3rd Collection

Russian Oud 2018 Extrait de Parfum

DasguteLeben
16.01.2023 - 11:19 Uhr
18
Sehr hilfreiche Rezension
4
Preis
6
Sillage
9
Haltbarkeit
5
Duft

DaSchamanDing!

Die Story der Marke Areej le Doré: der geheimnisumwobene "Russian Adam" hat bereits jede erdenkliche Art von Oud destilliert, er ist ein Meister des Fachs und kann zudem auf die seltensten Ingredienzen wie natürlichen Moschus zugreifen um seine mystischen Düfte in der östlichen Tradition der Parfümerie zu weben. Ein regelrechter Schamane! Wobei ihm zugute zu halten ist, dass er auf der Website zugesteht auch synthetische Duftstoffe zu benutzen. M.a.W. hier ist jetzt nicht die östliche Version von Annette Neuffer oder ein dem Parfüm-Sufismus Dominique Dubrana's a.k.a. AbdesSalaam Attar vergleichbarer Ansatz zu erwarten, sondern ein ganz eigenes Ding.

Zum Duft:
Ich habe hier keinerlei animalisches Oud, sondern vom Auftakt an sehr intensive trockene Holznoten mit etwas Sprühlack, sowie die spezifische Bibergeil-Animalik, Seit an Seit mit sehr süßem Tonka, wozu sich trocken-schmirgeliger Kakao gesellt. Ledrige Nuancen (auch hier staubtrocken) und sehr im Hintergrund, aber wahrnehmbar, rauchiger Birkenteer flankieren das Ganze, im Verlauf entsteht noch ein süssholzartiger Eau de Reglisse Ton, wie man ihn öfters antrifft, seit die Fraktionierung das Portfolio natürlicher Komponenten stark erweitert hat (z.B. bei Undergreen Black)

Russian Oud wirkt auf mich sehr rustikal, ungefähr so weit von französischen Traditionen der Komposition und des Blending entfernt, wie eine Holzhütte in Sibirien vom Champs Élysées. Aufgrund der Reaktion meiner Nebenhöhlen gehe ich zudem davon aus, das hier auch synthetische Komponenten drinstecken, auf die ich zuverlässig sensibel reagiere. Norlimbanol würde mich bei dem trockenen Holzhammer nicht überraschen, obwohl mich das bei Synthetikbomben wie "Rudis" zwar vielleicht ästhetisch, aber bisher nicht allergisch, irritiert. Auch der Diffusionseffekt wirkt auf mich synthetisch induziert, das kenne ich so von keinen Naturparfüm, dass ich bisher hatte.

Ich gebe offen zu, dass ich mit diesem Duft und diesem Ansatz überhaupt nichts anfangen kann. Für ein Kakao/Choco-Gourmand ziehe ich jederzeit Borneo 1834 oder Chocolat Irisée vor. Ich bin einerseits Traditionalist, also großer Freund der klassischen Parfümerie, wie sie während der Belle Époque in Frankreich entstand: klassische Kopf-Herz-Fond Struktur mit 80% Natur für das Fleisch und 20% Synthetik für das Skelett, wie das mal als Faustregel formuliert wurde. Andererseits kann ich mich sehr dafür begeistern, dass ein Naturparfümeur wie Dubrana eine andere Art von Mehrdimensionalität hinbekommt und damit Meisterwerke schafft oder eine Annette Neuffer die französische Klassik mit rein natürlichen Ingredienzen neu denkt oder ein Slumberhouse mir einfach eine völlig neue Parfümkategorie um die Ohren bzw. Nasenlöcher haut. Und natürliches Oud mag ich schon auch sehr gerne, aber dann relativ straight.

Hier überzeugen mich in der Summe leider weder die Rohstoffe (zu deutliche Synthetik), noch die Konstruktion (zu nebeneinander) oder die Vision - dazu muss ich dann auch hinzufügen, dass nach meinem bisherigen Eindruck der Hausstil wohl grundsätzlich nicht mit meinen Vorlieben zusammengeht. Wer von seinen Präferenzen her woanders steht wird das daher auch ganz anders sehen und ich bin ja hier auch ganz klar in der Minderheit: viele Blogs und Parfümschreiber, deren Meinung ich sehr schätze, überschlagen sich mit Lob für Areej le Doré. Also, was weiss ich schon? Nur, dass dat, Duftschamane hin oder her, mol so gor nich meine Tasse Tee is', wie der Engländer secht.
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