Writerhof

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Rezensionen
Writerhof vor 3 Jahren 8 4
3
Flakon
3.5
Duft
Mich dürstet!
Posca! Nein, nicht die gleichnamige Figur aus Puccinis Oper „Tosca“ ist gemeint, sondern tatsächlich Posca: Damit bezeichneten die Römer ein Getränk aus gekipptem Wein bzw. Essig und Wasser. Damit desinfizierten sie das oft nicht ganz so saubere Wasser, das ihnen oft zur Verfügung stand. Oft peppten sie es noch mit Honig und Gewürzen etwas auf. Den Estragon aus der Duftpyramide und ggf. auch etwas Dill kann man in Oxygène Homme durchaus erriechen. Die Römer werden die beiden Gewürze für ihre Posca aber wohl aus geschmacklichen Gründen eher nicht benutzt haben.

Die alten Römer streckten ihr Wasser zur Desinfektion also mit Essig. Die Idee, das als Duft zu verkaufen, hatten sie nicht – anders Lanvin, die das blau färben und als „Oxygène Homme“ vermarkten. Daneben kann man noch gut einiges Aquatisches und das nicht-angegebene Ambroxan herausriechen. Cool Water meets Hengstenberg quasi.

Mehr muss ich zum Duft nicht sagen. Ich bin froh, dass ich ihn diese Woche tauschen konnte und wünsche dem Nachbesitzer mehr Spaß damit als ich ihn hatte!

Das wäre jetzt aber keine Rezension von mir, wenn ich nicht noch ein paar lose passende historische Fakten droppen würde; fast rechtzeitig zum gerade vergangenen Osterfest: Wer christlich erzogen wurde, erinnert sich wahrscheinlich noch an die Geschichte, als Jesus am Kreuz von einem römischen Soldaten (er hieß Stephaton) einen Schwamm mit Essig getränkt gereicht bekam. Das berichten zumindest drei der vier Evangelisten; wie Johannes statt dem Schwamm auf einen Ysopzweig kam, sei mal dahingestellt. Was jedenfalls nach einer argen Grausamkeit klingt – ich denke am Kreuz hat man schon genug Probleme, da braucht man nicht noch Essig im Gesicht – war wahrscheinlich vielmehr ein Akt der Barmherzigkeit: Jesu vorletzte Worte sollen – jetzt doch wieder nach Johannes – gewesen sein „Mich dürstet!“ Der Soldat reichte ihm also eher etwas Posca aus seiner Feldflasche, der Essig ist eine Falschübersetzung.

Oder war es doch ein Duftstreifen mit Oxygène Homme?
4 Antworten
Writerhof vor 3 Jahren 6 3
9
Flakon
7.5
Duft
O tempora, o mores!
Diesen Ausspruch – O Zeiten! O Sitten! – hat Cicero in seinen Reden gegen Catilina geprägt, festgehalten durch seinen Freigelassenen Marcus Tullius Tiro in einer ersten Form dessen, was wir heute als Stenografie kennen. Nachdem er bei der Konsulnwahl für das Jahr 63 v. Chr. unterlegen war, plante ein gewisser Lucius Sergius Catilina einen Staatsstreich. Aufgedeckt und in einigen seiner berühmtesten Reden angeklagt wurde das Ganze durch Marcus Tullius Cicero, der in der Wahl gegen Catilina gewonnen hatte.

Cicero wurde dafür der Titel des pater patriae verliehen und er ist heute noch als berühmter Redner, Anwalt und Politiker der ausgehenden römischen Republik bekannt. Catilina dagegen wurde erst verbannt und später, als er sich mit einem Heer gegen Rom stellte, bei einer Schlacht getötet.

Die Zeit des Umbruchs, aber auch der Größe Roms, findet sich in Unguentum wieder. Unguentarii wurden im alten Rom Salben- oder Dufthersteller genannt. Im alten Rom wurden Düfte in Form von Salben oder Ölen dargereicht und nicht wie heute mit Alkohol und Wasser verdünnt. Es ist also gut möglich, dass Cicero, der homo novus, der alle Staatsämter im Mindestalter erreicht hatte, sich regelmäßig beim Unguentarius mit neuen Düften versorgte, die er nach dem Thermenbesuch auftrug.

Unguentum von Onyrico erinnert dabei an einen erfolgreichen römischen Politiker und Feldherrn wie Cicero einer war. Er kommt männlich daher, hat eine scharfe Rasierwassernote, wie man es vielleicht beim Rasieren auf dem Feld verwendet hat. Gleichzeitig kommt der Duft rauchig daher und erinnert damit noch weiter an das Heerlager. Kehrt der Erfolgreiche Heerführer nach Rom zurück, darf er als Triumphator sein Haupt mit einem Lorbeerkranz bedecken – von einem Sklaven, der ihm einflüsterte, stets an seine eigene Sterblichkeit erinnert.

Zieht er auf seinem Streitwagen durch Rom, so vermischt sich sein eigener Geruch mit den Düften, die aus den kleinen Gassen der Stadt herüberziehen. Honig aus den Stuben der Süßigkeitenhersteller, die ihre Stände während dem Triumphzug aufbauen, um das Volk mit ihren Kreationen zu versorgen. Aber auch andere exotische Gewürze mischen sich darunter, wie die Vanille, die damals aber noch ein großer Ozean vom römischen Reich trennte (ich tue mich immer schwer damit, Vanillenoten in den Beschreibungen solcher, historisch angehauchter Düfte unterzubringen) – oder auch Safran, Zimt und Tee, die im alten Rom schon sehr exotisch angemutet haben müssen.

Bis er am Ende des Triumphzuges am Jupitertempel auf dem Kapitol ankommt, mischen sich die Ausdünstungen der massiven Holzbogen, die für dem Triumphzug aufgestellt wurden, unter diese Duftmelange. Nur einige der Triumphbögen sind heute noch erhalten, da manche von ihnen dauerhaft aus Stein oder Marmor errichtet wurden. Aus jenem Stein, dem Travertin aus Tivoli, ist auch der Aufsatz auf der Verschlusskappe von Onyricos Unguentum gefertigt.

Unguentum war einer der ersten Düfte, die mich auf Nischendüfte neugierig gemacht und dafür begeistert haben, auch wenn er nicht ganz oben auf der Liste meiner Nischenlieblinge steht. Ich habe mit ihm ein paar Anläufe gebracht, bis ich etwas damit anfangen konnte. Aber er ist ganz gut für einen würzig-balsamischen Duft und meiner Meinung nach, obwohl ich nichts von der festen Einteilung in Geschlechterdüfte halte, ist er ein sehr maskuliner Duft. Dass man das aber auch durchaus anders sehen bzw. riechen kann als ich, sieht man an der bisherigen Verteilung der Duftinhaber*innen hier. Der Milliliter-Preis ist schon nicht ohne und kratzt an mittelrömischer Dekadenz. In diesem Sinne: O tempora, o mores!
3 Antworten
Writerhof vor 3 Jahren 6 3
7
Flakon
9
Sillage
8
Haltbarkeit
7.5
Duft
Homo homini lupus
Freitag acht Uhr morgens, Politikwissenschaftsübung. An dem grauen Herbstmorgen habe ich meine alte Lederjacke übergeworfen, gehe unmotiviert aus dem Haus und mache mich mit der Tram auf den Weg zu einem alten Plattenbau-Unigebäude, das demnächst sowieso abgerissen wird. Der Raum ist nicht zu voll, Freitagmorgen ist nicht gerade die beliebteste Zeit, in die man sich seine Univeranstaltungen legt.

Zum ersten Mal lese ich aus Thomas Hobbes' Leviathan. Es wird nicht das letzte Mal sein. Der englische Staatsphilosoph hatte sich seinerzeit wenige Freunde gemacht. Im Naturzustand sah er den Menschen als „Wolf“ für seine Artgenossen an, der in einem Krieg aller gegen alle gefangen sei. Einziger Ausweg sei deswegen, seine Naturrechte auf einen Souverän zu übertragen, der das Gewaltmonopol habe und diesen Kriegszustand beendete. Auch wenn Hobbes damit als einer der Haupttheoretiker des Absolutismus gelten mag, trat er damit Monarchisten wie Liberalen zugleich auf die Füße. Letzteren recht offensichtlich, weil sie Abwehrrechte gegenüber einem zu allmächtigen Staat wollten. Ersteren gerade deshalb, weil Hobbes offenließ, wer das Gewaltmonopol innehaben sollte – es konnte ein König genauso wie jeder andere Autokrat sein.

Zurück aus dem 17. Jahrhundert ins Ostdeutschland des 21. Jahrhunderts wabert der Duft von schwarzem, gesüßtem Kaffee durch den Raum. Irgendwas braucht man ja, um sich zu einer solchen Un(i)zeit wach zu halten oder das Bierchen zu viel vom letzten Abend auszumerzen. Langsam wird der Kaffee kälter, aber trotzdem klammern sich alle an ihre Becher – gefüllt mit kalt gewordenem Kaffee, immer bitterer und rauchiger werdend.

Die Ausdünstungen der Holzmöbel im Seminarraum nimmt man nur noch leicht wahr. Zu lange tut das alte DDR-Mobiliar inzwischen seinen Dienst und ist abgesessen, aber gleichwohl damit unerwartet gemütlich.

Jetzt sind absolutistische Systeme weder in der praktischen Politik noch in der Politikwissenschaft heutzutage der „heiße Scheiß“. Trotzdem hat Hobbes nicht an Aktualität verloren. Seine Beschreibung des Krieges aller gegen alle ist bis heute eine der vorherrschenden Beschreibungen des Zustandes zwischen Staaten, zwischen denen es ja keine Zentralgewalt gibt, die effektiv ein Machtmonopol wahrnehmen könnte. Davon geprägt ist die durch und durch pessimistische Theorie des Neorealismus, der die Beziehungen zwischen Staaten vor allem in Kategorien von Macht und militärischer Gewalt beschreibt.

„Macht“ haben sich schlussendlich aber Freitagmorgens wohl die meisten gegen Ende des Seminars gedacht: „Macht endlich Schluss!“ Gegen zehn sind alle wieder frei und können nach draußen, in den Krieg aller gegen alle, freigelassen werden. Zähnefletschend (oder mag es doch gähnend sein) bewegen sich alle Richtung Tramhaltestelle und dann wieder nach Hause, um sich fürs Wochenende vorzubereiten. Erst dort, zu Hause, kommt wahrscheinlich die Moschusnote von „Leviathan“ durch. Diesen Duft werden die meisten dabei im Club aber wohl eher nicht aufgelegt haben, so wie ich mich an die Duftvorlieben der späten Nullerjahre zurückerinnere. In der schummerigen, alternativen Studikneipe, in der eine unbekannte Band viel zu laut spielt, könnte dieser schwere Duft aber durchaus seinen Charme ausspielen. Die Melange aus überbordendem, würzigen Kaffee, mit etwas Leder und einigen Holznoten, strahlt eine gewisse Wärme aus, wie man sie in einer solchen vollgestopften Kneipe finden konnte. Er bildet durchaus einen interessanten Gegenpol zum Patchouli, das man dort öfter riechen wird – nicht im Sinne eines Gegensatzes, sondern eher als Komplement dazu.
3 Antworten
Writerhof vor 3 Jahren 19 6
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Erde, Schweiß und Rinderdung...
...so stelle ich mir den „Duft“ eines Durchschnittsmenschen im fruchtbaren Halbmond in der frühen Bronzezeit vor. Dazu kommt eventuell ein Brackwasser-Akkord aus den Sümpfen der wasserreichen Flüsse von Euphrat und Tigris. Akkad trägt nichts von dieser Mischung, die eher Gestank als Duft darstellt, sondern beschreibt vielleicht vielmehr das Gegenteil der Lebensrealität der Ackerbauern und Viehzüchter im Zweistromland. Gewidmet ist der Duft, der von Delphine Thierry zusammen mit Lubins Gilles Thévenin geschaffen wurde, dem sagenhaften König Sargon von Akkad. Viele Mythen ranken sich um ihn: Sohn eines Gärtners, Mundschenk des Königs von Kiš und später liebte ihn die Göttin Ištar und machte ihn zum Herrscher von Akkad. Einem solchen göttlichen Herrscher angemessen scheint auch die Duftkreation von Lubin.

En-hedu-Ana, Sargons Tochter, wurde Priesterin und rief die Göttin Ištar wie folgt an: „Meine Herrin, geliebt von An, von all deiner Wut will ich künden! // Die Kohlen habe ich aufgehäuft, die Reinigungsriten dazu bereitet.“ Weihrauch und andere edle Harze wurden im Tempel langsam im Rahmen der Reinigungszeremonie verbrannt und ihr Duft musste sich auch weit über die Tempelgrenzen hinaus verbreitet haben. Ebenso wie seine Tochter muss Sargon nach Weihrauch geduftet haben. Sein Duft nach Weihrauch, Elemi, Styrax und Patchouli ist anders als bei seiner Tochter allerdings kein sakraler: Stattdessen hängt der kalte, harzige Duft in den kühlenden Steinmauern seines Palastes, den er in seiner neu erwählten Königsstadt Akkad errichten ließ. Der Rauch ist sehr präsent, bleibt jedoch stets mild und nie stechend, so wie es sich eines Königs geziemt. Ein wenig der Gewürze mischte Sargon wohl auch in seinen süßen Wein – eine Technik, die er als Mundschenk gelernt hatte – und überlagert das Weihraucharoma damit gleichsam auch süß.

Das Ambra (und die vanilligen und Tonka-Noten, die er damals abseits von Amber nicht gekannt haben dürfte), das den Duft zum Schluss hin umschmiegt, konnte er, der sich ein Reich geschaffen hatte, das sich zwischen beiderlei Meeren – Mittelmeer und Persischer Golf – erstreckte, an der nördlichen und südlichen Grenze seines Reiches problemlos beschafft haben.

Für mich einer der raffiniertesten und interessantesten Düfte, die ich habe. Deswegen dufte er für meinen zweiten Kommentar herhalten. Ein Herrscher kann ihn sicher tragen und sich dabei in monumentaler Architektur darstellen. Heute sehe ich ihn eher am Typus „Intellektueller“, der viel schwarz trägt oder ein Sakko mit Rolli drunter, wenn mir solche klischeehafte Vereinfachungen erlaubt sind. Wirklich ein inspirierender Duft, der keine brachiale Männlichkeit rüberbringt, wie man es von einem frühbronzezeitlichen König vielleicht erwarten würde. Er bringt eine subtile, intelligente Art von Männlichkeit für seinen Träger mit, ist durch die Süße aber genauso unisex zu tragen wie er vermarktet und offensichtlich (glaubt man der Statistik hier) auch getragen wird. Mein Einstieg in die Nischendüfte und ich habe meinen Kauf bis heute nicht bereut!
6 Antworten
Writerhof vor 3 Jahren 27 11
10
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
10
Duft
Caracalla...
...war der vielleicht letzte der großen römischen Kaiser vor Anbruch der Spätantike und der Reichskrise des 3. Jahrhunderts. Von seinen Zeitgenossen wurde er geschmäht und (nur zum Teil) unwahre Legenden aus der senatorischen Geschichtsschreibung sollten unser negatives Bild von ihm prägen. Trotzdem bleibt er für lange Jahre der einzig klanghafte Name auf dem römischen Kaiserthron bis Diokletian letzteren in Nikomedia besteigt. Zumindest scheint er bekannt genug, dass er den Flakon dieses MDCI-Flakons zieren darf – so zumindest die mehrheitliche Erkenntnis einer Umfrage unter Menschen, die in antiker Kunstgeschichte bewandert sind. Schick finde ich die Büste ja schon, aber das ist Geschmackssache. Ob allerdings der fast doppelte Preis für den Flakon mit Resinbüste oder sogar ein vierstelliger Betrag für die Flakonversion mit Limoges-Porzellan wirklich gerechtfertigt sind, möge man selbst für sich entscheiden.

Auch ohne Caracalla on top ist der Duft jedenfalls kein Cheapie, aber für mich sein Geld wert. So viel darf ich schon vorwegnehmen. Hier folgt mein erster ausführlicher Kommentar und ich hoffe, einige damit vielleicht sogar auch von dem Duft begeistern zu dürfen.

Caracallas Außenpolitik war eher von seiner Expansionspolitik im Osten des Reiches geprägt als von der Verteidigung gegen barbarische Invasionen. Warum also ausgerechnet dieser Kaiser den Flakon von „Invasion Barbare“ ziert? Vielleicht werden wir es nie erfahren.

Herb wäre für den Kaiser, der wohl aus schierer Paranoia eine fünfstellige Anzahl an Menschen ermorden ließ, sicherlich eine Untertreibung. Für den Start von IB ist es aber eine ganz gute Beschreibung. Er ist gleichzeitig aber auch frisch und ich glaube, ein paar, kleine aquatische Noten vernommen zu haben – vielleicht sind das aber auch nur die Wasser des Tiber, die zum Kaiserpalast herüberziehen. Der Wind scheint aber zu drehen, denn die Note hatte ich nur ganz kurz in der Nase

Der namensgebende, schwere Kapuzenumhang, den der Kaiser sich nach einem selbstentworfenen Schnittmuster hat schneidern lassen, ist tief getränkt vom Duft des Lavendel aus Caracallas gallischer Heimat. Der Lavendel ist absolut präsent in diesem Duft und ich bin erstaunt, wie sehr ich ihn trotzdem mag. Als bekennender Lavendelskeptiker vermag mich IB trotzdem zu begeistern. Denn der Lavendel ist hier sehr gut in die Gesamtkomposition eingebettet und kommt für mich als alleinstehender Duftteil allerhöchstens gegen Ende des Drydown heraus.

Vom Germanienfeldzug (sollten das die Barbaren sein, auf die Invasion Barbare anspielt?) zu Beginn seiner Herrschaft bringt Caracalla dann Anklänge von Moos mit, ebenso wie Wacholder und verschiedene andere Kräuter. An diesem Punkt wird der Duft auch sehr maskulin – was er die ganze Zeit über schon ist, aber an dieser Stelle kommt dieser Akzent nochmal besonders deutlich hervor.

Außenpolitisch prägend sollte, wie beschrieben, aber eher Ostpolitik im Reich sein. Geruchsintensive Hölzer aus dem östlichen Mittelmeerraum riecht man hier ebenso heraus wie eine Pfeffernote. Durch den damals schon florierenden Indienhandel sollte der Kaiser hier in Kleinasien sicher eine gute Quelle gefunden haben.

Wenn sich die Zeit zum Ende neigt, soll ja immer eine gewisse Altersmilde einsetzen. Bei Caracalla war das wohl kaum der Fall: Mit gerade einmal 29 fiel er einem Mordanschlag zum Opfer, der durch seine eigene Paranoia und Terrorherrschaft erst möglich wurde. Der Duft hingegen wird zum Ende hin noch einmal cremiger. Vanille und Tonka kann ich gut herausriechen. Caracalla dürfte die beiden Düfte genausowenig gekannt haben wie seine barbarischen Zeitgenossen, denn beide Pflanzen sind in Nord- bzw. Südamerika beheimatet und haben von dort aus erst einige Jahrhunderte später ihre Reise über die ganze Welt angetreten.

Lavendel, Eichenmoos, Tonka – eigentlich alles, was man für einen klassischen Barbershop-Duft braucht. Und vielleicht ist hier dann doch auch die Verbindung zu Caracalla: Denn er ließ, um das römische Volk auf seine Seite zu bringen, eine riesige, eintrittsfreie Thermenanlage in der Stadt errichten.

Trotz aller Ungereimtheiten bei Benennung und Büstenauswahl: Der komplexe Duftverlauf ist auf jeden Fall eines Kaisers würdig – ob nun Caracalla mit seinen äußerst fragwürdigen Methoden, Politik zu machen, die auch vor der eigenen Kernfamilie keinen Halt machten, genau der richtige Kaiser dafür ist? Ich weiß es nicht. Anders als die antike und moderne Geschichtsschreibung es über Caracallas Qualitäten als Kaiser sagen, ist dieser Duft nämlich ein ganz großer. Für mich ist IB ein toller Duft mit einem der komplexesten und interessantesten Duftverläufe, die ich bisher in – bzw. auf – der Hand haben durfte. Die verschiedenen Komponenten lassen sich zum Teil sehr gut herausriechen, vor allem verschmelzen sie aber zu einem Gesamtduft, der sich einfach als interessant, anregend und angenehm beschreiben lässt. Vielleicht nichts für den mittelitalienischen Hochsommer; aber anlassbezogen kann ich ihn mir sowohl auf dem Feldzug vorstellen, nach dem Besuch der Thermen oder auch bei den Feierlichkeiten im Rahmen der großen Spiele!
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