre Nuit ist stark, sehr stark, in Bewegung. Nicht von seiner Entwicklung oder Silage her, da bleibt er in meiner Wahrnehmung sehr linear (kaum Duftverlauf) und körpernah. Vielmehr erscheint mir dieses "sich in Bewegung befinden" wie das wilde Durcheinander, die Aufruhr der Atome, in kochend heißem Wasser.

Deutlich ambriert zeigt er sich, jedoch nicht amber-dominant. Der Name passt da für mich schon, auch wegen seiner tiefen, berührenden Erotik. Erstaunlicher Weise ist er für mich sehr oud-lastig. Aber Oud in schön, entschärft, europäisiert. Alles andere, Pfeffer, Grapefruit, Patchouli, etwas Zeder und Gujak – Ja! Die wehmütige Transparenz einer schönen Rose. Alles da, jedoch homogen verbunden, einzig Amber und "mein" Oud stechen hervor. Frisch, fulminant, vibrierend und doch gleichzeitig verheißungsvoll dunkel. Projektion und Haltbarkeit sind bei mir mittel, auf Stoff jedoch vehement und unbedingt unisex.

Und ich bin ihm soooooo verfallen.

Für mich ist Sinnlichkeit immer mit einem lebhaften Temperament verbunden, da mich Wahrnehmung stets zutiefst berührt und ein reizvoller Kontrast entsteht zwischen der langsamen Bewusstwerdung bis hin zum glühendem, höchst ungeduldigem Wunsch nach Erfüllung.

Sich ergänzend, sich bedingend. Kein Yin ohne Yang, kein Richtig ohne Falsch, kein Leid ohne Glück, keine Spannung ohne Entspannung.

Das ist für mich Ambre Nuit: das Temperament der Sinnlichkeit.
32 Antworten
Tivellon vor 12 Jahren 55 31
10
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Ein Schelm, wer Böses dabei denkt
... so lautet das Motto des britischen Hosenbandordens. Amüsant mutet diese Bezeichnung heutzutage an, doch sein Vorbild war kein geringeres als König Artus Tafelrunde und gegründet im 14. Jahrhundert waren ihm die edelsten Ritter des Empires angehörig. Übrigens eine sehr moderne Institution, denn hingegen der damals üblichen Etikette waren und sind Frauen willkommene Mitglieder. Was genau sich hinter der Namensgebung verbirgt – z.B. ein beim Tanze verlorenes blaues Strumpfband, welches die prüde königliche Gesellschaft entrüstete und galant vom Gründer mit eben diesem Ausspruch tadelnd an die Hofgesellschaft und mit ritterlichem Anstand der Dame zurückgereicht – ist bis heute nicht gewiss.

Doch wer ist ein Schelm?
Ursprünglich ein ernst gemeintes Schimpfwort, welches Betrüger bedeutete, Schuft, aber auch Dummkopf und sogar den Berufsstand des Scharfrichters bezeichnete, wandelte sich dieser Begriff in unseren Tagen zu etwas deutlich Freundlicherem. Ein Schelm ist heute ein im positiven Sinn gemeinter Spitzbub, jemand der den "Schalk im Nacken" hat. Ein Schelm steht aber auch für kokettierende Doppeldeutigkeit, der genau damit sein (bewusstes) Spiel spielt.

Das Parfum Gourmand Coquin (der Gourmand-Schelm) wandelt sich jedoch nur wenig im Verlauf seines Duftlebens und ebensowenig mutet er archaisch an oder wäre gar nur für ein Geschlecht konzipiert. Mitnichten! Mann, Frau, Frau und Mann.

Für mich startet er gänzlich ohne zu erkennenden Pfeffer, jedoch leicht fruchtig mit einer einnehmenden, geradezu shanghaienden Schokoladen-Rumnote, saftig, satt, balsamisch-alkoholisch, wohlig-wärmend, rund und selbstverständlich sehr authentisch. Rose ja, doch nur als stimmige Staffage weit im Hintergrund, ohne die hingegen dieser "Duftraum" fad und unbeseelt erscheinen könnte. Pfeffer spielt nun hauchzart mit hinein, wie ein kurzer, überbordener Klaps mit der flachen Hand auf einen nackten Hintern – kaum dass es wehtut, jedoch mit zärtlich vibrierendem Nachhall.... Schon nach kurzer Zeit entwickelt Gourmand Coquin für mich dann diese zum Niederknien himmlische, begeisternde Lebkuchennote! Ein eindeutiger Gourmand und wie "Cuir Beluga" eine wohldurchdachte, sinnlich-sanfte Silage, die je nach Gefühlslage mal nur sehr kurz und mal sehr lange anhält.

Gourmand Coquin ist wie ein schelmisches Lächeln, welches von dem einen vielleicht nur als Freundlichkeit aufgefasst wird: Wie das harmlose Anreichen von Lebkuchen, Schokolade und heißem Rum an einem klirrend kalten Wintertag.

Wer sich hingegen öffnet, in diesem "Lächeln" mehr wahrzunehmen vermag oder möchte, dem entgeht die Koketterie, die angebotene Verschwörung, das verführerische Versprechen nicht.

Bei Gourmand Coquin habe ich sofort die Assoziation, oder nein (oder ja?) oder auch - den Wunsch nach einem genauso duftendem Öl, das ich erwärmt meinem Liebsten, und mein Liebster mir, von den Zehen ab an beginnend – sanft und tief – in die Haut massiere um dann, einem Quantensprung der Ewigkeit gleich, irgendwann... dann...

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! (o;
31 Antworten
Tivellon vor 12 Jahren 32 16
7.5
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
8
Duft
Dein Blick aus dem Fenster und wieder zurück
Was für ein wunderschöner, kuscheliger, zarter, wohl ausbalancierter, gourmandiger Amber-Traum!

Er hat so etwas Wohlwollendes, seine Wirkung erscheint mir fast wie Zuwendung.

Wenn man die Inhaltsstoffe liest, erwartet man vielleicht eine Wuchtbrumme, jedoch - so meine Wahrnehmung - weit gefehlt. Die Silage ist bei mir gering, Alambar ist sanft und trotzdem hält er recht lange.

Ohne Zweifel Kakao, aber kein trockenes Pulver, welches dir ein zu Schabernack aufgelegter Mitmensch vielleicht ins Gesicht pustet – nein, er bleibt stets zentriert, cremig und vollmundig, ohne zu übersättigen. Das könnte der Bergamotte zu verdanken sein, die lange leicht und gekonnt auf sehr feinstofflich Art Lebendigkeit verleiht und verhindert, dass Alambar einem matschigen Brownie-Klumpen gleicht, der über dein Nasendach und deine Geruchsnerven hinweg mit Schmackes direkt ins Gehirn geklatscht wird. Olfaktorisch natürlich nur. (Wobei ein kleines, richtig gutes Stück Bronwie mit einem ebenso guten Kaffee als Ausgleich hin- und wieder durchaus lecker ist.)

Aber weiter zum Duft.

Amber ist hier deutlich dominant. Kein Wunder, es ist ja auch in allen 3 Noten enthalten. Zimt nehme ich nur als klitzekleinen Kitzel im Hintergrund wahr, Vanille auch eher nur rezessiv, sie unterstützt hier jedoch zweifellos die Gourmand-Süße. Eine große Entwicklung erschnupper ich nicht, die Bergamotte weicht nach einiger Zeit leicht zurück und die wundervolle Amber-Kakao-Melange etabliert sich.

Es ist wie einer dieser verregneten Wintertage, alles ist grau und irgendwie trostlos, auch deine Stimmung. Und du schaust aus dem Fenster, den Regentropfen hinterher.

Doch dann, und das ist Alambar! noch bevor du etwas hörst, riechst du plötzlich diesen Duft... Amber, Kakao, Bergamotte und ein wohlwollender Mitmensch (vielleicht derselbe, der dir einst das Pulver in die Augen blies?) kredenzt dir nun ohne Worte, jedoch mit ganz viel Gefühl, eine Tasse heißen, sahnecremigen Kakao mit tiefgründigem Amberaroma sowie heilsamem Zimt und während noch ein wenig heißer Dampf aus der Tasse zu einem Dunstfleckchen auf der Fensterschreibe kondensiert, wendest du dich ab von diesem tristen Ausblick und ... kannst nur noch lächeln!

Genau so empfinde ich Alambar. Nicht nur die edle, authentische Süße von Amber und Kakao, sondern auch wohlwollende Aufmunterung.

Ergo: Der schönste Amber-Kakao-Duft den ich kenne.
16 Antworten
Tivellon vor 12 Jahren 13 6
5
Flakon
4
Sillage
4
Haltbarkeit
7
Duft
Wenn das Leben mal ganz leicht ist
Light Clouds hüpft und tollt mir gleich zu Beginn voller Tatendrang und guter Laune vor den Füßen herum. (o;

Angenehm unsüß, frisch und sauber, ein wenig aufgeschäumtes Waschpulver und somit auch packend, brausend und "Hallo – hier bin ich". Ein frischer, blumig-holziger Moschus-Duft, der die Laune hebt und Leichtigkeit birgt.

Moschino hat den Duftcharakter nicht nur mit dem Namen, sondern auch visuell sehr passend mit dem Motiv dieses strahlend blauen Himmels plus weißen Wölkchen umgesetzt. Allerdings finde ich, könnte das Wölkchen etwas mehr von einem zackigen Wind angetrieben sein. Light Clouds besitzt für mich Dynamik, dafür aber weniger Tiefe als andere Moschusdüfte.

Trotzdem finde ich ihn so, wie er ist, gut, denn er besetzt seine Ecke sehr autark und vielleicht soll er auch genau so sein? Die Haltbarkeit ist bei mir, wie bei fast allen Moschino-Düften, nicht so gut.

Ein Tipp: unbedingt bei großer Hitze tragen! Da entwickelt er sich am schönsten.
6 Antworten
Tivellon vor 12 Jahren 17 4
5
Flakon
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
6
Duft
Die Liebe stirbt niemals alt vs. Die Liebe bleibt bis zum Schluß
Auf diesen Duft wurde ich durch ein Mißverständnis aufmerksam, bzw. einen Lesefehler beim Überfliegen der vielen Flaschenetiketten im Regal.

Ich las "Love Never Dies Old"... fand das bemerkenswert, war echt beeindruckt und schlenderte mit meinem Einkaufswagen weiter die Gänge entlang und machte mir so meine Gedanken:

Wer in einer Beziehung lebt, wird wohl - zum Glück! - nicht zustimmen können, denn ohne Liebe eher keine Beziehung und wo sie fehlt oder verloren gegangen ist, da legt der Selbsterhaltungstrieb schnell ein erstickendes Tuch über alle aufkeimenden Zweifel.

Alle anderen - immer noch Suchende oder Bekehrte - mögen mir eventuell zustimmen: Love never dies old. Jaja...

Ein schöner Spruch; schmerzhaft, weise und oft so wahr.

Da soll nochmal einer sagen, Drogeriemärkte laden nicht zum Sinnieren ein! Ich also hinter dem Babysachenregal eine scharfe Kurve mit dem sperrigen Einkaufswagen hingelegt und zurück zu den Düften.

Kaum dort war ich dann doch über dieses "G" vor dem "old" enttäuscht. Das ist ja jetzt sicher nicht in einem Satz zu lesen, sondern mit einem dicken Trennzeichen zwischen "Love Never Dies" und "Gold"? Ergibt doch sonst keinen Sinn. Hmm.

Und was fällt mir Positives zu einem "G" ein? Der G-Punkt? Lassen wir das lieber. (o:

Weiter hab ich mich über den kopierten Sternflakon von Wish geärgert. Warum immitieren? Da reißt auch die gelbe Farbe und das Perlchen am Verschluß nichts mehr rum. Was soll das nur? Jeanne Arthes hat so schöne, individuelle, einzigartige und hochwertige Flakons gemacht; siehe Guipure & Silk, Made In Love, Romantic, Ice Breaker oder Les Lions d´Arthes! Wirklich wunderschön - und jetzt gibts nur noch Nachgemachtes? Die Love-Generation-Flakons haben in ihrer Form auch große Ähnlichkeit zu Feminité du Bois und begegnen einem - so ästhetisch sie auch sind - irgendwie viel zu oft.

Doch dann... der Duft. Schon das Schnuppern am geöffneten Flakon war gar nicht übel und das Testen auf der Haut folgte auf dem Fuße.

Die Kopfnote ist ansprechend. Voll, rund, süß, fruchtig-würzig, opulent. Was auch immer Wurzelknolle sein soll, in Verbindung mit Brombeere und Grapefruit riecht das lecker!

Die Grapfruit ist eine von der Sorte, die sich unter praller Südsonne mit eben dieser vollgesogen hat und saftig-süß schmeckt, trotz bitterer Frische.

Die Brombeere ist ebenfalls süß und deutlich lila.

Damit verbunden eine sehr cremige Note mit leichtem Schokoduft. Es ist eine hellere Schokolade für mich - eher Vollmilch statt Zartbitter.

Nun bin ich keine Freundin von Maiglöckchen (als Duft), doch genau diese Note wird bei mir vorübergehend sehr präsent. Diese Phase ist mir darum persönlich etwas zu süß und beginnt bereits nach 10 min. Heißt, die Herznote ist nicht die meine.

Doch dann die Basis, die bekanntlich am längsten hält und mir auch am besten gefällt. Das Maiglöckchen stark zurückgetreten. Ein subtiler Schokoduft mit zitrischen, süßen Früchten und einer Spur Ambra. Erstaunlich, zumal für den Preis, die klar wahrnehmbare Duftentwicklung und Vieldimensionalität des Parfums. Alles sehr harmonisch, skinnig und lädt wirklich zum Ein- oder Ankuscheln ein.

Nun habe ich also festgestellt, dass der Duft definitiv ein "Love Never Dies - Gold" ist und er zeigt mir das magnetisierende, eingebrannte Bild des händchenhaltenden, gemeinsam gealterten Pärchens, welches im orange-roten Sonnenuntergang, Schulter an Schulter, auf einer Parkbank sitzt.
4 Antworten
1 - 5 von 17