Venice

Venice

Rezensionen
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1 - 5 von 56
Venice vor 8 Jahren 5
10
Flakon
2.5
Sillage
5
Haltbarkeit
7
Duft
alt vs. neu
Zugegeben, den Duft der *aktuellen* Niveacreme in der blauen Dose kenne ich nicht. Ich habe nur eine relativ klare Erinnerung an den Duft, wie er in den 80ern und 90ern war, und auch wenn Nivea verlauten lässt, die Duftformel nicht verändert zu haben, halte ich es für möglich, dass die Creme inzwischen anders riecht als noch vor 20 Jahren. Über die beiden lancierten Nivea-EdTs wird hier gesagt, dass das Erste aus 2011 dem Duft der Creme unähnlicher sei, der aktuelle Duft sei dagegen "die Creme zum sprühen". Ich empfinde es genau umgekehrt: Das limitierte EdT, das 2011 zum 100-jährigen Jubiläum der Niveacreme herausgebracht wurde, war dicht, dick, cremig, aber auch pudrig, was einige als muffig empfunden hatten. Es war um einiges intensiver, als Cremedüfte für gewöhnlich sind (ich denke z. B. an Comma, Selection Woman u. A.), auch die Haltbarkeit finde ich viel besser als ihr Ruf. Nivea EdT 2011 - das war der Duft der *alten* Niveacreme.

Und das aktuelle EdT?

Zumindest ist die Verpackung schöner, ein schnuckeliger Flakon aus mattem Porzellan in einer Cremedose, natürlich ohne Creme. Das ist sinnig und eine hübsche Idee, da der Flakon keinen Deckel hat, empfiehlt es sich, ihn in der Verpackung resp. der Dose aufzuheben, aber das fällt in diesem Fall leicht. Allerdings, es kommt letztlich auf die inneren Werte an, und in dieser Beziehung bin ich vom aktuellen Nivea EdT etwas enttäuscht.

Zunächst riecht man tatsächlich eine liebliche Niveacreme-Note. Schon hier macht sich der Unterschied zur vorherigen Edition bemerkbar: Wo diese einem wie eine pudrig-cremige Wand entgegenkommt, wirkt die aktuelle Version viel transparenter. Immer noch cremig, aber nicht mehr pudrig, sondern hell und frisch. Die Frische breitet sich dann seltsamerweise im Duftverlauf weiter aus, während die Cremigkeit zurückgeht. Das habe ich mir eigentlich anders vorgestellt. Doch ganz unerwartet - und von mir zunächst unbemerkt - schleicht sich etwas blumig-Süßes ein - oder ist das eine Einbildung? Direkt auf der besprühten Hautpartie ist dagegen hauptsächlich diese herbe und fast maskuline Frische wahrnehmbar. Und so verabschiedet sich der Duft auch, und er verabschiedet sich unglücklicherweise ziemlich schnell. Die phänomenale Haltbarkeit und Sillage, die hier viele rühmen, kann ich nicht bestätigen. Oder ich habe eine schlechte Charge erwischt...

Fazit: Ganz offensichtlich ist dieses Nivea EdT eine modernisierte Variante des klassischen Nivea-Dufts. Es ist leicht, hell, transparent, und hat vor allem im Auftakt die typische Nivea-Note, als Kaufargument sozusagen. Doch diese zieht sich im Duftverlauf weitgehend zurück. Das ist schade, aber vielleicht ein notwendiger Tribut an den Zeitgeist, der helle, frische Sauberdüfte bevorzugt (wenn es nicht gerade Cotton-Candy-Konzentrat sein soll). Eine herb-frische Enttäuschung für mich, andererseits, das 2011er-EdT habe ich, um ehrlich zu sein, im Alltag kaum getragen, jedenfalls nicht außer Haus. Dafür war es mir zu linear, zu eindimensional. Das aktuelle EdT eignet sich als Alltagsduft sicher besser, es ist dezenter, und, auch wenn diese vorherrschende Frische für meinen Geschmack etwas flach ist, komplexer, da hier die klassische Nivea-Note mit sauberer Frische kombiniert wird. Und das war offenbar auch die Intention von Beiersdorf, ein *tragbares* EdT, das an den Duft der Creme aus der blauen Dose angelehnt ist. Das war der Anspruch, und dem entspricht das EdT in jedem Fall. Nivea als Büroduft.
5 Antworten
Venice vor 9 Jahren 3
5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Kiss Me Tender in schön
Tja, auch ich habe diesen Duft durch eines dieser getränkten Tücher kennengelernt, die Fragonard zuweilen an seine Kunden verschickt, und war zunächst gar nicht so angetan: Zu süß, zu heavy. Aber das zerknüllte Tüchlein gab und gibt nach wie vor in der Jacke so einen tollen Duft ab, warm und sahnig mit einigen erfrischenden Zitrusspritzern. Und so bestellte ich, wenn auch mit Bangen - war ja fast ein Blindkauf -, den Duft, zumal Fragonard mir zum Geburtstag einen Geschenkgutschein schickte; leider keinen Preisnachlass, aber sei's drum. Und seit gestern habe ich den Flakon, ich sprühte gespannt, und wurde sogar positiv überrascht.

Denn dieser Duft ist ein stilvoller Gourmand mit nur wenig Süße. Vordergründig riecht man etwas Sahnig-Milchig-Aromatisches, Mandel ist erkennbar, aber keine Bittermandel wie z. B. in Etros Heliotrope. Das Ganze wird sozusagen von innen gekühlt durch etwas wie Anis oder Minze, und nur ganz subtil nimmt man etwas Zitrisches wahr, das dann der Ingwer sein könnte. Eher ein würzig-aromatisches Edelgebäck als ein klebsüßes Dessert. Wie es einem alten Parfumohasen so geht beim Testen, ich hatte ein Déjà-Vu und fragte mich, woran mich dieser Duft wohl erinnert - und dann hatte ich es: Kiss Me Tender von Nicolai. Dieselbe Heliotropsüße mit kühlender Frische. KMT war mir schon bald zu üppig und schwer, wie diese Marzipanriegel mit Schokoüberzug. Oder englisches Karamell-Fudge: Zwar lecker, aber irgendwie zu süß und zu viel. Heliotrope Gingembre ist dagegen die sanftere, sahnigere, luftigere Variante, als wäre die dichte Heliotropmasse von KMT mit Sahne aufgelockert und mit noch etwas Zitrus abgeschmeckt worden. Diese Kombi, Sahne und Zitrus, erinnert mich an By Night White, der allerdings noch süßer und seidiger ist, Heliotrope Gingembre ist dagegen kräftiger und aromatischer.

Fazit: Ein wirklich edler und sanfter Gourmand zum fairen Preis, und vielleicht eine Alternative für die, die den offenbar eingestellten Kiss Me Tender vermissen. Oder für die, die KMT zwar irgendwie mochten, ihm und seiner dichten Süße aber letztlich nicht gewachsen waren, so wie ich.
3 Antworten
Venice vor 9 Jahren 1
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft
Kuschelorchidee
Was liest sich die Duftpyramide seltsam: Heiße Milch mit Schießpulver angerührt in einem Zedernapf, um den sich Orchideen ranken... hm. Hier versagte mein Vorstellungsvermögen, ich konnte und wollte mir den Duft nicht so recht vorstellen. Zudem war "heiße Milch" als Duftnote für mich ein echter abtörner. Und so bestellte ich die Probe auch eher spontan und als Lückenfüller. Doch so schlimm oder durchgedreht ist das alles nicht, im Gegenteil. Ich bin da mit meiner Wahrnehmung anscheinend anders gepolt als all die Kommentarschreiber hier, denn ich empfinde Amour Nocturne als einen ausgesprochen kuschligen Orchideenduft mit Wohlfühlfaktor. Orchidee kenne ich eigentlich mehr als tropisch-fruchtig wie in Tom Fords Black Orchid oder in LMs Sensual Orchid. Doch dieser Artisan ist ein besonders balsamischer Vertreter, tief und breit, haptisch wie ein flauschiger Wollschal. Im Hintergrund qualmt und knistert es ein wenig, was den Wohlfühlfaktor noch verstärkt, den Duft aber keinesfalls in eine schräg sperrige Untragbarkeit abdriften lässt. Heiße Milch kann man wie wohl auch Orchidee nur nachbilden oder einfangen, in diesem Fall ist sie nur als cremige bzw. milchige Anmutung spürbar, die den ohnehin sämigen Orchideenakkord noch sämiger macht. Dagegen rieche ich wie Olinehexchen leicht angebrannten Karamell, was dem Duft noch einen Dreh ins gourmandige verleiht, ohne dass er wirklich ein Gourmandduft wäre. Alles in allem also ein winterlich-kuschliger, mäßig süßer Orchideenduft, der etwas für Leute sein dürfte, denen BO oder Sensual Orchid zu offensiv tropisch ist. Also was für mich;-). Wenn nur der Preis nicht wäre...
1 Antwort
Venice vor 10 Jahren 5
5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Jasmintee
Zugegeben habe ich keine Ahnung, wie Jasmintee riecht. Ich bin eher der Gelegenheitsteetrinker und mag lieber Teebeutel als losen Tee. Aber so trocken, sogar etwas staubig, und jasminig, wie Jasmin Rèvé riecht, stelle ich mir den Geruch von Jasmintee vor. Nach dem Aufsprühen macht sich erstmal etwas Fäkales bemerkbar, nichts Gefährliches, mehr wie eine Andeutung. Aber hier verstehe ich zum ersten Mal, warum viele Jasminduft als fäkal wahrnehmen. Die liebliche Jasminblumigkeit ist da, ich erkenne kurz nach diesem indolischen Auftakt dieses Gummiartige, das Jasmin in meiner Wahrnehmung oft hat. Aber von Blümchenwiese keine Spur, stattdessen ist es matt, pulvrig, eine papierne Eso-Laden-Note. Von Rose oder den Basisnoten aus der Duftpyramide merke ich nichts. Beim ersten Test musste ich an TDC Jasmin de Nuit denken, der aber im Vergleich sehr viel würziger und für mein Empfinden strahlender ist. Fazit: Jasmin Rèvé ist mein Empfinden nach viel düsterer und auch rauchiger, als die Duftpyramide nahelegt. Ein New-Age-Jasminduft, der an Tee- und Esoterikläden denken lässt und den manche vielleicht als stickig und muffig empfinden, was ev. die mäßige Gesamtbewertung erklären würde. Aber offensiv ist er nicht, "düster" trifft es vielleicht nicht ganz, aber dunkel und schummrig sind Attribute, die ich diesem Duft schon zuschreiben würde. Ein leiser, matter Meditationsduft mit Esoflair.
5 Antworten
Venice vor 10 Jahren 11
9
Sillage
8
Haltbarkeit
6
Duft
Xerjoff goes Apple
Wieder mal ein banaler vanilliger Duft wie schon das hochexklusive Dama Bianca. Vanillesahne mit einigen Plastikgewürzen und einem Amber-Akkord - das ist Bouquet Ideale. Nicht schlecht, aber auch nicht gut, zumal zu diesem Preis. Ich hatte mal einen Naf-Naf-Duft - den gleichnamigen Duft -, der riecht m. M. nach genau so.

Im Antwort-Bereich zu meinem Dama-Bianca-Kommentar kam die Frage auf, ob man das Preis-Leistungsverhältnis oder aber den Duft unabhängig davon bewerten solle. Oder ob ein Duft, so banal, d.h. offensichtlich gleichrangig mit billigeren Drogerie-/Mainstreamdüften er auch sei, nicht als Teil eines Gesamtkunstwerks gesehen werden solle. Letztlich bleibt es jedem selbst überlassen, wem der Duft tatsächlich die 200 € wert ist, der soll ihn sich leisten. Die hohe Wertung - über 80 %! Die sind sonst schmerzlich vermissten Raritäten vorbehalten - kann ich mir, ehrlich gesagt, nur mit dem Renommée von Xerjoff erklären, Sergio Momo scheint wie viele Nischendufthäuser ein Image von Exklusivität und exzellenter Rohmaterialien zu kultivieren. Bei den "Oud Stars" fand ich das olfaktorische Ergebnis überzeugend - natürlich war das nur mein subjektiver Eindruck, kein objektiver Befund -, die Düfte aus der Casamorati-Reihe, die ich bislang getestet habe (Lira, Bouquet Ideale und Dama Bianca) vermochten diesen Eindruck nicht zu bestätigen - im Gegenteil. Es gibt zu jedem dieser Düfte billigere Pendants, bei Lira fällt mir natürlich sofort L und als würzigere, ruppigere, wenn man so will nischigere Variante Tendre Madeleine ein. Und Bouquet Ideale ist eben der Naf-Naf-Duft. Ein bisschen erinnert mich diese Preispolitik an Apple, die natürlich das neue "Billig"-iPhone preislich nur wenig niedriger als das Topmodell angesiedelt haben.

Nachtrag: Nachdem mir wieder eine Probe zugeflogen ist, erkenne ich auch keine Plastikgewürze mehr, die Würze ist eher dumpfig und eigentlich das Beste an dem Duft, der später dann doch wieder in die o.g. Vanille-Blumen-Belanglosigkeit abrutscht. Ich erhöhe auf 6.0.
11 Antworten
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