Explosive
Provocation
1986 Eau de Toilette

Honigmelone
01.03.2016 - 12:25 Uhr
19
Top Rezension
6
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft

Fetter Hochbarock

Der Sommer 2015 hat mir eine Sensibilisierung meiner Nase beschert. Seitdem dosiere ich Düfte vorsichtiger und nehme meine Parfums oft anders wahr. So auch Explosive, den ich vor langer Zeit bei Rossmann im Angebot erworben hatte. Weil mir der Duft langfristig nicht zusagte, hatte ich versucht, meine Flasche Parfumas zu schenken, dann wollte ich sie beim letztjährigen Schrottwichteln loswerden, habe aber schließlich doch CDs verschenkt. Dem Duft wollte ich, bedingt durch meine veränderte Duftwahrnehmung, eine neue Chance geben. Und siehe da: it works!

Explosive startet sehr schön: Aldehydig-frisch-würzig und absolut unisex. Mit der Zeit gewinnt die Rose die Oberhand. Abgerundet wird er mit Amber und Sandelholz. Der Duft ist für mich ein monothematischer Rosenduft, denn die anderen Ingredienzen dienen eher dazu, die Rose zu untermalen. Er ist unsüß, bitter-rauchig und besticht trotz der Schwere durch eine herb-erdige Frische. Das Patchouli ist hier sanft dosiert.

Explosive wirkt tief und dunkel und hat schon etwas Mystisches. Der Duft begleitet nicht, sondern hüllt ein. Er ist wie ein Gruß aus einer anderen Zeit mit 80er-Jahre-Sillage und ebensolcher Haltbarkeit. Eine Uralt-Liebschaft, der, wenn wieder aufgeflammt, eine vergangene Tragik anhaftet. Ich kann mir vorstellen, dass Explosive, gemischt mit Tabakrauch, eine eigenwillige und sehr angenehme Symphonie ergibt. Er erinnert mich zunächst an das Eau de Parfum von Paloma Picasso, irgendwie geht er auch Richtung Opium, im weiteren Verlauf rieche ich dann Ähnlichkeiten mit dem EDT von Narciso Rodriguez. Wäre Explosive eine Farbe, so wäre er dunkles Petrol, sattes Bordeaux oder tiefes Violett, vielleicht noch mit Anthrazit kombiniert. Wäre er Stoff, dann Samt. Wäre er ein Zeitalter, dann fetter Hochbarock. Musikalisch passt er hervorragend zu den frühen Sisters of Mercy, zu dem Weltschmerz der frühen The Cure, zur tragischen Opulenz der Smashing Pumpkins und zu dunkel-düsterem Techno (ja, ich bin der Meinung, den gibt es wirklich).

Die Gelegenheiten, bei denen der Duft tragbar ist, kann ich noch nicht nennen, da ich ihn bisher fast ausschließlich in der kälteren Jahreszeit trage, wenn ich alleine zu Hause bin. Vielleicht sollte ich mit ihm öfter mal unter Leute. Würde ihm bestimmt gefallen. Fetter Hochbarock hin oder her.
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