Unisexlover

Als Teenager ist dies schon seit den 1980ern das Coolste, was man mit einem Taschengeldbudget bekommen kann. Selbst das Deodorant ist überpotent. White Musk ist ein heller, cremiger bzw. puderiger Moschusduft. Moschus auf eine wachsig-frische Art und Weise. Kein erstickendes Vanilla. Wahrscheinlich haben ihre Eltern es schon getragen.
White Musk ist zeitlos und bedeutend, wie Chanel 5 oder HipHop. Und eigentlich olfaktorisch eher Cacharels Loulou. Als Erwachsene Person finde ich es schrecklich süß, synthetisch und schwer. Doch immer noch eine bessere Wahl als alle konventionellen blumigen moschusartigen Frauenparfüms, die es––immer wieder neu––gibt. Für dieses Budget wären auch Korres-Düfte eine Option, eine Stufe höher dann Dior und besser Guerlain. Hilft mir! Welche unisex Düfte sind denn wirklich hiphop?

Auf dieser Haut ist Calamus ein milchiger Duft. Eröffnend mit frischer Gurkennote, über die leider viel zu kurze Angelika getränkte Bleistiftspitzerphase hinaus wird er, kurz paprikahonigsüß, zu einem sanften, leicht-pudrigen und süßem Grün, das eher "weiß" ist. Ein warmes Weiß, sehr rund und sauber.
Erinnernd an die ersten vanillinen Sekunden eines weißen TicTacs (bevor er minzig wird), fast Gourmand und dann unbestimmt floral. Komplex doch nicht kompliziert. Ein seltener floraler Duft, den diese Haut erlaubt.
Gut getragen von lauten Charakteren, die sich in Mimikry der Lieblichkeit üben. Strategisch. Unschuldig. Wohlwollend riecht Calamus leicht nach frischem Kalmus. Mit Kalmuswurzel und seinen wilden, draufgängerischen Qualitäten hat es hier weniger zu tun.
Als junger Mensch arbeitete ich mit Kalmusauszügen, Ansätzen und Tinkturen. Wegen seiner Bitterstoffe, der halluzinogenen Wirkung und der aphrodisierenden! Eigenschaften, die Calamus olfaktorisch nicht evoziert. Ausser die Vergänglichkeit. Die teilt Calamus mit den Wirkweisen seines Namensgebers.
Die Nase würde es nachbestellen. Doch Haltbarkeit, Preis und Verpackungsgröße stehen für einen eher bürotauglichen als schillernden Hautduft in keinem Verhältnis. Auch wenn diese leichtsüße Unschuld eine Art Sexyness mit sich bringt.

Miller et Bertaux machen großartige Arbeit. Deswegen – sowie aus der Liebe zum Grün, zum Zitrischen und dem olfaktorischem Vorhaben, die weit unterschätzte Minze in den Duftalltag zu integrieren – legt sich Menta y Menta nun auf diese Haut. Es ist der 3. Duft dieses Hauses in diesem Haushalt. Und für diese Haut eine äußerst kurzweilige Unterhaltung.
Zuallerst starker Alkohol, wie Küssen nach Zähneputzen mit starker Fahne. Dann der 'herrliche' Geruch billigen, maskulin vermarkteten Duschgels. Natürlich eine leichtere, komplexere, avantgardistisch aufgehübschte Version. Ein für die anspruchsvolle Nase inszeniertes Surrogat: frisch zerriebene Minze, Zeste und frisch ausgepacktes Wrigley's Doublemint. Gleichermaßen kurzlebig. In der Kopfnote gönnerhaft eine Nähe zu CdG Play Green.
Der Rest, eine natürliche Reminiszenz an Düfte der 1990er Jahre, die in science-fiction getränkter Manier die nahe Zukunft und das Synthetische feierten. 2019, bei Menta y Menta nun geht es um die Natur. Hier klingt zart Blumiges mit. Zitrone schnell abwesend. Sillage ebenso. Auf dieser Haut verbleibt nach erstaunlich kurzer Entwicklungszeit lediglich eine vage Spur zarter Jasminblüte, frischgeduscht in obig genanntem Duschgel, im Hintergrund vielleicht Kaffee. Ganz weit, irgendwo in der Ferne: ein schemenhafter Nachklang von naturalisiertem CK Be. Leider zu spät für das Neunzigerjahre-Revival. Das ist nun schon über 5 Jahre her. Und wieder vorbei. Menta y Menta ist ein frischer, herb-blumiger unisex Duftbaustein, der abhängig von der Fantasie der Tragenden ist. Miller et Bertaux Düfte sind zum Layern gedacht und das ist bei diesem Duft zwingend.
Auf jungfräulicher, frischgeduschter, uneingecremter Haut verschwindet auch Menta y Menta sofort.
(werde das weiter beobachten)