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Interlude Woman 2012 Eau de Parfum

Seerose
27.10.2013 - 18:28 Uhr
5
Sillage
10
Haltbarkeit
10
Duft

Zwischenspiel: Solo

Ein Zwischenspiel bedeutet musikalisch durchaus nicht etwas Belangloses. Das kann sehr wohl ein solistischer Vortrag sein oder eine besondere Form der Überleitung zu einem anderen Thema, einem Szenenwechsel. Es ist also ein unbestimmter Begriff.
Was ich indessen zu "Interlude" wahrnehme ist tatsächlich ein Zwischenpiel zwischen den verschiedenen Chyprerichtungen.
"Interlude" ist weder ein sehr strenges und herbes Chypre noch eines jener modernen floralen und/oder orientalischen Chypres, die nur lieblich, blumig und harzig sind.
Ich mag die modernen Chypres und die Mischformen sehr. Während ich mich mit vielen klassischen Chypres etwas schwer tue. Ich finde sie oft anstrengend bis zu herb.
Chypres, so habe ich lernen können, erfordern Geduld. Man muss abwarten und auch sich auch nicht durch die zuweilen vielen Metamorphosen irritieren lassen.

"Interlude" beginnt für mich mit einer schönen holzig-zitrischen Note, feinwürzig. Dann wird es harzig, grün, rauchig. Schon scheint Oud mitzuspielen.
Wie immer bei Chypres passiert - jedenfalls bei mir - am Anfang sehr viel. Denn nun wird "Interlude" vorübergehend etwas aquatisch, leicht. Blüten sind dezent zu vernehmen. Aber ich kann sie nicht einzeln identifizieren. Es bleibt ein herber Duft mit einer schönen Blütenmischung im Hintergrund.
Ich konstatiere: Das ist ein Chypre. Ich lasse "Interlude" weiter agieren. Immer wieder kommen mir auch liebliche Duftwölkchen in die Nase, dann wieder Rauchiges, Würziges, Herbes. "Interlude" lässt alle Register spielen, legt sich ins Zeug. Das alles einzeln zu beschreiben ist mir nicht möglich, da müsste ich viel fantasieren.
Dann "ordnet" sich Interlude zu einem für mich typischen Amouageduft. Wie andere Parfümmarken ihre Duftbasismischungen haben, die sie von anderen unterscheidbar machen, nehme ich das bei Amouge ebenso ganz speziell wahr. Es ist für mich die Duftmarkierung. Bei den Amouagedüften ist es für mich analog zur Guerlinade die Amouagiade. Wenn sich ein Amouageduft bis dahin bei mir entwickelt hat mag ich ihn, egal wie seltsam ich ihn im Grunde finde. Mag sein, dass es der Wiedererkennungseffekt ist.
Und nun gehe ich endlich ins Parfumo und rufe "Interlude" auf, schreibe mir die Komposition auf.
Eine stattliche Pyramide ist das und wie wir hier wissen: Das ist gewiß noch nicht alles.
Ein sehr feiner abwechslungsreicher und in keiner Weise belangloser Chypreduft.
"Interlude" ist ein Chypre das ich gerne tragen würde. Es passt in den Alltag und ist auch für nüchterne geschäftliche Anlässe tragbar. Aber auch für ganz große Ereignisse ist es tragbar. Die Sillage ist nicht raumgreifend, ein körpernaher und dennoch sich behauptender Duft, den ich selber gut wahrnehmen kann.
Es ist dennoch nicht mein Favorit der Amouagedüfte.
Und da ist selbstverständlich der Preis. Ich kann mir keine Batterie von Amouagedüften leisten. Mir genügt es, diesen Duft getestet zu haben.
Mit einer guten Haltbarkeit nehme ich sehr lange die amouagige-blütige-harzige Grundnote wahr, gemeinsam mit Gewürzen, balsamischen Harzen. Auch der Weihrauch tritt einzeln hervor wie eine Solooboe im Orchester. "Interlude" wird weich, cremig ohne seine Würzigkeit und das Rauchig-Harzige zu verlieren.
Wäre dies jetzt ein musikalisches Zwischenspiel so würde ich mir wünschen, dass es noch nicht zu Ende sein sollte, ein Da Capo wäre schön.
Abschließend konstatiere ich, dass "Interlude" ein Duft natürlich für Chypreliebhaber ist. Allerdings für Erfahrene, wie alle Amouagedüfte, so meine ich, nicht für Anfänger auf der Entdeckungsreise in die Parfümwelt geeignet sind. Aber auch Parfümfans die es sonst nicht so mit Chypres haben, wie ich, sollten sich trauen es zu probieren. Und wie bei allen lupenreinen Chypres finde ich, dass sie ebensogut von Männern getragen werden können.
30.01.2017 Erneuter Test und:
Es ist alles noch genauso für mich, haarklein, wie ich es hier oben beschrieben habe. Ich nehme nichts zurück, auch nicht in der Bewertung. Jetzt nehme ich das, was ich als indifferent aquatisch Beurteilte als leichten Melonenduft wahr.
Und "Interlude" bleibt auf meiner Wunschliste. Beim erneuten Lesen aller Kommentare wundert mich die Wahrnehmung vieler: Strohblume. Ich kann und konnte sie nicht herausriechen, auch das Eichenmoos nicht, was mir sonst bis auf Ausnahmen von Beginn an sehr "stinkt". Beide Duftnoten mag ich meistens überhaupt nicht.
6 Antworten