YellaYella

YellaYella

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1 - 5 von 37
YellaYella vor 10 Monaten 9 4
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Grüne Animalik
Sommerhitze in der Stadt. Ich trabe neugierig durch ein Grätzel (Viertel) Wiens, in dem ich sonst nicht oft bin, but today, Zahnarzttermin, der mich in diese Ecke verschlägt. In Naschmarktnähe gibt es entzückende kleine Geschäfte und eines davon lockt mit schön kuratierter Parfumauswahl. Daran vorbeigehen? Nicht mit mir! Zu sehen und testen gibt es Einiges: Wiener Blut, eine Marke, die ich gerade erst für mich entdecke und faszinierend finde - "Unheimlich | Wiener Blut" verdient eine eigene Rezension - Trudon, Ciro, Carthusia, ein paar Lubins und eben Claus Porto. Den Namen assoziiere ich mit gediegener Handarbeit, schönen Seifen, Rasierwässern, ein Traditionshaus eben. Nicht mein Beuteschema jedenfalls. Aber dieser weißgüldene kleine Flakon, der da ganz verloren in der Claus´schen Abteilung herumsteht..er reizt mich. Und ich mache das, was ich sonst nie auf Anhieb mache: Ich sprühe den Kandidaten direkt auf die Haut.

Im ersten Moment nehme ich eine animalische Wassermelone mit Feige wahr. Ja. Ernsthaft. Fruchtige Animalik. Meine Faszination ist enorm, weil so einzigartig, ich habe aber noch die Trudons und die Lubins vor mir, also weiter. Ich lasse den Duft ein Weilchen sitzen und warte ab. Schlendere weiter zu den Trudons, bei denen mich wie immer der "Mortel Noir | Trudon" entzückt, ein unglaublich gut gemachter Weihrauch. Und schnuppere permanent an meinem Handgelenk. Was eigentlich nicht nötig wäre, denn Herr Claus entwickelt durchaus eine nette Sillage. Die Fruchtigkeit bleibt präsent, gleichzeitig machen langsam der Weihrauch und die Hölzer Meter und zeigen sanft Kante. Zudem ist ein spielerisch grünes Bouqet (Angelika, helloooo!) irgendwo als Grundierung im Hintergrund versteckt und ich nehme auch die Feige als Taktgeber deutlich wahr. Der Drydown überlässt schließlich eindeutig der Weihrauchholzigkeit das Feld. Und ich schwöre, für mich riecht er auc da noch einen Hauch animalisch.

Fazit: Ich habe meinen sehr speziellen Sommerduft gefunden. Das Gesamtpaket ist total gelungen, auch das Preis-Leistungs-Verhältnis ist absolut angemessen und hier ist eine für mich einzigartige Duftarchitektur spürbar.
4 Antworten
YellaYella vor 1 Jahr 6 4
9
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9
Duft
Queen of Puderdüfte
Heritage Berberé ist eine marokkanische Marke, die es kaum einmal wo stationär zu testen gibt, zumindest ist das in der kleinen Alpenrepublik, in der ich lebe, so. (Wer es hierzulande einmal nach Linz schafft: Der dortige, sehr sehenswerte Duft- und Kleinodtempel Aschauer auf der Spittelwiese führt die Düfte und charmante Beratung gibts dazu). Deswegen kam Eritrea wieder einmal als Blindkauf zu mir, schlicht, weil ich den Flakon inklusive bommeligem Anhängsel schick fand und die Marke ohnehin etwas genauer inspizieren wollte.

Eritrea (seltsamster Name ever übrigens, ich habe keine Ahnung, was dieser exzessiv pudrige Duft mit einem nordostafrikanischen Land, eingeklemmt zwischen Äthiopien und Sudan, zu tun haben soll. Die Macher/innen werdens hoffentlich wissen) jedenfalls öffnet mit staubtrockenem, sehr cleanem, fast irisartigem Eindruck. "Teint de Neige (Eau de Toilette) | Lorenzo Villoresi" winkt etwas säuerlich rüber, denn, Spoiler und ganz unter uns, Eritrea ist der bessere Schneewittchenteint. Eine vornehme Rose lässt sich im Opening zwar deutlich erkennbar, aber umso kürzer blicken, zieht aber relativ schnell weiter und überlässt einem kecken, aber doch diskreten Maiglöckchen das Feld. Danach passiert nicht mehr viel. Moschus übernimmt die Führung, Zeder gesellt sich locker dazu und der pudrige und minimalistische dirty Eindruck formt sich zu einem linearen Duftbild, dass sich gut und gerne (an mir zumindest) 6,7 Stunden hält. Immer wieder blitzt auch die Rose aus dem opening frisch und spritzig auf, gibt dem Ganzen aber trotzdem keinen blümeranten Twist. Das Pudrige hat klar die Überhand.

Für mich, die Puderdüfte immer wieder sehr zu schätzen weiß, einer meiner Lieblinge in dieser Kategorie und überhaupt ein Glücks-Bringer in meiner Sammlung.

Zum Schluß erwähnt sei übrigens auch der Zerstäuber: Für Abfüllungen denkbar ungeeignet, weil er sehr kurz und weitwinkelig sprüht, wenn das verständlich rüberkommt. Für unser aller geliebtes Duftritual aber perfekt, wie ich finde. Dezente Dosierung ist hier King. Oder besser gesagt: Queen. Denn das ist sie für mich, die Dame mit dem seltsamen Namen: Queen of Puderdüfte.
4 Antworten
YellaYella vor 2 Jahren 6 3
9
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Von Beuteschemata und tatsächlich Liebe
Wie so oft anno 2021 war Valparaiso ein Blindkauf. Diese schwarzen Le Couvent Apothekerfläschchen hatten es mir alleine schon von ihrer Haptik und Optik angetan und die Marketinggeschichte mit den klösterlichen Botanikern von anno dazumal war zumindest gut erzählt. Zudem: Ellena! Einer meiner liebsten Parfumeure. Et voila, alle Ingredienzien für ein Herantesten an die Marke waren gegeben.

Der Einstieg war mit "Porto Bello | Le Couvent" allerdings ein kapitaler Rohrkrepierer, überhaupt nicht mein Ding trotz Weihrauch, den ich fast immer mag. Wurde sofort weitergetauscht. Egal. Next. Valparaiso gab es damals zu verrückten 40 Euro für 100ml aus zweiter Hand, irgendein lähmender Lockdown war mit Sicherheit hier in Österreich und ich war neugierig. Dann kam er an, dieser wuchtige Flakon mit dem sechseckigen, wunderschön geprägten Deckel und ich war vom ersten Moment an..ja, was? Elektrisiert, verzaubert, fasziniert? Ich konnte meine Begeisterung nicht wirklich einordnen, sprich: die Ursache dafür, auch, weil der Duft eigentlich nicht meinem damaligen Beuteschema entsprach. Eigentlich..Zudem ich die einzelnen Duftnoten ohnehin nicht wirklich herausriechen konnte (bis heute bilde ich mir felsenfest ein, dass da Lavendel inklusive ist). Damit tue ich mir aber nach wie vor schwer. Diese Definieren von einzelnen Bestandteilen. Abgespeichert hatte ich ihn in meinem Kopf außerdem als tiefsinnigen Aquaten, warum auch immer. Was meine Duftwahrnehmung noch einmal beeinflusst hat.

Der Duft startet jedenfalls mit einem würzigen Kopfnotenkino vom Feinsten, Kardamom und sehr schnell und unvermittelt auftauchender Myrrhe. Der Weihrauch dreht diesen starken Auftritt sehr schnell in ruhigere Gefilde und macht das Ganze etwas schwerer, gediegener, wiewohl Valparaiso nie in die sakrale Ecke abdriftet. Das gesamte Duftkonstrukt ist als leichtes, schwebendes und ruhiges Etwas konzipiert, würde ich sagen. Im Drydown macht sich noch einmal viel Süße breit, die auch bleibt. Gleichzeitig wird der Dufteindruck wohl durch Zeder und Co., die hier das Zepter schwingen, ein deutlich luftigerer als zuvor und je nach Tagesverfassung auch ein grüner welcher. Ich denke, das ist auch das Faszinosum an diesem Duft: Er ist wandelbar, komplex &vielfältig und behält doch seinen stringenten Auftritt bei, Hauptthema: Gewürze. Ein absoluter Unisex-Kandidat, den ich auch total gerne an einem Mann riechen würde.

Für mich jedenfalls ein höchstpersönliches Lehrstück in Sachen Beuteschema und darüber, was ich dachte zu mögen und was ich tatsächlich mag. Den hier mag ich extrem gerne, unverhoffte Liebe. Und ich wünsch ihm viele neugierige Menschen. (Der nächste Le Couvent Kandidat wurde dann übrigens "Anori | Le Couvent". Eine absolute Schönheit.)
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YellaYella vor 2 Jahren 8 7
Wyomings Wälder
Santal 33 und ich, eine Liebesgeschichte in drei Akten. Zuerst war da tiefe, pure Abneigung, gemischt aber doch mit Interesse. Das Pröbchen ergötzte mich so gar nicht, es war tiefster Winter, ich fühlte mich an einen seltsam eindimensionalen Barbershop- Duft erinnert und hab ihn verständnislos ob des Fanvolks zur Seite gelegt. Dann kam der Frühling, die Probe war längst weitergezogen, ich entdeckte zwischendurch meine Sympathien für Sandelholz, ging ihn nocheinmal aus Neugier In Der Großen Stadt testen und war angetan. Noch nicht extrem, aber bissi. Also next step: Eine 10ml Abfüllung, die tagtäglich getragen wurde. Und was soll ich sagen: Auf meiner Haut entfaltet er schillernde Schönheit. (Kommentar meines Mannes, der Parföng in den wenigstens Fällen mag: Du riechst wie verfaulter Waldboden. In Wyoming.- Ist das gut?- Ziemlich. Riecht interessant.)

Wie genau er außer verfaultem Waldboden riecht? Für mich riecht Santal 33 klar, herb, strahlend. Straight, nicht verspielt, sondern auf den Punkt kommend. Das Leder verleiht diesen derben Schliff, der aber trotzdem elegant wirkt. Veilchen oder überhaupt Blumiges nehme ich persönlich null wahr. Für mich ist er ein gleissend heller, aber keineswegs nur sommertauglicher Duft. Am Prominentesten ist der Namensgeber vertreten, der diese holzig-umfassende Note verleiht, ich hätte auch auf eine Prise (hellen) Tabak schwören können, was aber wohl der Papyrus ist.

Der Flakon ist auf dem Weg zu mir und ich vermute, ich werd demnächst öfter nach Waldboden in Wyoming riechen. Signature-Kandidat, wär das nicht schon mein leider am Badezimmerboden zerschellter Lilipur.
7 Antworten
YellaYella vor 2 Jahren 11 13
4
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
9.5
Duft
Die Hohe Kunst der Gleichzeitigkeit
Zu Mr. White bin ich durch puren Zufall gekommen. Nachbauten bekannter Parfumhäuser changieren bekanntlich a) zwischen grottenschlecht und erstaunlich gut, alles dabei und sind b) für mich nur teilweise moralisch vertretbar, aber a) hin und wieder toppen sie für meine Nase erstaunlicherweise das Original deutlich und das aus mehreren Gründen und b) finde ich die Preistgestaltung mancher Marken/Produkte für das was sie können..nennen wir es..bescheiden. Und so bin ich auf einen Nachbau des von mir sehr geschätzten "Fucking fabulous" gestoßen. Den ich liebe und meine Mitmenschen auch. Mehr als das Ford´sche Original, das mir teils zu plakativ und laut ist. Und dieser Nachbau neigt sich nun dem Ende zu. Neugierig habe ich mich also auf die Suche nach einem ähnlichen Schatz gemacht, denn, sorry not sorry, Tom, auch jetzt sind wir noch nicht bereit füreinander. Und hier kommt Mr. White ins Spiel.

Roger&Gallet hat mir bisher vor allem als Marke etwas gesagt, die in französischen Apotheken zu finden ist, in Seifen macht und zuletzt mit namhaften Parfumeurinnen zusammengearbeitet hat. "Gingembre | Roger & Gallet" mochte ich eine Zeit lang extrem gerne. Genau mein Ding, würzig-frisch, soweit ich es in Erinnerung habe. "Open white" war also ein absoluter Blindkauf, auch, weil mir die Marke ohnehin sympathisch war, zu testen gibt es ihn glaub ich nirgends, weder Drogerie noch türkises D noch sonstwo. Irgendein charmanter Youtubemensch hat ihn auch noch in den Himmel gelobt und schon ward es um mich geschehen. Ich war extrem gespannt. Spoiler: Den geliebten Nachbau erreicht er in einem Punkt nicht, er ist weniger kantig. Und die Fucking fabulous-1:1 Vergleichskiste mach ich erst gar nicht auf, das vibed ohnehin alles ähnlich.

Hier kommt jedenfalls ein frisch anislastige Kopfnote daher, die ganz und gar unique ist (das Wort wird grad inflationär verwendet, mir egal, ich empfinde es so, ich habe noch nichts Ähnliches gerochen) und ich denke in der Sekunde an mein bestes weißes T-Shirt, das dänische, viel zu teure, perfekt geschnittene, sehr casual und trotzdem schick, mit Klasse. Ich finde den Duft auch absolut unisex, warum er an Männer vermarkete wird..die Wege des Parfummarketings sind unergründlich. Der Duft hat eine mäßige Sillage, ist aber präsent. Und er bleibt linear und frisch, wandelt sich höchstens noch in Richtung eines cremigeren,etwas dunkleren Gesamteindrucks. Das Patchouli im Drydown finde ich angenehm diskret und trotzdem wahrnehmbar.

Fazit: Momentan ist alles alles hier in "Open white" getaucht..in diesen wunderschönen Solitär (ok, fast) von Duft, der anregend und beruhigend, alles gleichzeitig, auf mich wirkt. Es könnte Liebe werden mit uns.

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