TomThumb

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1 - 5 von 28
TomThumb vor 2 Jahren 3 1
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Duft
Venezianische Waren VII: Buntes Bouquet
Ich schleiche vorsichtig durch einen gehobenen, mit penibelster Sorgfalt eingerichteten Blumenladen und bin von der anmutigen Pracht der bunten Blüten und ihren unwiderstehlichen Düften hingerissen. Die euphorische, verschwenderische Schönheit, welche für mich die ganze märchenhafte Heiligkeit der Natur einfängt, betört und betäubt mich. Ich möchte am liebsten für immer hier bleiben! Irgendwann, die Zeit war nichtig geworden, tritt doch eine Verkäuferin an mich heran und fragt nach meinen Wünschen. Ehrfurchtsvoll wähle ich unter den fantastischen Blumen einige der Schönsten und Duftendsten aus und lasse mir mit Goldband ein Bouquet binden. Den ganzen Tag noch muss ich an dem wundervollen Strauß riechen.

Erst nehme ich einen spannenden, süffigen Alkoholgeruch wahr, der dem bunten Gemisch der in Blüte stehenden Flora respektvoll-gedämpft vorangeht. Dann bilden sich virtuos wachsige Noten von diversen hellen Blüten heraus, die sich opulent mit einer leichten Rose verbinden. Die Blütenpracht wird immer wärmer und raffinierter; es entstehen fruchtige Anklänge von Pfirsich und Beeren. Schließlich legt sich wieder dämpfend eine blumige Puderschicht darüber. Diese bereitet die sinnliche, warme Basis vor. So entwickeln sich nach und nach helle Hölzer und sanfter Blütenhonig, sowie eine Note von schneeweißem Vanillestaub, die alles graziös zusammenhält.
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TomThumb vor 2 Jahren 1 2
7
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8
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8.5
Duft
Venezianische Waren VI: Balsam für die Seele
Ich kaufe eine teure, wohltuende Salbe aus edelsten Naturrohstoffen, die über den Handelsweg nach Venedig kommen. Sie behandelt jegliche Form von Unwohlsein und duftet äußerst sinnlich.

Für die erotische Schwere muss ein erlesenes Rosenextrakt in Verbindung mit tierischen Sekreten verantwortlich sein. Die blumige Animalik gibt sich hier weichsamtig und doch kühl aus. Das Oud bildet mit öligen Harzen und feuchtem Patchouli einen balsamisch-medizinischen Dreiklang, der wunderbar mit der Herznote harmoniert. Eine schöne Note von Zedernholz kommt mit der Zeit dazu.

Die Verbindung von weichen, körperlichen Noten und beinahe alkoholisch-sterilen Balsamnoten wirkt zunächst etwas befremdlich. Da hier aber eine gelungene Balance erzeugt wird, fügt sich alles zu einem interessanten und durchaus schönen Duftgebilde zusammen.
2 Antworten
TomThumb vor 2 Jahren 7 6
8
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8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Venezianische Waren V: Kamelschokolade
Ich besichtige eine kleine, venezianische Schokoladenmanufaktur. Dort führt man mich mit fachkundiger Beratung herum und weiht mich in das durch und durch handwerkliche Mysterium des dunklen Aztekengoldes ein. Insbesondere die entstehenden Düfte faszinieren mich.

Zunächst werden kleine Kakaobohnen in der Kupferschale geröstet, wobei süße und zart-holzige Rauchnoten freigesetzt werden. Bei dem Mahlprozess, erst grob durch eine Fahrradapparatur und dann fein mittels einer Handkurbel, steigen pudrig-staubige Vanillefacetten in meine Nase, die sich sehr schnell zur Primärnote ausbauen. Mit der Raffination der Kakaobutter in einer Presse entsteht ein honigartiges, balsamisches Öl, welches ebenfalls äußerst süß ist. Und dann kommt die Überraschung! Zu der Mischung wird echte Kamelmilch hinzugefügt. Sofort nehme ich einen warmen, animalischen Duft wahr, der sich sanft und weich einfügt und mich an Wachs erinnert. Später wird er aber intensiver und etwas streng, wie angebrannte Zuckermilch, auf der sich eine Haut bildet.

Die fertige Schokoladentafel, mit natürlichen Unebenheiten in einer Goldfolie eingepackt, weist dann einen vanillig-cremigen, sehr süßen Duft auf. Und genau diese Süße scheint mir persönlich nicht unbedingt zu bekommen. Trotzdem war es ein schönes Erlebnis!

6 Antworten
TomThumb vor 2 Jahren 7 2
7
Sillage
7
Haltbarkeit
6.5
Duft
Venezianische Waren IV: Süßes Räucherwerk
Ein kleines Orientgewürz- und Esoterikgeschäft, verwinkelt und ganz unscheinbar im venezianischen Trubel. Ich sehe mich um und fühle mich von den vielen, intensiven Düften wie erschlagen. Gewürze und Früchte liegen aus, Süßwaren sind darunter drapiert. Räucherwerk und -hölzer, sowie trockene Kerzen liegen überall herum. Von der liebenswürdigen, ganz und gar nicht klischeehaft entrückten, Verkäuferin lasse ich mir eine bunte Tüte zusammenstellen. Sie folgt mir mit dem knisternden Papier über den schwer mit Perserteppichen ausgelegten Holzboden, während ich die kleinen Schätze aussuche.

Zuerst ein wenig von der süßen, holzigen Lakritze, die beinahe ätherisch-pfeffrig duftet. Dazu kommen kleine, mit Zimt gezuckerte Früchte: Äpfel, Datteln und Trauben. Ein Rauchschälchen aus Kakaoholz und dünne Räucherstäbchen, die einen sauber-reinen, balsamischen Duft von kaltem Weihrauch ausströmen, lasse ich mir ebenfalls dazulegen. Zuletzt finden kleine naturbelassene Kautschukstücke zum Kauen den Weg in die Tüte.

Wie ich beim Hinausgehen noch einmal an der Mischung rieche, bin ich etwas enttäuscht ob der penetranten, süßen Geruchsvielfalt, die sich für mich relativ unangenehm und schwülstig ausnimmt. Die einzelnen Waren jedoch sind von ausgezeichneter Qualität.
2 Antworten
TomThumb vor 2 Jahren 3 1
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Venezianische Waren III: Der Sattel Liberty
Das kleine, traditionelle Lokal begrüßt mich mit einem gewürzschweren, warmen Duft. Das blasse Licht der Vormittagssonne scheint durch die milchigen Fenster. Über Venedig liegt ein geräuschloser Frühlingsdunst. An einem der hellen Eichenholztische sitzt ein älterer, italienischer Herr; rustikal gekleidet mit dichtem, dunklen Schnurrbart. Er winkt mich zu sich.
"Sie habe ich gestern doch auf dem Gestüt außerhalb der Stadt gesehen." - "Ja, das stimmt. Ich war zur Besichtigung dort." Wir kommen ins belebte Gespräch. Ob ich ein Pferd hätte? Nein, aber meine Freundin. Ob er mich für ein besonderes Geschenk begeistern könne? Ja, um was es sich handeln würde, frage ich zurück. "Ich dachte nur gerade an den Sportsattel meiner verstorbenen Frau. Der schönste, den Sie je gesehen haben. Sie sind mir sehr sympathisch und ich möchte, dass er in gute Hände kommt."

Zur Mittagszeit treffe ich in seinem kleinen Landhäuschen ein und nehme im Wohnzimmer Platz. Auf dem Tisch liegt, auf einem kunstvollen Seidentuch, der unglaublich schöne Sattel. Helles Veloursleder und nussfarbenes Glattleder wurden kontrastierend verwendet und mit zierlichen, floralgeprägten Silbernieten verziert. Kleine, reflektierende Perlen bilden stimmungsvolle Schlangenmuster.
Was mich jedoch am meisten verzaubert, ist der wunderbare, tiefe Duft in jenem Raum. Der Sattel strömt den einzigartigen, urkräftigen Duft von rauem Leder aus. Streng und doch weich-animalisch. Aus der anliegenden Küche dringt würziger Safrandampf, der jede Strenge sofort betäubt und alles farbenfroh untermalt. Die alkoholisch-fruchtige Schärfe, welche mir aus dem Branntweinglas vor mir in die Nase steigt, kommt sanft hinzu. Der Lederduft wandelt sich zu dunkel-herben Noten von Zartbitterschokolade und trockenem Patchouli.
Voller Dankbarkeit nehme ich den Sattel am späten Abend mit und verlasse das Haus meines neuen Freundes.
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