07.09.2019 - 12:16 Uhr
FvSpee
323 Rezensionen
FvSpee
Top Rezension
54
Sieger im beschränkten Wettbewerb
Amberdüfte stellen mich vor drei Probleme:
1. Meine Frau hasst Amberdüfte;
2. ich muss von Amberdüften niesen;
3. meine Lieblingskollegin hasst Amberdüfte und muss davon niesen.
Dass ich trotzdem beschlossen habe, mir jetzt endlich mal einen Amberduft zu kaufen, zeigt, wie sehr mich diese Duftrichtung fasziniert. Dieses harzig-balsamische, auf so besondere Weise frische, oft ins Süße, praktisch immer ins würzige Spielende, das ist ein wirklich besonderes Dufterlebnis, das man nirgends sonst als in Amberland geboten bekommt.
Also beschloss ich, einen beschränkten Wettbewerb abzuhalten, um zu ermitteln, welcher Amber in meinen Duftschrank einziehen darf. Nicht eingeladen wurde meine erste Amberliebe, Ambre 114 von Histoire des Parfums. Ich war seinerzeit total von den Socken von diesem Duft und hatte ihm 9,5 Punkte und einen enthusiastischen Kommentar gewidmet, aber an sich schon damals erkannt, dass dieser barock-ausschweifende Monstre-Amber für einen nach 1780 geborenen Menschen praktisch gesehen eher nicht tragbar ist.
Wettbewerbsteilnehmer waren zwei MPG-Düfte, nämlich Ambre Précieux, der mir in meiner Brüsseler Lieblingsparfümerie mal außerordentlich gefallen hatte und sein mir bis dato unbekannter schwereres Geschwister Ambre Doré; ferner zwei Düfte, die als Proben zu mir gekommen waren, nämlich Ambre Orient aus der Armani-Privé-Reihe (mir bis dahin unbekannt) und Bel Ambre von Jacques Fath (vor etwa einem Jahr mal getestet und mit 8,0 und einem Statement gewürdigt), sowie zuletzt dieser hier, Ambre Fétiche; nach Ambre 114 meine zweite Amberliebe.
Zuerst mal ließ ich die beiden Düfte vom Parfumeur-und-Handschuhmacher gegeneinander antreten, den Précieux und den Doré. Dabei flog der Doré ziemlich schnell raus, (auch) der war mir zu überladen und schwülstig sowie vor allem zu stinkig (so eine markante Oud-Vetiver-Drecknote, die mir nicht passte). Der Précieux, der mir wie schon damals in Brüssel feiner und ziselierter erschien, blieb im Spiel und trat am Folgetag gegen diesen hier an.
Ich hielt das eigentlich für das vorgezogene Endspiel. Vor allem war ich aber zuerst mal irritiert, da Ambre Précieux diesmal ganz anders rüberkam als am Vortag; eher unelegant mit einer etwas rüpeligen Dissonanz startend und erst nach etwa einer Stunde seine elegante, helle Mitte findend, und dann in eine wunderbar zartwürzige, feste, balsamische, andauernde Basis (die ich gar nicht richtig beschreiben kann, die aber einzigartig ist) ausklingend. Ambre Fétiche dagegen ganz anders. Unter dem Amberdüften sticht Ambre Fétiche durch seine starken Weihrauchnoten hervor, mit ihm kauft man sozusagen Two-in-One, er ist im Vergleich zum "Encense Flamboyant" von Goutal sogar der (noch) schönere Weihrauchduft, finde ich. Für mich ist das kein Nachteil, da ich Weihrauchnoten mag. Im Aufakt, der sich über die ersten ein bis zwei Stunden hinzieht, steht dieser Weihrauch vielleicht sogar im Vordergrund, hier imponiert Ambre Fétiche als hellgrauer, tief pulvriger, feinsilbrig perlender, staubtrockener, fast aschenhafter weihrauchwürziger Duft, hohe Töne in Dur, eher ungewöhnlich (mir fällt kein Vergleich ein), der dann nach und nach in eine (sich nicht mehr groß veränderte) perfekt austarierte 10-Punkte-Basis übergleitet. Hier dann Gold statt Silber, Moll statt Dur, tiefe statt hohe Töne, aber mindestens ebenso schön. Das wirklich schöne ist hier - ich glaube das haben auch Vor-Rezensenten schon angemerkt - dass wir hier zwar das volle tiefe, satte, orientalisch-würzige, fast schon gourmandige Kuschelprogramm inklusive Vanille und Patschuli haben, dass dieses aber nie, nie, niemals nicht ins Plüschige oder überzogen Süße abgleitet. Das bleibt immer schön zentriert und erwachsen, wozu sicher auch die ja von Natur aus eher ernste Iris gehörig beiträgt. Mich überzeugte das noch mehr, und so blieb Ambre Fétiche auf dem Platz.
Eingeschoben sei hier, dass Amberdüfte bei mir anscheinend in der Wahrnehmung etwas instabil sind; die Perzeption des Précieux an einem Tag so und am anderen so scheint da kein Einzelfall zu sein. Möglicherweise neigt Amber generell etwas zum Irrlichtern, mir ist aufgefallen, dass gerade bei Amberdüften die Rezensionen hier oft sehr auseinandergehen, weniger in der Berwertung als in der Deskription: Der eine findet einen Duft wunderbar warm, der andere enorm kühl, der eine kuschelig, der andere hart usw.
Aber ich wollte ja nun mal irgendwann fertig werden und auch ohne monatelange unentschlossene Dauertests einen Amber auf meine Einkaufsliste kriegen. Der Ambre Orient von Armai Privé schied schuldlos aus dem Wettberwerb aus. Ich hatte nur eine ganz kleine Probe, trug diese abends auf und schlief kurz darauf weit vor meiner normalen Zeit ein (vielleicht war er auch mit einem über die Haut wirkenden Schlafmittel vermischt). Ich bekam also nur die ersten fünf Minuten und am nächsten Morgen den Aushauch mit; gut, dann eben nicht. Ich mag die Armani-Privé-Reihe sowieso nicht besonders.
Blieb noch Bel Ambre von Jacques Fath, den ich erneut direkt gegen Ambre Fétiche antreten ließ. Diesmal gefiel er mir noch viel, viel besser als damals beim ersten Testen, und ich war angetan vom starken Kontrast zu Ambre Fétiche im Direktvergleich. Bel Ambre ist von all den getesteten Düften der Linearste und der Alltagstauglichste: Er erschlägt weder mit allzu markanten Ambernoten (die ja nicht nur in meiner Umgebung oft etwas kontrovers wahrgenommen werden) noch mit Weihrauch oder anderen "Noten, an denen sich die Geister scheiden". Er ist ein sehr wertiger, differenzierter, aber doch auch ziemlich einheitlich rüberkommender, ruhiger, glatter, runder, offener, etwas dunkler, eher schwer-fester, aber aber doch auch dezenter Duft (wohl weil die Projektion gedämpft ist und exzentrische Noten fehlen). Ich nehme da eine bestimmte Note wahr (ich nenne sie mal "eigentümlich fruchtig", besser kann ich es nicht sagen), die mich stark an Opium Pour Homme von YSL erinnert (den mag ich sehr und werde ihn heute Abend zur Feier des Tages mal wieder tragen).
Ergebnis: Ich renne noch nicht in die nächste Parfümerie, setze Ambre Fétiche aber auf die Wunschliste. Die beiden MPGs kommen in die Tausch- und Verschenkkiste, wobei diese Entscheidung beim "Ambre Précieux" nur ganz knapp ausfällt. Die Restprobe "Bel Ambre" kommt zu den Pröbchen für die künftige Verwendung. Sollte ich jemals zwei Amber besitzen wollen, wäre er für Ambre Fétiche der perfekte Kontrastduft.
1. Meine Frau hasst Amberdüfte;
2. ich muss von Amberdüften niesen;
3. meine Lieblingskollegin hasst Amberdüfte und muss davon niesen.
Dass ich trotzdem beschlossen habe, mir jetzt endlich mal einen Amberduft zu kaufen, zeigt, wie sehr mich diese Duftrichtung fasziniert. Dieses harzig-balsamische, auf so besondere Weise frische, oft ins Süße, praktisch immer ins würzige Spielende, das ist ein wirklich besonderes Dufterlebnis, das man nirgends sonst als in Amberland geboten bekommt.
Also beschloss ich, einen beschränkten Wettbewerb abzuhalten, um zu ermitteln, welcher Amber in meinen Duftschrank einziehen darf. Nicht eingeladen wurde meine erste Amberliebe, Ambre 114 von Histoire des Parfums. Ich war seinerzeit total von den Socken von diesem Duft und hatte ihm 9,5 Punkte und einen enthusiastischen Kommentar gewidmet, aber an sich schon damals erkannt, dass dieser barock-ausschweifende Monstre-Amber für einen nach 1780 geborenen Menschen praktisch gesehen eher nicht tragbar ist.
Wettbewerbsteilnehmer waren zwei MPG-Düfte, nämlich Ambre Précieux, der mir in meiner Brüsseler Lieblingsparfümerie mal außerordentlich gefallen hatte und sein mir bis dato unbekannter schwereres Geschwister Ambre Doré; ferner zwei Düfte, die als Proben zu mir gekommen waren, nämlich Ambre Orient aus der Armani-Privé-Reihe (mir bis dahin unbekannt) und Bel Ambre von Jacques Fath (vor etwa einem Jahr mal getestet und mit 8,0 und einem Statement gewürdigt), sowie zuletzt dieser hier, Ambre Fétiche; nach Ambre 114 meine zweite Amberliebe.
Zuerst mal ließ ich die beiden Düfte vom Parfumeur-und-Handschuhmacher gegeneinander antreten, den Précieux und den Doré. Dabei flog der Doré ziemlich schnell raus, (auch) der war mir zu überladen und schwülstig sowie vor allem zu stinkig (so eine markante Oud-Vetiver-Drecknote, die mir nicht passte). Der Précieux, der mir wie schon damals in Brüssel feiner und ziselierter erschien, blieb im Spiel und trat am Folgetag gegen diesen hier an.
Ich hielt das eigentlich für das vorgezogene Endspiel. Vor allem war ich aber zuerst mal irritiert, da Ambre Précieux diesmal ganz anders rüberkam als am Vortag; eher unelegant mit einer etwas rüpeligen Dissonanz startend und erst nach etwa einer Stunde seine elegante, helle Mitte findend, und dann in eine wunderbar zartwürzige, feste, balsamische, andauernde Basis (die ich gar nicht richtig beschreiben kann, die aber einzigartig ist) ausklingend. Ambre Fétiche dagegen ganz anders. Unter dem Amberdüften sticht Ambre Fétiche durch seine starken Weihrauchnoten hervor, mit ihm kauft man sozusagen Two-in-One, er ist im Vergleich zum "Encense Flamboyant" von Goutal sogar der (noch) schönere Weihrauchduft, finde ich. Für mich ist das kein Nachteil, da ich Weihrauchnoten mag. Im Aufakt, der sich über die ersten ein bis zwei Stunden hinzieht, steht dieser Weihrauch vielleicht sogar im Vordergrund, hier imponiert Ambre Fétiche als hellgrauer, tief pulvriger, feinsilbrig perlender, staubtrockener, fast aschenhafter weihrauchwürziger Duft, hohe Töne in Dur, eher ungewöhnlich (mir fällt kein Vergleich ein), der dann nach und nach in eine (sich nicht mehr groß veränderte) perfekt austarierte 10-Punkte-Basis übergleitet. Hier dann Gold statt Silber, Moll statt Dur, tiefe statt hohe Töne, aber mindestens ebenso schön. Das wirklich schöne ist hier - ich glaube das haben auch Vor-Rezensenten schon angemerkt - dass wir hier zwar das volle tiefe, satte, orientalisch-würzige, fast schon gourmandige Kuschelprogramm inklusive Vanille und Patschuli haben, dass dieses aber nie, nie, niemals nicht ins Plüschige oder überzogen Süße abgleitet. Das bleibt immer schön zentriert und erwachsen, wozu sicher auch die ja von Natur aus eher ernste Iris gehörig beiträgt. Mich überzeugte das noch mehr, und so blieb Ambre Fétiche auf dem Platz.
Eingeschoben sei hier, dass Amberdüfte bei mir anscheinend in der Wahrnehmung etwas instabil sind; die Perzeption des Précieux an einem Tag so und am anderen so scheint da kein Einzelfall zu sein. Möglicherweise neigt Amber generell etwas zum Irrlichtern, mir ist aufgefallen, dass gerade bei Amberdüften die Rezensionen hier oft sehr auseinandergehen, weniger in der Berwertung als in der Deskription: Der eine findet einen Duft wunderbar warm, der andere enorm kühl, der eine kuschelig, der andere hart usw.
Aber ich wollte ja nun mal irgendwann fertig werden und auch ohne monatelange unentschlossene Dauertests einen Amber auf meine Einkaufsliste kriegen. Der Ambre Orient von Armai Privé schied schuldlos aus dem Wettberwerb aus. Ich hatte nur eine ganz kleine Probe, trug diese abends auf und schlief kurz darauf weit vor meiner normalen Zeit ein (vielleicht war er auch mit einem über die Haut wirkenden Schlafmittel vermischt). Ich bekam also nur die ersten fünf Minuten und am nächsten Morgen den Aushauch mit; gut, dann eben nicht. Ich mag die Armani-Privé-Reihe sowieso nicht besonders.
Blieb noch Bel Ambre von Jacques Fath, den ich erneut direkt gegen Ambre Fétiche antreten ließ. Diesmal gefiel er mir noch viel, viel besser als damals beim ersten Testen, und ich war angetan vom starken Kontrast zu Ambre Fétiche im Direktvergleich. Bel Ambre ist von all den getesteten Düften der Linearste und der Alltagstauglichste: Er erschlägt weder mit allzu markanten Ambernoten (die ja nicht nur in meiner Umgebung oft etwas kontrovers wahrgenommen werden) noch mit Weihrauch oder anderen "Noten, an denen sich die Geister scheiden". Er ist ein sehr wertiger, differenzierter, aber doch auch ziemlich einheitlich rüberkommender, ruhiger, glatter, runder, offener, etwas dunkler, eher schwer-fester, aber aber doch auch dezenter Duft (wohl weil die Projektion gedämpft ist und exzentrische Noten fehlen). Ich nehme da eine bestimmte Note wahr (ich nenne sie mal "eigentümlich fruchtig", besser kann ich es nicht sagen), die mich stark an Opium Pour Homme von YSL erinnert (den mag ich sehr und werde ihn heute Abend zur Feier des Tages mal wieder tragen).
Ergebnis: Ich renne noch nicht in die nächste Parfümerie, setze Ambre Fétiche aber auf die Wunschliste. Die beiden MPGs kommen in die Tausch- und Verschenkkiste, wobei diese Entscheidung beim "Ambre Précieux" nur ganz knapp ausfällt. Die Restprobe "Bel Ambre" kommt zu den Pröbchen für die künftige Verwendung. Sollte ich jemals zwei Amber besitzen wollen, wäre er für Ambre Fétiche der perfekte Kontrastduft.
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