Yatagan
Im Dschungel mit Yatagan
vor 9 Monaten - 24.12.2022
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Statt eines Jahresrückblicks 2022: ein kleiner Ausflug in den Dschungel

Statt eines Jahresrückblicks 2022: ein kleiner Ausflug in den Dschungel

War früher alles besser? In Bezug auf unser Hobby scheint mir das zwar so zu sein und doch finden sich Jahr für Jahr wenigstens einige interessante Neuerscheinungen. Trotzdem fiel mir bei einem persönlichen Rückblick auf, dass ich so selten wie nie zuvor gute Noten jenseits der 7.5 vergeben mochte. Immer mehr Düfte zeichnen sich durch beliebige synthetische Basen aus, die es sehr schwer machen, zwischen Nische, Mainstream und Drogerie (!) zu unterscheiden. Dazu unten mehr.

Auch in diesem Jahr habe ich eine ungewöhnlich große Zahl von Düften getestet (an die 500 Parfums: vom aktuellen Nischenduft bis zum Vintage-Klassiker von 1890) und versuche deshalb eine Schneise durch die Neuerscheinungen zu schlagen: Im Dschungel mit Yatagan.

Meine klaren Regeln für diesen kleinen Jahresrückblick: Ich führe nur Düfte aus dem Jahr 2022 auf, die ich mindestens mit 8.0 bewertet habe (mit einer Ausnahme bei den English Scents). An der geringen Zahl der aufgeführten Düfte könnt ihr ermessen, dass mich wenig beeindruckt hat.

GUERLAIN: Guerlain ist seit jeher meine Lieblingsmarke und auch dieses Jahr taucht sie auf, und zwar mit Musc OutreblancMusc Outreblanc, einem Saubermoschusduft, dessen Aura man natürlich mögen muss, und darüber hinaus mit Oud KhôlOud Khôl. Zum ersten Mal an dieser Stelle erwähne ich einen Oud-Duft. Das ist eigentlich nicht meine Welt und wird es auch nicht werden.

CARON: Auch Caron gehört zu meinen Lieblingsmarken (DER Caron-Klassiker schlechthin ist mein Signature-Duft). Umso skeptischer war ich bei zwei Neuerscheinungen, die das Lavendelthema von PuH de Caron interpretieren. Einer hat mich überzeugt und ich finde ihn recht gelungen: Pour Un Homme de Caron Le SoirPour Un Homme de Caron Le Soir.

NICOLAI: Noch so eine Lieblingsmarke von mir ist Nicolai und Madame de Nicolai hat mich auch dieses Jahr zu einem Kauf überreden können: Riviera VerbenaRiviera Verbena . Vielleicht ist das für mich der Duft des Jahres, auch, wenn er im Grunde unspektakulär ist.

NEO-KLASSIKER: Da ich ein Freund klassischer Damen- und Herrendüfte bin, hat mich das jüngste Brüderchen von Drakkar Noir besonders interessiert - und trotz der allgemein bemängelten synthetischen Basis letztlich überzeugt: Drakkar IntenseDrakkar Intense.

ENGLISH SCENTS: Das Thema "englische Düfte" darf hier nicht fehlen, aber weder Penhaligon's Sports Car Club noch Floris No. 007, auf die ich Hoffnung gesetzt hatte, konnten mich in diesem Jahr begeistern. Über den Rest der britischen Neuerscheinungen decken wir ohnehin besser den Mantel des Schweigens. Allenfalls übrig blieb für mich Highgrove BouquetHighgrove Bouquet , auch wenn der keine 8 Punkte wert war. Sei's drum: Der geht!

LAVENDEL: Wenn wir schon bei den (unendlich vielen, den Markt dominierenden) durchweg synthetischen Produkten sind, dann erwähne ich noch Lavande BlancheLavande Blanche, bei dem ich der süßen fluffigen Lavendelnote nicht widerstehen kann, auch wenn das natürlich kein herausragender Duft ist.

Das Thema Lavendel gehört für mich zu den schönsten im Kosmos von Duft. Darum erfreut mich RimbaudRimbaud sehr. Wer puristische Lavendeldüfte mag, sollte testen. Allerdings bekommt man so etwas durchaus auch billiger.

NEU IM MARKT: Eine kleine Überraschung war MalachitgrauMalachitgrau, der mir sehr klassisch und geradezu aristokratisch erschien.

NEO-CHYPRE: Ein heiß geliebter oder geflissentlich ignorierter Subkosmos im Parfum-Universum ist der der Chypredüfte. Durch die neueren IFRA-Regelungen lassen sich unter den Bedingungen herkömmlicher Produktion nur wenige ansprechende Chypre-Düfte umsetzen. Da fehlt einfach das Eichenmoos. Ab und zu kommt aber mal ein Neo-Chypre auf den Markt, den ich richtig gut finde. Dieses Jahr war da wenig zu bestaunen, aber immerhin gibt es Replica - When The Rain StopsReplica - When The Rain Stops , der neueste Neo-Chypre einer Marke, die mich bisher völlig kalt ließ. Der wäre für Chyprefreund*innen immerhin einen Test wert.

METAL: Und nun zu einer letzten Leidenschaft, die ich noch erwähnen will: Metal. Wer hätte gedacht, dass Motörhead, Axel Rudi Pell und Rammstein Düfte machen? Wenn die Streaming-Downloads schon kaum noch Geld bringen, muss die Einnahme woanders her. Also: Duft! Der beste aus diesem Genre im Jahr 2022 ist für mich Waidmanns HeilWaidmanns Heil. Sicherlich ist das nur mittelprächtiges Mainstreamniveau, aber für den Preis und für die Verfügbarkeit in Drogerien aller Achtung wert.

DROGERIE oder was?: Überhaupt empfehle ich ab und zu mal in Drogerien zu stöbern. Das, was es dort gibt, ist manchmal (wenn auch nicht so oft) kaum schlechter als Mainstream - oder Nische. Und das dürft ihr mir jetzt glauben oder nicht.

Ich wünsche euch ein frohes und friedvolles Weihnachtsfest und ein gutes Jahr 2023, hoffentlich in jeder Beziehung ein besseres als das unruhige letzte!

Yatagan

Aktualisiert am 24.12.2022 - 08:15 Uhr
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