Oud Tabac 2018

WombatEdP
15.07.2020 - 16:02 Uhr
8
Hilfreiche Rezension
10
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft

Der bessere Tobacco Vanille

Im ersten Moment rieche ich Tabakblatt mit dunkler Vanille. Die Duftpyramide betont „Bourbon“ in der Basis, und in der Tat wird dieser Duftcharakter hier sehr authentisch abgebildet: Es handelt sich nicht um die allseits bekannte süßlich-gourmandige Note, sondern eher um den etwas trockenen, leicht bitteren Duft einer frisch angeschnittenen Vanilleschote. Der dominierende Tabak lässt immer mal wieder eine leicht blattige Note durscheinen, die mich persönlich hier und da an Vetiver erinnert. Ich bilde mir außerdem ein, vor allem am Anfang eine leichte Rum-Note zu erhaschen. Der Duft kommt in Summe jedoch keinesfalls alkoholisch oder gar grün daher. Eine klare Trennung in Kopf-, Herz- und Basisnote nehme ich nicht wahr. Im Verlauf gesellt sich zuletzt aber noch eine hintergründige Aschenote neu hinzu, die nie dominant wirkt und dem Duft noch ein wenig mehr Spannung verleiht. Insgesamt passiert hier gerade zu Beginn auf meiner Haut ziemlich viel, danach klingt das Schauspiel eher linear ab.

Die einzelnen Geruchsnoten wirken auf mich authentisch und sehr rund aufeinander abgestimmt. Dadurch mutet der Duft allerdings in Summe auch etwas weniger ruppig an, als es mir lieb wäre. Selbstredend zieht er eindeutige Parallelen zu Tom Fords Tobacco Vanille, wirkt mit seiner eher dunkel-trockenen Vanille aber für meinen Geschmack deutlich mysteriöser, düsterer und sogar ein wenig sexy. So gern ich Tobacco Vanille auch mag, er weckt in mir oft unwillkürliche Grandpa-Assoziationen. Solche gehen Oud Tabac vollends ab, und das zum Besseren. Die aschige Note erinnert mich an Tom Fords Tobacco Oud. Sie bleibt jedoch eher im Hintergrund – als Raucher wird man hier eher nicht verkannt. Ich hätte sie mir dessen ungeachtet fast noch etwas präsenter gewünscht. Im Ausklang nähert sich Oud Tabac dann ein wenig dem Gucci Intense Oud an. Er bleibt aber recht eigenständig, soweit das in diesem Genre möglich ist. Oud'sche Animalik besitzt er gar keine. Insgesamt vermisse ich Oud hier eigentlich vollends, was aber leider für viele Düfte mit dem Adlerholz im Namen gilt.

Der Sprüher könnte locker von Creed sein. Soll heißen: Er haut ordentlich Suppe raus! Die Sillage ist etwa eine Stunde lang recht stattlich. Danach zieht sich der Duft merklich zurück, bleibt aber im unmittelbaren Umfeld gut wahrnehmbar. Auch nach 8 Stunden erschnüffle ich ihn immer mal wieder in Bewegung. Ich bin von Sillage-Bomben abgekommen, weil sie doch oft wenig tragbar sind. Für mich persönlich trifft Oud Tabac daher die ideale Balance – man riecht ihn lange in meiner Nähe, aber ohne Duftwolke mit Streitkolben. Nichtsdestotrotz ist er etwas schwächer als die offensichtliche Konkurrenz.

In Summe ein wirklich hochwertiger, edler, mystisch-verführerisch anmutender Zeitgenosse mit guter Tragbarkeit und guter Haltbarkeit bei dezenter Sillage. Für mich der bessere Tobacco Vanille mit einem Hauch von Tobacco Oud, der sogar noch etwas mehr im Vordergrund hätte stehen können. Inzwischen kann man ihn vereinzelt bei Discountern für unter 100 € finden – dafür ist er dann absolut hervorragend und jede Empfehlung wert! Den Originalpreis würde ich nicht bezahlen, das gilt für die Fords aber genauso.
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