molihuacha
molihuachas Blog
vor 10 Jahren - 25.01.2015
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der unstillbare Durst nach Neuem und Verlust alter Schätze

Dies ist mein erster und vielleicht auch letzter Blogartikel. Ich weiß es nicht. Vor ein paar Minuten habe ich einen Kommentar zu "Amarige" von Givenchy geschrieben und dabei überkam es mich. Ich hatte das unstillbare Bedürfnis mich mitzuteilen und zwar meinen Unmut über die heutige Gesellschaft und deren Kurzlebigkeit. Dies bezieht sich nicht nur, wie in diesem Beitrag eigentlich angestrebt, nur auf Parfum, sondern auch auf viele andere alltägliche Dinge. Wie viele andere freue ich mich auch immer über neue Dinge, sei es im Bereich Kosmetik, Körperpflege, Technik, Lebensmittel z.B. neue Sorten Weingummi, Chips etc., dabei stelle ich all zu häufig fest, dass neu nicht unbedingt besser bedeutet. Der so super angepriesene, mit den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft entwickelte, Conditioner, der die Haare zum glänzen bringen soll, dabei noch super pflegend ist und jahrelange Haarschäden repariert sollen etc.. Nur um ein Beispiel von vielen zu nennen, natürlich falle auch ich auf solche Werbeversprechen herein. Zumindest hin und wieder, es ist allerdings schon besser geworden. Nach dem, zum Teil auch noch kostspieligen Kauf, stelle ich dann wieder fest, irgendwo muss ich doch wieder das Kleingedruckte überlesen haben, in dem stand, dass dieses Produkt nicht bei meinen Haaren in dieser Weise wirken kann und das ich doch wesentlich bessere Ergebnisse mit meinem, schon seit sehr langer Zeit genutzten und als wirkungsvoll angesehen Kokosöl erziele.

Bezogen auf Parfum sehe ich das teilweise genauso. Natürlich freue ich mich auch, wenn es wieder ein neues Parfum auf dem Markt gibt, allerdings bin ich dann nicht selten enttäuscht. Ich finde, vielen neuen Düften fehlt zum Teil die Raffinesse und der Wiedererkennungswert. Sie riechen gut und nett, aber davon habe ich schon genügend in meiner Sammlung. Schmackhaft gemacht werden diese 08/15 Parfums dann mit einem wunderschön designten Flakon, der in der Entwicklung, gekoppelt an die Marketingstrategie, vermutlich länger Zeit in Anspruch genommen hat, als die Formulierung des Duftes. Dabei gibt es doch so viele wundervolle "ältere" Parfums, die mehr und mehr in der Versenkung bzw. aus den Regalen verschwinden bis sie vermutlich letztenendes eingestellt werden, weil es leider nicht mehr genügend gibt, die sie gekauft haben. Natürlich gibt es immer noch ein paar Klassiker, wie zum Beispiel "Tresor" für die immer noch Werbung gemacht wird, aber warum nicht auch mal für andere "ältere" Parfums. Es gibt so viele zeitlose Meisterwerke darunter, die es meiner Meinung nach verdienen auch weiterhin gekauft zu werde und mit Sicherheit auch heute noch eine breite Masse an Menschen erfreuen würden, wenn sie diese nur kennen würden. Leider gibt es zu viele, die nur aufgrund der Werbung, Pröbchen, Plakaten und der Fensterdekoration in Parfumerien das ein oder andere Parfum testen wollen. Weshalb bekommt man nie eine Probe von Parfums, die sogar sehr alt sind? Wird direkt davon ausgegangen, dass sich ohnehin keiner für diese interessiert, weil jeder die vermutlich schon kennt, oder aufgrund des Alters, das jeweilige Parfum für die heutige Generation zu altbacken riechen könnte?

Ich finde diesen Trend sehr traurig und hoffe, dass ich noch viele "alte" Schätzchen für mich gewinnen kann und das ich insbesondere durch Parfumo die Chance habe, auch an diese heranzukommen, da dies leider in vielen Parfumerien nicht mehr möglich ist.

Danke, dass ich mir einmal ein wenig Luft machen durfte!

P.S.

Vielen Dank für die große Resonanz auf meinen Artikel. Dies freut mich sehr und ermutigt mich, wenn mir bei Zeiten wieder etwas einfällt, darüber zu schreiben. Wie schon in meinem Artikel erwähnt, lehne ich Neues nicht grundsätzlich ab, , und vertrete auch nicht die Meinung, dass früher alles besser war. Im Gegenteil, Fortschritt ist nicht per se etwas Schlechtes, sondern bringt auch viel Gutes und Hilfreiches hervor. Viele von mir als "alte" Parfums bezeichnet waren damals, als sie auf den Markt kamen, auch mal "neue" Parfums. Leider habe ich das Gefühl, dass der Trend, speziell in diesem Bereich, dahin tendiert, dass "alte" Parfums gleich als nicht mehr zeitgemäß angesehen werden und somit immer wieder Neues auf den Markt gebracht werden muss. Ich habe teilweise schon ein unangenehmes Gefühl, wenn ich ein tolles Parfum entdeckt habe, welches schon ein paar Jahre oder sogar Jahrzehnte auf dem Markt ist, dass wenn ich es mir irgendwann mal zulegen möchte, schon wieder eingestellt wurde. Und da bin ich eben der Meinung, liegt es nicht an dem Geruch des Parfums, sondern an der mangelnden Vermarktung. Ich verstehe die Profitgier der Unternehmen, allerdings denke ich auch, dass es für ein Unternehmen durchaus im wirtschaftlichen Sinne förderlich sein könnte, wenn sie immer noch erfolgreich "alte" Schätze auf dem Markt haben, die immer noch gekauft werden und somit als Aushängeschild für die Qualität und auch lange Tradition in der Herstellung von Parfum dienen.

16 Antworten
BeatephmcBeatephmc vor 10 Jahren
...uiuiui, desillusionierter gehts ja wohl kaum. Nehmt es bitte nicht persönlich - aber wie mich diese andauernde Konsumkritik doch nervt! Das erinnert mich stark an den gerade erst erlebten Weihnachtsnihilismus - "Weihnachten ist doch nur noch Konsum". Blödsinn. Weihnachten ist genau das, was man selbst daraus macht. Und das kann ganz wundervoll sein, auch wenn man nicht 2000 Geschenke kauft. Sondern das eine sucht, das genau paßt. Das "Heureka-das-isses"-Päckchen. Mit viel Zeit und Liebe. Und zwar deshalb, weil diese Wahl Spaß macht. Weil man gerne schenkt. Weil der Beschenkte es wert ist. (Hier muß ich der Werbung dann mal zustimmen.) Und weil der Weg genauso spannend ist wie das Ziel. Ich glaube aber, dazu braucht es Kreativität, Geduld, Motivation und ein breites Spektrum an Möglichkeiten. Genau wie beim Parfum. Ich hätte gar nicht das nötige Kleingeld, um mir 20-50-100 Düfte in den Schrank zu stellen und sie da verrotten zu lassen. (Wie sehr viele andere hier auch.) Ich habe eine Spardose mit einem fixen Betrag, der für den fröhlichen hin-und her-Handel verwendet wird. Ich tausche viel und gern, ich freue mich über die immer wieder neuen Hops und Tops. Und ich bewundere den einen oder anderen Schatz, den ich dabei gehoben habe. Ich lerne, meine Sinne zu gebrauchen und zu verfeinern. Und auch, den Wert der Dinge zu schätzen. Das kann aber auch bedeuten, daß ich den Privée Weihrauch stehen lasse und mit dem 17 Euro Encens Fève Tonka von Fragonard einfach glücklicher bin. Auch dazu brauche ich die Vielfalt des Angebotes - die es ohne den Konsum nun mal nicht geben würde. (Chrr, und Bananen fand ich schon immer eine tolle Erfindung. Gottlob lagen die bei mir Wessi rechtzeitig in der Theke...) Dabei habe ich persönlich meine Parfumschätze auch und hauptsächlich in der Nische gefunden (Ausnahmen bestätigen die Regel), was bei anderen anders sein mag. Aber ich frage mich ernsthaft was für ein Pech man haben muß, um in dieser ungeheuren Angebotsvielfalt, gerade in der Nische, lediglich immer mehr Neues vom ewig Gleichen zu finden...?! Vielleicht bin ich ja vollkommen unkritisch und ein olfaktorischer Legastheniker, vielleicht fehlt mir auch einfach ein gewisser Grad an Übersättigung (der sowieso genug Anlaß für mich wäre, mir ein neues Hobby zu suchen =;0). Aber mal ehrlich, hier gibt es doch so dermaßen viel Wundervolles, Neues und Unterschiedliches zu entdecken! Wenn man Möglichkeiten als eben diese sehen kann und nicht als Entscheidungszwang versteht, und Konsum auch als die Grundlage für Bandbreite akzeptieren kann, macht das sogar riesig Spaß! Und DARUM geht´s doch schließlich, oder nicht? LG!
ChanelleChanelle vor 10 Jahren
Du hast mir die Worte aus dem Mund genommen!
DasguteLebenDasguteLeben vor 10 Jahren
Tja, wilkommen im Konsumkapitalismus. Ich kaufe, also bin ich. Homo consumens. Natürlich ist das alles kompletter Wahnsinn. Natürlich füllt das nicht die innere Leere, sondern macht sie letztendlich nur noch schlimmer, generiert sie gar. Natürlich implodiert u8nserer Planet, wenn 2 Milliarden Chinesen und Inder auf die Idee kommen, denselben hanebüchenen Lifestyle zu pflegen wie 600 Millionen Amerikaner und Europäer. Niemand wird in dieser Hölle wirklich glücklich. Glück ist woanders.Glück ist Selbstsorge und darauf basierend die Fähigkeit Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Glück ist der Duft einer Rose. Oder auch die Magie eines Parfüms als Kunstwerk, an dem ein Parfümeur Jahre arbeiten durfte, carte blanche, nicht wie heute mit 4 Wochen Zeit und einem Budget von 3 cent / 100ml. Der einzige Grund dafür, nicht die Hoffnung zu verlieren, ist, dass es immer irgendwo einen Doiminique Dubrana gibt, einen Josh Lobb, eine Dawn Spencer Hurwitz, Ayala Sender oder einen Antonio Gardoni: Widerstand der Ästhetik, Ästhetik des Widerstandes!
BeatephmcBeatephmc vor 10 Jahren
...vielleicht darf ich mich auch als echter Parfumneuling in die Diskussion einmischen? Ich glaube, ich habe da einen völlig anderen Denkansatz. Ehrlich gesagt, ich FREUE mich über den Massenmarkt! Über den Einheitsbrei, die zahllosen immer ähnlicher werdenden "sporty white florals" oder "aquatic cleans", die tausendmal neu (und zumeist zum Schlechteren) erfundenen und frech in die Bedeutungslosigkeit kopierten Klassiker. Denn erst das bringt eine neue Parfumkunst in der Nische hervor. Gut so!!!
MargamotteMargamotte vor 10 Jahren
Sehr guter Blog, und ich hoffe, dass es nicht Dein letzter war. Ich ärgere mich auch, wenn es mein Duschbad oder Deodorant nicht mehr gibt. Eine Zeitlang war es wirklich so, dass ich, kaum das ich endlich ein Produkt gefunden hatte, es auch schon wieder vom Markt verschwand. Ich mich sogar darüber beschwert und hörte, dass ich nicht die Einzige sei. Es liegt nicht immer daran, dass es von den Kunden nicht stark genug nachgefragt wurde. Aber oft doch: Ständig gibt es neue Trends, und wer sich dafür interessiert und mitreden will, kauft eben das neue Produkt und nicht das altbewährte. Zum Glück haben sich Klassiker gehalten. Und Dein Artikel hat sicher nicht nur mich wieder ein wenig sensibilisiert. Danke.
DanehDaneh vor 10 Jahren
Je älter Du wirst, desto häufiger wurdest Du von den Versprechungen der Kosmetikindustrie enttäuscht. Mittlerweile sehe ich mir die Inhaltstoffe an. Und Kokosöl hat auch bei mir das Copolymer ersetzt. Im Bioladen sieht man mich jetzt auch öfter. Früher waren mir die Produkte dort nur deshalb zu teuer, weil ich mein Geld lieber für modische Kleidung ausgegeben habe.
Was Düfte angeht: Die Suche nach neuen Parfüms verfolgt mich, seit ich laufen kann. Ob ich das jemals in den Griff kriege, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass die Parfüms früher auch richtig gut waren. Die besten werden die 100-Jahre-Marke wohl überleben – sofern sie nicht irgendwann tot re-formuliert werden. Und: die alten "Schätze" werden irgendwann einmal sehr wertvoll sein.
ChaiTeeChaiTee vor 10 Jahren
Natürlich redet jeder von Nachhaltigkeit und Beständigkeit. Und jeder kreidet dem anderen an, dass er nur wirtschaftliche Interessen hat. Aber jeder muss auch gucken, wie er überlebt. Und gerade dann, wenn die Produkte so gut sind, dass sie lange halten und immer noch gut sind, muss es ja trotzdem einen Grund geben, den Leuten was anderes anzudrehen. Also muss wieder was Neues her, was die Leute haben wollen. Man muss es nicht gut finden, aber so läuft es nun mal.
UnruhUnruh vor 10 Jahren
Früher war alles besser! Und aus Holz! Ok, Spaß beiseite... Ich bin bei dir, dieses immer mehr an Quantität und dabei immer weniger an Qualität geht mir auch auf die cojones. Allerdings gibt es zwischen den zahllosen Neuerscheinungen, egal auf welchem Gebiet, auch immer mal wieder ein lohnendes Kleinod. Gib nicht auf, überlass nicht der Beliebigkeit und Unbeständigkeit das Feld. Und blogge bitte weiter... ;)
BauxBaux vor 10 Jahren
Stellen wir uns mal vor, es kommt Weihnachten und die Flasche J'adore der Gattin ist noch halb voll. Katastrophe. Man kann jetzt ja nicht einfach noch eine schenken und danebenstellen. Was verkauft man denn an jemanden, der schon fünf Parfums hat? Genau, ein sechstes. Aber ja nicht irgendeines, das so ähnlich riecht wie die anderen fünf, sondern etwas ganz Neues! Und das macht man am besten viermal im Jahr. Mein Sakko vom letzten Jahr ist auch noch super, aber so trägt man das dieses Jahr einfach nicht. Andererseits hätte dem Trabbi ein wenig Modellpflege sicher nicht geschadet. Irgendwann sehen Dinge nämlich wirklich alt aus - oder riechen so.
JupitaJupita vor 10 Jahren
Super auf den Punkt gebracht. Geht mir genauso. Obwohl ich ja glaube, daß der neue Trend Nachhaltigkeit ist, daß sich vielleicht beim Konsum ein wenig ändert. Aber das ist vielleicht auch Wunschdenken, denn es gibt zu viele Interessen dagegen.
JoHannesJoHannes vor 10 Jahren

@molihuacha: ja ... aber stelle dir vor, es würden alle Düfte beworben. Macht ja keinen Sinn. Da stehen irgendwelche wirtschaftliche Interessen, die der Verbraucher nicht kennt, über den Interessen/Vorlieben der Verbraucher. Verbraucher werden nicht befragt, sondern wie du sagst, durch Werbung manipuliert.
molihuachamolihuacha vor 10 Jahren
@JoHannes
Dem kann ich nur bedingt zustimmen. Ich denke, dass viele Parfums beispielsweise nur Ladenhüter sind, da die notwendige Kampagne bzw. Werbung fehlt. Viele der jetzt neu erschienenen Parfums werden, meiner Meinung nach, auch nur deshalb gekauft, weil sie in der Werbung gezeigt werden, im Schaufenster erscheinen bzw. durch Proben schmackhaft gemacht werden. Wenn dies mit einem "alten" Parfum, welches schon sehr lange auf dem Markt ist gemacht werden würde, dann wäre es vermutlich kein Ladenhüter.Siehe "Tresor". Gibt es auch schon sehr lange und ich bin mir nicht sicher, ob es immer noch so gekauft würde, ohne die ganze Werbung und Pröbchen. Der Verbraucher muss einiges immer erst auf dem Silbertablett serviert bekommen, denn wenn er sich selbst auf die Suche begeben muss, dann ist dies teilweise zu aufwendig.
JoHannesJoHannes vor 10 Jahren
ja, ist so ... aber wir sollten auch diese "Welt" unter marktwirtschaftlichen Aspekten sehen. Ladenhüter fliegen - und das ist kaufmännisch gedacht logisch - aus dem Sortiment. Und es geht nun mal primär ums kaufmännische. Da müssen leider irgendwelche Sentimentalitäten hintanstehen ...
ChaiTeeChaiTee vor 10 Jahren
Komischerweise bin ich gerade bei Düften gar nicht so sehr auf der Suche nach Neuheiten. Wenn's da was Tolles gibt, krieg ich das schon rechtzeitig mit. Bis dahin ist dann auch mancher Hype wieder abgeklungen, man hat den Duft schon gerochen und wenn er dann wirklich gut ist, hab ich immer noch Zeit, mir den zuzulegen.
TurandotTurandot vor 10 Jahren
Meine Erfahrung als Parf.-Verkäuferin war, dass die Kunden z.B. jetzt bereits nach den Frühlingsdüften fragen. "Was gibts Neues" war der Einstieg in so manches Verkaufsgespräch. Wir als Kunden und Verbraucher haben die Firmen dazu erzogen, am laufenden Band Neuheiten auf den Markt zu werfen, die möglichst vielen Kunden gefallen, also auch möglichst gefällig sein müssen. Wenn eine Firma da nicht mitmacht, geht eben der Umsatz verloren, es bleibt den Marken gar nichts anderes übrig, als bei diesem Wettlauf um Kunden mit zu machen. Da die Regalfläche in den Geschäften nicht mitwächst, muss eben für jeden neuen Duft ein bestehendes Parfum ausgelistet werden. Beworben und mit Proben forciert werden deshalb auch meist nur noch die Neuheiten. Von "alten" Düften, also Klassikern, die überlebt haben, gibt es höchstens mal vor Weihnachten Proben.
MrsCullenMrsCullen vor 10 Jahren
Sehe ich genauso, da hast du völlig recht. Gut geschrieben, deshalb bitte nicht aufhören. LG, M.C.