Turandot
Turandots Blog
vor 8 Jahren - 13.12.2015
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Meine Parfums - das bin ich.

Immer wieder erlebe ich, dass ich ein Parfum großartig finde, den Duft immer wieder wahrnehmen möchte, doch bei der Überlegung, ihn mir zuzulegen ein spontanes Nein in meinem Geist auftaucht. Diese Situation ließ mich mehr und mehr ratlos zurück. Es gibt eine Diskrepanz zwischen den Parfums, die ich bewundere und denen die ich tragen möchte. Ganz davon abgesehen, gibt auch noch Düfte, die ich durchaus als gelungen bewerte, die mir aber nicht gefallen. Die meine ich mit diesem Blog aber nicht.

Warum mag ich Amber Aoud z.B. gerne riechen, aber nicht an mir? Warum ist L`Air du Temps nicht aufregend und sinnlich aber ich fühle mich darin geborgen? Warum erkenne ich Coco von Chanel als Gesamtkunstwerk, käme aber nie auf den Gedanken, es in meiner Sammlung aufzunehmen, während L`Heure Bleue immer einen Platz darin haben wird und warum bringt Parure alle meiner Saiten zum Klingen?

Seit inzwischen fast 50 Jahren beschäftige ich mich mit Düften. Sowohl beruflich als auch privat wird so vieles zur Routine, man glaubt alles zu wissen, alles erlebt zu haben und lebt in der Illusion seiner eigenen festgefahrenen Meinung. So stand für mich immer fest, dass ich keine Amberdüfte mag, Rauchiges zwar gerne, aber nur in dezenter Dosierung und bei Holznoten lieber Zeder als Sandelholz. Und dann muss ich mir eingestehen, dass Amber Aoud von Roja Dove göttlich ist, ich mich beim Tragen aber seltsamerweise nicht wohlfühle und ich in Santal von L`Orientaliste baden könnte. All das passt doch irgendwie nicht zusammen und doch muss es einen roten Faden geben. Meine Sammlung hat die unsichtbare Überschrift "Chypre" und das ist nicht so geplant, sondern einfach so entstanden, weil es eben die Düfte sind, mit denen ich mich wohl fühle, die mir das Gefühl verleihen perfekt, fertig zu sein. Sie runden mein Gefühlsleben ab, spiegeln es wider und es entsteht ein Gleichklang zwischen dem Duft und mir.

Langsam erst kam ich diesem Rätsel auf die Spur und so lande ich wieder da, wo ich im Alltag vor dem Duftregal im Geschäft die besten Erfolge erzielt habe. Um herauszufinden, welche Duftrichtung meine Kundin liebt habe ich oft gefragt, welche Stimmung ein Parfum auslösen soll. Und genauso geht es mir selbst. Alle Düfte, mit denen ich mich wohlfühle haben eine etwas melancholische Stimmung, ein bisschen Ernsthaftigkeit und Distanz.

So stelle ich fest, dass ich selbst wohl auch so gestrickt bin. Ich bin lieber mit netten Leuten ein Leben lang per Sie, als mit doofen Leuten sofort per Du, nur weil das nun so üblich ist. Ich mag es, eine Szenerie aus dem Hintergrund zu betrachten, anstatt sofort ein Teil davon zu werden und mir gefallen Impressionisten besser als Expressionisten. Ich mag die leisen Witze und nicht die Schenkelklopfer und bei der Garderobe lege ich mehr Wert auf Design als auf Dekor. Ich bin Weltmeister im Weglassen, meine vielen Tücher und der Schmuck wird eigentlich viel zu wenig getragen und bei Musik spricht mich Moll mehr an als Dur.

Da sind wir wieder bei den Düften. Ein Parfum, das sofort mit der Tür ins Haus fällt, das kann ich bewundern, kann sofort erkennen, was es aussagt und es auch durchaus so bewundern wie die Kollegin, die wie magisch im Mittelpunkt jeder Gesellschaft steht, sobald sie einen Raum betritt. Ja vielleicht bedaure ich sogar ein wenig, nicht so zu sein wie sie. Aber so wie ich mir mit ihrer Art sich zu kleiden kostümiert vorkäme, so wären Parfums, die ich durchaus toll finde für mich Fremdkörper, die nichts mit mir zu tun haben. Es funktioniert bei mir also nicht, ein Parfum deshalb zu tragen, damit ich mich extrovertierter fühlen kann, mal nicht so zu sein, wie ich bin und sozusagen in eine andere Rolle schlüpfen zu können. Solche Experimente macht man wohl nur in der Jugend und wundert sich, wenn das Ergebnis eher schräg ausfällt. Aber es ist ein schönes Gefühl, irgendwann angekommen zu sein und mit diesem Wissen sozusagen aus dem Hintergrund zu beobachten, was die Welt (der Düfte) sonst noch so zu bieten hat.

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