Toppine

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1 - 5 von 14
Toppine vor 2 Jahren 22 21
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Zu schön
Ich bewege mich in einer Oase der Schönheit. Um mich herum gedämpfte Farben, helles, gefiltertes Licht, transparentes Weiss, leise Musik. In einem Ballettraum stehen die Schülerinnen in ihren weissen Tutus an der Stange und üben Pas de Deux, Plié, Attitude und andere Positionen. Einige von ihnen tanzen im Raum herum, wirbeln ihre Pirouetten und Arabesquen. Das Böse der Welt ist für ein paar Stunden ausgeschlossen. Eine Oase, die aus sich selbst lebt und in der Banalität keinen Platz hat. Eine Aura von "Kunst" umgibt mich.

Das ist irgendwie schon schön und gilt für alle 5 Düfte von Perfumer H, die ich bisher getestet habe.
Ich habe "Dust" ausgewählt, weil er etwas präsenter ist und mit seiner weissen, staubigen Iris-Eröffnung gut zum Bild der Elevinnen passt. Ein strenger, herber Duft, für mich zu diszipliniert (aber ich habe meine Ballettausbildung auch nicht bis zum Ende durchgezogen...). Im Verlauf wird er harziger und dadurch weicher mit einem dicken Mantel aus Moschus. Ich finde ihn trotz Tonka und Vanille eher unsüß. Ein sehr trockener, klassischer Duft, dem etwas Lieblichkeit fehlt. Gefallen will er mit seiner Schönheit schon, aber nicht um jeden Preis.
Vergleichen würde ich ihn mit "Le Cri" oder auch "Belles Rives", der aber viel zugänglicher ist.

So gut gemacht die Düfte von Lyn Harris sicherlich sind, so haben sie doch einen Nachteil: sie sind sich etwas zu ähnlich und alle von dieser gewollt wirkenden "Ich bin Kunst"-Aura umgeben. Filigran, zart, transparent und ätherisch. Absichtlich heruntergedimmt. Trage ich sie, kann ich nur noch sanft und lautlos über den Boden gleiten. Aus Elefanten werden Schmetterlinge....

Mir fehlen Kontrapunkte, Erkennungsmerkmale, die einen Duft für mich einzigartig und lebendig machen. Zu viel Schönheit erstickt mich. Mag sein, dass die Parfümeurin nach über 30-jähriger Berufstätigkeit an ihrem Ziel angekommen ist. Für mich ist dieses Ziel jedoch zu abgehoben und zu leblos. Allerdings habe ich aus dem umfangreichen Sortiment auch nur fünf getestet. Vielleicht habe
ich die "Knaller" einfach nur verpasst.
21 Antworten
Toppine vor 2 Jahren 21 16
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Zwischenwelt
Blumiger Safran,
von ätherischen Grün durchzogen
Dunkelbraunes poliertes Holz mit erdigem Patchouli
Etwas schwitzig, aber ohne Schweiss
Eingewebter Rauch - Transparenz

So oder so ähnlich hätte mein Statement lauten können, wenn der Platz gereicht und ich nur wenig Empfindungen mit dem Duft verbunden hätte. Aber dies ist kein gewöhnlicher Duft. Vielmehr läßt er mich etwas ratlos zurück. Singular Oud ist ambivalent und so sind auch meine Eindrücke. Kein fließender Duft, aber trotzdem veränderlich. Kraftvoll, ohne wirklich kräftig zu sein. Dominant, aber durch eine filigrane Zartheit aufgelockert.

Schon der Auftakt ist voller Gegensätze und wirklich sehr reizvoll. Die erste würzig blumige Wolke gibt schnell den Weg frei für dunkles Holz - ein großer Tisch, schon oft mit Möbelpflege und Bienenwachs behandelt. Noch wabert ätherisches Grün durch die Gerüche und bringt helle Lichtreflexe, aber Patchouli kündigt sich schon an. Ein sehr erdiges, starkes Patchouli, das den ganzen Duft durchdringt und überflutet. Im Zaum gehalten nur durch den eingewebten Rauch, der für eine feine Transparenz sorgt.

Wenn es nicht diese kleine schwitzige Note gäbe, würde ich Oud gar nicht sonderlich bemerken. Es menschelt leicht, bleibt aber ohne einen fiesen Schweiß- oder gar Stallgeruch. Der Duft könnte auch - für mich passender - "Singular Patchouli" heissen. Der Name wäre aber egal, denn festlegen kann ich diesen Duft sowieso nicht. Er ist dunkel, aber über den dunklen Noten schwebt eine fluffige Leichtigkeit, die die Schwere abmildert. Er ist präsent, wirkt aber auf mich leicht gedimmt und zurückgenommen. Eine feine Süße macht ihn zudem sanft und weich.

Ein Duft in einer Zwischenwelt, nicht präzise, nicht leicht zu fassen, aber dadurch sehr attraktiv. Eine Schmetterlingswolke über einem Blumenbeet. Schönheit durch Harmonie im Zusammenspiel. Ich kann den Duft nicht wirklich greifen, aber das will ich auch gar nicht. Singular Oud - eine sehr besondere Singularität.
16 Antworten
Toppine vor 3 Jahren 27 22
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Doppelsinn
Das hier ist kein Parfüm. Das hier ist duftende Musik. Musik, die direkt ohne Umwege in den Bauch geht. Nicht intellektuell, nicht gefiltert und nicht auf gute Manieren und Schönheit getrimmt. Dafür kraftvoller, gut riechender Rhythmus. Blues-Rock vom Feinsten.

Limette, Champagner, Gin? Kann sein, es perlt jedenfalls. Von Anfang an ist da Wucht und Präsenz. Wer jemals den wunderbaren Konzertfilm "Stop Making Sense" über die Talking Heads gesehen hat, weiß, wovon ich rede. David Byrne betritt die Bühne und die Sache geht langsam und rhythmisch los, bis die restlichen Bandmitglieder kommen. So auch hier. Und dann haut mir der Duft "Burning Down the House" um die Ohren und in die Nase. Was für eine Eröffnung.. Ich wechsle zu "Once in a Lifetime", während sich der Auftakt etwas beruhigt.

Iris, Veilchen, Jasmin und andere Blümeleien? Mir egal, Noten sind hier überhaupt nicht wichtig. Sie fügen nur kleine Lichtblitze zum Voodoo-Zauber hinzu. Zudem zeigt sich jetzt rasch das pfeffrige Leder, sehr sexy und raumgreifend. Zusammen mit einer gehörigen Portion Rauch. Beides zusammen läßt nur noch Platz für alte Klassiker wie "Stairway to Heaven" oder "Another Brick in the Wall" oder was ihr wollt. Auch Ginger Bakers Drum Solo von Creams "Toad" passt bestens, ist aber hardcore....

Das rauchige Leder begrünt und beruhigt sich langsam. Was bleibt, hat leise Töne und stimmt mich sanft und ruhig. Ich denke an "Rough God Goes Riding" von Van Morrison mit seinen wundervollen Saxophon-Soli. Damit klingt der Duft aus, schön....

Bei aller psychedelischen Rockigkeit ist Voodoo Flower zwar dominant und präsent, aber tatsächlich niemals laut oder aufdringlich. Ein sehr körperlicher Duft für Nase und Ohren, der sofort Kopfkino in Gang setzt. Dabei vollkommen tragbar.

Meine beiden Vorkommentatoren haben ebenfalls die Musik in diesem Duft wahrgenommen. Marilyn Manson ist zwar nichts für mich, aber die Welt ist ja bunt. Floyd hat sich von Jimi Hendrix inspirieren lassen. Da würde ich gerne folgen, klappt aber nicht. Die jaulende, kreischende, sich in Endlosschleifen windende Fender höre ich hier leider nicht.

Das Parfüm hat einen wunderbar passenden Namen.
22 Antworten
Toppine vor 3 Jahren 26 19
9
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Kurze Reise mit einem Duft....
Als der Motor hinter ihr ansprang, begann sie zu laufen. Letzte Nacht hatte sie geträumt, dass heute etwas Besonderes passieren würde, aber eine genaue Erinnerung fehlte. Irgendwie unheimlich. Sie sollte vorsichtig sein.

Sie lief schneller, als sie plötzlich von einer köstlichen Duftwolke eingehüllt wurde, betörend stark. Sie blieb stehen und atmete tief ein. Flieder, was für ein Gefühl, ein richtiger Flash! Sie sah den großen, voll erblühten Fliederbusch, der am Rande eines kleinen Parks stand. Flieder - ihr liebster Frühlingsduft - heute war er besonders intensiv. Sie konnte sich kaum losreißen und versuchte, den Duft ganz in sich aufzunehmen. Er sollte bei ihr bleiben.....

Auf dem Platz nebenan war Wochenmarkt und sie beschloss, sich im Getümmel der Besucher treiben zu lassen.
Noch umfing sie die Süße der lila Fliederblüten, aber nun kamen noch andere Gerüche dazu. Andere Blumen, die sich aber in den Flieder hineinschmiegten. Sie passierte einen Brotstand und genoss den Duft eines frisch gebackenen Weizenbrotes, der ihr in die Nase stieg. Nochmal frühstücken, das wäre jetzt das Richtige! Ihre Schritte wurden eiliger und führten sie an den Obst- und Gemüseständen vorbei, die feine orangige Aromen verströmten. Hinzu kam jetzt noch ein leiser Duft nach Gurke mit einer saftig wässrigen Aura, fast wie nach einem Regenschauer, wenn sich die Gerüche des Regens mit denen der Straße vermischen. Der Flieder hüllte alles in eine sanfte, frische, transparente Wolke. Sie fühlte sich gut und lachte über ihre morgendlichen Ängste.

Ein Mann klopfte ihr auf die Schulter:
"Ich wollte Ihnen vorhin nachfahren und Ihnen Ihre Karte geben, die Sie bei der Parfümsuche bei uns vergessen haben. Und ich habe für Sie noch eine Probe von einem ganz tollen Fliederduft. Ist von einer berühmten Parfümeurin, die so schöne Frühlingsdüfte macht. Vielleicht gefällt er Ihnen."

Sie nickte und lächelte.
19 Antworten
Toppine vor 3 Jahren 30 25
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Eine Entschuldigung
Vor wenigen Wochen hatte ich die Gelegenheit, Kyoto erneut zu testen. Bekannt ist er mir schon seit Jahren, so wie den meisten von euch sicher auch. In meinem 5 Jahre alten Statement habe ich den Duft nur mittelmäßig bewertet, weil ich offensichtlich die Sillage usw. nicht ausreichend fand. Damals habe ich Kyoto aber wenigstens zugestanden, dass er meditativ ist. Na immerhin! Ein solches Statement wird diesem Ausnahmeduft natürlich nicht gerecht.

Denn ein Ausnahmeduft ist er auf jeden Fall. Ein Weihrauchduft und auch wieder nicht. Kyoto erinnert an die alte, bis heute gepflegte Tradition der buddhistischen Kodo-Weihrauchzeremonie, bei der verschiedene Dufthölzer verbrannt werden, wobei der Duft des Rauches sich mit dem des Holzes vermischt. Kein opulenter arabischer oder dunkel sakraler Baumharz-Weihrauch, sondern ein heller, sanfter, leicht kühler Rauch, der dem Geruch des Zedern- und Zypressenholzes Raum zur Entfaltung gibt. Die Besonderheit von Kyoto liegt darin, dass der Rauch den Geruch der Hölzer und anderen Zutaten nicht überdeckt, sondern ein filigranes Wechselspiel der Gerüche zulässt.

In der Basis dominieren die Hölzer mit Unterstützung von Patchouli und Amber. Vetiver setzt einen deutlichen grünen Akzent. Eine wunderbare, grünholzige und geerdete Basis.

Kyoto ist nicht nur sehr meditativ, er ist ein klarer, heller, außergewöhnlicher Duft, der friedvolle Ruhe und Gelassenheit vermittelt. Mit seinem Wechselspiel von Rauch und Holz wird Kyoto nicht langweilig. Trotz seiner Besonderheit ist er vollkommen tragbar und für mein Empfinden auch elegant.

Auf meiner Suche nach Düften mit hellem Weihrauch ist mir damals auch Sancti über den Weg gelaufen. Auch hier wieder heller Rauch, Zeder und Zypresse. Sancti ist für mich bis heute der Duft, der Kyoto am ähnlichsten ist. Trotzdem wirkt er durch seine zitrische Frische vollkommen anders. Sancti würde ich gerne an einem Sommerabend tragen, während ich bei Kyoto gar nicht an Jahreszeiten denke. Kyoto kennt nicht Zeit und Raum und nicht Winter und Sommer.......

Sollte ich einen Duft benennen, der in mir eine ähnliche Stimmung wie Kyoto hervorruft, wäre das 'Citta di Kyoto'. Beides Düfte zum Ausatmen.....

Also gar nichts zu meckern? Doch, eine Winzigkeit: ich kann den Kaffee nicht entdecken, aber damit kann ich leben. Und bevor wir ganz in der Meditation versinken, hier noch ein kleines, handfestes Baum-Gedicht eines meiner Lieblingsautoren:

"Zypressen fallen keineswegs
nur den Touristen auf den Keks.
Fehlt der Tourist, fällt die Zypresse
auch schon mal auf die eig'ne Fresse." (Robert Gernhardt)

Ich glaub, das hätte den alten Buddhisten auch gefallen!










25 Antworten
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