Yatagan
Im Dschungel mit Yatagan
vor 7 Jahren - 26.03.2017
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Tuberose XY - als Blog

Der unten stehende Text ist teilweise bereits als Kommentar zu Jardins d'Écrivains Marlowe erschienen. Da ich aber dieses Thema noch mal breiter zur Diskussion freigeben will, veröffentliche ich es hier als Blog.

Angeregt durch einige andere User (Profumo, Zauber600), beschäftige ich mich schon seit Jahren mit der Frage, ob es gelungene Tuberose-Düfte für den Herrn geben könnte.

Ich lasse mal die Frage beiseite, ob nicht beide Geschlechter einfach alles tragen können. Natürlich kann man diese Frage schlicht mit Ja beantworten; gleichwohl fühlen sich viele Männer mit floralen Düften, insbesondere dann, wenn sie einen hohen Anteil an Weißblühern enthalten, unwohl. Das geht mir auch so und ich würde derartige Düfte niemals tragen. Da hilft es mir auch nicht, wenn mir andere versichern, dass das nur eine gesellschaftliche Zuschreibung sei und man sich eben über solche Kategorien hinwegsetzen müsse. Wer diese Diskussion hier führen möchte, möge sie in einen der entsprechenden Blogs verlagern.

Sehr wohl möglich ist aber die Einbindung von Blütendüften (Jasmin, Ylang Ylang, Rose) in einen Gesamtkontext, der das Florale nicht zu sehr betont. Nicht umsonst findet sich Jasmin in vielen populären Herrendüften, ebenso wie Rose oder Veilchen; Lavendel hat diesbezüglich eine noch viel längere Tradition.

Eine gewisse Ausnahme ist jedoch die Tuberose, vielleicht weil man ihr in besonderem Maße Weiblichkeit, erotische weibliche Ausstrahlung bzw. eine besondere Wirkung auf Männer attestiert. Nicht umsonst enthält einer der legendärsten Damendüfte, Diors Poison, eine fast toxische Dosis dieses Blütenduftes. Im Übrigen meine ich aber, dass Poison noch immer einer der besten Damenparfums aller Zeiten ist. Dass es inzwischen nicht selten in Foren wie diesen abgelehnt wird, mag an der starken Verbreitung in den 80ern und 90ern liegen, - ähnlich wie Cool Water, das ebenfalls ein Geniestreich war, aber aufgrund seiner Omnipräsenz in früheren Zeiten auf ähnliche Abwehr stieß wie 4711 in den 70ern und 80ern. Aber seien wir ehrlich: Aus einem gewissen (zeitlichen) Abstand betrachtet, sind das alles große Düfte!

Aus all diesen Gründen meine ich, dass es besonders reizvoll sein müsste, einen rundum gelungenen Herrenduft mit Tuberoseanteil zu komponieren, der einerseits die besondere Wirkung der Blume erhält (so wie schon öfters bei Jasmin und Rose gelungen), andererseits aber einen markant männlichen Akzent zeigt.

Auch darum habe ich auf meiner Seite eine Sammlung angelegt (Tuberose XY), die Düfte zusammen trägt, die (auch) als maskulin wahrgenommen werden können und dabei Tuberose raffiniert einbinden. Hier der Link:

https://www.parfumo.de/Benutzer/Yatagan/Sammlung/C...

Dort finden sich auch spezielle Empfehlungen für alle, die einen Tuberose-Duft suchen, der für Herren tragbar ist, aber noch merkliche Anteile dieser Blüte enthält.

Düfte aus der oben verlinkten Zusammenstellung, die einen merklichen Tuberose-Anteil bei maskuliner / unisexer Akzentuierung enthalten, sind: Cepes & Tuberose, Voyance, Man In Black (bei einer eher synthetischen Anmutung), Luci ed Ombre, Vierges et Toreros, Tubereuse 3 Animale, Marlowe, Ombre Indigo, Ekstasis, Savile Row, Cedre, Sotto la Luna - Tuberose, XPEC original (in obiger Reihenfolge).

Die Liste wird ständig überarbeitet und ergänzt. Aktuell habe ich mir gerade wieder acht Düfte als Abfüllungen bestellt, die möglicherweise zu dieser Liste passen.

Die Grenze markieren aus meiner Sicht Düfte wie Tubéreuse criminelle von Serge Lutens, Carnal Flower von F. Malle und Tubereuse von Elie Saab (Dank an Gerdi), die sicherlich von vielen als feminin wahrgenommen werden, aber von Männern durchaus noch tragbar sind (wohlgemerkt: auch dies meine Perspektive).

Auch die anderen Düfte aus der Liste auf meiner Seite lohnen für Tuberose-Afficionados alle einen Test; allerdings steht bei vielen die Tuberose nicht so stark im Zentrum, wie ich es gerne hätte.

Vielleicht ist das sogar ein Resümee zu allen Tuberose-Düften (auch oder gerade) für Herren: Tuberose scheint sich gegen eine Vereinnahmung durch das Maskuline, durch XY, durch markant männliche Anteile zu sperren, ist vielleicht gar nicht ideal geeignet und doch macht gerade das den Reiz des Experimentes aus: Kann man diese wunderbare Blüte, die so einzigartig duftet (und da schließe ich auch synthetische Varianten ein) in einen maskulinen Rahmen einpassen? Ist das ein Sakrileg? Ist das eine Offenbarung?
Ich plädieren für Letzteres und hoffe weiter auf die Quadratur des Kreises, die m.E. bei einigen der oben genannten und in der Liste enthaltenen Düften ohnehin schon beinahe gelungen ist.

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