WombatEdP

WombatEdP

Rezensionen
WombatEdP vor 3 Jahren 2 2
8
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Hier riecht es nach einem feucht-grünen Betreff
Der jüngste Ableger der weißen Reihe. Zum Auftakt mischen sich würzige Noten mit vergrünten Akkorden. Hierbei schlägt der Duft in die etwas „saftigere“ Ecke, ohne zitrisch oder überhaupt offenheraus fruchtig zu sein. Krautige Bitterkeit rieche ich nicht. Stattdessen im ersten Anflug eine Würzigkeit mit entfernten Assoziationen zum Epic Man, die dann auf den zweiten Schnüffler nach einigen Minuten eine recht scharfe Kurve in Richtung Green Irish Tweed hinlegen. Creeds Moosigkeit wird dabei genauso wenig erreicht wie Cool Waters Synthetik. Im Hintergrund tröpfeln leise Regen- oder Nebelakkorde wie beim Wet Stone mit. Im weiteren Verlauf klingen die Würznoten ab und am Ende bleibt eine hautnahe Holznote, die mich dann wiederum ein wenig an Rocky Mountain Woods mit etwas mehr Luftfeuchtigkeit erinnert. Hier kommt mir olfaktorisch tatsächlich ein nebelverhangener Berg mit vielfältiger grüner Vegetation in den Sinn. Der Name ist also nicht völlig ab vom Schuss.

In Summe somit ein Potpourri bekannter Düfte? Irgendwie schon. Wo Wet Stone und vor allem White Hinoki (!) mit einer satten Prise Einzigartigkeit imponieren, hält sich Himalayan Wood eher an ausgetretene Pfade, mischt diese aber zu einem absolut charmanten Gesamtwerk. Der Duft ist natürlich, bescheiden und hat doch einen recht interessanten Verlauf. Er schafft es, gleichzeitig hervorragend tragbar und doch ein bisschen eigenwillig zu sein, ohne im Rebellenstreitwagen vorzufahren.

Ich persönlich mag solche Immergeher mit individuellem Einschlag inzwischen sehr gerne, da ich im Gegensatz zu etwa Fords Atompilzen wirklich dazu komme, sie zu tragen. Die Haltbarkeit ist wie für Amouroud üblich gut, die Sillage eher schwach. Oud ist, wie ebenfalls üblich, trotz Namensgebung nichtmal unterm Elektronenmikroskop sichtbar. Handwerklich definitiv ein sehr gut gemachter, angenehmer Begleiter.
2 Antworten
WombatEdP vor 4 Jahren 8
10
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Der bessere Tobacco Vanille
Im ersten Moment rieche ich Tabakblatt mit dunkler Vanille. Die Duftpyramide betont „Bourbon“ in der Basis, und in der Tat wird dieser Duftcharakter hier sehr authentisch abgebildet: Es handelt sich nicht um die allseits bekannte süßlich-gourmandige Note, sondern eher um den etwas trockenen, leicht bitteren Duft einer frisch angeschnittenen Vanilleschote. Der dominierende Tabak lässt immer mal wieder eine leicht blattige Note durscheinen, die mich persönlich hier und da an Vetiver erinnert. Ich bilde mir außerdem ein, vor allem am Anfang eine leichte Rum-Note zu erhaschen. Der Duft kommt in Summe jedoch keinesfalls alkoholisch oder gar grün daher. Eine klare Trennung in Kopf-, Herz- und Basisnote nehme ich nicht wahr. Im Verlauf gesellt sich zuletzt aber noch eine hintergründige Aschenote neu hinzu, die nie dominant wirkt und dem Duft noch ein wenig mehr Spannung verleiht. Insgesamt passiert hier gerade zu Beginn auf meiner Haut ziemlich viel, danach klingt das Schauspiel eher linear ab.

Die einzelnen Geruchsnoten wirken auf mich authentisch und sehr rund aufeinander abgestimmt. Dadurch mutet der Duft allerdings in Summe auch etwas weniger ruppig an, als es mir lieb wäre. Selbstredend zieht er eindeutige Parallelen zu Tom Fords Tobacco Vanille, wirkt mit seiner eher dunkel-trockenen Vanille aber für meinen Geschmack deutlich mysteriöser, düsterer und sogar ein wenig sexy. So gern ich Tobacco Vanille auch mag, er weckt in mir oft unwillkürliche Grandpa-Assoziationen. Solche gehen Oud Tabac vollends ab, und das zum Besseren. Die aschige Note erinnert mich an Tom Fords Tobacco Oud. Sie bleibt jedoch eher im Hintergrund – als Raucher wird man hier eher nicht verkannt. Ich hätte sie mir dessen ungeachtet fast noch etwas präsenter gewünscht. Im Ausklang nähert sich Oud Tabac dann ein wenig dem Gucci Intense Oud an. Er bleibt aber recht eigenständig, soweit das in diesem Genre möglich ist. Oud'sche Animalik besitzt er gar keine. Insgesamt vermisse ich Oud hier eigentlich vollends, was aber leider für viele Düfte mit dem Adlerholz im Namen gilt.

Der Sprüher könnte locker von Creed sein. Soll heißen: Er haut ordentlich Suppe raus! Die Sillage ist etwa eine Stunde lang recht stattlich. Danach zieht sich der Duft merklich zurück, bleibt aber im unmittelbaren Umfeld gut wahrnehmbar. Auch nach 8 Stunden erschnüffle ich ihn immer mal wieder in Bewegung. Ich bin von Sillage-Bomben abgekommen, weil sie doch oft wenig tragbar sind. Für mich persönlich trifft Oud Tabac daher die ideale Balance – man riecht ihn lange in meiner Nähe, aber ohne Duftwolke mit Streitkolben. Nichtsdestotrotz ist er etwas schwächer als die offensichtliche Konkurrenz.

In Summe ein wirklich hochwertiger, edler, mystisch-verführerisch anmutender Zeitgenosse mit guter Tragbarkeit und guter Haltbarkeit bei dezenter Sillage. Für mich der bessere Tobacco Vanille mit einem Hauch von Tobacco Oud, der sogar noch etwas mehr im Vordergrund hätte stehen können. Inzwischen kann man ihn vereinzelt bei Discountern für unter 100 € finden – dafür ist er dann absolut hervorragend und jede Empfehlung wert! Den Originalpreis würde ich nicht bezahlen, das gilt für die Fords aber genauso.
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WombatEdP vor 4 Jahren 14 4
10
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
9
Duft
Rain is Life
Ein echter Underdog, und inzwischen einer meiner absoluten Lieblinge. Klassische Aquaten sind mir meist zu zitrisch beladen, und eigentlich gefallen mir sonst eher schwere und holzig-düstere Düfte. Grünzeug hingegen ist oft eher schlecht als recht von GIT kopiert. Wet Stone bedient hier auf ganzer Linie eine eigene, schon irgendwie einzigartige Nische.

Wer mineralisch-feuchte Noten à la Oud Mineral, Sel Marin oder (in Maßen) Whispered Myths mag, wird an Wet Stone seine Freude haben. Er riecht tatsächlich „nass“, wie auch immer das als Duftqualität funktioniert; und dabei ganz frei von typischen WC-Enten-Aromen. Hierbei fällt es mir insgesamt schwer, einzelne Duftnuancen herauszuriechen. Wet Stone ist nicht klassisch-frisch, rutscht aber auch nicht in die muffige Ecke ab. Er ist auch nicht salzig, wie Sel Marin, oder drückend, wie Whispered Myths. Hölzer scheinen bestenfalls bedeckt im Hintergrund durch, verleihen ihm insbesondere im Abgang dann aber doch eine anständige Tiefe. Beim ersten Aufsprühen schließe ich die Augen und denke, ich sei an einem Regentag vor die Tür getreten. Mir ist kein vergleichbarer Duft bekannt, nicht einmal unter den anderen Mineraliten. Die Assoziation zu nassen Steinen wird hier tatsächlich wie die Faust aufs Auge getroffen! Sie wirkt auf mich sehr hochwertig, frei von synthetischen Bausteinen. Wet Stone vermittelt diesen kühlen aber doch irgendwie behaglichen Eindruck, mitten im Wolkenbruch auf einer bedachten Terrasse zu sitzen, umgeben von zunehmend regengetränkter Vegetation und feuchter – aber nicht schwüler – Luft. Dabei ist er weder typisch blau noch grün, dazumal absolut unisex.

Der Duft besitzt auf meiner Haut eine angenehme Sillage. Er erschafft eine wohlige Aura um mich herum und wird deutlich wahrgenommen, allerdings eher in unmittelbarer Nähe. Dadurch wird er sehr vielseitig tragbar, sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld. Ich rieche Wet Stone an mir selbst noch nach 6 bis 8 Stunden. Das finde ich für diese Duftkategorie sehr stattlich. Wer einen Raumfüller sucht, wird aber enttäuscht sein.

In Summe ein faszinierender, einzigartiger, sehr charakter- und emotionsstarker, dabei aber überhaupt nicht provokanter Naturduft zum Wohlfühlen, der in wirklich jeder denkbaren Situation funktioniert. Ich finde ihn grandios! Bloß: Wo ist das Oud?
4 Antworten
WombatEdP vor 4 Jahren 6 2
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Der Schwarze Afghane für Hockey-Fans
Ich war doch erstmal etwas perplex, als ich im Tigha-Newsletter ein Parfum angekündigt sah. Da die beschriebenen Noten ziemlich genau meinen Geschmack trafen, habe ich mich dann ohne große Erwartung an einen Kauf herangewagt. Siehe da – er gefällt mir tatsächlich richtig gut! Für mich persönlich ist er in keiner Weise unisex sondern eindeutig maskulin.

Beim ersten Aufsprühen schlägt mir die beworbene Marihuana-Note entgegen und erzeugt sofort Assoziationen zu Düften wie Black Afgano. Frei jeder animalischen Fäkalität wabert dezentes Oud im Hintergrund und verleiht dem Duft eine ordentliche Tiefe. Das zunächst leichte Stechen in der Nase schreibe ich dem rosa Pfeffer zu, es wird im Verlauf deutlich milder. Begleitet wird der Duft von Kopf- bis Basisnote von einer säuerlichen Gerb-Essenz, die ich als sehr ungewohnt empfinde, allerdings tatsächlich eher interessant als störend oder gar abstoßend. Ich habe viele holzige Düfte gerochen und kann mit Fug und Recht behaupten, dass The Dark Side es geschafft hat, mich mit einer Nuance zu überraschen, die ich nicht erwartet hätte und für die ich auf die Schnelle auch keinen anderen Duft benennen könnte. Das muss man erstmal schaffen! Im weiteren Verlauf nehme ich im Hintergrund einen leichten Hauch von verkokeltem Holz wahr, wie man es auf Mittelaltermärkten manchmal zu riechen bekommt. Der Duft ist aber definitiv kein Räucherduft – Schinkenassoziationen kommen zu keiner Zeit auf! Zuletzt gesellt sich eine kaum greifbare Süße im Hintergrund dazu, die ich vermutlich an jeder olfaktorischer Präzision vorbei am ehesten als eine Art trocken-bitterer Vanille empfinde. Leder, Tabak oder Weihrauch nehme ich nicht im Einzelnen wahr. Insgesamt erinnert mich der Drydown ein wenig an Blacks Club Leather.

The Dark Side zeigt auf meiner Haut eine gute Haltbarkeit. Nach 4 bis 5 Stunden rieche ich ihn beim Bewegen noch hier und da an mir selbst, beim Schnüffeln direkt am Handgelenk auch noch nach 8 Stunden in dann deutlich gedimmter Form. Überhaupt zeigt er bei mir keine nennenswerte Fatigue. Die Sillage empfinde ich als ordentlich, aber tatsächlich gesellschaftskonformer als erwartet. Eine raumfüllende Duftwolke erzeugt man eher nicht, sofern man überlegt dosiert. Er erschafft eine angemessene Aura, mit der man wahrgenommen wird, aber keine unfreiwilligen Schneisen in die Menschenmassen des Weihnachtsmarktes schlägt.

In Summe ein für mich überraschend gelungener, düsterer, mysteriöser, komplexer und irgendwie wirklich ungewohnter und damit origineller und faszinierender Duft in einem doch eher altbackenen Genre. Er verwebt gekonnt eher nischig-spezielle Dufteindrücke zu einem insgesamt doch wieder sehr gut tragbaren Gesamteindruck – wenn man denn der Typ für solch eine Art von Duft ist. Ich bereue den Kauf nicht und werde meinen Flakon definitiv behalten. Revolutioniert er die Duftwelt? Mitnichten. Aber er hält, was er verspricht und macht das, was er machen will, ziemlich anständig und selbstbewusst. Mit aktuell 120 € für 100 mL befinden wir uns am Übergang vom Designer- zum Nischenpreis. Genau so fühlt er sich auch an: hochwertig, speziell, nicht synthetisch, nischig aber nicht autistisch. Relativ teuer, aber er nimmt Rücksicht auf die sich anbahnende Kfz-Versicherung im Januar. Mir macht er Spaß und damit kann ich ihn für Liebhaber von Düften wie Black Afgano, Gucci Guilty Absolute oder Bvlgaris Puck uneingeschränkt empfehlen!
2 Antworten
WombatEdP vor 4 Jahren 35 6
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
6
Duft
Der Trump der Düfte
Ja, er erinnert mich tatsächlich ein wenig an den amerikanischen Präsidenten. Nicht inhaltlich, keine Sorge! Aber irgendwie halt viel heiße Luft um nichts. Wo es bei Letzterem schon für massiven Medienrummel ausreicht, wenn er auch nur drei Punkte twittert, so zeigt sich auch der Aventus mit einer wohl historisch einmaligen Omnipräsenz bei gleichzeitiger Kontroverse im Duftreigen. Aventus hier, Aventus da. Bloß eine Randerwähnung des Namens, schon explodieren Forenthemen und es krachen Emotionen aufeinander.

Ich habe mir nach langem Zögern also einen Flakon gegönnt. Einmal, weil ich den Tierra del Fuego von La Martina schon seit Jahren kenne und ganz gut fand. Dann natürlich auf Grund des Hypes. Zuletzt aber, weil der Royal Oud wohl einer meiner meistgetragenen Düfte überhaupt ist. Tja, was soll ich nun sagen: Der Aventus 14L01 steht in meinem Regal und verstaubt. Ich wollte ihn mögen, aber irgendwie klappt es nicht. Er ist nicht schlecht, keine Frage. Zum jedermann bekannten Duftcharakter brauche ich nicht viel zu schreiben. Meiner startet recht frisch, selbstredend fruchtig und zeigt neben der leicht überreifen Ananas wenig der ominösen Rauchigkeit. Im Verlauf entwickelt er sich wenig, er kommt einfach nur zunehmend gedimmt daher. Er ist wertig, angenehm, schon natürlich im Sinne von „nicht-synthetisch“, unkompliziert und wohldosiert gleichzeitig präsent sowie unaufdringlich. Was ist er außerdem? Langweilig, unspektakulär, unaufgeregt. Was ist er nicht? Mysteriös, sexy, dunkel, vielschichtig, männlich. Er riecht grundsätzlich nicht schlecht, löst aber weder einen Wow-Effekt in mir aus noch irgendeine sonstige Form von emotionaler Reaktion oder gedanklicher Reise. Würde ich in einem Büro arbeiten, könnte ich mir vielleicht noch vorstellen, ihn dort zu tragen – bloß wäre er mir dafür eigentlich zu teuer. Für Dates und Ausgehen ziehe ich außergewöhnliche Düfte mit Charakter vor. Genau dieser fehlt dem Aventus für meine Nase leider. Für den Alltag schlussendlich fallen mir dutzende Alternativen ein, die irgendwie mehr aussagen.

Ich kann schon verstehen, dass Menschen ihn mögen. Insbesondere kenne ich wenige Duftrichtungen, die es wie die Aventesken schaffen, frisch zu wirken ohne als geadelte WC-Enten auf dem Brakwasser der Zitrusbomben zu flottieren oder im Aquariensumpf zu versacken. Auch ist er deutlich weniger flüchtig als die meisten anderen Frischlinge. Summa summarum hat er schon seinen Stellenwert und wird sicherlich als letzter Duft eine negative Reaktion auslösen. Dennoch: Ich kann den Hype nicht nachvollziehen. „Ganz nett“ halt – was nicht nur im Datingleben Schönsprech für „Next“ ist. Aber zum Glück ist das Next des einen ja das Hello des anderen.
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