Velvetmoon

Velvetmoon

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1 - 5 von 8
Velvetmoon vor 1 Monat 21 5
9
Flakon
10
Duft
Nachhause kommen - Neu vs. Vintage
Da ich Youth Dew aktuell wieder häufiger trage, will ich ein paar Worte zu diesem meines Erachtens nach tollem Meisterwerk teilen und ihn bei der Gelegenheit gleich mal mit der alten Formulierung vergleichen.

Youth Dew war eines der ersten Parfüms von Estee Lauder, das eigentlich erstmal gar kein Parfüm war - jedenfalls nicht im herkömmlichen Sinne. Das 1953 auf dem Markt gebrachte Youth Dew war ein hochkonzentriertes Bade-Öl und ein Versuch, die amerikanische Frau in einer höchst konservativen Gesellschaft unabhängiger zu machen. Zu dieser Zeit war es normal, dass die meisten Frauen kein eigenes Konto und kaum Geld besaßen und ihre Ehemänner und Partner ihnen gelegentlich Luxus-Kosmetik wie Parfüm schenkten, unabhängig davon, was denn eigentlich der Geschmack der Frauen tatsächlich war. Diese Produkte fristeten ihr Dasein meist angestaubt auf irgendeiner Kommode, um im Höchstfall ein mal im Jahr benutzt zu werden.

Estee Lauder hatte eine Vision, in der jede Frau wirtschaftlich selbst entscheiden sollte, also lanzierte sie Youth Dew, getarnt als erschwingliches Bade-Öl, dass sich fast jede Frau kaufen konnte. Diese Idee war solch ein Erfolg, dass das Bade-Öl fast täglich zweckentfremdet als Duft getupft im Gebrauch war und Parfümierung nicht mehr lediglich auf einzelne Gelegenheiten limitiert wurde. Kurze Zeit später wurde auf gleicher Basis das vollendete Parfüm veröffentlich - Die Geburt eines legendären Duftes mit einer Duftkomposition, die viele weitere Jahrzehnte zahllose Parfümeure inspirieren sollte und Vorreiter war für Klassiker wie "Opium (1977) (Parfum) | Yves Saint Laurent", "Coco (Eau de Parfum) | Chanel", oder "Obsession (Eau de Parfum) | Calvin Klein".

Den Duft selbst zu beschreiben ist, wie bei den meisten Düften des vergangenen Jahrhunderts, relativ schwer - Die Pyramide ist eine Sammlung der edelsten, gehaltvollsten Duftnoten und nichts sticht besonders stark hervor. Stattdessen wird ein großes ganzen Duftgemälde gemalt, bernsteinfarbend und leuchtend, eingefasst in einem antiken und doch schlichten Rahmen. Die alte Formulierung besitzt eine intensive, warme Würze, die durch die verschiedenen Harze geschmeidig und tiefgründig gestaltet wird und durch das restliche olfaktorische Sammelsurium perfekt abgerundet wird. Darunter ist eine, wie ich sie immer liebevoll nenne, animalische "Katzenflausch"-Note - Etwas, das mich immer an den Geruch von gepflegtem Katzenfell erinnert. Die Art, wie sich die vintage Version auf der Haut entfaltet, ist für sich schon ein absolutes Erlebnis, das mich immer wieder verblüfft.

Die aktuelle Formulierung dagegen kommt etwas seifiger, vergleichsweise leichter daher mit vielen Gewürzen und Blumen, aber auch minimalistischeren Eindrücken. Die balsamischen Noten sind definitiv zurück genommen, ich rieche so gut wie keine Animalik mehr. Es ist geselliger, an die Zeit angepasster, und doch ist die DNA noch deutlich zu riechen, was ja im Vergleich zu anderen Reformulierungen ein Wunder ist. Es ist immer noch ein grandioser Duft, doch nicht mehr so gehaltvoll. So ist wohl der Lauf der Dinge.

Was ich an Youth Dew so besonders finde ist, dass er im Vergleich zu ähnlichen Vintage Gewürz-Bomben nicht direkt DIVA schreit, sondern eine zurückgenommene, raffinierte Eleganz ausstrahlt. Ich fühle mich damit nie overdressed, aber definitiv immer besonders well-dressed! Egal wie oft und lange ich andere Duftrichtungen erkunde, so fühlt sich das Auftragen von Youth Dew immer ein bisschen an wie "nachhause kommen".
5 Antworten
Velvetmoon vor 11 Monaten 35 10
10
Flakon
10
Duft
Flüssiges Gold
Als ich vor einigen Wochen die Neuigkeiten über diesen neuen Duft erspähte, konnte ich es kaum glauben: Ein weiterer Duftzwilling von einem sehr bekannten Nischenduft, diesmal erschwinglich für wirklich jede/n in der Drogerie um die Ecke. Sein Vorbild spaltet aus verschiedenen Gründen die Community wie kaum ein anderes Parfüm, wobei ich mich zu treuen Liebhabern zählen würde und es sehr wertschätze. Aber obwohl ich gerne auch mal etwas mehr Geld in Parfüm investiere, so beschwere ich mich gewiss nicht, wenn es Alternativen gibt, die dem Geldbeutel auch mal eine kleine Pause geben. Somit war für mich klar: Ich musste Belle Icone testen.

Gesagt, getan. Noch bevor es überhaupt Einträge hier auf Parfümo gab, oder es auf der offiziellen Seite von Caline gelistet war, wurde ich fündig und sprühte es aufgeregt direkt vor Ort aufs Handgelenk. Meine Augen wurden immer größer. "Ja, das ist die BR540-DNA. Aber da ist mehr!", dachte ich mir. Da man sich natürlich nicht mit einem beherzten Sprüher in der Parfümabteilung ein ordentliches Urteil bilden kann, flog das Parfüm schon in das Einkaufskörbchen und wurde Zuhause ausgiebig getestet.

Es steigt direkt die bekannte holzig-süße Synthetik in die Nase, aber mit einem Twist, der sich deutlich von BR540 unterscheidet. Er ist etwas kühler, kristalliner, fast sogar ein bisschen "ätherisch" im veralteten Kontext, also sehr klar und nicht immer ganz zu fassen. Ähnlich wie sein Vorbild gibt es immer wieder Etappen, in denen ich etwas Geruchsblind werde, aber dann steigt er mir nach Pausen wieder in die Nase und riecht einfach nur wunderschön. Meiner Meinung nach macht das Parfüm keine krasse Entwicklungen durch, aber grade in Richtung Basisnote wird er etwas balsamischer und wärmer als zuvor. Er lehnt mehr in eine feminine Richtung, ohne jedoch den Unisex-Charakter zu verlieren, den diese Duftgruppe meiner Meinung nach grundsätzlich besitzt. Ich rieche keine Erdbeere, oder überhaupt irgendeine Frucht, aber es ist definitiv mehr hier drin als es die Duftpyramide hergibt.

Was Anfangs nur ein kleiner Test werden sollte, hat sich mittlerweile zu einer Realisierung entwickelt, die viele nicht gerne hören werden, aber ich finde dieses Parfüm besser als alle anderen Duftzwillinge, und sogar besser als das Vorbild selbst. Nach nur ein paar Wochen habe ich den Flakon zur Hälfte gelehrt - Das Parfüm ist dauerhaft in Benutzung. Ich liebe liebe liebe diesen Duft und könnte ihn mir echt nicht mehr wegdenken.

Erfindet Belle Icone das Rad neu? Nein. Wer BR540 und Konsorten nicht mag, wird das hier wahrscheinlich (!) auch nicht mögen. Wer Safran und Synthetik nicht mag, ist hier falsch. Aber für alle anderen? Versuchts einfach mal. Am Ende muss man für einen Flakon wenigstens keinen Kredit aufnehmen.
10 Antworten
Velvetmoon vor 1 Jahr 15 2
9.5
Duft
Leder, bleib noch ein wenig...
Ich habe Velvet Oud jetzt einige Tage ausgiebig getestet und mindestens so oft, wie ich den Duft aufgetragen habe, hat sich auch mein Bild von ihm geändert. Was anfangs wie ein Dupe zu Tuscan Leather und Co. schien, entpuppte sich schnell als ganz eigener Take in der Welt der Lederdüfte, der grade für den Preis schmerzlich unterbewertet ist.

Velvet Oud startet direkt mit seinem schönen Leder das begleitet wird von einer spritzig-frischen Bergamotte. Zusammen mit einer leichten Würze entsteht ein Duft, der für mich sehr zeitlos erscheint, erinnernd an längst vergessene Vintage-Parfüms. Für andere kann es unter Umständen etwas muffig rüberkommen.

Im mittleren Verlauf des Duftes verabschiedet sich die Bergamotte und wird abgelöst durch eine mehr ins Grüne gehende, erdige Frische. Das Patchouli ist hier meiner Meinung nach sehr schön eingearbeitet und verleiht dem Duft eine edle Tiefe, die ich sehr angenehm finde. Schon im weiteren Verlauf kündigen sich Eichenmoos und holziges Oud an, die den Duft aber zu keiner Zeit schwer erscheinen lassen, sondern ihn nochmal extra erstrahlen lassen.

Nach ca. 3-4 Stunden verändert sich der Duft ein 3. Mal. Diesmal wird das Oud stetig stärker und dem Leder geht langsam die Puste aus. Hier kommen wir gleichzeitig auch zu dem Punkt, der mich dazu bewegt, keine volle Punktzahl vergeben zu können. Obwohl das Wildleder in der Basis aufgelistet wird, entwickelt sich der Duft grade hier zu einem extrem holzigen Duft, der an dichten Wald erinnert, und das Leder verabschiedet sich fast komplett. Grade weil ich die Ledernote hier so schön finde, hätte ich nichts dagegen gehabt, auch bis zum Ende etwas davon zu haben. Sagen wir einfach, dass ich mir einen etwas anderen Verlauf erwünscht hätte.

Nichtsdestotrotz hat man sehr lange etwas von dem Parfüm ganz allgemein. Nach einigen Stunden wird es zwar hautnah, aber es hält bis zum nächsten Tag auf meiner Haut.

Ein weiterer wunderschöner Duft aus dem Hause Lattafa, dem ich jeden empfehlen kann, der sich für einen hochwertigen Lederduft interessiert, das nicht all zu schwer ist und dabei auch noch den Geldbeutel schont.
2 Antworten
Velvetmoon vor 2 Jahren 17 8
8
Flakon
9.5
Duft
Meine Geheimwaffe im Sommer
Ein relativ linearer Chypre nach alter Schule, der leider viel zu unbekannt ist - Das ist Pani Walewska (Classic). Zugegeben, ohne die großzügige Probe einer Parfumo-Userin hier hätte ich wahrscheinlich auch nie davon erfahren, aber mittlerweile ist dieser Duft nicht mehr aus meiner Sammlung weg zu denken.

Das Parfüm ist herrlich unsüß und die Blumen sind herb-grün wie Frühblüher. Über allem schwebt eine pudrig-seifige Wolke aus Aldehyde und Moschus, anfangs besonders streng, später etwas entschärft durch das holzige Sandel. Tatsächlich löst es auch in mir Assoziationen aus von Waschpulver, Vintage-Seife und frisch gewaschener Bettwäsche bei Oma und Opa und ich mag das sehr. Ich erwische mich vor allem bei hohen Temperaturen dabei, wie ich instinktiv zum kleinen, blauen Flakon greife, da ich trotz aller Transpiration und äußeren Einflüsse immer von einer dezenten, wohligen und sauberen Wolke des Parfüms umgeben bin, die nie fehl am Platz ist. Vor allem, weil ich nicht so der Fan von ausgesprochenen Freshies, maritimen Noten und Zitrus bin, ist das eine gelungene Alternative, da sie ganz ohne diese Duftnoten auskommt und trotzdem ein sauberes Gefühl vermittelt.

Pani Walewska ist ein absoluter Geheimtipp für alle, die Vintage-Düfte und/oder Sauberdüfte mögen und kann ein Test nur jedem ans Herz legen.
8 Antworten
Velvetmoon vor 2 Jahren 12
4
Haltbarkeit
7.5
Duft
Einfach einfach
Zugegeben, die längste Zeit habe ich einen großen Bogen um die Düfte von La Rive gemacht. Zwar sind die Preise unschlagbar, aber beim ersten Test mit verschiedenen Düfte auf Papier hab ich absolut nicht das gerochen, was andere hier riechen. Es war fast schon abstoßend. Meine Theorie dafür ist der hohe Alkoholanteil in ihrer Formulierung, der auf Papier möglicherweise nicht so schnell verdampft und damit den kurzen Test in der Drogerie vermiest. Oder die Tester sind gekippt gewesen. Auf jeden Fall war der erste Eindruck hin.

Jetzt hatte ich Queen of Life wieder vor mir und aus einer Laune heraus einfach auf der Haut getestet. Siehe da: Nach anfänglicher Alkoholfahne, die aber typisch für diese Marke ist, hat sich nach wenigen Sekunden ein einfacher, aber toller Duft gezeigt, der mir durchaus bekannt vorkommt! Ob es aber tatsächlich LVEB ist, oder einer der anderen vielen Düften, die grade so angesagt sind, kann ich nicht genau sagen. Pudrig-fruchtig-süüüüüüß - Er erfindet das Rad nicht neu, aber manchmal ist das Rad auch gut so wie es ist. Neben all den Nischen, all den geschichtsschreibenden Klassikern, all den Ecken und Kanten, finde ich es zur Abwechslung auch ganz schön, einfach gut zu riechen und einen schönen Duft in der Nase zu haben, ohne viel nach zu denken. Vor allem, wenn es dabei auch noch so unfassbar günstig ist wie Queen of Life.

La Rive kann einfach, und manchmal darf es einfach auch mal einfach sein!
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